Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

Zu der Frage, ob es ein Problem ist, die Elbe auszubaggern oder nicht: Na ja, wir haben die Auswertung der letzten Elbvertiefung noch nicht, aber wir wissen bereits, dass sie zu einer Verfünffachung des jährlich umgewälzten Baggergutes führen

(Lars Harms)

wird. Man schätzt, dass die Kosten exponentiell hoch steigen werden. Jeder Meter tiefer führt dazu, dass sich das Baggergut nicht nur verdoppelt, verdreifacht, sondern wahrscheinlich verzehnfacht.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir wissen überhaupt noch nicht, welche Kosten auf uns zukommen werden. Die Elbdeiche im Süden - das ist für Niedersachsen problematischer als für Schleswig-Holstein; im Süden läuft weitgehend die Fahrrinne - haben Probleme. Im Norden haben wir die Probleme nicht. Wir haben überwiegend Verlandungsprobleme bei uns in den Häfen. Das größte Problem, mit dem wir es zu tun haben, von dem die Simulationsrechnungen sprechen, ist: Es besteht die Gefahr, dass der Damm südlich von Dithmarschen durchbricht, und das bedeutet, dass sich die Hauptfahrrinne in der Elbe verlagern wird, mit katastrophalen Auswirkungen für den ganzen Schiffverkehr. Das alles muss simuliert, das muss gerechnet werden, das muss geprüft werden. Ich bin unbedingt dafür - auch aus ökonomischen Gründen, aus puren ökonomischen Gründen -, dass wir die Simulationsrechnung, die Auswertung der letzten Elbvertiefung abwarten und erst dann eine Entscheidung treffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Hentschel, die drei Minuten sind vorbei.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Es wäre ein absoluter Wahnsinn, jetzt Entscheidungen zu treffen, ohne überhaupt zu wissen, was wir tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir stimmen zunächst über die Überweisung des Antrages des SSW, Drucksache 16/1325, an den Wirtschaftsausschuss ab. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Dann stimmen wir über den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/1393, ab. Das ist ein Berichtsantrag für die 24. Tagung. Wer die

sem Antrag in der Sache zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Dann ist auch das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Nichtraucherschutzgesetz - NiRSG)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/1363

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Diskussion um Rauchverbote hat mittlerweile fast missionarische Züge angenommen. Da wird nach immer rigideren staatlichen Eingriffen zum Schutz im öffentlichen Raum gerufen und ein Feldzug gegen diejenigen geführt, die sich in den Augen der Mehrheit nicht politisch korrekt verhalten, schlicht, die rauchen.

Dabei wird in der Argumentation der Begriff des öffentlichen Raumes immer weiter ausgedehnt, bis weit hinein in private Lebensbereiche. Ich möchte daran erinnern, dass Vorschläge, etwa Eltern, Großeltern oder Kinderbetreuern unter Strafandrohung zu verbieten, in den eigenen vier Wänden oder im Auto zu rauchen, bereits im Raum stehen. Mit Tabak fängt es an, das Gleiche wird sich dann bei Alkohol wiederholen und immer weiter auf andere Lebensbereiche ausgedehnt - sei es in der Ernährung oder im Freizeitverhalten.

Unabhängig davon, wie man zu einzelnen Initiativen wie „Fit statt Fett“ oder ähnlichem Käse steht ich frage Sie allen Ernstes: Wo soll das eigentlich alles enden? Was soll eigentlich noch verboten werden: Schokoriegel, Gummibärchen, Videospiele, Schlagertexte - weil alles irgendwie gefährlich ist? Mehr und mehr wird der Ruf nach Verboten zum zwanghaften Reflex einiger Politiker, die glauben, dadurch Handlungsfähigkeit beweisen zu können. Und es kostet ja auch nichts, kostet ja nichts!

(Beifall bei der FDP)

Mit welcher Passion einige dieser Politiker den Menschen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben - selbst bis in den intimsten Bereich -, ich finde das erschreckend. Gleichzeitig sinkt die Tole

(Karl-Martin Hentschel)

ranz gegenüber Verhaltensweisen, die von einer wie auch immer und von wem auch immer gesetzten Norm abweichen.

Eine aufgeschlossene lebendige Gesellschaft muss damit leben können, dass Menschen wider besseren Wissens Dinge tun, selbst, wenn diese ihnen im Einzelfall nicht förderlich wären.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Lieber Kollege Kubicki, Nichtraucher wie Raucher haben deshalb auch das Recht, vor übereifrigen, sich als Missionare tarnenden Politikern geschützt zu werden.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Zwanghafte Reflexe - das sind beispielsweise die Reaktionen einiger Kollegen auf den von der FDP eingebrachten Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz. Da wird dann der Entwurf als Lobbyismus für Gastronomen abqualifiziert. Ein Kollege bezeichnete unseren Gesetzentwurf als „Hofknicks vor dem DEHOGA“.

(Beifall des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

- Lieber Kollege, das zeigt, dass Sie überhaupt nicht zugehört haben und überhaupt nichts verstanden haben. Das ist eigentlich schade.

