Die FDP richtet ihre Fragen auf Gemeinschaftsund Regionalschulen. Dabei, denke ich, gilt ihre Sorge in erster Linie der Zukunft der Realschulen, also der neuen Regionalschulen. Ich hätte mir gewünscht, dass es jetzt nicht so sehr darauf ankäme, das zu wiederholen, was von einigen Lehrerverbänden dazu gesagt worden ist.
Eine letzte Bemerkung! - Frau Präsidentin, ich denke, meine Redezeit ist auch abgelaufen. Darum will ich es ein wenig abkürzen. - Die Anfrage der FDP greift aus unserer Sicht nicht das Zentrale, nämlich die Frage nach den neuen Schulstrukturen, auf. Die FDP stellt Fragen, die sie auch in der Vergangenheit zur Schulentwicklung immer wieder gestellt hat. Das finde ich schade. Dazu kann wohl keiner von uns Genaueres sagen. Das werden wir im Ausschuss zu debattieren haben.
Grundsätzlich ist der SSW der Auffassung, dass wir, wenn wir auf sinkende Schülerzahlen nur mit Zusammenlegung reagieren, keinen wirklichen Neuanfang bekommen. Aus unserer Sicht ist es ein Problem, dass das Gymnasium praktisch völlig außen vor gelassen wird, dass wir also eine Schulentwicklung bekommen, die sich außerhalb des Gymnasiums abspielen wird. Wir hätten uns eine Umstellung auf Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe gewünscht.
Dann hätten wir wirklich eine Schulstruktur bekommen, die flexibel auf die Herausforderungen der demografischen Entwicklung und auch auf die pädagogischen Herausforderungen der kommenden
Jahre reagieren könnte. Leider haben wir aber ein Schulgesetz bekommen, das nur einen halben, vorsichtigen Schritt wagt.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Ich wollte nur einen netten Schlusssatz formulieren. Davon nehme ich jetzt Abstand. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk und erteile das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine solche Debatte ist auch dazu da, dass man auf Argumente oder auch auf Hinweise eingeht. Unser Kollege Henning Höppner hat dankenswerterweise gesagt, dass nach Auffassung seiner Fraktion - ich weiß nicht, ob es die Auffassung der Landesregierung ist - die künftigen Gemeinschaftsschulen personell so ausgestattet werden sollen, wie bisher die Gesamtschulen ausgestattet werden. Das ist als Aussage wirklich ein Novum und gibt zumindest einen Anhaltspunkt für den sich entwickelnden Finanz- und auch Personalbedarf im Falle der Neugründung von Gemeinschaftsschulen.
Der Landesrechnungshof hat dankenswerterweise im Juni 2004 einen Sonderbericht auf der Basis eines Berichtsauftrags aller Fraktionen vorgelegt. Dabei ist auch durchgerechnet worden, wie der Personalbedarf für den Fall aussähe, dass man im Bereich der weiterführenden Schulen komplett auf das Modell der Integrierten Gesamtschule umsteigen würde. Ergebnis war, dass dies einen Zusatzbedarf von rund 1.600 Lehrerstellen bedeutete, wie gesagt, immer unter der Maßgabe, der gesamte Bereich der weiterführenden Schulen würde nach diesem Modell mit einer Personalausstattung, wie sie bisher an den Gesamtschulen üblich ist, umgewandelt.
Daran kann man in etwa ablesen, in welchen Größenordnungen sich die Entwicklung von zusätzlichen Gemeinschaftsschulen auf den Lehrerbedarf
auswirken würde, immer vorausgesetzt, man bliebe bei den bisherigen Personalzuweisungskriterien für Gesamtschulen.
Am Anfang kann man dies vielleicht noch im Sinne des Anreizverfahrens tun, das Ihnen Herr Rösner in dem Gutachten, das er noch für die rot-grüne Landesregierung erstellt hat, dargestellt hat, indem man die ersten Neugründungen im Sinne von Anreizen mit zusätzlichem Personal versieht. Das kann man vielleicht noch erreichen. Die Ressourcen können Sie aus dem verbleibenden Rest der Schulen „abknapsen“. Das System geht aber irgendwann nicht mehr weiter. Denn je mehr sich das Schulsystem nach diesem Modell verändert, desto weniger ist es möglich, aus dem vorhandenen Topf - ich sage einmal - solche Zuckerlis zu verteilen. Dann müssen Sie irgendwann Farbe bekennen und sagen, ob Sie abspecken, ob Sie von den bisherigen Personalzuweisungskriterien der Gesamtschulen heruntergehen oder ob Sie diesen zusätzlichen Personalstellenbedarf wirklich bedienen wollen.
