Protokoll der Sitzung vom 29.11.2006

Deswegen brauchen wir eine Medienerziehung, die dazu führt, dass Kinder befähigt werden, mit Medien verantwortungsbewusst umzugehen, und wir brauchen eine Erziehung, die vor allen Dingen deutlich macht, dass Kinder und Jugendliche Nein zu Gewalt sagen. Denn dann sind sie vor solchen Geschichten gefeit und in der Lage, sich damit konstruktiv auseinanderzusetzen.

(Beifall)

Für die Fraktion der Freien Demokraten erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich kann man sich fragen, ob die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle bei der Einstufung von Computerspielen immer den richtigen Griff getan hat, ob nicht beispielsweise auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften das eine oder andere Computerspiel auf den Index setzen sollte.

Aber der natürlich schnell bei Vorgängen wie in Emsdetten erklingende Ruf nach Verboten und Einschränkungen ist - denke ich - auch ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Es ist Hilflosigkeit, weil wir natürlich alle wissen, dass Verbote und Einschränkungen nicht tatsächlich in den Extremfällen, um die es geht und bei denen sich im Zweifelsfall die Täter dann auch solche Produkte, auch wenn sie verboten sind, besorgen, wirken könnten. Es ist Ausdruck einer Hilflosigkeit, die vorschnell die Verbotsdiskussion aufs Tapet bringt, ohne die Fragen zu erör

tern, die hier auch schon angesprochen worden sind: Wie werden Jugendliche in ihrer Medienkompetenz gestärkt? Wie werden Eltern auf die Situation, die von Niclas Herbst und Wolfgang Baasch zutreffend beschrieben worden ist, vorbereitet und dafür gerüstet, damit in der Erziehung umzugehen? Wie ist es überhaupt einzuordnen, dass wir vielleicht bei einer Million Nutzern solcher Spiele dann einen Fall haben, in dem ein junger Mensch ausrastet und zum Amokläufer wird? Was ist eigentlich der Ursache-Wirkung-Zusammenhang bei solchen Fällen, sind es tatsächlich die Computerspiele, diese Killerspiele, die den auslösenden Faktor darstellen, oder sind sie sozusagen nur ein Instrument, ein Medium, in dem sich dann eine aggressive Persönlichkeit ein Betätigungsfeld und eine virtuelle Scheinwelt sucht?

Es ist ja eine ganz paradoxe Situation, dass wir in Zeiten, in denen Krieg und Gewalt das alltägliche Leben der Menschen geprägt haben, eine Unterhaltungskultur auf der einen Seite vorfinden, die auf eine heile Welt ausgerichtet ist, eine seichte Alltagsunterhaltung, die all das, was die Realität bestimmt, in solchen Zeiten verdrängt, während auf der anderen Seite heute, wo die Menschen glücklicherweise, jedenfalls bei uns in Deutschland, in ihrem alltäglichen Leben so frei sind von Bedrohungen und Gewalt, wie nie zuvor in den letzten hundert Jahren, in der Unterhaltungskultur nicht nur im Bereich der PC-Spiele in einem erkennbaren Segment, sondern auch bei Filmen, bei Horror-Videos, Kinoprodukten, Fernsehsendungen, eine Tendenz zur Gewaltdarstellung da ist, wie wir sie auch noch nie in der Geschichte der Unterhaltungskultur erlebt haben. Was ist das für ein paradoxer Gegensatz, den wir da sehen?

Es ist wirklich in der Auseinandersetzung mit solchen Phänomenen die zentrale Frage, wie Medienkompetenz gestärkt werden muss. Es kommt außerdem darauf an, dass man im sozialen Umfeld in Zukunft Warnsignale besser wahrnimmt, wenn die Gefahr besteht, dass ein Einzelner eben zu einem Amokläufer wie in Emsdetten zu werden droht. Dazu bedarf es einer größeren Aufmerksamkeit, einer Kultur des Hinsehens, kann man sagen, und es bedarf natürlich auch professioneller Instrumentarien wie zum Beispiel des Einsatzes von Schulpsychologen und einer verbesserten Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Fraktion wird zum nächsten Doppelhaushalt der nächsten Jahre einen Antrag stellen, 2 Millionen € für Schulsozialarbeit an sozialen Brenn

(Wolfgang Baasch)

punkten bereitzustellen. Wir werden nur über solche professionellen Hilfen auch in den Schulen und über den entsprechend qualitativen Ausbau beispielsweise von Ganztagsangeboten an unseren Schulen in der Lage sein, jungen Leuten, die heute in dieser elektronischen Medienwelt in erster Linie ihre Freizeitbetätigung suchen, eine Alternative zu bieten, und wir werden damit vielleicht solchen Geschehnissen besser vorbeugen können, als das durch ein bloßes Verbot möglich wäre.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesen nachdenklichen Tönen, die sich wohltuend von dem unterscheiden, was manche Innenminister in den letzten Tagen von sich gegeben haben, möchte ich ein Thema dieses vielschichtigen Problems anschneiden, das bisher nur gestreift wurde. Wir reden sehr viel über Killerspiele und wir reden über Medien, aber wir müssen auch über Waffen reden. Nur der Kollege Baasch ist darauf eingegangen.

