Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. - Ich konnte leider akustisch nicht verstehen, was der Kollege Kayenburg sagte. - Ich wollte mit meinem Beispiel deutlich machen, dass das ewige Gejammer darüber, dass wir nicht das tun können, was in Finnland getan wird, natürlich viel zu kurz greift. Man muss Prioritäten setzen und dann muss man natürlich auch versuchen, diese Prioritäten gewissermaßen zu leben. Natürlich gibt es dafür auch Geld.

(Dr. Henning Höppner)

Frau Kollegin Spoorendonk, die Redezeit ist bei Weitem überschritten. Ich bitte Sie, jetzt den allerletzten Satz zu formulieren.

Das will ich gern tun. - Wir haben in dem System Schule sehr viel Geld zur Verfügung und dieses Geld muss, wie ich denke, anders eingesetzt werden.

(Beifall beim SSW)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte darum, dass der Bericht der Ministerin dem Finanzausschuss überwiesen wird. Ein Parlament, das den Haushalt beschließt, muss bei einem Gesetzentwurf, der mit der Erklärung, dass die Kosten nicht abschätzbar seien, vorgelegt wird, natürlich nachfragen, auf was man sich einlässt.

Herr Kollege Höppner, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, wenn Sie sagen, dass wir die Auswirkungen im Moment nicht kennen können. Wir können sie allenfalls abgreifen - allerdings nicht auf das Komma genau -, wenn wir wissen, wie die Ausgestaltung jeweils aussehen soll. Nun bin ich im Bereich der Bildungspolitik und was Schulen angeht kein Experte und will ein solcher auch nicht werden. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass das System von Regionalschule und von Gemeinschaftsschule pädagogisch überhaupt nur funktionieren kann, wenn wir dort eine vergleichbare Ausstattung haben, wie wir sie jetzt bei den Gesamtschulen haben. Sonst kann es nach meiner Einschätzung nicht funktionieren. Sie können Binnendifferenzierung nicht mit dem vorhandenen Personal von Realschulen und Hauptschulen betreiben.

(Beifall bei der FDP)

Selbstverständlich müssen wir uns auch über die Schulstrukturen unterhalten. Uns geht es darum, dass ein System errichtet wird, welches einigermaßen konsistent ist. Konsistent bedeutet, dass die Ziele, die damit verfolgt werden sollen, mit den jeweiligen Angeboten an Räumlichkeiten, Sachausstattung und Personal auch erreicht werden können. Das ist das Einzige, was wir fordern und auch fordern können müssen. Eine Regierung, die sich auf

einen Weg begibt, von dem sie gar nicht weiß, ob sie gewissermaßen genug Kraftstoff hat, um ihn zu Ende zu gehen, handelt nach meiner Einschätzung fahrlässig. So einfach ist das.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb noch einmal: Ich will keine schulpolitische Debatte führen. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir das, was wir in diesem Bereich anfassen, liebe Anke Spoorendonk, wirklich richtig anfassen müssen, weil wir sonst weder uns noch den Eltern, vor allen Dingen aber den Kindern keinen Gefallen tun.

Ich war nicht in Finnland, Anke Spoorendonk, aber meine Tochter hat ein halbes Jahr lang in Turku studiert und sie hat mir erklärt, wie die Faszilitäten an der dortigen Universität aussehen. Es schießen einem die Tränen in die Augen, wenn man hört, wie die Studenten, die aus dem Ausland dorthin kommen, bewusst geholt werden. Es gibt bei uns nur ein oder zwei vergleichbare Einrichtungen, lieber Herr Kollege Wadephul, und die sind privat.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW] und Dr. Johann Wadephul [CDU])

- Ich darf sagen, Herr Kollege Wadephul, auch die dortigen Schulen sind deutlich besser ausgestattet als unsere, sowohl was die Faszilitäten angeht, als auch was das Personal angeht. Kollege Klug hat zu Recht darauf hingewiesen, wenn wir uns in diesem Wettbewerb in den nächsten 15 oder 20 Jahren messen lassen wollen, müssen wir die gleichen Faszilitäten zur Verfügung stellen oder wir können den Wettbewerb nicht gewinnen. Das ist das schlichte Ergebnis der Debatte. Es ist keine ausschließliche Frage der Schulstruktur, sondern eine Frage der Vermittlung und eine Frage der Ausstattung.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Dr. Johann Wadephul.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann zum einen die Debattenfreude des Parlaments verstehen, sich hier schon mit Schuldebatten zu beschäftigten, die uns wahrscheinlich im Januar erreichen werden. Das ist schon in Ordnung. Das wird alles noch kommen. Wir haben ausführliche Debatten im zuständigen Bildungsausschuss und werden auch hier im Plenum im Januar über das neue Schulgesetz, das, wie ich glaube, Schles

