Da ist in erster Linie die Bundesregierung gefragt, die sich dieser Aufgabe auch stellt. Aber wir hier im Land bereiten uns auf der organisatorischen Ebene schon vor und können erste Erfahrungen, die wir mit dem Familienbüro in Niebüll oder mit dem Landesfamilienbüro machen, in die Entscheidungen auf Bundesebene einspeisen.
Eins ist jedenfalls klar: Ein bürokratischer Dschungel für Familien ist nicht zumutbar, besonders in der ersten Phase der Kindererziehung.
Gerade in einer solchen Phase gibt es kaum Zeit für Behördengänge und da braucht es Unterstützung. Schaue ich in die Zukunft, dann sehe ich ein Landesfamilienbüro, das für viele familienpolitische Leistungen einen umfassenden Service bieten kann. Transparente, zielsichere, gerechte, schnelle und unbürokratische Familienbüros müssen unser aller Ziel sein. Dazu dient das Landesfamilienbüro.
Wir wollen hier in Schleswig-Holstein unsere jüngsten Erdenbürger von Anfang an fördern und begleiten. Deshalb haben wir einen Willkommensbrief für Eltern und eine Erstinformationsbroschüre „Stark mit Kindern“ auf den Weg gebracht, die wir den Eltern jetzt über das Landesfamilienbüro und seine Außenstellen gleichzeitig mit den Bescheiden für das Elterngeld zukommen lassen.
Wenn unsere landespolitischen Aktivitäten mit einer guten Infrastruktur vor Ort verknüpft werden, bin ich zuversichtlich, dass wir es schaffen, eine höhere Familienfreundlichkeit in unserem Land auf den Weg zu bringen.
Frau Ministerin, ich danke Ihnen für den Bericht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDUFraktion hat Frau Abgeordnete Frauke Tengler.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 1. Januar gibt es das Elterngeld. Wir erinnern uns an eine bizarre, in Teilen skurrile Berichterstattung aus Gynäkologenpraxen und Expertenbefragungen zum Thema: Errechneter Geburtstermin vor dem 1. Januar, erwünschter Geburtstermin mindestens kurz nach 0 Uhr am 1. Januar 2007. Dieser Umstand beweist, wie positiv die Einführung des Elterngeldes aufgenommen worden ist. Jeder will es haben.
Die aktuelle Shell-Jugendstudie hat unterstrichen, dass Familie nach wie vor zeitgemäß ist, aber die Rahmenbedingungen, die wir als Gesellschaft Familien im 21. Jahrhundert zumuten, sind nicht mehr zeitgemäß. Zwei von drei jungen Frauen wollen heute Familie und Beruf, und zwar in ganz unterschiedlichen Ausprägungen, von Teilzeit bis Vollzeit. Sie möchten, dass Familienwerte und berufliches Fortkommen Hand in Hand gehen. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Zwei von drei jungen Männern wollen mehr Erzieher als nur Ernährer ihrer Kinder sein. Sie wünschen sich Zeit mit ihren Kindern. Auch hier sieht die Wirklichkeit oft anders aus. Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit haben die jungen Menschen mit Verzicht beantwortet, entweder Verzicht auf Kinder oder Verzicht auf Entfaltung des Erlernten im Beruf.
Im Siebten Bundesfamilienbericht werden drei Forderungen aufgestellt: ein Neuzuschnitt der Geldleistungen an Familien, eine Verbesserung der Chancen im Arbeitsalltag und mehr Zeit, eine flexible und vielfältige Kinderbetreuung. Die erste und ein Teil der zweiten Forderung sind durch die Einführung des Elterngeldes erfüllt worden. Eltern wünschen sich in der ersten Zeit nach der Geburt nichts mehr als gemeinsame Zeit mit ihrem Neugeborenen. Diese Zeit wird den Eltern durch das Elterngeld gegeben, und dies, ohne in ein finanzielles Loch zu fallen. Nach dieser ersten Phase mit dem Neugeborenen rückt dann die Frage der Kinderbetreuung in den Fokus der jungen Eltern und da muss noch unendlich viel getan werden.
