Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

Die derzeit diskutierte weitere Vertiefung von Außenweser und Unterelbe würde somit nur kurzfristig Engpässe beseitigen. Diesen kurzfristigen Vorteil müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler allerdings mit mindestens 350 Millionen € allein für die Unterelbe bezahlen - von den expotenziell steigenden Kosten für die infolgedessen notwendigen Unterhaltungsbaggerungen ganz abgesehen.

Wir stehen den Plänen für eine weitere Vertiefung der Elbe kritisch gegenüber. Das Mindeste ist, dass eine Auswertung der Auswirkungen der Elbvertiefung vorgenommen wird,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

noch bevor mit der nächsten Elbvertiefung begonnen wird.

Wie man lesen konnte, lehnt Niedersachsen die Vertiefung ab. Wir Grünen wollen eine Bündelung strategischer Vorteile durch eine sinnvolle Arbeits

teilung, die sich vor allem an den natürlichen Standortvorteilen ausrichtet. Dies gilt insbesondere für Tiefwasserhäfen, die eine Verteilerrolle - eine sogenannte Hub-Funktion - innerhalb der Quellund Zielregion für die großen internationalen Containerströme übernehmen.

An der Nordseeküste wird bis nach 2010 nur eine sehr begrenzte Zahl an Tiefwasserhäfen wirtschaftlich arbeiten können. Einer davon wird Rotterdam sein. Damit der zweite europäische Hub für die nächste Generation der Containerschiffe an der deutschen Küste liegt, müssen wir die Kräfte auf den Standort mit den besten geografischen Faktoren konzentrieren. Deshalb haben sich die Länder Bremen, Hamburg und Niedersachsen bereits im Jahre 2001 für Bremerhaven entschieden. Das ist unsere Überzeugung. Bremerhaven ist mit einem tideunabhängigen Tiefgang von 16 m am besten als Tiefwasserhafen in Deutschland geeignet.

Um solche Konzepte zu erschließen, muss man etwas tun. Daher finde ich den Antrag, den der SSW hier gestellt hat, sehr sinnvoll. Ich habe auch nichts gegen einen Berichtsantrag. Ich habe allerdings etwas dagegen, dass sinnvolle Anträge, die von der „falschen“ Seite des Hauses kommen, durch einen weiteren Berichtsantrag ersetzt werden. Auch das gehört zum Kapitel wenig guten Parlamentarismus.

(Zuruf von der CDU: Das müssen Sie gerade sagen!)

Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag des SSW.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Wirtschaftsminister Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mit einer erfreulichen Nachricht beginnen: Der Bundesverkehrsminister hat gestern mitgeteilt, dass im Investitionsrahmenplan bis zum Jahre 2010 sowohl Ausgaben für die Elbvertiefung als auch für den Nord-Ostsee-Kanal enthalten sind. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass beide Seewasserstraßen in absehbarer Zeit so ausgerichtet werden, dass sie den künftigen Containergenerationen genügen.

(Beifall bei der CDU)

Das halte ich für wichtig. Denn der Hamburger Hafen wird nicht nur über die Elbe, sondern über die Elbe und den Nord-Ostsee-Kanal bedient. Dass die Schiffe im Hamburger Hafen größer werden und die nächste Containergeneration ansteht, bedeutet, dass auch der Nord-Ostsee-Kanal ausgebaut werden muss.

Ich halte es für bemerkenswert: Wir stellen seit Jahren fest, dass auf der einen Seite das Ladevolumen wächst, dass aber auf der anderen Seite die Anzahl der Schiffe abnimmt. Das liegt ganz einfach daran, dass die Schiffe immer größer werden.

Zur Elbvertiefung! Ich möchte die Position der Landesregierung deutlich machen. 150.000 Menschen arbeiten am und mit dem Hamburger Hafen zusammen; davon stammen viele Tausende aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Die Landesregierung Schleswig-Holstein, die Landesregierung Hamburg und die Landesregierung Niedersachsen - insofern ist Ihre Aussage falsch, Herr Matthiessen, die Niedersachsen seien gegen die Elbvertiefung - sind in drei Ministerrunden zusammengekommen - Umweltminister und Wirtschaftsminister, Umweltsenator und Wirtschaftssenator -, um über die optimale Gestaltung der Elbvertiefung zu sprechen. Dabei geht es natürlich um die Themen Deichsicherheit, Umweltbelange und um eine mögliche Verschlickung von kleinen schleswigholsteinischen Häfen. Dies wird in weiteren Runden abgearbeitet.

