Protokoll der Sitzung vom 27.05.2005

Ich erspare es mir an dieser Stelle, auf die Entwicklung in Kiel - Stichwort Schwarz-Grün - und die schwierige Haltung zum Flughafen Holtenau hinzuweisen. Ebenso will ich nicht auf die Situation von Rot-Grün hier in diesem Haus bis noch vor kurzem eingehen, wo es die gleiche schwierige Haltung zum Thema Holtenau gab.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das würden wir jetzt aber gern wissen wollen!)

Kollege Müller, Sie sagen, dass wir das im letzten Koalitionsvertrag vereinbart hätten. Ich glaube, das ist ein bisschen weitgehend. Das war ein Punkt, den wir gar nicht anders machen konnten, sonst wäre es nicht dazu gekommen. Das ist auch klar.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das Signal wurde gegeben!)

- Das so zu behaupten, ist schon ein starkes Stück.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Doch, genauso war es! - Thomas Stritzl [CDU]: Herr Müller, Sie haben der Vorlage doch zugestimmt!)

Die Kieler Ratsversammlung hat am 9. Mai 2005 den Einstieg in die Planungsphase II beschlossen. Wirtschaftsminister Austermann hat der Stadt mitgeteilt, dass das weitere Verfahren in Teilleistungen laufe, aber parallel dazu die Aufstellung des Luftverkehrskonzeptes und des Flughafenentwicklungskonzeptes zusammen mit Hamburg einzuholen ist. Das ist der Unterschied zu den Grünen. Wir wollen das zeitnah und gemeinsam machen, damit keine weitere Zeit verloren geht.

Ich gebe dem Kollegen Stritzl Recht. Hier ist die Taktik, so lange Zeit ins Land fließen zu lassen, bis der Flugverkehr endgültig eingestellt ist. Dann hat es keinen Zweck mehr, irgendetwas auszubauen.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Astrid Höfs [SPD])

Der Einstieg in die zweite Planungsphase ist also notwendig, um die letzte Chance zur Zukunftssicherung des Flughafens Kiel-Holtenau zu nutzen und belastbare Daten zu erhalten. Wenn der Kollege Harms in seiner Pressemitteilung vom 19. Mai nur die ihm genehmen Antworten der Landesregierung in Halbsätzen - und diese noch nicht einmal ganz korrekt - verwendet, dann wird deutlich, hier geht es nicht um politisch verantwortungsvolle Entscheidungen. Hier geht es um eine Auffassung zu einem bestimmten Thema. Da ist alles Recht. Es gilt für uns alle, dass wir bei Gutachten einmal den Absatz 2 auf Seite 37 nehmen, aber bestimmte andere Sachen weg

(Bernd Schröder)

lassen. Den Eindruck hatte ich bei Ihnen auch. Kollege Stritzl, es ist völlig korrekt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das gilt nicht für uns!)

- Das ist klar. Es ist bekannt, dass es auch andere gibt, die tolle Gutachten machen. Der Standort ist unattraktiv. Dann aber zu sagen, deshalb lohne es sich nicht, etwas zu machen, ist schon ein starkes Stück!

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Sich hier für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Ansiedlung von Unternehmen einzusetzen, aber nicht einmal die Voraussetzungen prüfen zu lassen, ist unverantwortlich.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Die Überschrift der Grünen ist schon bemerkenswert: Keine Geldverschwendung für den Ausbau des Flughafens Holtenau! Wenn die Grünen so sprechen, dann hätten sie so konsequent sein müssen, die 800.000 €, die in der Vergangenheit schon verschwendet worden sind, nicht erst auf den Weg zu bringen!

