Protokoll der Sitzung vom 13.10.2006

Diese und andere Länder zeigen, dass die rauchfreie Gaststätte auch wirtschaftlich ein Erfolgsmodell ist und die Akzeptanz des Rauchverbotes mit der Dauer der Umsetzung steigt. Sogar das Genussland Frankreich traut sich, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Ab 2007 wird Frankreich rauchfrei. Ab 2008 folgen alle Gaststätten bedingungslos der neuen Regelung. Sie haben ein Jahr Übergangszeit. Also: Was im Genussland Frankreich möglich ist, sollte auch im Genussland Schleswig-Holstein möglich sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen müssen wir in Deutschland feststellen, dass die mit der DEHOGA ausgehandelte freiwillige Selbstverpflichtung nicht greift. Ausgeschilderte Nichtraucherzonen werden in nicht einmal der Hälfte aller Gaststätten angeboten. Sie sind häufig klein und unattraktiv und sie gewährleisten nicht, dass der abgegrenzte Bereich tatsächlich qualmfrei ist. Trotz Nichtraucherzonen sind alle Gäste ebenso wie das Personal permanent und unfreiwillig dem

(Monika Heinold)

Passivrauchen ausgesetzt, selbst wenn sie mit Kindern unterwegs sind.

Durch das Ergebnis der Föderalismuskommission ist das Gaststättenrecht Landessache geworden. Wir haben also die Chance, auf Landesebene die rauchfreie Gaststätte im neuen Gaststättenrecht zu verankern. Schleswig-Holstein als Gesundheitsland, als Tourismusland und als familienfreundliches Land würde es gut anstehen, hier eine Vorreiterrolle zu spielen. Wahrscheinlich hätten wir sogar viele „ausländische“ Besuchergruppen aus den anderen Landtagen, die sich bei uns über die Umsetzung der rauchfreien Gaststätte informieren würden.

Also, meine Damen und Herren von der Gaststättenfront, auf zu neuen Ufern! Das belebt das Geschäft. Lassen Sie uns von anderen Ländern lernen, lassen Sie uns im Interesse der Gesundheit ein gutes Vorbild sein!

Nutzen Sie heute Ihre Chance: Stimmen sie der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zu. Stimmen Sie aber auch dem Antrag der Grünen auf eine rauchfreie Gaststätte zu - im Interesse unserer Gesundheit!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich der Frau Abgeordneten Tengler das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst meinen herzlichen Dank an die beteiligten Fraktionen für den mehrheitlichen Beschluss im Sozialausschuss zu dem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD.

Die FDP - trotz großer Nähe und Zustimmung zu dem Projekt „Rauchfreie Schule“ - konnte sich nur enthalten. Das ist bedauerlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie es mir bitte nach, in diesem Zusammenhang ein letztes Mal darauf hinzuweisen, dass es die CDU-Fraktion in Schleswig-Holstein war, die den Anstoß zum Nichtraucherschutz und zu verstärktem Jugendschutz gab. Durch die Umsetzung des Projektes „Rauchfreie Schule“ ist in dieser Richtung ein großer Schritt nach vorn getan worden.

Zurück zu den vorliegenden Anträgen. Der im Ausschuss mehrheitlich verabschiedete Antrag entspricht in wesentlichen Punkten dem einstimmig verabschiedeten Beschluss der 79. Gesundheitsministerkonferenz der Länder vom 30. Juni 2006. Es

handelt sich um den Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden sowie um das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln.

Es ist kein Geheimnis, dass in den beiden großen Fraktionen um den Inhalt des Antrags gerungen wurde. Unser Koalitionspartner hätte gern ein generelles Verbot zur Aufstellung von Automaten in den Antrag aufgenommen.

Die CDU sieht dies etwas differenzierter und ist da näher am Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, und zwar in Punkt 15, in dem die Bundesregierung gebeten wird, zu prüfen, ob im Interesse des Jugendschutzes weitere Einschränkungen der Verfügbarkeit erforderlich sind.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die in der letzten Legislaturperiode eher auf dem Weg des Appells, der Einsicht und des Freiwilligentrips war, macht jetzt mobil zum totalen Rauchverbotrundumschlag. Sie fordert jetzt auch und sofort, dass auf der Stelle ein generelles Rauchverbot in Gaststätten ausgesprochen wird. Wenn schon, denn schon!

Am 9. Oktober 2006 fanden in unserem Haus zum zweiten Mal die traditionellen Herbstgespräche der Landesstelle gegen die Suchtgefahren SchleswigHolstein statt. Das Thema „Nichtraucherschutz“ und seine Umsetzung nahmen einen breiten Diskussionsraum ein. Rolf Hüllinghorst, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen riet den teilnehmenden Politikern, keine Schnellschüsse im Bereich Rauchverbot in Gaststätten abzufeuern. Zunächst sei die Einführung der freiwilligen Selbstbeschränkung und deren Ergebnis, die die DEHOGA mit ihren Mitgliedern verabredet hat, im Gespräch. Bis März 2007 bieten nachweisbar 60 % aller Gaststätten 40 % Nichtraucherplätze an. Die Entwicklung bleibt abzuwarten und auszuwerten. Die CDU-Fraktion schließt sich diesem Verfahren an.

Meine Damen und Herren, in eine Gaststätte geht man freiwillig, einen Arbeitsplatz oder ein öffentliches Gebäude muss man aufsuchen. Unter anderem aus diesem Grunde lehnen wir den Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/437 (neu), ab.

