Ich habe mir in den Jahren unserer Regierung natürlich auch gewünscht, dass ein CDU-Abgeordneter den Mut gehabt hätte zu sagen, es sei falsch, den Menschen ununterbrochen das Blaue vom Himmel zu versprechen. Die rot-grüne Sparpolitik ist im Grunde richtig.
Ich erinnere mich noch an die wahnsinnigen Haushaltsreden des heutigen Landtagspräsidenten, der hier losgepeitscht hat, wie unmöglich wir den Leuten das Geld aus der Tasche zögen.
Meine Fraktion wird jedenfalls nicht das Gleiche machen. Wir werden auch in der Opposition solide und verantwortbare Haushaltspolitik machen.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk, das Wort.
Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren erklärte der damalige SSW-Abgeordnete Karl Otto Meyer im Plenum des Schleswig-Holsteinischen Landtages, dass er bei der Schlussabstimmung erstmals dem Landeshaushalt zustimmen werde. Er sagte:
„Ich hätte gern hier in diesem Hohen Hause das skandinavische Prinzip, wonach man um Änderungsanträge hart kämpft, zuletzt aber doch geschlossen für den Haushalt stimmt, weil man ja einen Haushalt haben muss."
„Dieses Prinzip dringt nicht durch, das wollen Sie nicht, also muss ich mir Jahr für Jahr überlegen, wie ich abstimme. Das bedeutet: Wenn etwas Wesentliches angenommen und somit im Haushalt ist, muss ich die Verantwortung tragen und auch einmal Ja sagen."
Genauso beurteilte er den Haushalt für das Jahr 1987. In der Regionalpolitik, der Wirtschaftspolitik sowie bei der Gleichberechtigung der Kulturen sei man vorangekommen, trotz aller gesellschaftspolitischen Unterschiede zwischen dem SSW und der damals amtierenden Landesregierung. Nun kann man zu Recht einwenden, dass seit 1987 viel Wasser den Berg hinuntergelaufen ist
und dass an dem alten Spruch von Groucho Marx etwas dran sein könnte: Ich habe eiserne Prinzipien; wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.
Dennoch wird der SSW bei der Schlussabstimmung dem Landeshaushalt wieder einmal zustimmen. Wir tun dies, weil wir weiterhin davon überzeugt sind, dass es unsere parlamentarische Demokratie stärken würde, wenn in der politischen Auseinandersetzung um den Haushalt zum einen auch deutlich wird, dass Regierungs- und Oppositionsparteien sehr wohl aufeinander zugehen können. Zum anderen
brauchen wir meines Erachtens viel mehr Kontinuität in der Haushaltspolitik des Landes, als es mit der in Deutschland gelebten politischen Kultur derzeit möglich ist.
Wir brauchen unter anderem Leitlinien, die über eine Legislaturperiode hinaus wirksam sind. Wer in der letzten Legislaturperiode mit dem Finanzausschuss in Kopenhagen war, weiß ganz genau, was ich meine. Denn in Dänemark ist der heutige Aufschwung so zustande gekommen. Das kann aber nur funktionieren, wenn sich alle Fraktionen solchen Leitlinien gegenüber verpflichtet fühlen. Entschließungsanträge, wie von den Grünen eingebracht, helfen uns nicht weiter. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, schade, dass Sie sich für diesen Weg entschieden haben. Ich habe nämlich noch im Ohr, wie wir früher gemeinsam solche Anträge - damals eingebracht von der CDU kritisiert und abgelehnt haben.
Daher sage ich für den SSW: Wir haben das Ziel, konkrete Änderungen am Landeshaushalt vorzunehmen, sei es durch eigene Anträge, sei es dadurch, dass wir Maßnahmen unterstützen, die mit den politischen Vorstellungen des SSW übereinstimmen. Dabei identifizieren wir uns mit dem Gesellschaftsmodell der skandinavischen Länder. Zum Erfolg dieses Gesellschaftsmodells gehört - viele OECD-Statistiken belegen ja, dass wir es mit einem Erfolgsmodell zu tun haben -, dass es einerseits von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit lebt, andererseits ein hohes Maß an gesellschaftlicher Solidarität einfordert. Dass sich diese Werte auch in der politischen Kultur niederschlagen, versteht sich von selbst.
In Klammern bemerkt füge ich hinzu, dass das dänische Parlament gestern auch in diesem Jahr den Haushalt des Landes mit einer ganz breiten Mehrheit bei nur zehn Gegenstimmen in der Schlussabstimmung beschlossen hat, einschließlich der Stimmen der Sozialdemokraten, der größten Oppositionspartei.
Für den SSW ergibt sich daher jedes Jahr nach der ersten Lesung des Haushaltes die entscheidende Frage, ob die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen bereit sind, zumindest in einigen Bereichen der Kritik der Opposition zu folgen und natürlich insbesondere den Forderungen des SSW entgegenzukommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, „der Aufschwung ist endlich da“, hieß es neulich in einer großen deutschen Sonntagszeitung. Und es stimmt ja: Die Arbeitslosenzahlen gehen merkbar zurück - bun
desweit unter die 4-Millionen-Marke - und das Wirtschaftswachstum ist viel höher als erwartet, wobei ich immer noch der Ansicht bin, dass es hauptsächlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, die durch Lohnzurückhaltung und Mehrarbeit die Ehre für diesen wirtschaftlichen Aufschwung haben.