(Beifall bei CDU, FDP, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Herr Kollege Harms, auch das ist wieder eine falsche Schlussfolgerung. Sie sollten hierzu noch einmal ein Seminar besuchen! Wer jetzt die Steuergelder in Höhe von 800.000 € auf halbem Wege einfach versenken lässt und die Zukunftsfähigkeit von Holtenau nur prüft, der begeht unverantwortbare politische Entscheidungen. Wir haben die Verpflichtung, belastbare Zahlen vorzulegen, die Prüfungsphase zu Ende durchzuführen und auf der Basis dieser Zahlen verantwortungsvoll zu entscheiden: Gibt es einen Ausbau für den Flughafen? Ist der Ausbau für die Region, für Kiel und für das Land Schleswig-Holstein zwingend erforderlich für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Ansiedlung von Unternehmen? Oder sind die sich ergebenden Zahlen so, dass ein Ausbau nicht wirtschaftlich ist und sich nicht rechnet? Wenn die Zahlen so sind, dann bin ich - wie sicherlich viele andere auch - bereit zu sagen, es wird nicht ausgebaut. Nur das kann die Basis für eine Entscheidung sein. Nur das ist verantwortliche Politik im Sinne dessen, was wir gesagt haben, bevor wir hierher gekommen sind.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Kollegen Schröder. - Für die FDPFraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das waren deut- liche Worte!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, nachdem der Kollege Stritzl von Kiel-Holtenau während seines Beitrags auf der A 20 gelandet ist, möchte ich Ihnen im Namen der FDP-Fraktion aufrichtig wünschen, dass Sie beim Bau der A 20 ein weitaus glücklicheres Händchen beweisen als beim Ausbau des Verkehrslandeplatzes Kiel-Holtenau. Lieber Kollege Stritzl, dass Sie an Kiel glauben, finde ich gut. Ich glaube als Kieler Abgeordneter auch an Kiel.

(Beifall bei der FDP)

Ob Sie allerdings an den Flughafen oder an den Verkehrslandeplatz Kiel-Holtenau glauben, das haben Sie auf Ihre gewohnte Art und Weise wiederum sehr geschickt für sich behalten. Ich weiß nicht, ob Sie an den Verkehrslandeplatz Kiel-Holtenau glauben. Wahrscheinlich aber wissen Sie das selber auch noch nicht so ganz genau.

Es passiert selten, aber es passiert: Die FDP-Fraktion wird dem Antrag der Grünen zustimmen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Willkommen in der Oppositi- on!)

Lieber Kollege Müller, Sie müssen sich keine Sorgen machen, in dieser Frage braucht auch der Kollege Kubicki keine Belehrungen. Wolfgang Kubicki ist in dieser Frage voll und ganz an meiner Seite.

(Lachen bei CDU und SPD)

Ich habe von Wolfgang Kubicki nie gehört, dass er mehr Charterverkehr für Kiel-Holtenau gefordert hat. Herr Kollege Stritzl, wenn Sie hier anderer Auffassung sind, dann kommen Sie nach vorn und sagen Sie das, zitieren Sie den Kollegen Kubicki! Ich kenne solche Zitate nicht.

Wir halten den beabsichtigten Ausbau des Verkehrslandeplatzes Kiel-Holtenau für unwirtschaftlich. Herr Kollege, das ist ein Verkehrslandeplatz. Es würde knappes öffentliches Geld verschwendet werden und darauf sollte Schleswig-Holstein angesichts der Haushaltslage verzichten. Das Geld sollte woanders sinnvoll in die Infrastruktur Schleswig-Holsteins investiert werden. Eine solche sinnvolle Alternative

(Dr. Heiner Garg)

ist ein Zug von Kiel über Neumünster und Fuhlsbüttel zum Hamburger Hauptbahnhof.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sein Fahrgastpotenzial ist so groß, dass die jährlich in Kiel-Holtenau abgefertigten Fluggäste rechnerisch nur in den ersten beiden Wochen eines Jahres den Zug belegen würden. Lieber Kollege Stritzl, genau an dieser Stelle machen Sie immer einen Fehler. Sie beziehen nämlich die Kosten für den Bau dieser Magistrale quer durch Schleswig-Holstein immer nur auf die immer geringer werdenden Fluggastzahlen KielHoltenaus, nämlich auf die noch 58.000 Gäste, statt auf die knapp 1 Millionen Fahrgäste, die eine solche Strecke im Zweifel pro Jahr bedienen würde. Wenn Sie so rechnen, dann haben Sie natürlich Recht. Dann wäre das unverhältnismäßig teurer. Sie wissen aber genau, dass Ihre Rechnung genauso unseriös und genauso unredlich ist wie Ihre Haltung zum weiteren Ausbau.

