Dann kommt die zweite Frage: Kann das Projekt finanziert werden? - Der Minister hat dies eben schon als schwierig eingestuft.
An vielen Stellen wird auf die Große Belt-Querung in Dänemark verwiesen. Der Erfolg dort ist aber von 97 % innerdänischem Verkehr geprägt. Ich will dabei nicht direkt von lokalem Ziel- und Quellverkehr reden. Aber deutlich ist, dass die Nutzer dort entschieden kürzere Gesamtfahrzeiten haben. Ich bezweifele sehr, ob diese Zahlen auf den Fehmarnbelt übertragbar sind. Wenn Sie unsere Anfrage studieren, werden Sie laufend Querverweise auf dieses zweifellos erfolgreiche Verkehrsprojekt in Dänemark finden. Daher kommt der Frage der Vergleichbarkeit eine entscheidende Bedeutung zu.
Dazu kommt, dass die Øresund-Region mitten zwischen den Ballungszentren Malmö und Kopenhagen liegt. Beides sind schon jetzt dynamische Wirtschaftszonen. Demgegenüber liegt die Region Fehmarnbelt „janz weit draußen“.
Überhaupt nicht berücksichtigt wird die mögliche Entwicklung des Ölpreises, und zwar in zweierlei Hinsicht. Bei einer Bauphase von 2010 bis 2017 schlagen die steigenden Rohstoff- und Energiekosten niemals mit den von Ihnen nur angenommenen 2,5 % per annum Kostensteigerungsraten zu Buche. Diese Zahl muss erheblich nach oben korrigiert werden. Dasselbe gilt für die Nutzungsphase. Die Leute fahren bereits heute aus Kostengründen weniger als vorher.
Sie schreiben in Ihrer Antwort noch, dass der Kreis Ostholstein den Menschen zum Beispiel günstiges Bauland anbieten könne. Wahrscheinlich denken Sie dabei an die Metropolregionen Kopenhagen oder Hamburg. Das ist aber auch nicht vergleichbar mit der Region zwischen Malmö und Kopenhagen. Denn das liefe auf die Annahme einstündiger Fahrzeiten hinaus, die beim Baulanderwerb zu einem günstigen Preis zugrunde gelegt werden. Dies ist aber auch nur eines der vielen Beispiele, die sich durch die Beantwortung der Großen Anfrage ziehen.
Die Beantwortung ist mit Zweckoptimismus verbunden, mit einer Interpretation wirtschaftlicher Erwartungen, die mit der Realität gar nichts zu tun haben.
Was steht auf dem Spiel? - Es gibt eine funktionierende Fährverbindung, die flexibel auf höhere Nachfrage reagiert und nach Auskunft der Betreiber weiter optimiert werden kann und soll. Heute haben wir pro Tag 96 Fährfahrten hin und zurück. Daran hängen direkt 1.100 Arbeitsplätze. Alles funktioniert ohne Subventionen. 600 Arbeitsplätze sind damit direkt auf Fehmarn verbunden.
Sie antworten auf unsere Große Anfrage: Die völlige Einstellung des Fährverkehrs wäre nicht unwahrscheinlich. Davon gehen Sie also aus, dass das bestehende etablierte, funktionierende System plattgemacht wird.
Zu den genannten Zahlen kommen 2.340 auf der Insel im Tourismus direkt Beschäftigte, für die Sie mindestens in der siebenjährigen Bauphase große Risiken sehen und die Auswirkungen nicht abschätzen können. Es könnte, wie Sie schreiben, der Inselcharakter verlorengehen. Bei den Stellungnahmen zum Projekt feste Querung fehlen die kritischen Stimmen aus der maritimen Verbundwirtschaft, die eine Verkehrsverlagerung vom Schiff auf die Straße befürchten, und zwar zu Recht. Denn es ist eine feste Absicht, dass für eine feste Querung die Fährverbindung vorher plattgemacht wird. Ich verweise auf die gemeinsame Stellungnahme von Hafenwirtschaft und Fährlinien aus SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern, auf die Stellungnahme der IHK Rostock und auf die ständige Erklärung der Lübecker Hafengesellschaft über Umschlagverluste durch die feste Querung.
Auch auf dem ersten Norddeutschen Wirtschaftstag 2006 der CDU-Wirtschaftsräte von Hamburg und Schleswig-Holstein konnte man lesen: Aus wirtschaftlicher Sicht ist der Kosten-Nutzen-Faktor der Fehmarnbelt-Brücke gering. Wie wahr! Ich werde darauf noch zurückkommen.