Was heißt das eigentlich, dass man offensichtlich Waffen im Internet erwerben kann, wenn man ein bisschen geschickt ist, wie Kühlschränke über Ebay? Ich finde, hier sind die Innenminister gefordert. Wo ist in den letzten Tagen der Ruf der Innenminister nach einer Kontrolle und einem genaueren Hinsehen gewesen, was eigentlich im Waffenhandel los ist? Es kann doch nicht sein, dass wir hier nichts wissen, und es kann auch nicht sein, dass man den Blick über diese Wissenslücke einfach ein bisschen vernachlässigt und stattdessen umso lauter das Verbot der Killerspiele in den öffentlichen Raum stellt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir als Grüne fragen hier ganz deutlich: Was wissen die Innenminister über den Waffenhandel, was wissen sie über die Rolle des Internets und was tun sie, um ihr Wissen zu vermehren und dann tatsächlich tragfähige Politikvorschläge zu machen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mich um die anderen angeschnittenen Fragen natürlich meinerseits nicht herumdrücken. Wir Grünen beschäftigen uns nicht erst seit Amokläufen

mit dem Thema Computerspiele im Internet. Gerade letzten Montag hat unsere Bundestagsfraktion hierzu eine Fachtagung gemacht, die lange vor dem traurigen Ereignis in Emsdetten geplant war. Gemeinsam mit den Experten fordern wir als Erstes, dass die bisherigen Gütesiegel für PC-Spiele optimiert werden. Sie sagen nichts über den Inhalt und die Qualität der Medien. Es gibt sozusagen nur einen ganz groben Index nach dem Motto „erlaubt“ oder „nicht erlaubt“ beziehungsweise „jugendfrei“ oder „nicht jugendfrei“. Wir wissen aus dem Filmgenre, dass man hier viel deutlicher vorgehen kann und dass hier insbesondere auch ein europäischer Dialog sinnvoll ist, denn wie im Rahmen der Medientage in Kiel, die hier schon erwähnt worden sind, gesagt wurde, können wir in Deutschland nicht viel erreichen, wenn wir ausschließlich isoliert vorgehen. Außerdem muss der bisherige Jugendschutz, der dankenswerterweise durch die Jugendministerien unterstützt wird und schon seit Jahren im Internet nach Jugendgefährdendem forscht, deutlich verstärkt werden. Das kostet Geld.

Wer über Medienkompetenz redet, darf an dieser Stelle nicht die Augen davor verschließen, dass wir hier tatsächlich sehr viel mehr investieren müssen. Wieso gibt es keine Sozialarbeiter, die in Internetforen zum Beispiel mit angehenden Amokläufern und Selbstmördern - es gibt unter Jugendlichen auch Selbstmörder - versuchen Kontakt über dieses Medium aufzunehmen?

Wir reden über Straßenjugend-Sozialarbeit, wir müssen auch über Medien-Sozialarbeit reden. Wenn das das Medium ist, mit dem sich Jugendliche verständigen, dann muss da auch ein Ansprechpartner sein, dann müssen da Leute sein, die geschult sind. Es tun sich also neue Jugendberufsfelder auf, die wir endlich angehen müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass hier Jugendarbeit und Schule gefordert sind. An dieser Stelle muss ich auch noch einmal deutlich sagen, in den letzten Jahren ist immer wieder von den Jugendpolitikern und von den Bildungspolitikern Medienkompetenz von Lehrerinnen und Lehrer gefordert worden. Ich weiß, es gibt einige Module in der Lehrerbildung dazu, aber insgesamt kann man sagen, dass die Fortbildung wie auch die Ausbildung in diesem Bereich sich immer noch in der Zone „nice to have“ bewegt. Es muss ebenso selbstverständlich sein, dass sich Leute, die im pädagogischen Prozess stecken, über die neueste Entwicklung in den Medien informieren, wie es auch selbstverständlich ist, dass sie sich über die neuesten Re

(Dr. Ekkehard Klug)

geln im Mathematikunterricht oder im Rechtschreibunterricht erkundigen müssen. Auch da hapert es, wie wir in den letzten Monaten erfahren mussten. Ich erinnere nur an die neueste PISA-Studie. Das muss also dazu gehören, das ist nicht „nice to have“, das ist zentral.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer nicht weiß, worüber Jugendliche den ganzen Tag reden, wer überhaupt keinen Zugang zu ihrer Welt hat, wer will sie dann pädagogisch fördern?

