Bevor wir in die Haushaltsdebatte eintreten, gestatten Sie mir ein Wort zu den Ereignissen des gestrigen Tages, an dem die Ministerpräsidentenkonferenz getagt hat. Es passiert nicht alle Tage: Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein hat sich nicht in der Lage gesehen, zu dem LottoStaatsvertrag Zustimmung zu signalisieren. Er hat sich damit an das gehalten, was er hier im Parlament zugesagt hat. In voller Übereinstimmung mit allen Fraktionen des Hauses hat er Rückgrat gezeigt und unsere Interessen vertreten. Dafür sage ich Dank und Anerkennung, lieber Peter Harry Carstensen!
(Beifall bei CDU, SPD und FDP - Karl-Mar- tin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Herr Wadephul, wundern Sie sich, dass der Ministerpräsident einen Landtagsbe- schluss umsetzt?)
Zweite Vorbemerkung: Gestern ist die Föderalismusreform II in Gang gesetzt worden. Der Vorsitz wurde bestimmt. Zunächst sollen die Bundesländer miteinander beraten. Alles, was uns von dort als
Vorabinformation erreicht, erfüllt uns mit Sorge. Ich kann an dieser Stelle nur an die „reichen“ Bundesländer im Süden appellieren, von denen manch eines auch von der Union regiert wird, es an dieser Stelle nicht zu übertreiben. Wer diesen Bundesstaat zusammenhalten will, der muss daran denken, diejenigen zu berücksichtigen, die alle Anstrengungen unternehmen, um ihren Haushalt in Ordnung zu bringen.
Es kann nicht sein, dass alle Sparanstrengungen, die wir hier im Lande unternehmen, ad absurdum geführt werden oder nicht mehr wirksam werden, weil uns im Rahmen der Föderalismusreform II die notwendigen Mittel genommen werden. Wir als Schleswig-Holsteiner erwarten, dass die Föderalismusreform II durchgeführt wird und dass wir zu einem neuen Finanzverteilungssystem zwischen Bund und Ländern kommen. Wir erwarten aber auch, dass unsere Interessen gewahrt werden und dass auf unsere Situation Rücksicht genommen wird.
Die zentrale Botschaft zum heute zu verabschiedenden Doppelhaushalt 2007/2008 lautet: Diese Koalition setzt ihre Ziele konsequent um. Die Regierung unter Führung unseres Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und die Regierung tragenden Fraktionen von SPD und CDU haben die Wende eingeleitet. Im Haushaltsjahr 2007 senken wir die Nettoneuverschuldung auf unter 1,1 Milliarden €; von 1,7 Milliarden € in 2005 und 1,5 Milliarden € in diesem Jahr. Wir erreichen damit mehr als ursprünglich geplant. Wir schaffen die Kehrtwende von einer unverantwortbaren jährlich steigenden Neuverschuldung.
Wir haben gegen alle Widerstände und Proteste Kurs gehalten. Diese Proteste erleben wir jetzt noch draußen vor der Tür. Wir haben bei der Verteidigung der heftigen Einschnitte Kurs gehalten und wir haben bei der Abwehr neuer Begehrlichkeiten Kurs gehalten, die bei sicher nicht geplanten Steuereinnahmen auf Kosten neuer Schulden zu bedienen wären.
Jeder Abgeordnete der Koalition hat diesen harten Kurs in seinem Wahlkreis mitgetragen und dafür auch Prügel eingesteckt. Jeder aber hat seinen Rücken gerade gemacht und diese Prügel ausgehalten und gleichzeitig die Notwendigkeit für diesen alternativlosen Weg aufgezeigt. Manch ein Projekt, das man als Abgeordneter gern verwirklicht gesehen hätte, musste zurückgestellt werden. Deshalb gebührt mein Dank den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten und der Christlichen Demo
Jedem hier im Haus ist bekannt: CDU und SPD sind nicht von vornherein geborene Partner. Politikansätze und Grundüberzeugungen gehen nach wie vor oft auseinander. Wir haben aber zu gemeinsamen Zielen gefunden: Sparen, Investieren, Reformieren! Jeder muss dem anderen Partner Zugeständnisse machen und tut dies auch. Das Arbeitsverhältnis ist solide und vertrauensvoll. Gerade nach Abschluss der Haushaltsberatungen danke ich meinem Fraktionsvorsitzendenkollegen Lothar Hay ganz ausdrücklich für die vertrauensvolle, fruchtbare und konstruktive Zusammenarbeit.