Aber das Elterngeld ist ein erster wichtiger positiver Schritt einer Familienpolitik, die sich am Lebenslauf orientiert, einer Familienpolitik, die den realen Problemen und Wünschen junger Familien
Den Fraktionen von CDU und SPD war es wichtig, ganz am Anfang des Elterngeldes zu erfahren Frau Ministerin, das haben Sie uns berichtet -, wie die Umsetzung auf Landesebene funktioniert. Sie funktioniert gut. Zu genau waren uns die Schwierigkeiten und zum Teil langen Wartezeiten bis zur Auszahlung des Kindergeldes bei der Zusammenlegung der Kindergeldkassen im Lande in Erinnerung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in nur zehn Monaten ist es gelungen, ein völlig neues Leistungsgesetz auf die Beine zu stellen, um die Situation von jungen Familien zu verbessern. Der Verantwortliche für das Landesfamilienbüro im Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein in Neumünster spricht von einer absolut reibungslosen Einführung des Elterngeldes. Begründung: Von Beginn der Erstellung des Gesetzes und der Richtlinie an haben Bundesministerium und die zuständigen auszahlenden Behörden sehr eng zusammengearbeitet. Diese rechtzeitige Beteiligung wurde als besonders hilfreich gelobt. Bedauert, wie häufig, wurde der Umfang der Richtlinie für den Dienstgebrauch; 167 Seiten inklusive Gesetz. Das Gesetz umfasst nur circa 15 Seiten. Verschlankung, meinte der Verantwortliche, nicht ausgeschlossen.
Aus der Erziehungsgeldkasse ist in SchleswigHolstein das Landesfamilienbüro Neumünster mit vier Außenstellen geworden. Laut Stand 19. Januar 2007 - die Ministerin hat eine andere Zahl genannt liegen 92 Anträge auf Elterngeld vor. Ab Februar auch das hat die Ministerin gesagt - werden die ersten Anträge genehmigt sein.
Meine Damen und Herren, die Ministerin hat Ihnen die Broschüre vorgestellt. Ich stelle Ihnen einen Antrag vor. So sieht er aus, falls einer von Ihnen darauf reflektiert.
Meine Fraktion ist froh über die, wie es sich darstellt, reibungslose Einführung des Elterngeldes. Wir gratulieren dem Landesfamilienbüro zu der gelungenen informativen Broschüre und dem Flyer zum Elterngeld und zur Elternzeit. Die Broschüre beantwortet alle Fragen und zeigt Beispiele für sehr flexible Inanspruchnahme.
Die weitere Umsetzung und die mögliche Vereinfachung der Richtlinie und des Antrages zum Elterngeld werden wir aufmerksam begleiten. Frau Ministerin, wir stehen an Ihrer Seite, wenn es darum geht, die Landesfamilienbüros weiterzuentwickeln zur Bündelung für Familienleistungen.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staat tut nichts für Familien - ein beliebter Satz, den jeder von uns aus Wahlkämpfen, aus Talkshows, von Stammtischen und aus der Presse kennt. Tatsache ist, dass die öffentlichen Hände inzwischen mehr als 100 Milliarden € pro Jahr für die Unterstützung der Familien ausgeben. Dahinter steht ein Mix aus Fördermaßnahmen, die zum Teil, wie das Kindergeld, nach dem Gießkannenprinzip ausgezahlt werden, das allein mit 36 Milliarden € zu Buche schlägt. Hinzu kommen zahlreiche bedarfsabhängige Unterstützungsmaßnahmen sowie steuerliche Entlastungen und seit dem Januar 2007 anstelle des bisherigen Erziehungsgeldes auch das neue Elterngeld.