wig-Holstein bundesweit in eine Spitzenposition bringen wird, ausführlich diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Kubicki, es wird eigentlich mit jedem Debattenbeitrag der Freien Demokraten etwas unklarer, was Ihre Fraktion in diesem Parlament eigentlich an der Stelle will. Wenn ich den Vortrag des Kollegen Dr. Klug nehme, der sehr verdiente Bildungspolitiker der CDU erwähnt hat, die aber auch heute feststellen und unterstützen, dass es hier weitergehende bildungspolitische Ziele gibt, als wir sie in den 70er-Jahren verfochten haben, dann habe ich ein wenig den Eindruck, dass hier eine Veranstaltung stattfinden soll, die im Wesentlichen heißt: Jetzt gibt es eine neue Schulpolitik mit neuen Schulstrukturen, mit neuen Schularten und die werden ganz, ganz teuer für unser Land und das ist alles ganz, ganz schrecklich und deshalb darf das alles überhaupt nicht stattfinden.

(Widerspruch des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nein, Herr Kollege Kubicki, ich habe dem Kollegen Dr. Klug schon zugehört und empfehle Ihnen, dass Sie den Redebeitrag vielleicht noch einmal nachlesen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Den habe ich schon vorher gelesen! - Heiterkeit)

Ich will einmal anknüpfen an das, was Sie selbst gerade eben gesagt haben, und versuchen, darauf aufzubauen. Vielleicht bekommen wir dann einen Konsens hin. Wie Sie den dann in Ihrer Fraktion herstellen, ist Ihr Bier, aber das bekommen Sie mit den anderen drei Personen sicherlich auf die Reihe. Alle Studien sagen doch - man kann hier auch über Einzelergebnisse von PISA reden -, dass in Deutschland im Ergebnis zu wenig Geld in Bildung investiert wird. Wenn wir hier in Schleswig-Holstein beginnen mit mehr individueller Förderung, mit mehr Differenzierung, mit mehr Eingehen auf die Schwächen des einzelnen Schülers -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ohne zusätzli- ches Geld?)

- Das stimmt doch gar nicht. Wir investieren doch an mancher Stelle mehr Geld. Wir werden morgen darüber diskutieren. Der einzige Bereich, wo wir bei Personal mehr Geld ausgeben, ist bei Lehrerinnen und Lehrern, und das ist gut angelegt, im Übrigen gegen Ihren Widerstand, Herr Kollege Kubicki.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das werden wir in Zukunft auch weiter so machen müssen. Es gibt da gar keinen Zweifel.

Dann noch etwas zu dem Einwurf, den Sie eben gemacht haben. Wir haben sicherlich an den Universitäten manchen Handlungsbedarf, aber ich habe schon in einer vorangegangenen Debatte gesagt und versucht, die Freien Demokraten zu überzeugen: Unser Problem sind an erster Stelle nicht die Hochbegabten oder die Studenten, sondern unser Problem in Deutschland sind die Minderbegabten, die nicht mitkommen, die heute in der Hauptschule zum Teil schlecht beschult werden, die keine Lehrstellenchancen haben, die keine Arbeitsplatzchancen haben. Um diese Menschen müssen wir uns kümmern. Das ist ein Ziel unserer Schulpolitik. Das kostet Geld, aber das ist gut angelegt.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort zu einem weiterem Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt überhaupt keine Frage, dass wir in dieser Republik mehr Geld für die Bildung ausgeben müssen. Die Frage ist: Wo kriegen wir das Geld her, wo kriegen die Länder das Geld her bei der jetzigen Finanzsituation? Das bedeutet insgesamt, dass wir eine nationale Initiative brauchen, die neue Finanzmittel für die Länder bereitstellt, wenn wir überhaupt in der Lage sein wollen, das in den Bildungsbereich zu stecken, was international üblich ist. Ich halte das für unbedingt notwendig. Wir müssen alle dafür kämpfen und wir müssen diese Diskussion führen. Wir dürfen aber auch nicht Träumereien wecken. Das zum Ersten.

Zum Zweiten! Es ist völlig falsch zu glauben, man dürfe Bildungsreform nur dann machen, wenn man mehr Geld hat. Es widerspricht auch allen Untersuchungen, die es darüber gibt, Herr Kollege Klug. Wir haben vor zwei Wochen eine Kollegin vom Ifo-Institut aus München, einem ausgesprochen konservativen Institut, hier zu Gast gehabt, die die bildungsökonomische Analyse gemacht hat. Das Ergebnis war, für den Erfolg von Schulsystemen spielt die materielle Ausstattung fast keine Rolle. Der Erfolg von Bildungssystemen hängt überwiegend von den inneren Schulstrukturen, von der Frage der frühzeitigen Ausgliederung der Schüler in drei Schularten, von der Frage der Kindergartenvorbereitung und von ähnlichen Faktoren ab, aber eben nicht von der materiellen Ausstattung. Selbst bei der Klassengröße lässt sich nicht signifi

(Dr. Johann Wadephul)

kant nachweisen, dass sie zu wesentlich besseren Ergebnissen führen können. Ich fand das hoch erstaunlich.