Nun komme ich zu meinem letzten Argument: Es nutzt nichts, allein die Eltern - ich sage bewusst - in Geiselhaft zu nehmen. Natürlich haben die Eltern eine hohe Mitverantwortung. Aber wenn man sich überlegt, dass von Geburt die Kinder damit konfrontiert werden, irgendwo die neuesten Spiele sehen, in den Medien für PC-Spiele angeworben werden, von der Spielzeugbranche für diese Spiele angeworben werden und die Alten sozusagen als Einzige ein Bollwerk dagegen darstellen sollen, dann ist das unfair. Das ist so, als wenn man Süßigkeiten im Supermarkt in die Augenhöhe von Dreijährigen stellt und dann die alleinerziehende Mutter dafür verantwortlich macht, wenn ein Dreijähriger die Hand danach ausstreckt. Insofern ist auch hier die Hauptschuldzuweisung an die Eltern voreilig. Ich denke, es geht nur, wenn wir eine konzertierte Aktion machen und nicht darauf warten, bis das nächste Kind Amok läuft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass der Vorfall in Emsdetten in einen größeren Kontext gesetzt werden muss. Richtig ist, dass wir es hier nicht nur mit einem Amoklauf, sondern insgesamt mit dem Problem Gewalt an Schulen, Gewaltprävention, mit Mobbing und natürlich auch mit dem Phänomen „Happy Slapping“ zu tun haben. An dänischen Schulen nördlich der Grenze hat es im letzten Jahr ganz schreckliche Vorfälle gegeben, die genau mit diesem Punkt zu tun haben. Die Stichworte „Medienerziehung“, „Mediensozialarbeit“ hervorzuheben, ist natürlich auch wichtig.

Konkret - das wissen wir - hatten wir es in Emsdetten wieder einmal mit Ereignissen zu tun, die letztlich dazu geführt haben, dass Schülerinnen und Schüler, Eltern und die Schule insgesamt völlig ratlos dastehen, weil ein junger Mensch sich selbst und andere dabei mit richten wollte. Völlig reflexartig werden dann - auch das kennen wir ja anschließend in der leicht erregbaren Öffentlichkeit einfache Lösungen auf den Markt geworfen. Die übergroße mediale Aufmerksamkeit hat auch schon dazu geführt, dass es Nachahmerfälle gibt. Gestern haben wir den Medien entnehmen können, dass in Leck, in diesem friedlichen kleinen Städtchen, einige Schüler an einer Schule anscheinend mit dem Gedanken gespielt haben zu untersuchen: Was wäre, wenn?

Ich denke, um überhaupt weiterzukommen, müssen wir aber auch erkennen, dass wir es mit - das mag sich hart anhören - einem Phänomen der modernen Gesellschaft, letztlich mit Globalisierung zu tun haben; denn wir wissen, dass sich der junge Amokläufer von Emsdetten mit den Vorfällen in Columbine in Amerika beschäftigt hat. Wir haben es also auch mit einem Werteverfall zu tun. Wer sich Gewalt im Fernsehen, im Kino und in diversen Computerprogrammen anguckt, der kann letztlich Zweifel daran haben, wie es denn mit den Werten unserer Gesellschaft aussieht. Es geht also nicht nur um die Erziehung unserer Kinder, sondern es geht auch um die fragwürdige Akzeptanz von Gewalt in unseren Medien.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Vor diesem Hintergrund haben die Ministerpräsidenten von Bayern und Niedersachsen vorgeschlagen, eine Bundesratsinitiative zu starten, um die sogenannten Killerspiele zu verbieten. Dabei wird übersehen, dass bereits heute alle Computerspiele, die es in Deutschland offiziell zu kaufen gibt, von einer unabhängigen Kommission, von unabhängigen Gutachten geprüft und klassifiziert werden. Zudem sind die deutschen Jugendmedienschutzbestimmungen viel strenger als ähnliche Bestimmungen im europäischen Ausland. Letztlich werden ungefähr 4 % aller Computerspiele verboten.

