Und zu guter Letzt heißt es: Der Landtag soll als oberstes Organ der politischen Willensbildung im Land Schleswig-Holstein beschließen, dass der Wirtschaftsminister dem Wirtschaftsausschuss über die Neuorganisation berichten soll. Auf dieses Organigramm freue ich mich dann in der Ausschusssitzung. Es wird den Tourismus im Land sicherlich fabelhaft weiterbringen.
Aus diesen aneinandergereihten Selbstverständlichkeiten ragt für mich eine heraus: Der Landtag soll den Kommunen empfehlen, ihre Interessen nicht mehr eigenständig zu organisieren. - Wir hingegen sagen: Wenn sich frei gewählte Kommunalvertreter entschließen, die Interessen in ihren Kommunen zu organisieren und nach außen zu vertreten, dann sollen sie das auch in Zukunft tun.
Wenn es darum gehen soll - und das vermute ich -, die bisherige Kirchturmpolitik, das sehr kleinteilige Vermarkten von Regionen und Destinationen zu unterbinden, dann besteht meiner Meinung nach unsere Aufgabe darin, den Kommunen mit entsprechenden Konzepten zunächst schmackhaft zu machen, wie sie sich zusammenschließen könnten. Auf die Frage, warum es sich für sie lohnen könnte, gemeinsam aufzutreten, fehlt mir in diesem Antrag eine Antwort.
Was mir darüber hinaus in diesem Antrag fehlt, ist die Botschaft, wie das Land gezielt dafür sorgen kann, dass noch mehr Menschen noch häufiger oder noch länger in Schleswig-Holstein Urlaub machen. Was bringt uns diesem Ziel näher: dass der Minister ausgewählten Hoteliers Subventionsschecks überreicht und sich dabei fotografieren lässt oder dass das Land Schleswig-Holstein seine Ausgaben zur Förderung des Tourismus so stark wie möglich darauf konzentriert, das Tourismusland SchleswigHolstein noch bekannter zu machen?
Ich bin davon überzeugt, dass es mehr Menschen nach Schleswig-Holstein lockt, wenn wir beim Vermarkten des Urlaubslandes Schleswig-Holstein noch mehr klotzen, als es bisher der Fall gewesen ist. Der ehemalige Wirtschaftsminister Prof. Rohwer hat mir auf eine gezielte Nachfrage zum Doppelhaushalt 2004/2005 genau diese Antwort gegeben: Bei einem ordentlich gemachten Marketingkonzept, das Schleswig-Holstein im In- und Ausland als einheitliche Feriendestination bekannt machen soll, müssen wir klotzen und nicht kleckern. Ich finde, bisher wird eher gekleckert und beim Kleckern werden sogar zentrale Punkte wie der Städtetourismus einfach vernachlässigt. Auch das wäre etwas gewesen, was Sie in Ihrem Konzept hätten ansprechen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Subventionen zur Verschönerung oder Erneuerung von Hotels können angesichts der großen Zahl von Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen keine zentrale Aufgabe des Landes sein - Investitionen in private Betriebe sollte das Land privaten Investoren überlassen.
Über den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und eine konzentrierte Marketingkampagne hinaus sollte das Land die Kommunen stärker unterstützen. Der erste Schritt dazu wäre der Verzicht auf die pauschale Kürzung der Finanzausgleichsmasse und die Entnahme aus dem Kommunalen Investitionsfonds, Herr Tourismusminister. Geschlossene Schwimmhallen und Büchereien und zerfallene Straßen sind die denkbar schlechteste Werbung für ein Urlaubsparadies, das wir gemeinsam schaffen wollen - da sind wir uns ja völlig einig, liebe Kollegin Poersch.
Weil wir den Tourismus in Schleswig-Holstein nicht nur neu ausrichten, sondern vor allem stärken wollen, treten wir für diese drei Punkte ein: eine konzentrierte, wirkungsvolle Marketingkampagne, höhere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und mehr Geld für unsere Kommunen. Wer den Tourismus mit uns stärken will, der kann in zwei Wochen die entsprechenden Haushaltsanträge bejahen.