Wir wollen und werden nichts beschönigen. Finanzminister Rainer Wiegard gibt den Kurs der Sachlichkeit, der Gradlinigkeit und der Ehrlichkeit unaufgeregt vor. Es gibt keine Zahlen, die mehr Wunsch als Wirklichkeit sind. Er liefert reale Steuerschätzungen, plant Risiken ein und wirbt beharrlich für solide Finanzpolitik. Das macht die Haushaltspolitik, die - so glaube ich - in dieser Zeit eine der schwierigsten Aufgaben ist, wieder berechenbar und glaubwürdig. Herr Finanzminister, ich sage Ihnen an dieser Stelle den ausdrücklichen Dank meiner Fraktion für Ihre hervorragende Arbeit in diesem Ressort.
Die wichtigsten Eckdaten des Doppelhaushaltes machen die Veränderungen deutlich. Die Nettoausgaben steigen im Jahr 2007 gegenüber 2006 um lediglich 1,5 %. Das ist weniger als die Inflationsrate. Uns gelingt es, die Nettokreditaufnahme im Jahr 2007 auf unter 1,1 Milliarden € zu senken, weil wir konsequent umsetzen, was wir vereinbart haben. Wir stecken jeden nicht geplanten Steuercent in die Senkung der Nettokreditaufnahme. Die für die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts maßgeblichen eigenen Investitionen des Landes steigen im Jahre 2007 gegenüber 2006 um rund 70 Millionen € auf 584 Millionen €. Dies zeigt, dass die Tendenz richtig ist. Wir senken die Nettoneuverschuldung und steigern die Investitionsausgaben. Jedoch übersteigt die Kreditaufnahme die Grenze nach Artikel 53 der Landesverfassung um gut 500 Millionen €. Damit ist die Nettokreditaufnahme immer noch doppelt so hoch wie von der Landesverfassung erlaubt.
Im Jahr 2008 steigt dann die Nettokreditaufnahme auf 1,24 Milliarden € an. Damit liegen wir in unserem ursprünglich definierten Rahmen. Der Anstieg der Nettoausgaben beträgt im Jahr 2008 gegenüber
2007 rund 1 %. Leider sinken die eigenfinanzierten Investitionen auf 532 Millionen €. Sie liegen aber dennoch über dem Niveau des Jahres 2006 und weit über dem Niveau des Jahres 2004.
Dieser Doppelhaushalt erreicht damit trotz aller Einschnitte in keinem Jahr die Verfassungsgemäßheit. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen, das nehmen wir nicht hin. Ich empfinde diesen Zustand als unerträglich. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen. Dies ist ein Grund mehr, dass wir von unserem Kurs nicht abweichen dürfen.
Bedrohlich bleibt die Zins-Steuer-Quote in den Jahren 2007 und 2008. Sie liegt im Jahr 2008 bei fast 18 %. Diese Quote zeigt, wie viel Prozent unserer Steuereinnahmen für Zinsen und damit für die Vergangenheit aufgewendet werden müssen. Durch die konsequente Rückführung der Neuverschuldung mit der Nachschiebeliste ist es gelungen, die Zinsausgaben im Jahre 2007 um 25 Millionen € gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsentwurf abzusenken. Dieses kleine Beispiel zeigt, wie wichtig und notwendig es ist, die Neuverschuldung abzusenken. So ersparen wir zukünftigen Generationen die Last der Zinseszinsen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht nur eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen, die Schulden zu senken und ihnen weniger Schulden zu hinterlassen, sondern es ist einfach auch notwendig. Wir dürfen unsere Mittel nicht zur Vergangenheitsbewältigung verwenden, sondern müssen sie zur Gestaltung von Zukunftsaufgaben aufwenden.