Zum anderen - ich denke, das ist ein zentraler Punkt - ist ja gar nicht so eindeutig, was ein Killerspiel ist und was nicht. Wir wissen von anderen Untersuchungen, dass es immer auch auf die Lebenssituation des jungen Menschen ankommt. Das heißt, wir müssen versuchen, mit professionellen Strukturen an Schulen - ich denke zum Beispiel an das, was von der GEW gefordert wird, mehr Schulpsycholo

(Angelika Birk)

gen, Stärkung des schulsozialen Dienstes - so etwas in Zukunft zu verhindern. Das wird nicht vollständig machbar sein. Aber das ist ein Weg.

Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass Schüler große Sehnsucht danach haben, nicht nur als Empfänger von Lerninhalten wahrgenommen zu werden, sondern als ganze Menschen. Wenn die Beobachtungsfähigkeit von Lehrkräften professionell gestärkt wird, dann - so denke ich - sind wir auf einem besseren Weg.

Schließlich ist es sehr wichtig, sich die Waffengesetzgebung in der Bundesrepublik anzugucken. Das wäre meiner Meinung nach der richtige Ansatz für eine Bundesratsinitiative. Hier können wir mit restriktiver Handhabung sehr viel mehr erreichen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den Fall in Emsdetten wäre vieles und zugleich wenig zu sagen; denn wir wissen relativ wenig über die dortigen komplexen Zusammenhänge. Wir wissen wenig über ein offenbar gleichgültiges soziales Umfeld. Wir wissen wenig über die Ursachen für das Schulversagen des Täters und darüber, wie die Schule darauf reagiert hat. Wir wissen letztlich nicht, wie er Zugang zu Waffen bekommen hat. Ich finde allerdings, Frau Birk, die Frage des Zugangs zu Waffen ist in diesem Fall nicht der zentrale Punkt. Es gab auch Amokläufer - das hat es in der Vergangenheit gegeben -, die mit Messern auf andere losgegangen sind. Wir wissen - darauf hat Herr Herbst hingewiesen - genauso wenig wie die Wissenschaftler selbst, ob es wirklich einen direkten Zusammenhang zwischen Gewaltausübung und dem Konsum von Computerspielen gibt.

Der Jugendschutz in Deutschland ist so umfassend wie in keinem anderen europäischen Land. Trotzdem ist es - anstatt gleich in die eine oder andere Richtung zu reagieren - angesichts einer solch schrecklichen Tat, die ja auch Nachahmer hervorrufen kann - das muss einem dabei immer bewusst sein -, legitim zu fragen, ob die gesetzlichen Bestimmungen wirklich ausreichen oder ob sie ausreichend angewandt werden. Die Wissenschaft dis

kutiert diese Zusammenhänge absolut kontrovers. Professor Pfeiffer ist keiner, der in seinen Einschätzungen gering zu schätzen ist. Er sieht einen sehr engen Zusammenhang. Andere - wie Frau Adamowski von der Humboldt-Universität - leugnen dies.

Die Erfahrung zeigt jedoch auch, viele junge Männer - vielleicht sogar auch ältere - spielen, um sich abzureagieren, verabscheuen aber zugleich jede Form von Gewalt. Auch Zivildienstleistende spielen Counter-Strike.

Man kann wohl nicht ausschließen, dass diese Spiele insbesondere Jugendliche erheblich gefährden und dass so etwas verloren geht wie die Unterscheidung zwischen Realität und Spiel. Darüber, wie sehr die Phantasie und möglicherweise auch die Lust zum Nachahmen angeregt wird, wissen wir vieles von Gewalttaten in den USA und in Europa. Es ist also durchaus möglich, dass diese Spiele die Gewaltbereitschaft erhöhen und dass sie der angestauten Wut auf die Schule, auf Eltern, auf die Freundin, auf die Welt an sich eine gewalthafte Form geben können.

Auch der Täter von Emsdetten hat seine Tat ja nach einem Computerspiel inszeniert. Dieses Risiko besteht vielleicht vor allem dann, wenn diese Spiele so exzessiv gespielt werden, dass Familie und Freunde überhaupt nicht mehr eingreifen können, überhaupt nicht mehr an Jugendliche herankommen.

Ich finde auch, man kann nicht einfach ausschließen, dass die Gesellschaft insgesamt gegenüber Gewalt unempfindlicher geworden ist und dass vielleicht auch die Hemmschwellen sinken. Strafrechtler, Vollzugsorgane, Polizei und Lehrer berichten, dass die Zahl der Jugendstraftaten zwar gleichbleibt, dass also die gefühlte Wahrnehmung, dass sie zunimmt, gar nicht stimmt, dass aber die Gewalttaten zugleich schwerer werden und in ihrer Intensität zunehmen. Ein Schüler liegt am Boden, von anderen niedergeschlagen, und es wird noch einmal zugetreten.