Das Problem ist nur, dass eine solche Vielzahl von Maßnahmen selbst für die Spezialisten schwer zu überschauen ist, erst recht für Bürgerinnen und Bürger, denen es oft schwerfällt, ihren Anspruch geltend zu machen, weil sie von der Rechtslage nichts wissen, und denen es oftmals nicht leichtfällt, an die Informationen über die verschiedenen Töpfe zu kommen, die ihnen offenstehen.
Das Ziel des Elterngeldes ist es, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, und zwar durch Unterstützung beider Partner. Ich will es mir ersparen, hier sämtliche Bestimmungen des Bundeselterngeldes zu wiederholen, will aber doch die Gelegenheit nutzen, um auf einige wichtige Punkte nochmals hinzuweisen.
Das Elterngeld wird abhängig vom bisherigen Nettoeinkommen in einer Bandbreite zwischen 300 und 1.800 € gezahlt. Es wird nicht gegen andere soziale Transferleistungen wie ALG II angerechnet. Seine Laufzeit ist kürzer als die des bisherigen Erziehungsgeldes, was für Geringverdienende zu einer Schlechterstellung führen könnte, wie Kritiker befürchten, die mit einer Klagewelle gegen das Gesetz rechnen. Es wäre überhaupt nicht im Sinne der Sozialdemokraten, die im Bund und im Land Verantwortung tragen, wenn die Konsequenz des Elterngeldes eine Entlastung der öffentlichen Hände zulasten der finanziell Schwächsten wäre. Jedes neue Instrument muss also, wie es im Beipackzettel immer so schön heißt, auf Risiken und Nebenwirkungen hin evaluiert werden.
Angesichts mancher Unklarheiten und Befürchtungen ist eine kompetente Beratung aus einer Hand entscheidend. Wir begrüßen deshalb die Einrichtung des Landesfamilienbüros beim Landesamt für soziale Dienste mit vier Außenstellen, deren Schwerpunkt die Information zum Elterngeld ist. Wir müssen auswerten, ob dieses Angebot ausreichend ist. Wenn zum Beispiel die Außenstelle in Heide den kompletten Einzugsbereich von der dänischen Grenze bis zum Hamburger Rand zu bedienen hat, sind die Wege für eine persönliche Vorsprache für viele Bürgerinnen und Bürger sehr lang. Und wer fünfmal das Besetztzeichen am Telefon hört, ruft vielleicht kein sechstes Mal mehr an. Auf jeden Fall ist eine räumlich und inhaltlich bürgernahe Beratung der richtige Weg.
Wir unterstützen die Sozialministerin bei diesem wichtigen Projekt, über das wir uns regelmäßig im Sozialausschuss berichten lassen wollen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber neu hinzugekommener Kollege Arp! Kürzlich hat das Landesfamilienbüro in SchleswigHolstein eine über 70-seitige Broschüre zum Elterngeld und zur Elternzeit verteilen lassen. Gleichzeitig wurde den Eltern angeboten, sich an einem mobilen Informationsstand an verschiedenen Stellen im Lande beraten zu lassen. Ob Broschüre oder Info-Bus, Informationen zum Thema Elterngeld und Elternzeit sind dringend notwendig. Dazu gehören vor allem pragmatische und unkonventionelle Ansätze, Eltern zu erreichen.
Die Maßnahmen machen deutlich, dass ein Informationsangebot für Eltern aus einer Hand dringend notwendig ist. Denn Familienförderung ist in Deutschland viel zu unübersichtlich und leider meistens viel zu bürokratisch.
In einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft wurden gut 100 verschiedene familienpolitische Leistungen mit einem Gesamtvolumen von 240 Milliarden € aufgelistet, die es in der Steuergesetzgebung, in der Sozialversicherung sowie durch Transferzahlungen des Bundes, der Länder und Gemeinden und anderer Institutionen gibt. Hinzu kommt, wer was und wo beantragen muss, und das auch
noch rechtzeitig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das erschließt sich den meisten jungen Eltern gerade nicht.