Viel dringender erscheint mir der Nichtraucherschutz kleiner Kinder. Aus meiner Sicht haben wir die gemeinsame Aufgabe, zu überlegen, wie wir junge Mütter und Väter erreichen und dazu bewegen können, nicht in Autos zu rauchen, in denen sich auf dem Rücksitz angeschnallt kleine Kinder befinden. In Berlin laufen derzeit Überzeugungskampagnen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Bätzing, befürwortete bereits am

(Monika Heinold)

8. Oktober 2006 ein Rauchverbot in Autos. Ob man so weit gehen soll, bezweifle ich allerdings. Der Vorsitzende des Ausschusses für Volksgesundheit im Europaparlament, Karl-Heinz Florenz, schloss sich dieser Forderung an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Kollegin Heinold nahm an den erwähnten Herbstgesprächen mit Fachleuten aus den Suchtberatungsstellen in Schleswig-Holstein teil. Der bereits erwähnte Rolf Hüllinghorst begrüßte es außerordentlich, dass aufgrund des Raucherlasses „Rauchfreie Schule“ nach Untersuchungen der Landesstelle gegen die Suchtgefahren für Schleswig-Holstein das Rauchen an Schulen quantitativ zurückgegangen sei. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Cannabisproblematik derzeit nicht in den Griff zu bekommen sei. 30 % der Schülerinnen und Schüler konsumieren ohne jedes Unrechtsbewusstsein regelmäßig Cannabis mit katastrophalen Folgen. Hier ist dringend und mutig anzusetzen und nicht dem Minister Döring, der die Eigenbedarfsgrenze drastisch von aberwitzigen 30 g auf 6 g senkt, Populismus vorzuwerfen, wie es die Grünen getan haben.

Mich verwundert es schon stark, dass diese Fraktion insofern für ein generelles Rauchverbot eintritt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien Sie konsequent und unterlassen Sie diese Doppelmoral.

(Beifall bei der CDU)

Was haben diese 30 g denn den Jugendlichen suggeriert? - 30 g sind erlaubt. - Das ist ein fataler Irrtum.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie jetzt das Verbot von Tabak fordern? Das wäre doch die Konse- quenz!)

- Herr Hentschel, entspannen Sie sich.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Er ist momentan auf Entzug!)

Wir Politiker werden während der diesjährigen Herbstgespräche aufgefordert, bei auffällig gewordenen Jugendlichen bei Cannabismissbrauch eine Beratungsverpflichtung und bei Nichtwahrnehmung ein Bußgeld auszusprechen. Die Forderung lautet da sollten Sie vielleicht wieder einmal zuhören -: FreD muss wieder flächendeckend eingesetzt werden. Wer oder was ist FreD? - Das steht für Frühintervention erstauffälliger Drogenkonsumenten!

Diese Drogenfrühhilfe wurde am 1. Januar 2003 mit einer Modellphase gestartet. Die Inanspruchnahme einer Beratung - diese war nur freundlich

empfohlen - war unter anderem von regionalen Besonderheiten abhängig und insofern unterschiedlich, insgesamt jedoch nicht zufriedenstellend.

Hoffnung macht mir, dass in interministerieller Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen zeitnah eine Konzeptmodifikation vorgesehen ist. Liebe Fachsprecher, lassen Sie uns uns darum kümmern, dass FreD wieder aktiv wird - allerdings mit mehr Kraft, mit mehr Nachdruck und mit mehr Konsequenz. Das Cannabisproblem müssen wir gemeinsam angehen. Minister Döring hat einen ersten richtigen Schritt getan.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich dem Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir habe es gehört und die gute alte Tante Volksmund hat es uns gelehrt: Der Erfolg selbst hat viele Väter. - In diesem Falle sind es Mütter.

(Holger Astrup [SPD]: Und ein junger Vater! - Heiterkeit)

Von daher kann ich in Richtung der Grünen sagen: Es ist überhaupt nicht zu kritisieren, dass wir neun Monate darüber gesprochen haben. Ich glaube, der Wert liegt darin, dass wir nicht nur einen Entschluss fassen, sondern auch diese ausführliche Diskussion geführt haben.

(Beifall bei der CDU)

Diese neun Monate, in denen wir den Antrag beraten haben, waren notwendig und seitdem hat sich in der Form der großen Anhörung im Sozialausschuss sowie in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit eine rasante Diskussion um das Thema Nichtraucherschutz ergeben.

Wir können heute feststellen - Deutschland hinkte in dieser Diskussion dem Ausland weit hinterher -, dass auch in unserem Land ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Was vor einem Jahr im politischen Raum noch undenkbar schien, ist jetzt möglich: Wir werden eine umfassende Gesetzgebung zum Schutz von Nichtrauchern bekommen. Wir werden in der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Rauchens dazu kommen, dass nicht das Rauchen die den Umgang miteinander bestimmende Norm ist, sondern das Nichtrauchen.

(Frauke Tengler)

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da ich in den letzten Monaten in den Ruf geraten bin, eine Art militanter Bekämpfer aller Menschen zu sein, die sich eine Zigarette anzünden, möchte ich vorweg sagen: Es geht nicht darum, Raucher zu diskriminieren. Soweit sie erwachsen und im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind - davon gehe ich bei den meisten aus -, sollen sie von mir aus weiterrauchen und mit ihrer Gesundheit machen, was sie wollen.

(Holger Astrup [SPD]: So ist es!)

Es geht zum Ersten vielmehr darum, andere Menschen, die bewusst auf das Rauchen verzichten, vor dem Mitrauchen und den damit verbundenen Gesundheitsschäden zu schützen.

(Beifall)

Und es geht zum Zweiten darum, ein Klima in unserem Land zu schaffen, in dem das Rauchen die Ausnahme und das Nichtrauchen das normale Verhalten ist.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, das ist auch der Unterschied zu der Diskussion von vor neun Monaten: Ich kann hier auf eine ausführliche Schilderung der Gefahren des Rauchens verzichten -