Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

„eine ergänzende Ermächtigung des Landes zur Regelung einheitlicher Standards im Verordnungswege geeignet und erforderlich, das angestrebte und beschriebene Ziel zu erreichen.“

Wenn man das erst jetzt - nach dreieinhalb Jahren merkt, dann muss man schlicht feststellen, das federführende Ministerium hat in der Projektarbeit versagt und soll jetzt zur Belohnung alles allein bestimmen dürfen.

Drittens. Das Absurde an der Geschichte des E-Governments in Schleswig-Holstein ist allerdings, dass diese Probleme in der Metropolregion Hamburg längst gelöst sind. Auf Seite 32 findet sich nur der Hinweis,

„die Metropolregion sei die Keimzelle für die ebenenübergreifende Abwicklung von Dienstleistungen.“

Hier werden Modelle erprobt, die auf das ganze Land übertragen werden sollen. Im Vertrag mit Hamburg steht, dass Hamburgs Randkreise sowieso verpflichtet sind, gemeinsam mit Hamburg ein entsprechendes E-Government zu entwickeln. Da ist Schleswig-Holstein sowieso schon außen vor. Jetzt, nachdem man in Schleswig-Holstein gescheitert ist, soll die Hamburger Lösung offensichtlich auf Schleswig-Holstein übertragen werden. Ich will das nicht kritisieren, denn das ist durchaus sinnvoll. Man muss es aber auch deutlich ausdrücken. In dem Bericht ist das etwas versteckt.

Viertens. Sorgen bereitet mir der Abschnitt 5.9 „Zentrale IT-Steuerung und Finanzierung“. Da steht der schöne Satz:

„Die Veranschlagung des IT-Budgets... erfolgt zentral im Kapitel 1103.“

Ich will das nicht groß kritisieren. Ich will nur aus meinen Erfahrungen berichten, da dies mein Berufsbereich war. Meine Erfahrung ist, dass Kostenkontrolle und Effizienz nur möglich sind, wenn ich klare Budgets für die einzelnen Häuser und Abteilungen vorgebe und diese dann in eigener Regie die für sie besten und preisgünstigsten Lösungen erarbeiten. Eine Qualitätskontrolle ist durchaus sinnvoll. Hüten Sie sich aber vor einer zentralen Pro

(Wolfgang Kubicki)

jektsteuerung über die Köpfe der Häuser und Kommunen hinweg. Das wäre zum Scheitern verurteilt, denn alle Häuser und Abteilungen werden Sie mit unrealistischen Forderungen überhäufen, die jeden Kostenrahmen sprengen. An diesem Problem sind übrigens schon zahlreiche große IT-Projekte gescheitert. Ich nenne hier das Beispiel Galileo. Man hat ein Riesenprojektmanagement und gibt einen unheimlich breiten Input. Anschließend wird ein so komplexes Softwaredesign entwickelt, dass es am Schluss zusammenbricht und knallt.

(Unruhe)

Ein bisschen mehr Ruhe wäre angebracht.

Ich habe mich immer gegen eine zentrale Verantwortlichkeit gewehrt. Diese muss dezentral organisiert sein. Sinnvoll ist, dass man die Dinge durch eine Qualitätskontrolle überprüft. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Eine zentrale IT-Steuerung halte ich aber für ausgesprochen gefährlich.

Herr Kollege Hentschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Oppositionsführers?

Ich habe nicht mehr viel Zeit, aber gut.

Herr Kollege Hentschel, in der letzten Sitzung des Finanzausschusses ist die zentrale IT-Bewirtschaftung Gegenstand der Erörterung gewesen. Ich kann mich daran erinnern, dass Ihre Kollegin Heinold dies ausdrücklich gelobt hat. Es erscheint mir daher schwer nachvollziehbar, warum Sie nun die gegenteilige Auffassung vertreten.

Das ist deshalb nachvollziehbar, weil ich darin berufliche Erfahrungen habe. Wir haben in der Fraktion ausführlich darüber diskutiert. Ich habe meinen Standpunkt dargelegt und ich habe auch dargelegt, dass ich diesen in dieser Diskussion vertreten werde. Ich weiß, dass Frau Heinold im Finanzausschuss eine andere Auffassung vertreten hat.

(Werner Kalinka [CDU]: Ist das der Grund dafür, warum keiner von Ihnen da ist?)