Der Weg, wie wir weitere Einsparungen erzielen, ist klar vorgezeichnet. Der größte Anteil unserer Ausgaben fließt nach wie vor mit 3,2 Milliarden € in den Personalkostenbereich. Insoweit müssen wir stärker auf Stellenabbau setzen. Bereits 2008 ist das Niveau der Personalausgaben des Jahres 2006 - also das Niveau vor Kürzung der Sonderzuwendungen - erreicht. Nur durch ein stärkeres Engagement auch in diesem Bereich wird es gelingen, die Ausgaben langfristig zu stabilisieren. Das funktioniert aber nur, wenn wir konsequent Aufgaben abbauen. Wir müssen also daran festhalten, den Aufgabenabbau und die Aufgabenkritik voranzutreiben. Unsere Mitarbeiter im Landesdienst verdienen nämlich nicht zu viel, sondern wir haben zu viele davon.
Die CDU-Fraktion ist mit dem, was wir mit diesem Doppelhaushalt bei den Personaleinsparungen erreicht haben, nicht zufrieden.
Deshalb wird die CDU-Fraktion im Jahre 2007 ein Personaleinsparkonzept vorlegen, damit wir zum Ende der Legislaturperiode unsere Ziele erreichen.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie doch auch vorge- stern schon machen können! Ankündigungen und Verschiebungen sind das!)
Die Konsolidierung des Doppelhaushalts beruht im Wesentlichen auf fünf entscheidenden Kriterien im Haushaltsjahr.
Erstens. Die Kürzung von 100 Millionen € bei den Sonderzuwendungen der Landesbeamten. Bei den Sparzielen haben wir daran festgehalten, alle gesellschaftlichen Gruppen an den Lasten zu beteiligen. Die erforderlichen Kürzungen haben eine Größenordnung, die für jeden Bürger im Land spürbar wird. Wir wissen: Dazu gibt es keine Alternative.
Die Kürzung und Streichung der Sonderzuwendungen sind für die Betroffenen hart. - Sie demonstrieren nicht umsonst draußen. - Wir wissen: Mehr können wir unseren Beamtinnen und Beamten nicht zumuten. An dieser Stelle möchte ich allen Beamten, die Dienst für unser Land tun - ich darf besonders die Polizeibeamten erwähnen -, einen herzlichen Dank für ihre treue Dienstleistung aussprechen.
Wir haben uns von Anfang an für eine soziale Komponente eingesetzt, um besondere Härten auszugleichen. Angehörige der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 erhalten eine Sonderzahlung in Höhe von 660 €. Alle Beamtinnen und Beamten erhalten ein Kinderweihnachtsgeld in Höhe von 400 € pro Kind. Zudem erhalten die Beamten wie alle Tarifbeschäftigten eine Gehaltserhöhung von 2,9 % ab dem 1. Januar 2008 und für die Jahre 2006 und 2007 eine sozial gestaffelte Einmalzahlung.
schlag gemacht hat. Er findet ausdrücklich unsere Unterstützung. Wir müssen darauf hinwirken, dass die Schere zwischen Angestellten und Beamten nicht weiter auseinandergeht. Zukünftige Tarifverhandlungen müssen dies berücksichtigen. Ansonsten werden wir niemandem mehr erklären können, dass er Beamter dieses Landes werden kann.