Zur Wertschöpfung der derzeitigen Fährverbindung kann die Landesregierung keine Angaben machen. Das ist mir völlig unverständlich. Die Umsätze der Fährlinien und die Gehälter der Beschäftigten müssten eigentlich bekannt sein.
Die Zwangsruhepausen der Lkw-Fahrer auf den Fähren werden als Vorteil überhaupt nicht erwähnt. Auch das kann nicht nachvollzogen werden.
Die Zusammenfassung des Kapitels „Sinnhaftigkeit des Projekts“ kommentiere ich so: Sie reden die feste Belt-Querung schön. Risiken werden übersehen. Die Zerschlagung bestehender und funktionierender maritimer Strukturen wird nicht gerechnet. Positive Effekte werden herbeiinterpretiert und herangewünscht.
Meine Damen und Herren, bei der zweiten Frage geht es um die Kosten und die Finanzierung. Bei der Aufstellung der Gesamtkosten der festen Querung fehlen die Finanzierungskosten. Des Weiteren ist die Finanzierung der Hinterlandanbindung - das sind Kosten von 1,2 Milliarden € - keineswegs sicher. Diese Mittel werden auf das Kontingent von Schleswig-Holstein aus dem Bundesverkehrswegeplan angerechnet. Das sind eben keine zusätzlichen
Zu der Notwendigkeit des Ausbaus der Fehmarnsund-Brücke gibt es keine klaren Aussagen der Landesregierung. Im Juni 2006 war im „Fehmarnschen Tageblatt“ zu lesen, dass die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn auf ihre Nachfrage vom Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium die Antwort bekommen habe, dass eine zweite Sund-Brücke nicht erforderlich, nicht vorgesehen sei. Frau Hagedorn schlussfolgert daraus: Wenn der Bau der festen Belt-Querung mit massiv ansteigendem Verkehrsaufkommen begründet wird, einem Aufkommen, das die jetzigen Verkehrswege überlastet, dann ist der komplette Hinterlandausbau notwendig, und zwar inklusive einer zweiten SundBrücke. - Da hat Frau Hagedorn natürlich völlig recht, wie sie ja offenbar auch die Ergebnisse der Berliner Investorenkonferenz ganz anders wahrgenommen hat, wie man der Presse entnehmen konnte.
(Lothar Hay [SPD]: Waren Sie auch da, Herr Matthiessen? Von den Grünen habe ich näm- lich keinen gesehen!)
Beim Staatsgarantiemodell übernehmen die Regierungen weitgehend die Verantwortung einschließlich des Einnahmerisikos für das Projekt, so die Landesregierung wörtlich. Es gäbe zwar durch die Staatsgarantie eine günstige Kreditfinanzierung, Dänemark und Deutschland würden jedoch das volle wirtschaftliche Risiko in der Betriebsphase übernehmen. Also noch einmal zum Mitschreiben: das volle wirtschaftliche Risiko in der Betriebsphase. Ich frage Sie: Was ist daran noch Öffentlich Private Partnerschaft, wenn die Privaten keinerlei Risiken tragen?
Da hieß es ganz eindeutig: Die Finanzierung soll nur mit privatem Kapital erfolgen. Private Investoren sollen angemessen am Risiko beteiligt werden. - Der Verkehrsminister hat uns eben von seiner Interpretation des Verlaufs der Investorenkonferenz berichtet: Keiner von den ins Auge gefassten Finan
Nun ist dieses betriebliche Risiko das Hauptrisiko. Daran hängt natürlich die ganze Frage der Refinanzierung. Staatsgarantien, die dies absichern sollen, sind aber nichts anderes, meine Damen und Herren, als Schulden. Sie sind Kredite auf die Zukunft. Denkt wirklich niemand daran, dass eine solche Garantie aus gutem Grund verlangt wird, weil das Projekt risikobehaftet ist und nicht gut gehen kann? Was ist dann? - Dann sind solche Garantien selbstverständlich zu decken und lösen finanzielle Folgen aus.
Das heißt, eine Staatsgarantie kommt nicht aus der Luft, sondern ist aus unserer Sicht wie Schulden zu bewerten.