Ich kann Sie beruhigen, lieber Kollege. Erstens. Als Freidemokrat bin ich gegen jede monarchistische Attitüde völlig immun.

Zweitens. Der Gesetzentwurf ist nichts anderes als Ausdruck konsequenter Politik. Wenn Sie sich nämlich die Mühe gemacht hätten zu recherchieren, was ich zum Thema Nichtraucherschutz in der Vergangenheit gesagt habe - insbesondere auch, als wir die Inszenierung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vor einem Jahr erleben durften, als sie mit ihren T-Shirts ankamen -,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

hätten Sie festgestellt, da habe ich nichts anderes gesagt als das, was ich heute, über ein Jahr später, mit dem Gesetzentwurf vorgelegt habe. Damals hat der DEHOGA noch kein Wort dazu gesagt.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen: Schreiben Sie Ihr vorgefertigtes Manuskript einfach um!

Unser Gesetzentwurf steht für nichts anderes als für einen konsequenten Nichtraucherschutz in allen öffentlichen Gebäuden. Ob Ihnen das gefällt oder nicht, das steht auf einem ganz anderen Blatt und ist mir an dieser Stelle auch völlig egal. Ich finde es befremdlich, lieber Kollege Eichstädt, dass Sie einerseits die öffentliche Debatte meiden, anderseits gegenüber den Gastronomen eine vorgefertigte Meinung an den Tag legen. Ich finde das merkwürdig und sage: Schluss mit diesem missionarischen Eifer und zurück zu einer gewissen Sachlichkeit in dieser Debatte! Genau deshalb haben wir unseren Gesetzentwurf vorgelegt.

(Beifall bei der FDP - Lachen bei der SPD)

- Auch das Gelächter zeigt, dass Sie nicht richtig gelesen haben, Herr Kollege Weber. Es wird eine objektive Abwägung zwischen individueller Freiheit und dem Schutz der Allgemeinheit vorgenommen.

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Ich bezweifele, dass der von der Landesregierung in der Voranhörung befindende Gesetzentwurf genau diese Abwägung ausreichend vornimmt.

Ziel unseres Gesetzentwurfes ist nichts anderes als der konsequente Schutz von Nichtrauchern im öffentlichen Raum.

Deswegen wird ein Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden des Landes und der Kommunen sichergestellt. Ob öffentliche Verwaltung, Gerichtsgebäude, Krankenhäuser, Heime, Schulen, Hochschulen oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe: Es gilt ein umfassendes und konsequentes Rauchverbot. Selbst Raucherzimmer sind in den Behörden oder anderen öffentlichen Einrichtungen nicht vorgesehen. Wer rauchen will, muss an die frische Luft.

Der Verstoß gegen dieses Rauchverbot zieht weitreichende und drastische Sanktionsmöglichkeiten nach sich. Nur vorsichtshalber, falls jemand mit dem Niedersachsen-Entwurf kommt: Das ist im Niedersachsen-Entwurf beispielsweise überhaupt nicht vorgesehen gewesen. Deswegen war er auch rechtlich problematisch.

(Beifall bei der FDP)

Der Entwurf sieht Sanktionsmöglichkeiten denjenigen gegenüber vor, der im verbotenen Bereich raucht, und gegenüber demjenigen, der dies duldet.

Im Gegensatz zum ersten niedersächsischen Entwurf wurden die Ordnungswidrigkeitstatbestände in dem schleswig-holsteinischen Entwurf eingearbeitet. Gleiches gilt im Übrigen für die vorge

(Dr. Heiner Garg)

nommene Anpassung des schleswig-holsteinischen Schulgesetzes.

Grundsätzlich gilt bei der Umsetzung dieses Gesetzes ein Rauchverbot auch in Gaststätten und Diskotheken. Allerdings nimmt der Gesetzentwurf eine sehr differenzierte Abwägung darüber vor, was unstrittig als öffentlicher Raum definiert werden kann - wie Krankenhäuser, Finanzämter oder Ordnungsämter - und was als privates Angebot an die Öffentlichkeit verstanden werden muss.

Eine Gaststätte oder eine Diskothek ist nach dieser Definition kein öffentlicher Raum. Sie sind auch keine Institutionen, die gezwungenermaßen aufgesucht werden müssen. Es steht allen Bürgerinnen und Bürgern frei, dieses private Angebot wahrzunehmen oder es bleiben zu lassen. Aus diesem Grund handelt es sich bei Gaststätten und Diskotheken um ein privates Angebot an die Öffentlichkeit, das der Betreiber jederzeit durch sein Hausrecht beschränken kann. Deshalb räumt das Gesetz den Betreibern von Gaststätten und Diskotheken ein Wahlrecht ein, welches Angebot sie Rauchern oder Nichtrauchern machen wollen - genauso, wie sich Nichtraucher oder Raucher entscheiden können, ob sie sich in einem Restaurant dem Rauch aussetzen wollen oder nicht. Das ist konsequent, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)