„Sehr geehrter Herr Bürger, sehr geehrte Frau Bürgerin, leider darf ich mich um Ihr Problem auch als Mitglied des Petitionsausschusses bis auf Weiteres nicht kümmern, weil ich kraft Gesetzes gezwungen bin, Ihre Petition der Bürgerbeauftragten zuzuleiten. Sie werden von dort weitere Nachricht erhalten. Mit freundlichen Grüßen“
Ich habe deshalb kein Verlangen, vor den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahlkreises als Papiertiger dazustehen. Der Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags ist auch kein Mülleimer für Fälle, in denen die Bürgerbeauftragte nicht helfen konnte.
Die FDP versucht hier offensichtlich, uns das rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragtenmodell überzustülpen - ein Modell, das selbst nach 35 Jahren weder vom Deutschen Bundestag noch von irgendeinem anderen Landesparlament so übernommen worden ist. Ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist: Der Einzige, der mit dem rheinland-pfäl
Ich darf in diesem Zusammenhang kurz aus einem Schreiben meines langjährigen Vorgängers Gerhard Poppendieker und seiner damaligen Stellvertreterin, unserer geschätzten Kollegin Ursula Sassen, zitieren, die sich im Rahmen einer Delegationsreise detailliert über die Praxis des dortigen Modells informiert haben. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin.
„Im Ergebnis sind die Mitglieder der Delegation zu der Überzeugung gelangt, dass das rheinland-pfälzische Modell nicht auf Schleswig-Holstein übertragen werden sollte.“
„Die Mitglieder des hiesigen Ausschusses legen Wert darauf, Petitionen auch in Zukunft selbst und in unmittelbarem Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern zu bearbeiten.“
„In Schleswig-Holstein besteht kein Bedarf, die Bearbeitung von Petitionen über den jetzigen Status hinaus an eine Bürgerbeauftragte oder an einen Bürgerbeauftragen zu delegieren.“
Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen, aber im Hinblick auf die anstehenden Ausschussberatungen möchte ich noch auf weitere wesentliche Mängel dieses Gesetzentwurfs hinweisen.
Eine zweite Erschwernis für die Bürgerinnen und Bürger halte ich nicht nur für überflüssig, sondern sogar für verfassungswidrig, nämlich die Forderung in § 6 Abs. 3 nach dem Einverständnis von Bevollmächtigten zur Bearbeitung einer Petition.
Meine Damen und Herren, ich habe den Art. 17 des Grundgesetzes in Bezug auf diese überraschende Hürde genau gelesen und kann Ihnen versichern, dass dort nicht geschrieben steht, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Ausübung ihres Grundrechts und der Landtag in der Ausübung seiner Kontrollrechte von der Zustimmung eines Bevollmächtigten abhängig sind. Das steht nicht darin.
Ich kann ferner überhaupt nicht nachvollziehen, warum der Schleswig-Holsteinische Landtag bei Petitionsbearbeitungen künftig auf wesentliche Kontrollrechte verzichten sollte.
Das sind elementare Rechte des Parlaments. Warum will die FDP, wie in § 3 Abs. 1 vorgeschlagen, künftig auf die Kontrolle der Staatsanwaltschaften und auf die Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss des Bundestages verzichten? Das steht in Ihrem Gesetzentwurf drin. Insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss des Bundestages beispielsweise im Bereich des Fernstraßenbaus ist manchmal unverzichtbar, weil der Bund Auftraggeber ist und das Land diese Aufträge ausführt.
Eine parlamentarische Kontrolle, die diesen Namen auch verdient, kann im Einzelfall zwingend auf diese Zusammenarbeit angewiesen sein.
Eine weitere im deutschen Petitionswesen einmalige Selbstbeschneidung des parlamentarischen Kontrollrechts wäre auch die im Entwurf zu Artikel 19 Abs. 4 der Landesverfassung vorgesehene Beschränkung auf öffentliche Auskünfte der zu kontrollierenden Verwaltungen. Selbstverständlich müssen der Petitionsausschuss und die Bürgerbeauftragte auch in Zukunft vollständige und wahrheitsgemäße Stellungnahmen für ihre Arbeit erhalten, unabhängig davon, ob die jeweiligen Tatsachen öffentlich sind oder nicht.
Ich könnte jetzt noch weiter aus meiner Mängelliste zitieren, möchte das aber nicht tun. Wir wollen ja in den Ausschussberatungen noch etwas zu tun haben.
Ich beantrage, den Gesetzentwurf an den Innenund Rechtsausschuss, mitberatend an den Sozialausschuss und den Petitionsausschuss zu überweisen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Detlef Buder. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die FDP die Diskussion um das Petitions- und Beauftragtenwesen auf die Tagesordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Meine Fraktion begrüßt die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, die Position des
Petitionsausschusses und der Bürgerbeauftragten zu stärken. Auch unterstützen wir das Anliegen der FDP, eine zentrale Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zu schaffen. Ja, das Beauftragtenwesen muss neu organisiert werden, aber Nein zum Gesetzentwurf der FDP, der aus unserer Sicht die bisherigen Beauftragten abschaffen will, und Nein dazu, dass der Petitionsausschuss wie vorgeschlagen verändert wird. Mein Vorredner hat es eben detailliert begründet.
