Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

(Beifall bei der FDP)

Nichtrauchende Besucher werden in Zukunft nicht mehr gezwungen, unfreiwillig zu Passivrauchern zu werden. Denn durch die deutlich sichtbare Kennzeichnung, ob es sich bei dem gastronomischen Betrieb um ein Raucherangebot, um ein Nichtraucherangebot oder um ein Nichtraucherangebot mit separatem, abgeschlossenen Raucherraum handelt, wird niemand im Unklarem gelassen, welches gefährliche Etablissement er da gerade aufsucht.

Das Gesetz definiert auch keine Sondertatbestände für bestimmte gastronomische Betriebe, worüber in anderen Bundesländern noch nachgedacht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Herr Kollege Arp - er ist leider nicht mehr hier-

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Hier, hier!)

- Herr Kollege Arp, ich stelle mir vor, der schleswig-holsteinische Gesetzentwurf sieht Ausnahmegenehmigungen vor, ob es sich um eine Eckkneipe, um eine Bar oder um ein Restaurant handelt. In diesem Fall stelle ich mir vor, wie Ministerin Trauernicht die gastronomischen Betriebe dieses Landes durchforstet und dann entscheidet: Handelt es sich um eine Eckkneipe? Ist es auch Raucherbetrieb? Ist es keine Eckkneipe? Ist es eine Diskothek? - Das ist

doch albern. Es ist doch nicht operationabel, so einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Darüber hinaus gilt diese Wahlmöglichkeit nur, wenn es sich um abgeschlossene Räumlichkeiten handelt. Damit können Gastronomieangebote in Einkaufspassagen auch nach unserem Gesetzentwurf nicht zu Rauchergaststätten erklärt werden. Nichtraucher laufen damit auch nicht Gefahr, durch Rauch belästigt zu werden.

Gastronomen, die sich für einen Raucherbetrieb entscheiden, gehen damit das unternehmerische Risiko ein, ob ihre Annahme, sie würden eher von Rauchern als von Nichtrauchern besucht werden, richtig ist.

Die Grünen kommen immer mit dem wunderbaren Argument, dass das den Gaststätten nutzt und sie viel mehr Gewinn machen werden, wenn sie Nichtraucherstätte sind.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Toll!)

Dann lasst doch die Gastronomen entscheiden! Die sind in der Regel cleverer als Sie, Kollege Hentschel. Die wissen selbst am besten, womit sie Gewinn machen und womit nicht. Das brauchen Sie nicht in einen Gesetzentwurf hineinzuschreiben. Lasst doch die Gastronomen selbst entscheiden, ob sie damit mehr Gewinn machen!

Immerhin wünschen sich 64 % der Deutschen rauchfreie Gaststätten. - Dass Sie an dieser Stelle eine etwas ruhigere Stimme einfordern, ist auch bemerkenswert.

Gerade Nichtraucherangebote werden zunehmend von Familien mit Kindern aufgesucht, die bisher Restaurants wegen der Rauchbelästigung gemieden haben. Also: Dann wird das Angebot auch geschaffen werden. Umso wichtiger ist deshalb die freie Wahl für Nichtraucher, Raucher und Gastronomen, für welches Angebot sie sich entscheiden, umso wichtiger ist, diese freie Wahl den Menschen zu überlassen.

Wer damit argumentiert, dass mit einem generellen Rauchverbot in Gastronomiebetrieben auch Mitarbeiter vor Rauch geschützt werden sollen, der muss sich darüber im Klaren sein, dass dieser Gesundheitsschutz bundeseinheitlich in der Arbeitsstättenverordnung geregelt ist und gerade nicht in Landeskompetenz fällt. Dann muss man diese Arbeitsstättenverordnung ändern.

Ich sage Ihnen eines, Frau Heinold: Dann freuen sich viele kleine Betriebe, die inhabergeführt werden, weil die Arbeitsstättenverordnung für sie in

(Dr. Heiner Garg)

dieser Form überhaupt nicht gilt. Dann kann also weiter fröhlich geraucht werden. Vielleicht wollen Sie auch die Gründung vieler Rauchervereine fördern, wie das mittlerweile in Hamburg schon der Fall ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir abschließend noch zwei Bemerkungen. Ich finde es erstens bemerkenswert, dass sich ausgerechnet die Kollegen, die eine rot-grüne Bundesregierung im Bundestag mitgetragen haben, heute vehement als Schützer der Nichtraucher aufspielen, die noch vor wenigen Jahren mit dafür entschieden haben, dass auf die dritte Erhöhung der Tabaksteuer - Sie wissen, das war notwendig, um die Schily-Pakete zu finanzieren - verzichtet wurde, weil man fürchtete, die Menschen rauchten weniger und damit sinke das Gesamtaufkommen aus der Tabaksteuer, das im Übrigen jedes Jahr über 14 Milliarden bis 15 Milliarden € beträgt.

Ich finde es zweitens scheinheilig, einen solch rigiden Schutz, eine solche Hetzjagd auf eine bestimmte Gruppe zu betrieben, wenn man diese 14 Milliarden bis 15 Milliarden € jedes Jahr fröhlich verbrät und gleichzeitig 32,5 Millionen € Subventionen für den Tabakanbau in Deutschland verplempert.