- Ich hoffe, ich habe Sie überzeugen können. Ich glaube, dass dies ein Problem ist, über das wir uns im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss noch ausführlich unterhalten müssen. Ich halte das für wichtig. Herr Präsident, ich hoffe, ich darf meine letzten Bemerkungen noch machen. Sie beziehen sich auf Seite 35:

„Die Realisierung... wird vom Innenministerium in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei und dem Finanzministerium konzipiert und umgesetzt.“

Ich kann Ihnen nur eines empfehlen: Hören Sie auf, immer drei Zentralen einsetzen zu wollen. Wenn Sie eine zentrale Projektsteuerung machen, dann kann man sich darüber streiten. Drei Zentralen einzusetzen, halte ich aber für problematisch. Einigen Sie sich in dieser Regierung endlich einmal darüber, wer für was zuständig ist. Es ist mir egal, ob es das Finanzministerium, das Innenministerium oder die Staatskanzlei ist. Wenn es eine zuständige Stelle gibt, dann wird vielleicht etwas Vernünftiges herauskommen. Wenn Sie aber drei Zentralen haben, dann kann ich Ihnen garantieren, dass dies nichts werden wird. Das ist ein Problem, das diese Regierung insgesamt zu lösen hat. Darüber haben wir uns gestern Morgen schon unterhalten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Spaß bei dem Projektmanagement.

Für die Abgeordneten des SSW hat die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wichtig ist, dass mit der Verabschiedung der EUDienstleistungsrichtlinie die Umsetzung von E-Government in Schleswig-Holstein zur Pflichtaufgabe geworden ist. Aus dem Bericht geht hervor, was angedacht ist. Es gibt eine ganze Reihe von strategischen Handlungsfeldern, die genannt werden. Gemeint sind also die konkreten Aufgaben, die schon in Arbeit sind oder die es gilt, anzupacken. Dazu gehört laut Bericht alles das, was unter dem Begriff „Verwaltungsmodernisierung“ zusammengefasst werden kann. Weiter erfahren wir in dem Bericht, dass das Finanzministerium an einem E-Government-Gesetz strickt und dass ein paar Projekte zum Glück auch schon laufen. Zu den Erfolgen gehören anscheinend nicht zuletzt das elektronische Mahnverfahren, das elektronische Grundbuch und die elektronische Registerführung in den Gerichten.

(Karl-Martin Hentschel)

So weit, so gut - oder auch nicht! Ich möchte etwas zu der Sprache dieses Berichts und zu dem Bericht insgesamt sagen. Es mag ja nachvollziehbar sein, dass in einer Art Einführung in dieses schwierige Thema dargelegt wird, worum es geht. Aber wenig Verständnis habe ich dafür, dass die Beantwortung der Fragen, die diesem Bericht zugrunde liegen, hauptsächlich nach der Devise erfolgt: „siehe Kapitel 5“ oder dass auf die Beantwortung anderer Fragen verwiesen wird. Am schlimmsten ist aber meiner Meinung nach die Sprache des Berichts, in dem es von nicht erklärten Fachbegriffen nur so wimmelt. Der Bericht ist für den Feld-, Wald- und Wiesen-Abgeordneten genauso verständlich wie Goethe für einen Erstklässler.

Man täte gut daran, wenn man in den Ministerin bei der Erarbeitung der Berichte auch einmal ein Auge darauf wirft, ob Berichte für andere als diejenigen, die sich tagtäglich damit beschäftigen, verständlich sind, zum Beispiel für uns, die wir uns in den Ausschüssen zu befassen haben.

Kurz und gut, die Europäische Union hat also einen Prozess in Gang gesetzt, der offensichtlich nicht mehr aufzuhalten ist. Immer mehr Verfahren und Prozesse laufen in der öffentlichen Verwaltung auch schon elektronisch.

Daraus ergeben sich eine ganze Reihe von Fragestellungen, die von meinen Vorrednern schon angesprochen worden sind. Ich möchte mich auf ein paar Punkte konzentrieren, die sozusagen mit dem Fegen vor der eigenen Haustür zu tun haben.

Erstens. Durch die enormen Serviceleistungen, die entgegen der Beteuerungen der Software-Entwickler nötig sind, bevor ein Programm wirklich nutzergerecht läuft, ist jede Anschaffung für ein bestimmtes System eine weitreichende Entscheidung. Ich möchte es auf den Punkt bringen: einmal Microsoft Windows, immer Microsoft. Der Anbietermarkt ist aber gerade, was E-Government-Software angeht, riesig. Es sind auch enorme Summen, die bewegt werden und über die entschieden wird. Schließlich ist zum Beispiel das Land ein großer und interessanter Kunde.