Wir Grüne haben schon vor längerer Zeit vorgeschlagen, das Beauftragtenwesen in Schleswig-Holstein zu stärken, indem wir die vorhandenen Beauftragten in einer zentralen Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger bündeln und alle Beauftragte auch Beauftragte des Landtages werden. Ja, Herr Garg, wir haben dies nicht in Form eines Umdrucks getan, sondern wir haben das in der letzten Legislaturperiode mit unserem Koalitionspartner diskutiert, waren uns dort aber nie einig. Insofern hat es den Landtag nie in Form eines Umdrucks erreicht. Aber in Oppositionszeiten - diese haben wir seit nunmehr zwei Jahren - sind wir frei und wir werden nun unseren Vorschlag aufnehmen und in die Beratungen des Sozialausschusses einspeisen. Es wäre gut, wenn hilfesuchende Menschen in Schleswig-Holstein eine Adresse hätten, eine Telefonnummer, um Hilfe aus einer Hand zu erhalten. Das würde es einfacher machen, durch den Beauftragtendschungel hindurchzufinden.
Lassen Sie uns also den Gesetzentwurf der FDP zum Anlass nehmen, im Ausschuss darüber zu beraten, wie wir unser jetziges System Petitionsausschuss, Bürgerbeauftragte, Landtagsbeauftragte und Regierungsbeauftragte verbessern können, wie Synergieeffekte erreicht werden können und wie die Hilfe bürgernah organisiert werden kann. Dabei sollten wir im Blick behalten, dass insbesondere Menschen, die mit Rechtsvorschriften Probleme haben oder negative Erfahrungen mit Verwaltungen und Behörden gemacht haben, zu den Hilfesuchenden gehören, die sich an uns wenden. Es wäre schlecht, wenn gerade sie allein bei der Suche nach der richtigen Zuständigkeit erneut negative Behördenerfahrungen machen.
Wer weiß schon, ob er sich mit einem Rentenbescheid, mit dem er nicht einverstanden ist, an den Petitionsausschuss oder an die Bürgerbeauftragte wenden kann oder muss? Welcher Flüchtling weiß, dass er sich nicht mehr an die Härtefallkommission wenden kann, wenn er vorher schon den Petitionsausschuss oder die Bürgerbeauftragte eingeschaltet hat? Um diese Probleme zu lösen, schlägt meine Fraktion eine gemeinsame Anlaufstelle, ein ge
meinsames Beauftragtenbüro vor, in dem die Zuständigkeiten geklärt sind und in dem Hilfestellung gegeben wird. Dies wäre praktische Bürgerfreundlichkeit. Die Zuständigkeit wäre von Anfang an geklärt und es könnte auch zu Synergieeffekten beim Verwaltungshandeln kommen. Know-how könnte ausgetauscht werden. Die jeweiligen Fachreferenten könnten sich gegenseitig unterstützen.
Um dieses Konzept rund zu machen, schlagen wir wie die FDP vor, dass der Beauftragte für Menschen mit Behinderung zukünftig beim Landtag und nicht bei der Regierung angesiedelt wird.
Ich freue mich ausgesprochen, dass die Rede meines Kollegen von der CDU fast identisch mit der meinen ist. Das freut mich nicht immer, aber an dieser Stelle freut es mich, denn ich habe herausgehört, dass Sie sowohl die Idee, die Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger zu konzentrieren oder zu sehen, wie wir das transparenter hinbekommen, gern unterstützen möchten, dass Sie aber auch vorschlagen, alle Beauftragten möglichst zu Landtagsbeauftragten zu machen, auf jeden Fall den Behindertenbeauftragten, um damit auch als Landtag aktionsfähig zu sein. Wir werden schauen, wie weit wir in den Beratungen damit kommen.
Wir halten es für notwendig, auch zukünftig unterschiedliche Beauftragte für die unterschiedlichen Belange der Bürgerinnen und Bürger zu haben. Darin, Herr Garg, unterscheiden wir uns. Es geht nicht darum, Strukturen zu erhalten, wie Sie gesagt haben, sondern es geht uns darum, für die unterschiedlichen Belange, für die unterschiedlichen Interessengruppen auch lautstarke Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu haben. Die Bürgerbeauftragte macht vor Ort Sprechstunden, aus meiner Sicht ausgesprochen gut und erfolgreich. Herzlichen Dank, Frau Wille-Handels, dass Sie auch in der Region so aktiv sind.