Im Übrigen möchte ich die Koalitionsfraktionen sehr herzlich bitten, über Ihren Antrag heute nicht in der Sache abstimmen zu lassen, sondern einer Ausschussüberweisung zuzustimmen. Denn es gäbe noch einige Punkte, wo man im Zweifel gemeinsam zusammenkommen könnte, Punkte, die aus meiner Sicht in Ihrem Antrag fehlen. Ich habe den Städtetourismus erwähnt; Naturerlebnismöglichkeiten
sind auch nicht so dargestellt, wie man sich das im Zweifel vorstellen könnte. Ich möchte Sie herzlich bitten, über die Ausschussüberweisung als Alternative zur Abstimmung in der Sache nachzudenken, und würde mich dann auf konstruktive Ausschussberatungen freuen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Juli dieses Jahres wurde uns das Handlungskonzept zur Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein vorgestellt. Die darin propagierte Konzentration der Tourismuspolitik des Landes auf die drei Zielgruppen Familien mit Kindern, sogenannte Best Ager - vielleicht können wir noch um eine verständlichere Bezeichnung für diese Zielgruppe ringen - und anspruchsvolle Genießer ist grundsätzlich richtig, auch um die derzeitige Verzettelung zu überwinden.
Im Umkehrschluss bedeutet Konzentration auf Zielgruppen natürlich, andere Zielgruppen und Themen vorläufig zurückzustellen. Da sehen wir im Konzept noch Lücken.
Der Städtetourismus ist der wichtigste Wachstumsbereich im Tourismus von Schleswig-Holstein. In den letzten fünf Jahren gingen die Übernachtungszahlen im nichtstädtischen Tourismus um 3,1 % zurück, im Städtetourismus insgesamt um 8,3 % herauf, beim Tagestourismus verzeichnen wir ebenfalls Wachstumstendenzen, die überdurchschnittlich sind.
Nach den Zahlen der Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein gab es 2004 für das Tourismusziel Lübeck allein 13 Millionen Tagesausflüge und 2,3 Millionen Tagesgeschäftsreisen, also insgesamt 15,3 Millionen Tagesreisen. Für Kiel sind die Zahlen noch beeindruckender: 13,6 Millionen Tagesausflüge und 3 Millionen Geschäftsreisen, in der Summe also 16,6 Millionen Tagesreisen. Ein enormes Potenzial an Gästen, die zu einer oder zwei Übernachtungen animiert werden könnten und sollten. Der Städtetourismus ist ein Pfand, mit dem wir
Im Städtetourismus haben wir die Gäste, die zahlungskräftig und qualitätsbewusst sind. Dieser Punkt wird mit der bloßen Übernahme der gutachterlichen Empfehlungen hinten angestellt; er taucht nicht auf.
Das ist aus meiner Sicht eine konzeptionell nicht hinzunehmende Lücke. Der Kollege Garg hat ebenfalls darauf hingewiesen.
Der Fahrradtourismus steht nicht mehr nur für Schüler, die einen Campingplatz benutzen, sondern für ein anspruchsvolles und zahlungskräftiges Klientel. Das wird immer vollkommen unterschätzt. Die Landeshauptstadt Kiel ist hinter Münster zur fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands gewählt worden. Gratulation! Durch die Landeshauptstadt Kiel führt seit Jahren der Ostseeküsten-Radweg, einer der schönsten und attraktivsten Fernradwanderwege im Radtourismus. In diesem Frühjahr wurde der Nord-Ostsee-Kanal-Radweg eröffnet. Damit haben wir ein Netz von größeren fahrradtouristischen Routen, der Nordseeküsten-Radwanderweg, der Ostseeküsten-Radwanderweg, der Ochsenweg und Querverbindungen über den NO-Radwanderweg. Das sind Dinge, die aus unserer Sicht deutlicher nach oben gerückt werden müssten.
Die Anzahl der Rad fahrenden Urlaubsgäste ist in ganz Deutschland im letzten Jahr um 4,7 % gestiegen. Auch hier beobachten wir weit überdurchschnittliche Wachstumsraten. Es geht in Konzepten für die zukünftige Tourismusförderung, die wir uns aussuchen sollen, natürlich darum, Stärken zu stärken und nicht dort, wo wir schwach sind, Reparaturen einzubauen.
Das ist ganz entscheidend. Insofern ist die vorliegende Ausarbeitung richtig, aber nicht ausreichend.
was soll man dazu sagen? Was soll daran neu sein? Gleiches gilt für das Handlungskonzept. Die vorgeschlagenen Punkte sind nicht neu. Sie werden im Ministerium bereits umgesetzt. Oder glauben Sie etwa, dass bei der Ausrichtung der Förderpolitik touristische Relevanz bisher nicht geprüft wurde? Das wäre doch absurd!