Natürlich glauben wir alle daran, dass die Schulen, wenn wir mehr Geld hineinstecken, besser werden, aber die Erfahrungen von wissenschaftlichen Untersuchungen sagen, es gibt andere Faktoren, die viel, viel wichtiger sind, und das ist das, was in den Schulen stattfindet, die Art, wie Unterricht gemacht wird, wie die Kinder mitgenommen werden, der Geist, der in der Schule waltet, die Stimmung. Die Universität Potsdam hat gerade eine interessante Studie über das Burn-out-Syndrom veröffentlicht. Das Ergebnis ist, Ursache für das Burn-out-Syndrom ist in erster Linie das Klima im Lehrerzimmer. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das ist eine Untersuchung, in der mehrere Tausend Lehrer befragt wurden.

Sie wissen das natürlich besser, Herr Kubicki - das ist mir klar -, weil Sie bei allen Studien schon vorher wissen, dass sie falsch sind und nur Ihre Meinung richtig ist. Das ist mir klar. Es gibt aber auch Leute wie an der Universität Potsdam, die EmpirieStudien machen und zu empirischen Ergebnissen kommen. Die stellen fest, das Klima im Lehrerzimmer, die Leitungsstrukturen in der Schule, das Rektorat, ob es in der Lage ist, die Kollegen zu führen oder nicht, ob an einem Strang gezogen wird, ob gemeinsame Unterrichtskonzepte diskutiert werden oder ob jeder als Einzelkämpfer herumrennt, alles das ist entscheidend, ob es ein Burn-out-Syndrom gibt oder nicht.

Ich glaube deswegen, dass es richtig ist, dass wir für mehr Geld eintreten. Wir dürfen aber auf keinen Fall den Fehler machen zu sagen, wir dürfen erst etwas verändern, wenn wir mehr Geld haben. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um die Schulen und ihre inneren Strukturen zu verbessern, und unter anderem auch dafür kämpfen, dass wir dafür das nötige Geld haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für einen letzten Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält der dritte schulpolitische Sprecher der FDP, Herr Dr. Heiner Garg.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Frau Präsidentin, solche Kommentare stehen Ihnen nicht zu!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich mache drauf aufmerksam, dass ich kein schulpolitischer Sprecher der FDPLandtagsfraktion bin, und möchte bitten, den Ältestenrat einmal zu fragen, ob solche Kommentare vom Präsidium aus üblich sind.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich habe mich aus drei Gründen gemeldet, einmal weil ich morgen als Mitglied dieses Landtages mit über einen Haushalt beschließen soll. Ich soll an irgendeiner Stelle meine Hand heben für oder gegen etwas. Wenn man hier eine Schulreform als großartiges Reformwerk angepriesen bekommt, muss man zumindest eine Ahnung haben, was möglicherweise kostenmäßig auf dieses Parlament zukommt und wie das im Haushalt möglicherweise verarbeitet ist. Deswegen hätte ich mir schon gewünscht, dass die Bildungsministerin etwas konkreter geworden wäre, um mir morgen ein präzises Bild machen zu können, ob ich im Einzelfall für den Einzelplan 07 oder gegen den Einzelplan 07 stimmen soll. Das ist nicht geschehen. Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt, lieber Kollege Wadephul, warum ich noch einmal hier nach vorn gegangen bin, war nicht, weil ich der schulpolitische Sprecher der FDP bin, sondern weil ich die Unionsfraktion an der Stelle nicht verstehe. Sie begeben sich hier genauso wie bei der Verwaltungsstrukturreform auf einen Weg, wo Sie gar nicht wissen, wo dieser Weg enden, wo man ankommen soll. Sie veranstalten hier eine Regionalschule, von der die Kollegin Spoorendonk zu Recht gesagt hat, das sei ein kleiner Zwischenschritt, der gar nicht notwendig sei; die anderen wollen ein ganz anderes Schulsystem. Wenn Sie dieses Schulsystem auch wollen, wenn Sie im Landtagswahlkampf auch für eine Gemeinschaftsschule gekämpft haben, was mir bislang nicht bekannt war - ich dachte immer, Sie setzen auf das dreigliedrige Schulsystem und dessen Stärkung -, dann müssen Sie das sagen. Aber tun Sie an der Stelle doch nicht so, als ob die FDP-Fraktion nicht wüsste, für welches Schulsystem sie steht. Der Kollege Klug hat ganz präzise umrissen, für welchen Weg die FDP-Fraktion steht. Ich glaube, Sie haben Schwierigkeiten einzuordnen, für welches Schulsystem Ihre Landtagsfraktion steht. Das ist nicht unser Problem, sondern das ist ausschließlich Ihr Problem.

(Beifall bei der FDP)

Zu guter Letzt Folgendes: Aus meiner Sicht als nichtschulpolitischer Sprecher oder aus meiner