Somit sehen sich Eltern neben der Vorfreude auf ihr Kind bereits sehr früh den Mühlen der Verwaltung ausgesetzt. Da muss dem Arbeitgeber rechtzeitig und möglichst weit vorausblickend mitgeteilt werden, in welchem Umfang Elternzeit in Anspruch genommen werden soll. Gegenüber der Krankenkasse muss Mutterschaftsgeld beantragt und gleichzeitig erklärt werden, wie das Kind künftig krankenversichert werden soll. Damit aber noch nicht genug. Kindergeld und Kinderzuschlag müssen bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. Das bisher gewährte Erziehungsgeld wird durch das Landesamt für soziale Dienste und der womöglich notwendige Unterhaltsvorschuss durch die Jugendämter gezahlt.
Ob Familienlastenausgleich, Mitversicherung nicht erwerbstätiger Familienmitglieder, Kindergeld oder Schülerbeförderung, nicht nur die Anzahl der Leistungen für Familien ist unübersichtlich, auch die Behörden sind verschieden, bei denen diese Leistungen beantragt werden können. Wenn sich Eltern bereits mit der Frage überfordert sehen, welche Vorsorgeuntersuchung sie ihrem Kind angedeihen lassen sollen oder müssen, spätestens bei diesen bürokratischen Anforderungen, die ich eben geschildert habe, fühlen sie sich mit Sicherheit nur noch überrollt. Wenn dann auch noch landesweit rund 18.000 Anträge auf Kindergeld und Kinderzuschlag von den zuständigen Familienkassen nicht bearbeitet werden konnten, weil nicht nur die Rechtsgrundlage kompliziert ist, sondern auch die eingereichten Unterlagen teilweise unvollständig sind, wird deutlich, dass es bei der jetzigen Familienförderung, vor allem bei ihrer praktischen Ausführung, mächtig hakt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Familien mit einem Jahreseinkommen von übrigens unter 30.000 € werden durch das Elterngeld schlechter gestellt als beim bisher gewährten Erziehungsgeld. Dies sei nur am Rande bemerkt. Allein dieses Beispiel zeigt, dass es noch eine ganze Menge Probleme geben wird, auch in der Kommunikation, die zumindest ansatzweise in der Beratung durch eine zentrale Anlaufstelle aufgefangen werden können.
gewährt werden, kann Eltern durch die Einrichtung eines zentralen Familienbüros praktische Hilfe aus einer Hand gewährt werden. Die Einrichtung eines Familienbüros kann deshalb ein erster richtiger Schritt sein, wenn wir eine Familienpolitik aus einem Guss haben wollen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage auch: Am Ende muss eigentlich stehen, dass wir zumindest theoretisch eine solche zentrale Anlaufstelle gar nicht bräuchten, weil wir familienpolitische Leistungen aus einer Hand gewähren und genau diese Leistungen bündeln.
Wir brauchen also die Konzentration der verschiedenen unübersichtlichen Leistungen und damit auch mehr Transparenz im bisherigen Förderdschungel. Genau dieses Plus an Transparenz kommt letztlich jenen zugute, für die diese Leistungen gedacht sind. Denn die meisten, die darauf angewiesen sind, wissen gar nicht, dass sie einen Anspruch darauf haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich werden wir uns im Sozialausschuss über die Arbeit dieses Familienbüros berichten lassen, dem ich im Übrigen sehr viel Erfolg bei seiner Arbeit wünsche. Aber vor allem müssen wir, sofern dies unsere Möglichkeiten als Landesgesetzgeber zulassen, darauf achten, dass familienpolitische Leistungen in Zukunft gebündelt, konzentriert und transparent sind, damit die Leistungen bei denjenigen ankommen, für die sie gedacht sind, und nicht bei anderen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Garg, der letzte Teil Ihrer Rede ist Schwerpunkt meiner Rede.