Das einzige Rezept, das die Große Koalition in letzter Minute ins Gesetz schreibt, um den hohen Zahlen der Studierenden gerecht zu werden, ist eine Ausdehnung von Honorarlehrverträgen bei Pflichtlehrveranstaltungen, also die billigste Form der Mangelverwaltung. Ich kann den Studierenden nur raten: Schauen Sie sich die Rahmenbedingungen an der Musikhochschule zu Lübeck an. Über die Hälfte der Pflichtveranstaltungen wird dort von Honorarkräften durchgeführt. Auch Prüfungen werden von ihnen abgenommen, die Prüfungsordnung gemacht. Diese Leute sind seit 15 Jahren nicht höher honoriert worden. Sie werden jedes halbe Jahr neu eingestellt und dann wieder entlassen. Dass die Musikhochschule dennoch ausgezeichnete Ausbildung leistet, ist nur der Selbstausbeutung dieser Leute zu verdanken. So stellen wir uns jedenfalls die Wissenschaftler der Zukunft nicht vor.
Damit die Studierenden wenig dagegen machen können, wenn ihnen so etwas droht, werden sie mit diesem Hochschulgesetz in den wichtigsten Gremien der Hochschulverwaltung ihrer Stimmrechte beraubt. Herr Weber nannte das „Anpassung an den bundesweiten Prozess“. Aber in anderen Dingen hat man sich auch nicht angepasst. Stichwort Studien
Auch die Frauenbeauftragten werden vom Minister als Sündenbock um ihre verbrieften und bewährten Mitgestaltungsrechte gebracht. Diesbezüglich sind die großen Fraktionen ein wenig zurückgerudert. Ich hoffe, dass die Hochschulen diese Form des Demokratieabbaus gegenüber den Studierenden und gegenüber den Frauenbeauftragten nicht praktizieren. Sie haben es ja in der Hand, ob sie nach dem beährten Verfahren weitermachen oder ob sie diese neuen Regeln akzeptieren.
Aber ein wesentliches Element haben die Hochschulen eben nicht alleine in der Hand und dies ist zu bemängeln. Es gibt keinen gemeinsamen Landeshochschulentwicklungsplan. Es gibt überhaupt keine Abstimmung mit den Nachbarländern darüber, wie sich die Hochschullandschaft entwickeln soll. Um diesen Mangel nicht auffallen zu lassen, wird das gesetzliche Recht des Landtages, auf der Grundlage eines solchen von der Landesregierung vorgelegten Hochschulentwicklungsplans Rahmenzielvereinbarungen zu entscheiden, im Gesetz schlichtweg gestrichen. Das ist Entmündigung des Landtages. Auf diese Weise liegt die alleinige Entscheidung der Weiterentwicklung der Hochschulen nicht bei den Universitäten und Fachhochschulen, sondern bei der Ministerialbürokratie und bei den neuen Gremien, die sich hinter den Bezeichnungen „Hochschulrat“ und „Unirat“ verbergen.
Der Minister verfährt schon nach dem neuen Entmündigungsverfahren vor. Der Hochschulpakt, eine sehr wichtige Zukunftsentscheidung bezüglich der Sonderzuwendungen des Bundes für die Hochschulen, wird im Augenblick hinter verschlossenen Türen mit den Hochschulen verhandelt. Wir haben dazu im Landtag keine Rahmenzielvereinbarungen verabredet, weil wir überhaupt keine Fakten vorgelegt bekommen haben. Ich hoffe, dass wir dies in der nächsten Sitzung nachholen können. Wir haben hierzu Anträge gestellt.
Denn wir sind gebrannte Kinder. Der Innovationsfonds, ein Resultat unserer Bemühungen als Grüne, ein Fonds des Landes für exzellente neue Vorhaben der Hochschulen, auch für Experimente mit neuen Formen der Lehre, wurde vom Ministerium für Umzüge oder für Akquisebemühungen, die Uniklinik zu verkaufen, missbraucht. Das Gutachten, das den Uniklinikverkauf begründen soll, wurde aus diesem Fonds bezahlt.
Wir möchten, dass dies künftig nicht mehr möglich ist, und beantragen deswegen an dieser Stelle zwei
wichtige Neuerungen. Der Landeshochschulrat, wie wir ihn vorschlagen, ist ein gemeinsamer Rat für alle Hochschulen. Er ist mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besetzt und hat nicht zu entscheiden, sondern nur zu beraten. In einem einzigen Punkt möchten wir ihm Entscheidungsrechte einräumen, nämlich bei der Verteilung dieses Landesinnovationsfonds, damit dieser Missbrauch durch das Ministerium künftig unterbleibt.