Schließlich liegen die Reallöhne in Deutschland unter dem Niveau von 1991, während sie bei unseren Nachbarn und Konkurrenten in der gleichen Zeit stark angestiegen sind.
Auch Schleswig-Holstein profitiert von dieser Entwicklung, die sich bis in den Norden des Landes hin bemerkbar gemacht hat. Der Ministerpräsident wies letzte Woche in Flensburg auf einer IHK-Konferenz zur deutsch-dänischen Zusammenarbeit darauf hin, dass der Arbeitsamtbezirk Flensburg mit einem Rückgang von über 20 % bei den Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr in SchleswigHolstein an der Spitze liegt. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass sich die Anzahl der Grenzpendler, insbesondere der Deutschen, die in Dänemark arbeiten, in diesem Jahr von circa 3.000 auf 7.000 erhöht hat.
Das heißt, dass der erfreuliche Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Region um Flensburg zu einem großen Teil auf den Boom in Dänemark zurückzuführen ist.
Den Menschen, die eine Beschäftigung nördlich der Grenze gefunden haben, ist dies natürlich egal. Für uns als verantwortliche Politiker ist es aber sehr wohl von Bedeutung und entscheidend, dass auch auf der deutschen Seite der Grenze die wirtschaftliche Entwicklung in Gang kommt. Denn wir wissen ja, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Es gibt eine Goldgräberstimmung, die nicht ganz gesund ist. Man erkennt die Probleme, wenn man daran denkt, dass jetzt wieder Diskussionen über die Zukunft des Motorola-Werkes in Flensburg aufgekommen sind.
Deshalb freue ich mich darüber, dass der Ministerpräsident in seiner Rede festgestellt hat, dass Schleswig-Holstein seine Arbeitslosigkeit nicht exportieren darf. Vielmehr müssen wir uns im Norden selbst unsere wirtschaftlichen Perspektiven erarbeiten, natürlich in Zusammenarbeit mit unserem Partner in der Region Syddanmark.
Diese Erkenntnis der Landesregierung spiegelt sich unserer Meinung nach auch in den fünf vorgeschlagenen Leuchtturmprojekten zur deutsch-dänischen
Zusammenarbeit wider. Wir sehen diese Projekte als ersten Schritt, endlich auch eine nachhaltige Entwicklung in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hinzubekommen. Die Leitprojekte geben gute Ansätze her, um ein Zusammenwachsen der Hochschulen sowie der Wirtschafts- und Verkehrsräume zu fördern. Dazu gehören zum Beispiel auch Investitionen in die Erweiterung und Sanierung der Bahnstrecken Niebüll-Dagebüll und NiebüllTønder, was der SSW seit Jahren fordert.
Kiel hat unserer Meinung nach lange geschlafen, wenn es um Kooperationsmöglichkeiten in der Region Schleswig-Sønderjylland ging. Diese Landesregierung scheint endlich verstanden zu haben, dass die Zukunft des nördlichen Landesteils entscheidend von einer besseren grenzüberschreitenden Entwicklung abhängt. Wir hoffen, dass das Land jetzt auch insgesamt eine aktivere Rolle in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit spielen wird. Der für nächstes Jahr angekündigte Kooperationsvertrag mit der Region Syddanmark deutet zumindest darauf hin, dass dies geschehen wird.
Wir erwarten, dass dies nur der Anfang einer neuen Ära in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit sein wird. Zukünftig wird sich die Landesregierung aber auch in anderen Bereichen, etwa in der Kulturpolitik, stärker einbringen müssen. Mit der Erhöhung der Zuschüsse für Folk Baltica zur finanziellen Absicherung des Festivals, das ja eines der kulturellen Leuchttürme des Grenzlandes ist - es gibt noch ein grenzüberschreitendes Orgelfestival und ein Kinderkulturfestival -, haben die regierungstragenden Fraktionen ein weiteres positives Zeichen gesetzt.
Vor einem Jahr noch war der SSW sehr skeptisch um es einmal diplomatisch zu formulieren -, ob die Große Koalition überhaupt gewillt war, auf die Forderungen des SSW für den nördlichen Landesteil einzugehen.
Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir im November letzten Jahres eine Diskussion über Nordstaat und Metropolregion Hamburg führten, die uns ziemlich bedenklich stimmte. Unsere ersten Erfahrungen waren nicht gerade positiv und ich kann weitere Stichworte nennen, nämlich Ausbau des Husumer Hafens, Science Center und Phänomenta und die geplante Fusion der Universitäten Flensburg und Kiel. Ich will aber redlich sein, seit
her kann man, wie ich glaube, zu recht, frei nach Galilei, sagen: „Und sie bewegt sich doch.“ Damit meine ich, dass sich die Landesregierung in diesem Herbst in einigen Bereichen, die dem SSW besonders am Herzen liegen, in die richtige Richtung bewegt hat. Das gilt neben der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zum Beispiel für die Förderung des ländlichen Raumes, es gilt auch für den Küstenschutz, sodass das berechtigte Interesse der Menschen an der Westküste für einen sicheren Küstenschutz weiterhin gewahrt bleibt.