Wenn Sie darauf eine anständige Antwort haben, können wir uns weiter unterhalten. Jetzt möchte ich erst einmal, dass wir uns im zuständigen Ausschuss über unseren Gesetzentwurf unterhalten, und bedanke mich für die lebhafte Debatte.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg für seinen lebhaften Beitrag. Debattiert haben wir noch nicht. Das tun wir jetzt.

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Frauke Tengler.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Garg, ich kann Sie beruhigen: Die von Ihnen hier heraufbeschworene Drohkulisse der Verbotsspirale wird nicht kommen.

(Beifall der Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Schaun wir mal!)

Am 23. Januar 2002 brachte die CDU-Fraktion den Antrag ein, alle Schulen zu rauch- und alkoholfreien Zonen zu erklären, und zwar vor dem Hintergrund der erschreckenden Erkenntnisse aus der

Kleinen Anfrage Drucksache 15/1350. Das Durchschnittsalter beim Griff zur ersten Zigarette lag 2001 bei 11,3 Jahren. Es war in zwei Jahren um 1,4 Jahre gesunken.

Weil wir dann Gott sei Dank gemeinsam etwas getan haben, will ich Ihnen die aktuellen Zahlen der Landesstelle gegen die Suchtgefahren SchleswigHolstein nicht vorenthalten. 2005 lag das Einstiegsalter beim Rauchen bei 13,2 Jahren. Auch der Raucheranteil der 12- bis 15-Jährigen ist von 16 auf 12 % gesunken. Die Landesstelle gegen die Suchtgefahren sieht das - auf Nachfrage - im Trend als Auswirkung der rauchfreien Schulen. Ich denke, das ist ein Erfolg.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

- Vielen Dank, liebe Kollegen.

In der dem Antrag folgenden Debatte erklärte der geschätzte Kollege Dr. Garg - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin -:

„Frau Kollegin Tengler, deswegen ist es mir ein ganz besonderes Bedürfnis, hier klipp und klar zu sagen: In dieser Frage passt überhaupt kein Blatt Papier zwischen uns beide.“

Lieber Herr Kollege, wie konnte plötzlich das viele Papier in Fragen Nichtraucherschutz zwischen uns geraten?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir reden über Gaststätten und nicht über Schulen!)

- Momentito! Die Gefahren des Passivrauchens werden seit Jahren diskutiert und seit Jahren unterschätzt. Die Gefährdung ist im Gutachten des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg vom 9. Dezember 2005 zusammengefasst. - Herr Kollege Garg, es geht um das Passivrauchen.

Während etwa 110.000 bis 140.000 Todesfälle pro Jahr in Deutschland ursächlich auf Folgen des Tabakrauchens zurückgeführt werden, sind dem Gutachten nach - ich finde, das ist eine interessante Zahl - immerhin 3.300 vorzeitige Todesfälle pro Jahr dem Passivrauchen zuzuschreiben. Tabakrauch verursacht nach dem aktuellen Erkenntnisstand die höchste Schadstoffbelastung der Innenluft.

(Zuruf)

- Die sind nicht im Innenraum.

Dr. Garg, diesen Erkenntnissen kann man doch nicht nur mit Liberalismus begegnen, und zwar besonders nicht als gesundheitspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion.

(Dr. Heiner Garg)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Trotz dieser wissenschaftlich untermauerten Einschätzung werden in Deutschland passiv dem Tabakrauch und dessen Schadstoffen über 170.000 Neugeborene jährlich ausgesetzt, schon im Mutterleib, über 8 Millionen Kinder und Jungendliche unter 18 Jahre zu Hause, mehr als 35 Millionen erwachsene Nichtrauchende in der Wohnung und in der Freizeit - am stärksten in der außerhäuslichen Freizeit wie beim Aufenthalt in Cafes, Restaurants, öffentlichen Einrichtungen und bei Bekannten - und noch immer 8,5 Millionen Beschäftigte am Arbeitsplatz.

Einfluss nehmen kann der Staat nur in Einrichtungen des öffentlichen Lebens, wo er Gesetzgebungskompetenz hat.

Diesen Fakten haben inzwischen - darauf ist noch nicht hingewiesen worden, auch nicht von Ihnen, Herr Garg - über 90 Länder mit unterschiedlichen Nichtraucherschutzgesetzen Rechnung getragen. Dies wollte die Bundesebene regeln, allerdings scheiterte eine bundeseinheitliche Regelung im September 2006.

Da laut Grundgesetz Artikel 74 das Gaststättenrecht bei den Ländern liegt, hat die Landesregierung im März 2007 im Kabinett ein Landesnichtrauchergesetz beraten. Dieser Gesetzentwurf ist jetzt in der Anhörung der zu beteiligenden Verbände.

Listig greift die FDP-Fraktion den inzwischen von Niedersachsen verworfenen ersten Gesetzentwurf auf und bringt ihn nahezu unverändert in den Landtag ein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Haben Sie den mal gelesen?)

- Ja. Herr Kubicki, Sie haben uns irgendwann einmal gesagt: Wer lesen kann, ist im Vorteil. - Ich kann lesen.

(Zurufe)

Nicht, ohne ihn in Einzelpunkten noch weiter zu liberalisieren; zum Beispiel in Diskotheken ist generell kein Rauchverbot vorgesehen. So viel zum Jugendschutz!