Wir haben uns deutlich gegen die Bürokratie, gegen Doppelanmeldungen von Studiengängen bei Akkreditierungsagenturen und beim Ministerium ausgesprochen und fassen unsere Neuerungen in folgenden fünf Elementen zusammen:
Erstens. Mit unserem Gesetzesentwurf fordern wir mehr Autonomie und mehr Demokratie für die Hochschulen, weniger Gremien an den Hochschulen, dennoch mehr Mitsprache der Studierenden und des wissenschaftlichen und technischen Know-hows der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir haben außerdem mehr Rechte fürs Parlament vorgesehen. Wir wollen, dass alle fünf Jahre auf der Grundlage eines Hochschulentwicklungsplanes die Rahmenzielvereinbarungen im Landtag vereinbart werden.
Dann kann den Hochschülern mehr Autonomie gegeben werden, denn dann haben sie eine Guideline, an der sie sich orientieren können.
Wir wollen mehr Beratung und öffentlichen Dialog mit dem Landeshochschulrat und wir wollen so die Profilierung der Hochschulen ermöglichen. Wir wollen mehr Exzellenz durch die Landesunterstützung. Ich habe gerade Ausführungen zum Innovationsfonds gemacht.
Wir wollen auch mehr Anerkennung für ausgezeichnete Fachhochschulleistungen. Im Ausland begreift man sowieso nicht, was wir für unterschiedliche Hochschularten haben. Der Bologna-Prozess zeigt, wohin der Weg geht.
Wo die Voraussetzungen für Promotionen vorliegen - das ist durchaus auch in einzelnen Fachbereichen unserer Fachhochschulen der Fall -, sollen sie auch an den Fachhochschulen abgenommen werden können, da soll auch an den Fachhochschulen pro
Schließlich wollen wir, dass die ausländischen Studierenden, die hierher kommen, während ihrer Deutschkurszeit schon Studierendenstatus haben, damit sie als ausländische Staatsbürger hier keine Nachteile haben. Dies ist eine Kleinigkeit mit großer Wirkung.
Fassen wir zusammen: Herr Austermann, Sie haben mit Ihrem Vorschlag des Hochschulgesetzes und insbesondere mit dem Universitätsrat ein Unikum geschaffen, über das man sich in unseren Nachbarländern amüsieren und unter dem unsere Hochschullandschaft zu leiden haben wird.
Wir hingegen sehen in jeder Hochschule ein Unikat, das es zu stützen und weiterzuentwickeln gilt, Unikate, Perlen für die Zukunftsentwicklung unseres Landes. Wir hoffen, dass sich unsere Vorstellungen mit der Zeit, wenn die ersten Erfahrungen mit Ihrem Gesetz gemacht sein werden, doch durchsetzen werden.
Ich danke der Frau Abgeordneten Birk. - Das Wort für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war schon ein bemerkenswerter Vorgang, dass die Landesrektorenkonferenz nach ihrer mündlichen Anhörung im Bildungsausschuss auch noch zu einer Pressekonferenz einlud. Fast könnte man dabei von einem Akt der Verzweiflung reden, von einem letzten Versuch, die politische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass der Entwurf des Hochschulgesetzes so nicht zu verabschieden ist.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Aussage des Wissenschaftsministers in der Bildungsausschusssitzung am 11. Januar 2007, wo die regierungstragenden Fraktionen das neue Hochschulgesetz absegneten, eher wie Gesundbeten. Er sagte ich zitiere den Minister nach den „Kieler Nachrichten“ -:
„Wenn sich der Pulverdampf der letzten Debatte im Landtag erst einmal verzogen hat, wird schnell klar werden, dass es ein vorzügliches Gesetz ist.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts deutet darauf hin, dass dies so kommen wird; im Gegenteil ist zu befürchten, dass das Hochschulgesetz so schwer zu handhaben sein wird, dass alle Betroffenen dazu neigen werden, unter der Hand eigene Regeln aufzustellen.
Dabei weiß der SSW zu würdigen, dass CDU und SPD mit ihren Änderungsanträgen einige Probleme geglättet haben. Bei der Qualitätssicherung gibt es zum Beispiel einen Kompromiss dahin gehend, dass die Programmakkreditierung - wie von den Hochschulen gefordert - durch eine Systemakkreditierung ersetzt werden kann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Weiterhin wird die Qualitätssicherung nun auch explizit auf den Bereich Gender Mainstreaming ausgeweitet.