Die grüne Landtagsfraktion schlägt zwei Ergänzungen zu den Themen Städtetourismus und Fahrradtourismus vor. Insofern freue ich mich auf eine Beratung im Ausschuss.
Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für den SSW Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst einmal möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU dafür bedanken, dass Sie das für Schleswig-Holstein wichtige Thema Tourismus heute mit Ihrem Antrag auf die Tagesordnung gesetzt haben.
Der Antrag ist so abgefasst, dass nach meiner Auffassung eigentlich jeder dem Antrag zustimmen kann und wir den Tourismus in unserem Land so mit breiter Zustimmung unterstützen können.
Ich möchte daher gern auf die einzelnen Thematiken des Antrages eingehen und verstehe unsere Anregungen als Beitrag zu einer Diskussion, die letztendlich die Touristiker im Land und ihre Verbände führen und zum Abschluss bringen müssen.
Mit dem Roland-Berger-Gutachten haben wir in Schleswig-Holstein eine unabhängige Studie bekommen, die als Handlungsfaden dienen sollte. Hier werden im Wesentlichen zwei Themenbereiche besonders angesprochen: zum einen die derzeitigen Strukturen und Vermarktungswege, die möglich sind, und zum anderen die Zielgruppen, derer man sich insbesondere annehmen sollte.
Was die Strukturen angeht, ist die Schlussfolgerung richtig, dass wir hier viel zu kleinteilig organisiert sind. Jeder Ort und jede Teilregion hat seinen Verein oder Verband, der für den Tourismus zuständig
ist. Das ist natürlich so nicht aufrechtzuerhalten, weil dies Ressourcen verschlingt, die man besser gemeinsam nutzen könnte. Diese Struktur liegt aber nicht darin begründet, dass die Touristiker so kleinteilig denken, sondern vor allem darin, dass die kommunalen Strukturen so sind, wie sie bei uns sind.
Jeder kleine Ort mit ein paar hundert Einwohnern hat eigene Interessen und muss diese auch vertreten. Dabei können die übergeordneten Strukturen schon einmal unter die Räder geraten. Daher haben dann nicht nur die größeren Orte eigene touristische Strukturen, die sie auch nötig haben, sondern eben auch viele kleine Dörfer und Miniregionen. Dabei wird unheimlich viel Energie und Geld freigesetzt, aber eben nicht zielgerichtet für eine größere Region genutzt.
Deshalb wäre auch hier eine Gemeindereform hilfreich und das Ziel einer Reform der kommunalen touristischen Strukturen sollte sein, dass man örtliche Tourismusstrukturen grundsätzlich nur noch für Einheiten mit einer Einwohnerzahl von mindestens 30.000 Einwohnern vorhält, also man die touristischen Strukturen um Kreisstädte, größere Orte und Touristikzentren gruppiert.
Wir hätten dann nur noch 90 oder sogar weniger kommunale Tourismusverbünde und nicht 225 wie heute. Danach könnte man auch überlegen, welche Aufgaben in Zukunft die Regionalverbände in Abgrenzung zur TASH haben sollten und welche Organisationsform wir gemeinsam für diese Aufgaben anstreben.
Kommen wir nun zu den Zielgruppen. Es ist klar, dass wir uns um jeden Gast zu kümmern haben. Es ist ebenso klar, dass wir auf örtlicher Ebene in Teilen andere Zielgruppen bedienen als zum Beispiel in einer landesweiten strategischen Ausrichtung. Eine örtliche Ausrichtung auf beispielsweise den Jugendtourismus, auf Geschäftsreisen oder auf die „Schönen und Reichen“ ist immer noch möglich. Es ist aber vor allem auf Landes- und Regionalebene notwendig, dass wir unsere Mittel zielgerichteter einsetzen als bisher. Deshalb ist es richtig, dass wir uns landesweit auf die Zielgruppen einstellen, die auch das Preisniveau, das wir haben, mittragen können.
Im Segment des reinen Billigurlaubs werden wir nicht bestehen können. Auch hier gilt, dass unsere Chance nur der Qualitätstourismus ist. Deswegen sind die Schwerpunkte „Ältere Generation“, „Familien“ und „Junge Alleinreisende“ auch die richtigen