Letzter Punkt: Handewitt! Drei Schulstandorte - eine Grundschule, eine Grund- und Hauptschule, eine Grund- und Hauptschule mit angegliedertem Förderschulteil. Hieraus soll eine Gemeinschaftsschule entstehen, auch mit dem Bildungsgang hin zum Gymnasium mit den entsprechenden Fachraumangeboten, mit dem entsprechenden Personal an Gymnasiallehrern. Dass das ohne erhebliche Investitionen sowohl im Bereich Schulbau als auch im Bereich Personal abgeht, kann niemand erzählen. Von daher sind der Personalbedarf und der Finanzbedarf in diesem Bereich ganz eindeutig. Selbst auf Fehmarn, wo man ein kleines Gymnasium in eine solche Gemeinschaftsschulgründung mit einbezieht, rechnet man - jedenfalls nach Berichten in der Lokalpresse - mit einem Finanzbedarf in einer Millionengrößenordnung. Das ist alles nachlesbar.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Klug, man kann das natürlich gigantisch hochrechnen. Ihr Beispiel aus Finnland möchte ich nicht unerwähnt lassen. Wir waren in Finnland in einer Schule mit ganz normalen Klassenstärken von 25 Schülerinnen und Schülern. Es gab auch nicht für vier Lehrer irgendwelche Extralehrerzimmer. Zugegeben: Die
Räumlichkeiten für die Lehrerinnen und Lehrer waren zum Teil großzügiger als bei uns in den durchschnittlichen Schulen, aber keineswegs unerreichbar.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal Folgendes deutlich machen. In Deutschland und in Schleswig-Holstein haben sich Schulen auf den Weg gemacht zu einem neuen gemeinsamen Lernen, zur Auflösung der 45-Minuten-Takte, zum Ganztagsbetrieb und so weiter. Auch diese Schulen haben nicht die idealen Bedingungen, die Sie gerade geschildert haben. Dennoch leisten sie Vorbildliches. Das möchte ich hier an dieser Stelle in den Raum stellen.
Lassen Sie uns hier nicht ein Wolkenkuckucksheim aufbauen, das unerreichbar erscheint, um eine Ausrede zu haben, nichts zu tun. Natürlich wird es die eine oder andere Umplanung geben. Dies wird auch Geld kosten. Wie viel Geld würden die Schulen denn aber investieren müssen, wenn bei sinkenden Schülerzahlen alles so bleibt, wie es ist? Dann würden ganze Etagen von Schulgebäuden leer stehen.
Nun komme ich auf die Stellen zu sprechen, Herr Dr. Klug. Sie haben hier den Rechnungshof angeführt. Wir haben in diesem Zusammenhang natürlich auch das Thema des Sitzenbleibens zu betrachten. Wir haben einmal ausgerechnet, dass man 800 bis 1.000 Lehrerinnen und Lehrer allein dadurch einsparen kann, dass man die Kinder früher fördert, statt sie sitzen bleiben zu lassen. Wir haben uns außerdem schon in der letzten Legislaturperiode sehr eingehend mit dem Thema von Schulzusammenlegungen befasst. Unsere Fraktion ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es für ungefähr 1.000 Fachkräfte in der Pädagogik Möglichkeiten der Umorientierung gibt. Ich spreche hier bewusst nicht von Einsparung. Ich denke hier an Fachkräfte, die bisher am Standort A und in Zukunft am Standort B arbeiten. Solche Zusammenlegungen und damit einhergehend organisatorische Verbesserungen müssen wir sowieso aufgrund zurückgehender Schülerzahlen erreichen. Lassen Sie uns doch diese Verbesserung mit einem verbesserten pädagogischen Konzept in Einklang bringen! Es geht doch nicht darum zu sagen: Es bleibt alles so, wie es ist! oder: Es kommt eine teure Gemeinschaftsschullösung. Im Gegenteil! Am Anfang muss die Überlegung stehen, dass wir die Ressourcen besser nutzen müssen, und zwar sowohl die räumlichen als auch die pädagogischen Ressourcen und vor allem die Ressourcen in den Köpfen unserer Kinder. Um diese Ressourcen nutzen zu können, müssen wir Reformschritte tun. Das sind wir unseren Kindern schuldig.
Das Argument, dass dies jetzt für viele überraschend kommt, lasse ich gelten. Das Argument, dass vieles umgeplant werden muss und dass dies auch nicht zum Nulltarif möglich ist, lasse ich ebenfalls gelten. Das Argument, dass die Reform so teuer wird, dass man sie deshalb nicht realisieren kann, lasse ich aber nicht gelten. Ich setze auf den Verstand der Kommunen und darauf, dass sie im Sinne dessen, was Frau Spoorendonk hier kritisch angeführt hat, handeln. Ich glaube nicht, dass die Kommunen so dumm sind zuzusehen, wenn das Gymnasium ungeschoren bleibt, und dann in Kauf zu nehmen, dass doppelt so viele Kinder wie bisher am Gymnasium angemeldet werden und dort Raumnot ausbricht. Ich denke, dass die Kommunen dann gleich auf die Lösung Gemeinschaftsschule setzen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält der Herr Abgeordnete Dr. Henning Höppner das Wort.