Der wichtigste Kritikpunkt der Hochschulrektoren bleibt aber bestehen: Bachelor- und Masterstudiengänge sollen in der Regel vor Studienbeginn akkreditiert werden, auch wenn dies laut Rektorenkonferenz im internationalen Kontext unüblich ist. Dadurch wird - so die Kritik - die geforderte Entwicklung vergleichbarer nationaler und internationaler Rahmenbedingungen in einem europäischen Hochschulraum behindert.
Positiv ist aus Sicht des SSW, dass die Hochschulen künftig wieder einen Globalzuschuss erhalten, der im Rahmen einer Leistungsvereinbarung festgelegt wird.
Noch ein Punkt verdient es, lobend erwähnt zu werden: Die regierungstragenden Fraktionen greifen mit ihrem Änderungsantrag einige Formulierungen aus der Stellungnahme der Landeskonferenz der Hochschulfrauenbeauftragten auf. Sie konkretisieren damit die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten und heben ihre Aufgabe bei der Umsetzung des Gleichstellungsgebots hervor. Das ist eindeutig eine Verbesserung des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Last, not least freuen wir uns darüber, dass die Mehrheitsfraktionen unsere Anregungen aufgegriffen haben, den Zugang zu einem Hochschulstudium etwas mehr zu öffnen, als es das Gesetz vorsieht. Der Kollege Herbst hat es eben angesprochen. Diejenigen, die das betrifft, freuen sich darüber. Das ist eine kleine konkrete Verbesserung. Herzlichen Dank allen, die das ermöglicht haben!
(Beifall beim SSW - Holger Astrup [SPD]: „Klein“ ist gut! - Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])
Für alle gelobten Änderungen des Gesetzentwurfs gilt aber gleichermaßen, dass sie unsere grundlegende Kritik am neuen Hochschulgesetz nicht ausräumen, denn in den wirklich wesentlichen Fragen hat es keine Bewegung gegeben. Das heißt: Die drei Universitäten Kiel, Lübeck und Flensburg erhalten einen gemeinsamen Universitätsrat mit weitreichenden Kompetenzen; das Vetorecht des Kanzlers oder der Kanzlerin bleibt bestehen; der Medizinausschuss kommt und die neue Präsidialverfassung wird die Hochschuldemokratie weiter einschränken.
Wie viel der Minister durch den Aufbau von Drohkulissen erreicht hat, im Sinne von: „Wenn ihr nicht nachgebt, dann bekommt ihr entweder eine Landesuniversität oder Studiengebühren oder beides zusammen“, wissen natürlich nur diejenigen, die an den maßgeblichen Verhandlungen teilgenommen haben. Dass er dazu imstande ist, traue ich ihm durchaus zu. Denn es kann ja kein Zufall sein, dass er passend zu den Koalitionsverhandlungen um das Hochschulgesetz immer wieder einmal die vorhin genannten Säue durchs Dorf gejagt hat. Ich habe die entsprechenden Presseausschnitte oben im Büro liegen; die kann man alle nachlesen.
Der SSW bleibt in diesen Fragen bei seiner schon oft vorgetragenen Meinung: Die Einführung von Studiengebühren ist für die Hochschulen in finanzieller Hinsicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie sind unsozial und werden den notwendigen Prozess hin zu mehr Hochschulabsolventen eher verlangsamen. Ich hoffe, dass die SPD allen Angriffen auf die Gebührenfreiheit des Erststudiums standhält, und rufe in Erinnerung, dass es in diesem Landtag noch immer eine Mehrheit gegen Studiengebühren gibt.
Auch sprechen wir uns weiterhin gegen eine Landesuniversität aus, weil eine Zentralisierung aus Sicht des SSW unter den gegebenen Voraussetzungen nicht zu einer Stärkung des Hochschulstandortes Schleswig-Holstein führen wird. Wir wollen die regionalen Profile unserer Hochschulen weiter ausbauen und uns fehlt ganz einfach der Glaube, dass dies mit einer fusionierten Landesuniversität zu machen sein wird.
Nun kann man einwenden, dass dies alles Schnee von gestern sei. Dennoch wissen wir, dass der neue Universitätsrat in dieser Hinsicht wie ein Wolf im Schafspelz daherkommt. Dass der Universitätsrat insgesamt höchst problematisch ist, ging sowohl aus der Landtagsdebatte bei der ersten Lesung als auch aus ganz vielen Stellungnahmen hervor. Wir werden ihn also genau im Auge behalten, zumal auch noch nicht geklärt ist, welche finanziellen Auswirkungen die Einrichtung eines solchen Gremiums oder Monsters nebst Geschäftsstelle auf die Haushalte unserer Hochschulen haben wird. Dass der neue Geschäftsführer dieses Gremiums sehr viel Macht bekommt, ist auch etwas, was wir genau im Auge behalten müssen.