Zweitens. Die Kürzung des kommunalen Finanzausgleiches um 120 Millionen €. Dieser Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich ist von uns stets mit der Forderung begleitet worden, eine volle Kompensation des Eingriffs zu erreichen. Hierfür haben wir die ganze Zeit gekämpft, weil wir es unseren Kommunen schuldig sind. Immer wieder wurden Listen, die von den Kommunalverbänden und aus dem Finanzministerium kamen, abgeglichen und auf Realisierbarkeit überprüft.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen, Herr Kollege Kubicki. Annähernd 50 Punkte konnten umgesetzt werden. Die CDU wäre, offen gestanden, an einigen Stellen noch weiter gegangen. Ich denke hier zum Beispiel an die hohe Zahl frei gestellter Personalräte. Allein in den kreisfreien Städten Kiel und Lübeck sind es 15. Dort hätten wir uns weitere Einsparungen vorstellen können. Dennoch sind heute zweifellos über 80 Millionen € an echter Kompensation erreicht. Es gibt sogar Stimmen, die von 100 Millionen sprechen.
Dazu gehören unter anderem die Entlastung bei der Lärmkartierung, die Änderung der Vergabeordnung, die Veränderung beim Berufsfreistellungsund Qualifizierungsgesetz, die Erleichterung bei den Standards im neuen Landesnaturschutzgesetz, die Entpflichtung zur Einstellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, die Entlastung durch Abbau von Sonderzuwendungen, die Verlängerung der Wochenarbeitszeit für Kommunalbeamte, die Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten und auch die Streichung beziehungsweise Veränderung einer Vielzahl verpflichtender Tätigkeiten, so beispielsweise die Erleichterung bei Agrar- und Jugendhilfestatistiken, der Verzicht auf jährliche Einwohnerversammlungen, der Zugang zu Vollstreckungsdaten, die Dauerpfändung im Vollstreckungsrecht, die Novellierung der Landesbauordnung sowie die Änderung im Datenschutzgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir erfüllen an dieser Stelle nahezu alle Forderungen der kommunalen Landesverbände. Beide Fraktionen haben sich an dieser Stelle entscheidend bewegt, die Ministerien auch. Wenn es nun der Gemeinde
tag für notwendig hält, eine Beflaggung auf Halbmast zu veranlassen, so kann ich nur sagen: Das verkennt nicht nur das, was das Land zugunsten der Kommunen tut, es ist in der Sache auch geschmacklos und ich weise es zurück.
Ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie weitere Bundesratsinitiativen ergreifen wird, um bundes- und europarechtliche Verpflichtungen für die Kommunen abzubauen. Wir wissen, dass nicht alle Maßnahmen sofort greifen. Deswegen wird es in den Jahren 2007 und 2008 für die kommunale Ebene ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 15 Millionen € geben. Dieses Programm dient gezielt dem Ausbau von Ganztagsschulen, wissen wir doch - ich glaube, dies ist seit vielen Jahren einhellige Meinung des Hauses -, dass wir an dieser Stelle zur Verbesserung des Bildungsniveaus, aber auch zur dringenden Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr machen können. Schleswig-Holstein hat die Chance, Vorreiter zu werden. Dies steht uns gut an. Ich bin stolz und froh darüber, dass wir ein besonderes Engagement für mehr Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein aufbringen.
Unabhängig von der Frage des kommunalen Finanzausgleichs werden die Kommunen in Schleswig-Holstein in diesem Jahr, also 2006, gegenüber der ursprünglichen Planung mit 182 Millionen Steuermehreinnahmen rechnen können. Wer mit Kämmerern in den Amtsverwaltungen und Stadtverwaltungen vor Ort spricht, der trifft dort Menschen, die sehr verschlossen sind, die sagen: Es sieht sehr viel besser aus, als wir je gedacht haben. Deswegen finde ich nicht nur Flaggeninszenierungen, sondern auch Anzeigenkampagnen und gewisse Briefwechsel völlig unangemessen. Die Kommunen müssen wissen, wie gut es aussieht.