Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Die Verankerung der Regionalen Berufsbildungsbildungszentren im Schulgesetz und die damit verbundene Weiterentwicklung der beruflichen Bildung in Schleswig-Holstein ist aus unserer Sicht eines der positiven Elemente im neuen Schulgesetz. Dazu habe ich in früheren Schuldebatten schon vieles gesagt. Das werde ich jetzt nicht weiter vertiefen.

Nun zur angedachten Oberstufenreform: Unsere Kritik an der Profiloberstufe halten wir weiterhin aufrecht - auch wenn eingewendet werden könnte, dass Schleswig-Holstein in dieser Frage wenig Spielraum hat. Denn mit der neuen Oberstufe wird nur das vollzogen, was in anderen Bundesländern schon bildungspolitische Wirklichkeit ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die neue Pro

filoberstufe eine Rückkehr in die Bildungspolitik der 60er-Jahre darstellt.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ohne grundlegende Reformen - wie zum Beispiel die Bildung von Oberstufenzentren, die noch nicht mal angedacht worden ist - bleibt die Profilbildung ein Rückschritt.

Die Einführung der neuen Schularten - Gemeinschaftsschule und Regionalschule - ist die wirkliche Veränderung in diesem Schulgesetz.

Die Einführung der neuen Schularten - der Gemeinschaftsschule und der Regionalschule - ist die wirkliche Veränderung in diesem Schulgesetz. Dass dieser Punkt von Verbänden, Elternbeiräten, Schulen und Kommunen besonders intensiv diskutiert wurde, ist daher auch mehr als verständlich, wobei man aus Sicht des SSW bei den Aktionen des Philologen- und des Realschulschullehrerverbandes bei so viel Vorhandensein von überalterten Strukturen leider nur noch den Kopf schütteln kann.

(Beifall beim SSW)

Ich muss auch sagen, dass der Vergleich der Kollegin Herold mit der Nationalmannschaft und der Regionalliga

(Jürgen Weber [SPD]: Bezirksliga!)

- Verzeihung, Bezirksliga! - natürlich völlig daneben ist, denn bei Handball oder Fußball geht es schließlich nur um Handball oder Fußball.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Da irren Sie, Frau Kollegin!)

Lieber Kollege Kayenburg, bei Schule geht es um Kinder, um ganze Menschen mit vielfältigen Fähigkeiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gemeinschaftsschule ist eine wirklich flexible Schulart, auch dieses muss man in jeder Debatte wiederholen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dadurch ist die Gemeinschaftsschule zukunftweisend.

(Lothar Hay [SPD]: Nach diesem Gesetz spielt Schleswig-Holstein demnächst in der Bundesliga wie die SG, wird Deutscher Mei- ster!)

(Anke Spoorendonk)

- So ist das! Ich will nicht weiter ausführen, dass ich auch mal -

(Heiterkeit - Dr. Heiner Garg [FDP]: Jetzt wird es spannend!)

Der SSW hofft daher - liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wirklich im Ernst! -, dass die neue Gemeinschaftsschule vor Ort wirklich als ein Signal des Aufbruchs verstanden wird, denn gerade im ländlichen Raum könnte sie dazu betragen, kleine Schulstandorte weiterzuentwickeln und damit auch vor der Schließung zu retten.

Es wird also jetzt darauf ankommen, deutlich zu machen, dass die Gemeinschaftsschule mehr als nur ein neues Türschild für vorhandene Gesamtschulen ist und dass es bei der Ausgestaltung dieser neuen Schulform auch um inhaltliche Fragen des Unterrichts und der Schulgestaltung gehen muss.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Der SSW befürchtet allerdings, dass die Einführung der Regionalschulen eine echte Sackgasse ist und dass sich diese letztlich auch zu Restschulen entwickeln könnten.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Durch ihren Änderungsantrag haben CDU und SPD zum Beispiel die geplante gemeinsame Orientierungsstufe von organisatorisch verbundenen Schularten wieder zurückgenommen, lieber Kollege Kayenburg. Im Klartext bedeutet dies, dass solche organisatorisch verbundenen Regionalschulen und Gymnasien getrennte Orientierungsstufen haben werden.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durchlässigkeit!)

Die Begründung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Sie lautet - so wurde mir im Ausschuss gesagt -, dass im Gymnasium künftig schon in der sechsten Klasse mit der zweiten Fremdsprache begonnen werden soll. - G 8 lässt grüßen.

(Zurufe von der CDU)

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass sich die Schullaufbahnen der Schülerinnen und Schüler von Regionalschulen und Gymnasien schon nach der vierten Klasse trennen werden. Das, Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist doch der Punkt.

(Beifall beim SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Schauen Sie doch einmal ins Gesetz, Frau Kollegin!)

Leider bleibt so im Kern das dreigliedrige Schulsystem mit seinen vielfältigen Sortiermechanismen erhalten. Dabei lehnt der SSW die jetzt im neuen Schulgesetz festgeschriebene Sonderstellung des Gymnasiums grundsätzlich ab. Für uns bleibt die Regionalschule daher allenfalls ein Zwischenschritt hin zur flächendeckenden Einführung von Gemeinschaftsschulen.