Sehr geehrter Herr Dr. Klug, ich hätte durchaus Verständnis dafür gehabt, wenn Sie hier die Forderung aufgestellt hätten, dass zukünftig der Personalschlüssel der Gesamtschulen, der ja so hervorragend sein soll, auch für alle anderen Schularten gelten sollte. Das hätte ich auch gern mitgetragen. Ihre Forderung lief aber darauf hinaus, dass wir im Rahmen der Reformen den Schlüssel jetzt gewissermaßen heruntersetzen.
Ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. Glauben Sie etwa, wir hätten der Weiterentwicklung der Gesamtschulen unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der Personalschlüssel sich für die Gesamtschule nachteilig verändern müsste? Das können Sie doch nicht annehmen.
Denken Sie bitte daran: Alles, was wir tun - das hat die Ministerin, wie ich glaube, auch deutlich gemacht -, geschieht vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen, teilweise sogar sehr stark sinkender Schülerzahlen. Das heißt, wir werden immer dann, wenn wir Personalressourcen nicht in dem Maße abbauen, wie es sich der Finanzminister oder der
Landesrechnungshof vielleicht wünschen, in eine Situation kommen können, in der wir den Personalschlüssel für die einzelnen Schulen und auch für die neuen Schulen werden verbessern können. Dies muss, wie ich denke, die Forderung von uns Bildungspolitikern sein.
Im Übrigen wird sich mit der Einführung von G8 auch der Personalschlüssel bei den Gymnasien deutlich nach oben entwickeln müssen. Das muss man einfach sehen. Die Forderungen immer an Vergangenem auszurichten oder zu bemängeln, dass die Gesamtschulen einen zu guten Personalschlüssel haben, greift bei allen unseren Bemühungen, die Schulstrukturen zu verbessern, überhaupt nicht mehr.
Erstens bin ich davon überzeugt, dass die Kommunen in den kommenden Jahren wirklich darauf bedacht sein werden, nicht nur ihre Schulen zu erhalten, sondern auch ihren Schulstandort so attraktiv wie möglich zu gestalten. Ein solcher Wettbewerb ist schon im Gange. Die Kommunen sind schließlich nicht dumm.
Meine zweite Bemerkung. Es war, wie ich finde, bei der Anhörung sehr positiv, zu hören, dass der Landeselternbeirat der Realschulen sehr viel weiter war als der Realschullehrerverband.
Das ist, wie ich meine, etwas, worauf wir aufbauen können. Natürlich versuchen Lehrerverbände erst einmal das zu erhalten, was sie haben. Aber hoffentlich wird auch der Realschullehrerverband irgendwann einmal lernen, dass der Zug der Entwicklung an ihm vorbeifährt, wenn er sich nicht endlich dazu entschließt, auf den Zug aufzuspringen.
Die Einführung von Regionalschulen ist unserer Meinung nach durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist aber nur ein ganz kleiner Schritt. Die Anhörung hat im Grunde genommen deutlich gemacht, dass wir auf diesen Schritt gut verzichten können.
Wenn wir die Gemeinschaftsschule - natürlich nicht heute oder morgen; selbstverständlich müssen wir dies sorgfältig planen - einführen,
bekommen wir eine Schulart, die, wie ich vorhin schon sagte, flexibel auf die neuen Herausforderungen und auf die sinkenden Schülerzahlen eingehen kann. Lieber Kollege Klug, es ist ja ein Kennzeichen der Gemeinschaftsschule, dass man flexibel reagieren kann. Es ist, wie ich denke, wirklich einleuchtend, dass man dadurch natürlich auch Kosten sparen kann. Davon bin ich fest überzeugt. Dann brauchen wir auch nicht eine so defensive Diskussion, lieber Kollege Höppner, wie Sie sie geführt haben. Ich finde, es ist sehr defensiv, wenn gesagt wird: Dort haben wir nicht so viele Kinder; dort können wir einsparen. - Ich meine, unsere Zielrichtung muss eine andere sein.
Meine letzte Bemerkung bezieht sich auf Finnland. Ich will jetzt nicht sagen: Ich bin auch in Finnland gewesen. Ich will hier darauf hinweisen, dass Fernsehen durchaus bilden kann. Ich sah kürzlich einen Dokumentarfilm über die Situation in Finnland unmittelbar nach 1945. Die Armut, die Hungersnot, die katastrophalen Verhältnisse in Finnland zu diesem Zeitpunkt waren unbeschreiblich. Ich denke, davon wissen die meisten hier gar nichts. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich eine herausragende Leistung, dass man in Finnland nicht nur die Arbeitslosigkeit markant reduziert hat, sondern auch eine erfolgreiche Schulpolitik durch Prioritätensetzung betrieben hat.