(Beifall bei der FDP)

Bis auf weiteres sollte das Land auch auf neue, teure Gutachten zum Ausbau Holtenaus verzichten. Vorgestern wurde bekannt, dass die Bundeswehr weitere Beschränkungen des militärischen Luftbeschränkungsgebietes um den Truppenübungsplatz Putlos und den Flugabwehrschießplatz Todendorf ablehnt.

Offensichtlich weiß noch niemand, was dies für die Nutzung eines ausgebauten Verkehrslandeplatzes Holtenau bedeuten würde. Besonders weiß niemand, ob und wie die ohnehin schon mit sehr hoher Unsicherheit behafteten Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit des Ausbaus hierdurch verändert würden.

Um der Landesregierung zu helfen, mit dem Schluss dieser Wissenslücke zu beginnen, habe ich hierzu gestern eine Kleine Anfrage gestellt, Herr Kollege Stritzl. Wir meinen aber: Selbst wenn die Ablehnung der Bundeswehr, den Übungs- und Schießbetrieb in Putlos und Todendorf für die Nutzung eines ausgebauten Verkehrslandeplatzes in Holtenau zu beschränken, die bisher angenommene Wirtschaftlichkeit des Projekts Holtenau nicht verschlechtern würde, so bliebe das Projekt nach wie vor unwirtschaftlich und eine Verschwendung öffentlichen Geldes. Wir stimmen dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu. - Herr Kollege Stritzl, ich wünsche Ihnen für Ihre morgige Wiederwahl alles Gute.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Kollegen Garg.. Für den SSW im Landtag erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den SSW kann ich sagen, dass wir uns als einzige Partei hier im Landtag klar gegen den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau ausgesprochen haben und auch immer so gestimmt haben. Das werden wir auch weiterhin tun, obwohl ich gleich voranschicken möchte, dass wir dem Antrag der Grünen selbstverständlich zustimmen werden, obwohl wir nicht ganz mit diesem Antrag einverstanden sind, weil vieles so formuliert ist, dass man meinen könnte, dass die Grünen unter bestimmten Bedingungen dem Ausbau zustimmen würden. Das ist zumindest bei uns nicht der Fall.

Für den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau wurden bereits ausreichend Gutachten und Analysen in Auftrag gegeben und erstellt. Daher sind wir der Auffassung, dass wir jetzt keine Expertise mehr benötigen. Wir lehnen daher eigentlich auch die Planungsphase II ab. Auch irgendwelche kostenintensiven Untersuchungen werden uns nicht weiterbringen, da all das eh nur Untersuchungen sind, die das Ziel haben, diesen Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau weiter zu befördern.

Vor uns liegt das fürchterliche Datum Anfang Oktober. Dann wollen wir uns endgültig entscheiden. Über dieses Datum möchte sich die Landesregierung offensichtlich noch hinwegretten. Ich glaube, das ist nicht in Ordnung so. Wir sollten dieses Projekt dahin schicken, wohin es gehört, nämlich ins Nirwana des politischen Lebens. Wir sollten hier nicht weiter darüber diskutieren. Es gibt wichtigere Verkehrsprojekte in unserem Land, die wir verfolgen sollten.

Wenn man erfahren will, was uns das alles kosten wird, dann kann man das auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage des SSW nachlesen, in der wir genaue Angaben zu den Kosten bekommen haben. Darin wird zwar bestätigt, dass die Kosten für den Ausbau des Regionalflughafens Kiel-Holtenau seitens der Landesregierung und der Landeshauptstadt Kiel mit einem Betrag von 48,3 Millionen € gedeckelt wurden, aber dass diese Kostenschätzung mit einer Ungenauigkeit von 20 % behaftet ist.

(Zuruf von der SPD: „Plus/minus“ steht da!)

- Plus/minus, richtig! Dadurch wird natürlich zwi

(Lars Harms)

schen den Zeilen deutlich gemacht, dass der Ausbau durchaus teurer werden kann als erwartet.