(Beifall beim SSW)

Eines will ich positiv hinzufügen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung enthält auch gute Ansätze für die individuelle Förderung der Kinder. So kann der SSW der Landesregierung folgen, wenn sie zukünftig das Sitzenbleiben von Schülerinnen und Schülern nicht mehr zulassen will. Allerdings muss ich der FDP Recht geben, wenn sie fordert, dass Rückstellungen für Kinder, die bei Beginn ihrer Schulpflicht körperlich, geistig, seelisch oder sozial noch nicht genügend Reife zeigen, um mit Erfolg am Unterricht in der Grundschule teilnehmen zu können, weiterhin möglich sein sollten.

Für die Schulen der dänischen Minderheit ergibt das neue Schulgesetz auf der einen Seite eine handfeste Verbesserung. Ab 2008 erhält Dansk Skoleforening für seine Schülerinnen und Schüler erstmals seit neun Jahren wieder dieselben Zuschüsse pro Schüler wie die öffentlichen Schulen. Die Schulen der dänischen Minderheit haben einen anderen Status als Schulen in freier Trägerschaft, aber insgesamt bin ich natürlich auch der Auffassung, dass Schulen in freier Trägerschaft eine Bereicherung unserer Schullandschaft darstellen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber die Schulen der Minderheit sind quasi öffentliche Schulen.

Wir hatten - das wissen Sie - zeitgleich zur ersten Lesung unseren Änderungsantrag eingebracht. Dabei ging es uns vor allem um die Frage der Schülerbeförderung und es ging uns auch um die Stärkung des Faches Friesisch in den öffentlichen Schulen in Nordfriesland und auf Helgoland. Unser Änderungsantrag wurde im Ausschuss ohne nähere Begründung abgelehnt. Ich will die Debatte jetzt nicht wiederholen. Sie wissen, worum es geht. Ich will nur sagen: Das Problem besteht darin, dass die Finanzierung der Schülerbeförderung als freiwillige Leistung der Kreise angesehen wird und dass das zur Folge gehabt hat, dass zum Beispiel der Kreis Rendsburg-Eckernförde letztes Jahr die Zuschüsse an Dansk Skoleforening ganz gestrichen hat, während im Kreis Schleswig-Flensburg eine Lösung vereinbart wurde, die Ende 2008 ausläuft.

(Anke Spoorendonk)

Aus Sicht des SSW ist es des Weiteren unhaltbar, dass wir bei der Schülerbeförderung immer noch diese Art der Ungleichbehandlung haben, zumal es eigens für die deutsche Minderheit in Dänemark seit gut einem Jahr eine gesetzliche Regelung gibt. Dies streben wir mit unserem Änderungsantrag auch für Schleswig-Holstein an.

Wir hoffen, dass wir mit unserem Entschließungsantrag, in dem wir diese beiden minderheitenpolitischen Aspekte noch einmal aufgreifen - zum einen die Stärkung des Faches Friesisch und zum anderen das Problem der Schülerbeförderung - und diese beiden Fragen einvernehmlich lösen können. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Fraktionsspitzen der beiden regierungstragenden Fraktionen positive Signale ausgesandt haben. Das nehmen wir so auf und ich hoffe, dass wir zeitnah eine Lösung herbeiführen können.

(Beifall bei SSW und der Abgeordneten An- gelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider müssen wir aber, wenn es um das Schulgesetz insgesamt geht, feststellen, dass dieses nur die Hälfte der Reformstrecke zurückgelegt hat. Die Ampel steht sozusagen auf Gelb: Stillstand ist möglich, Bewegung auch. Wir möchten dem neuen Schulgesetz eine Chance geben. Unsere Stellungnahme zum neuen Schulgesetz haben wir daher auch zunächst einmal „auf Gelb gestellt“. Damit geben wir zu erkennen, dass sowohl Stillstand als auch Bewegung möglich ist und dass wir natürlich alles daransetzen werden, dass jetzt Bewegung in die Schullandschaft und in die Schulpolitik des Landes hineinkommt. Das müssen wir, denn nur so werden wir eine zukunftsfähige Schule bekommen.

Der SSW wird sich aus diesen genannten Gründen bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Für einen weiteren Beitrag hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion das Wort. Herr Dr. Wadephul, Ihnen steht nach unseren Berechnungen eine Restzeit von viereinhalb Minuten zur Verfügung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es der Opposition wieder einmal nicht recht machen können. Das besorgt uns.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn ihr nur mit euch selber be- schäftigt seid!)

- Aber, Herr Kollege Hentschel, wie in so vielen anderen Debatten zieht uns die Opposition in unterschiedliche Richtungen. Die beiden Oppositionsfraktionen, die gegen das Gesetz stimmen wollen der SSW wird sich, wie seine Vorsitzende soeben angekündigt hat, enthalten -, haben unterschiedliche Schmerzen zu verdauen, wenn sie diesen Gesetzentwurf sehen. Es ist natürlich richtig, dass weder CDU noch SPD dieses Gesetz so verabschiedet hätten, wenn es in diesem Hause Mehrheiten in anderen Konstellationen gegeben hätte. Das wissen wir alle. Rot-Grün hatte einen Koalitionsvertrag erarbeitet, in dem die Gemeinschaftsschule die neue Regelschulform sein sollte. Die CDU hat auch im Wahlkampf für eine andere Politik gestritten. Insoweit wäre es vielleicht anders gekommen, wenn die FDP einige wenige Stimmen mehr gehabt hätte.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])