Der Behindertenbeauftragte ist vor Ort im Dialog mit den kommunalen Behindertenbeauftragten. Auch hierfür herzlichen Dank, dass er sich bemüht, vor Ort die kommunalen Ansprechpartner zu finden und zu installieren.
Der Flüchtlingsbeauftragte nimmt insbesondere an Fachveranstaltungen im ganzen Land teil. Er ist nicht dazu da, Einzelhilfe zu leisten, sondern um die Interessen der Migrantinnen und Migranten zu vertreten. Gerade diese ortsnahe Arbeit ist uns wichtig.
Da frage ich Sie, Herr Garg: Wie soll eine Person diese Aufgabenfülle bewältigen und dann noch an allen Sitzungen des Petitionsausschusses teilnehmen, zumal die Probleme der Zielgruppen oft weit auseinanderklaffen?
Gerade Menschen mit Behinderung brauchen einen starken Interessenvertreter oder eine starke Interessenvertreterin, die die Belange von behinderten Menschen aus eigener Erfahrung kennen, jemand, der weiß, wie es sich anfühlt. Flüchtlinge brauchen jemand, der explizit und mit großer Detailkenntnis für ihre Rechte und Bedürfnisse streitet.
Natürlich gibt es auch Überschneidungen. Die sind genannt worden. Flüchtlinge haben körperliche oder psychische Behinderungen, Menschen mit Behinderung haben Auseinandersetzungen mit der Rentenkasse oder mit dem Bauamt. Deshalb ist es unser Vorschlag, zukünftig eine gemeinsame Anlaufstelle zu schaffen, in der sich die Referenten und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der alltäglichen Zusammenarbeit austauschen, also ein Beratungs- und Beauftragtenwesen unter einem Dach in einem Beauftragtenbüro. Hätten wir uns nicht heute im Finanzausschuss gemeinsam dafür ausgesprochen, dass das Haus B in die Hände des sehr verehrten Ministerpräsidenten geht, hätte ich dieses als Beauftragtenbüro vorgeschlagen. Das haben wir früher einmal gemacht, aber da ist die Priorität inzwischen eine andere. Ich hoffe, Sie wissen das zu schätzen, Herr Ministerpräsident.
Wir wollen also nicht, dass die Beauftragten abgeschafft werden, auch nicht mit der großzügigen Übergangsfrist, die die SPD in ihren Gesetzentwurf geschrieben hat. Wir nehmen aber gern den Vorschlag der FDP auf, um im Sozialausschuss, im Petitionsausschuss darüber zu beraten, ob es Verbesserungen geben kann. Ich würde mich freuen, wenn wir uns einig wären, dass der Behindertenbeauftragte zukünftig beim Landtag angesiedelt ist, auch wenn Holger Astrup das nicht freut. Es gibt immerhin schon eine Zählmehrheit und das ist ein erster Schritt, wie wir alle gemeinsam wissen. Das geht nicht immer gut, aber es ist ein Anfang. Insofern freue ich mich auf die Beratungen. Eines sollten wir dabei im Auge haben: Es geht um die Interessen der betroffenen Menschen. Wenn wir hier etwas verbessern können, sollten wir das gemeinsam tun.
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Das Wort für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder Abgeordnete erlebt regelmäßig, dass Bürgerinnen und Bürger um Hilfe bitten, weil sie im Dschungel der Behörden festsitzen. Das Dickicht der Zuständigkeiten ist kaum zu durchschauen. In den gesetzlichen Regelungen klaffen Löcher, die Umsetzung der Gesetze bietet so manchen Fallstrick und natürlich machen auch Behördenmitarbeiter Fehler. Damit die Bürgerinnen und Bürger trotzdem zu ihrem Recht kommen, haben wir das Petitionswesen. Es soll den Bürgern Orientierung geben und ihnen gegebenenfalls eine Schneise freischlagen, damit sie zu ihrem Recht kommen.
Traditionell gibt es in der Bundesrepublik die Eingaben- oder Petitionsausschüsse der Parlamente, bei denen sich alle Einwohner - auch Ausländer und Kinder - über eine ungerechte oder falsche Behandlung durch Bundes- oder Landesbehörden beschweren können. In den letzten Jahrzehnten sind in Schleswig-Holstein über den Petitionsausschuss hinaus eine Reihe von weiteren Institutionen mit Ombudsfunktion eingerichtet worden. Dazu gehört zuerst die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten, aber auch der Flüchtlingsbeauftragte und der Beauftragte für Menschen mit Behinderung.
Damit ist die Berührungsfläche zwischen der Politik und den Bürgern deutlich vergrößert worden. Vor allem haben diese neuen Angebote eine niedrigere Schwelle als der klassische Petitionsausschuss. Dies kommt besonders in den lokalen Sprechstunden der Bürgerbeauftragten zum Ausdruck. Aber auch die beiden anderen Beauftragten sind regelmäßig in der Fläche präsent.