Bei diesen finanziellen Dimensionen stellt sich auch die Frage, ob Deutschland damit wieder in die Verschuldensgrenze der Wirtschafts- und Währungsunion rutscht. Ist das auf die Maastricht-Kriterien anzurechnen? Gibt es dann doch wieder blaue Briefe aus Brüssel?
Die EU-Mittel für die TEN-Projekte - das sind die Transeuropäischen Netze - sind von 20,35 Milliarden € auf 7,5 Milliarden € gekürzt worden. Es wird nun von einer Erhöhung auf 8 Milliarden € geredet. Die letzte Lesung des Haushaltsplans findet erst noch statt. Daran kommt der Ministerpräsident nicht vorbei: Die Mittel für verkehrspolitische Großprojekte sind von der EU erheblich zusammengestrichen worden. Der Ministerpräsident möchte sich ein Denkmal errichten, aber das sollen andere bezahlen. Das Interesse und das Vermögen dazu scheint in Brüssel und Berlin sehr viel geringer zu sein als in Kiel gewünscht.
Von 2001 bis 2015 soll die Anzahl der Pkw und Lkw von 6.000 auf 9.000 pro Tag steigen. Das wären gerade mal 35 % des heutigen Verkehrsaufkommens der Großen-Belt-Querung bei einem Drittel höherer Kosten für die Fehmarnbelt-Brücke. Wie soll sich das je rechnen?
- Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Sie verweigern die Antwort darauf, welche Prioritäten wir setzen sollen, wenn wir nicht alle Projekte finanzieren können. Die grüne Landtagsfraktion bleibt bei ihrer klaren Position: Der Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt ist unnötig. Denn es gibt eine hervorragend funktionierende Fährverbindung.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeitern der Landesregierung und bei der Landesregierung selbst für die umfassende Beantwortung der Großen Anfrage zur Fehmarnbelt-Querung bedanken.
Wir haben damit eine wichtige Grundlage für die weitere Diskussion über den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung erhalten. Lediglich 20 km trennen Deutschland von Dänemark. Manchmal habe ich aber das Gefühl, dass es keine 20 km, sondern Welten sind. Diesen Eindruck muss man zurzeit leider bekommen, wenn man die Politik in Berlin und Kopenhagen miteinander vergleicht. Offensichtlich reichen 450 km inklusive 80 km Ostseewasser aus, um zu völlig verschiedenen Einschätzungen und Beurteilungen über die Notwendigkeit einer festen Fehmarnbelt-Querung zu gelangen.
Obwohl sich im Koalitionsvertrag auf Bundesebene CDU/CSU und SPD eindeutig für eine feste Fehmarnbelt-Querung als internationales PPPReferenzvorhaben ausgesprochen haben, wird von den zuständigen Ministern Tiefensee und Steinbrück - ich gebe zu, die Bundeskanzlerin ist in dieser Frage auch nicht hilfreich - verzögert
Auf der dänischen Seite haben wir es dagegen seit Langem mit eindeutigen Bekenntnissen zu tun. In Dänemark gibt es keinen Zweifel an der Realisierung der festen Fehmarnbelt-Querung. Alle Beteiligten - ob aus Industrie, aus der Regierung oder die kommunalen Vertreter der betroffenen Regionen
sprechen sich eindeutig für eine feste FehmarnbeltQuerung aus. Dies, meine Damen und Herren, sollten wir uns auch auf deutscher Seite zu Eigen machen.
Schleswig-Holstein braucht eine feste FehmarnbeltQuerung und ich bin dankbar dafür, dass unser Ministerpräsident und unser Verkehrsminister Dietrich Austermann dieses Thema immer wieder besetzen und vorantreiben.
Lassen Sie mich erläutern, warum es keine Alternative zur festen Fehmarbelt-Querung gibt. Europas Wirtschaft wird immer größer und wächst immer enger zusammen. Im Rahmen dieser Entwicklung werden die europäischen Metropolen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Schleswig-Holstein liegt zwischen den Metropolen Hamburg und Kopenhagen. Diese werden künftig maßgeblich unsere Entwicklung beeinflussen. Insofern kann es für uns nur von Vorteil sein, wenn Hamburg und Kopenhagen näher zusammenrücken. Dazu wird eine feste Fehmarnbelt-Querung beitragen.
Hamburg ist bereits jetzt der wirtschaftliche Taktgeber für Schleswig-Holstein. Künftig wird mit Kopenhagen noch ein zweiter Partner dazukommen.