Hinzu kommt, dass eine zentralisierte Anschaffung auch Rabatteffekte bringen soll. Genau das ist allerdings bei Dataport in viel geringerem Maße als prophezeit herausgesprungen. Der Finanzausschuss hat sich vor diesem Hintergrund schon mehrfach mit der zentralen IT-Beschaffung des Landes befasst, nicht zuletzt auch durch Anregung des Landesrechnungshofs, der schon in seinen Bemerkungen 2006 einige kritische Punkte ansprach. Der eingeforderte Evaluationsbericht zum Beispiel wird nun endlich

Mitte 2007 erwartet. Erst dann werden wir in dieser Frage wirklich weiterkommen.

Zweitens. Genutzt wird die gekaufte Technik allerdings nicht ausschließlich vom Finanzministerium ich beziehe mich zunächst einmal nur auf das Land -

(Unruhe)

- Herr Präsident, ich kann auch -

Ich unterstelle, dass es gerade um eine Abstimmung über den weiteren Ablauf der Tagesordnung geht.

Okay. - Wie gesagt: Genutzt wird diese Technik nicht nur vom Finanzministerium, sondern von allen Ressorts. Das ist entscheidend. Angesiedelt ist das gesamte IT-Management im Finanzministerium. Darum ist es - wie vom Finanzausschuss immer wieder eingefordert - wichtig, dass aus den Stellenplänen der anderen Ministerien hervorgeht, welche Stellen durch die Zentralisierung in den einzelnen Ressorts eingespart werden.

Drittens. Der Bericht behauptet, dass insbesondere die kommunale Ebene von der E-GovernmentStrategie profitiert, wenn erst die Verwaltungsstrukturreform umgesetzt ist. In der Vergangenheit haben sich derartige Effekte aber häufig als pures Wunschdenken entpuppt. Das ist sicherlich auch bei Computern nicht völlig anders. „E-Government ist kein Instrument der Haushaltskonsolidierung“, ist im Bericht nachzulesen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Trotzdem setzt ein Kassenautomat, ein automatisches Buchungssystem oder ein Online-Antragsverfahren zweifellos personelle Ressourcen frei. Deren konkrete Verortung und Bennennung fehlen aber im Bericht. Das kann vielleicht auch nicht anders sein.

Letzte Bemerkung. Ich möchte deutlich machen: Oberstes Ziel muss auch bei der Einführung von EGovernment die Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung sein. Soll heißen: Wir sollten nicht vergessen, dass auch der leistungsfähigste Computer niemals ein fundiertes Gespräch ersetzen kann.

(Beifall beim SSW)

Jetzt hat noch Herr Abgeordneter Wengler zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung das Wort.

(Anke Spoorendonk)

Vielen Dank, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, aber einige Äußerungen kann ich hier nicht so stehen lassen. Herr Hentschel spricht davon, dass eine zentrale Steuerung angeregt wird. Ich habe diesen Bericht anders verstanden. Ich muss eine zentrale Koordination durchführen. Ich habe das so verstanden, wie es auch in der Wirtschaft üblich, nämlich dass hier entsprechende Teilprojekte gestaltet werden und lediglich die Schnittstellen zentral überwacht werden. Zum Thema Hamburger Randkreise möchte ich Ihnen sagen - ich stamme ja aus dem Kreis Segeberg -: Ich habe bisher nicht bemerkt, dass wir als Hamburger Randkreis von der Entwicklung profitiert haben. Seit fünf Jahren wird hier - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - gebastelt. Aber eine einheitliche Konzeption ist kaum zu erkennen.

(Zuruf von der CDU)

- Schön. - Zum Thema E-Government-Gesetz! In dem Bericht steht deutlich drin, dass es im Wesentlichen um Standardisierungen geht, um Festlegungen, damit man mit einer einheitlichen Sprache im technischen Bereich kommunizieren kann. Ich glaube, das ist kein Kritikpunkt; das halte ich für absolut positiv.

Frau Spoorendonk, es tut mir leid: Fachbegriffe in diesem Bereich lassen sich nicht immer vermeiden. Der Minister hat es Ihnen vorhin schon gesagt: Für die elektronische Verwaltung hat sich das Fachwort „E-Government“ eingeprägt. Im Zweifelsfalle schauen Sie bei Wikipedia oder bei Google nach.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Lieber Kollege, ich glaube, Sie wissen, was ich meine! Gucken Sie sich den Bericht noch einmal an!)

- Ja, ich habe ihn gelesen. Vielen Dank.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Rein sprachlich ist das eine Katastrophe!)

Weitere Wortmeldungen liegen nunmehr nicht vor. Es ist beantragt worden, den Bericht an den Innenund Rechtsausschuss, mitberatend an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich weise daraufhin, dass ein Tagesordnungspunkt dann erledigt ist, wenn das Präsidium erklärt, dass

er erledigt ist. Das gilt auch für die Kollegen, die draußen sind.