Dass im Moment gewisse Irritationen aus Niedersachsen kommen, ist wohl dem Datum im Januar geschuldet. Dann gibt es Wahlen. Selbstverständlich sieht der eine oder andere vor diesem Hintergrund die eigene Position stärker, als es im Interesse der Gesamtheit nötig ist. Allerdings können Sie davon ausgehen, dass alle drei Landesregierungen in dieser Frage einer Meinung sind.

Es gibt im Übrigen ein norddeutsches Konzept für den Hafenausbau. Das bedeutet, dass die anderen Länder - also auch Niedersachsen - zugestimmt haben. Wilhelmshaven bekommt mit dem Jade-Weser-Port einen riesigen Hafen. Das hängt alles miteinander zusammen. Insofern gibt es eine weitgehend abgestimmte Politik und diese ist nötig, wenn wir das, was uns die Wirtschaft mit der Entwicklung auf dem Seeverkehr bietet, nutzen wollen.

Nun möchte ich etwas zu den beiden Anträgen sagen. - Zunächst zum Koalitionsantrag. Natürlich bemühen wir uns, kurzfristig Auskunft zu geben, sodass hier solide und seriös gearbeitet werden kann.

(Detlef Matthiessen)

Zum Antrag des SSW. Ich glaube, dass er aus mehreren Gründen nicht realistisch ist. Zum einen habe ich angesprochen, dass es einen knallharten Wettbewerb der Häfen untereinander gibt. Natürlich konkurriert der Hamburger Hafen mit Bremerhaven. Natürlich wird eine scharfe Konkurrenz zu Wilhelmshaven entstehen. Wir werden das auch nicht durch noch so viele Kooperation abstimmen können. Die Ladung sucht sich ihre Häfen. Wo Nachfrage besteht, müssen Häfen ausgebaut werden. Deswegen halte ich es für unrealistisch, hier eine politisch Vorgabe zu machen. Wir können nicht festlegen, ob der Container nach Wilhelmshaven, Hamburg oder sogar nach Husum transportiert wird.

Zum anderen muss man bedenken, dass es Häfen gibt, die dem jeweiligen Land gehören. Dann gibt es Häfen, die voll in privater Hand sind, beispielsweise Brunsbüttel. Es gibt Häfen mit privater Beteiligung. Wir müssen aufpassen, dass solche Abstimmungen nicht zu einem Kartell werden können. Dann könnten die ARA-Häfen sagen: Das lassen wir uns nicht bieten.

Wachstum sichert den Bedarf. Es ist ganz klar, dass wir auch in Zukunft durch das absehbar steigende Wachstum für alle diese Häfen, die in der deutschen Bucht liegen, ein ausreichendes Potenzial haben werden. Es wäre schön, wenn wir in allen Wirtschaftsbereichen diese optimistischen Aussagen machen könnten.

Da Brunsbüttel mehrfach angesprochen wurde, möchte ich auf die Relation eingehen. In meiner früheren Tätigkeit als Abgeordneter habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass es eine gewisse Arbeitsteilung zwischen Brunsbüttel - Stichwort: Massengüterumschlag - und Hamburg gibt. Die Aspekte Wohnen am Wasser in Hamburg und wachsende Stadt vertragen sich nicht mit einem Massengüterumschlag. Deswegen haben wir erste Schritte in Brunsbüttel unternommen und diese sollen fortgesetzt werden.

Wir werden weiterhin bilaterale Gespräche mit Hamburg führen. Wir werden gemeinsam mit den norddeutschen Bundesländern eine europäische Position im Bereich der Schifffahrtspolitik vereinbaren, wie wir es schon beim Port Package 2 gemacht haben. Damit haben wir verhindert, dass falsche Entscheidungen getroffen werden. Wir werden uns ferner weiterhin darum bemühen, dass sich die norddeutschen Seehäfen gemeinsam vermarkten.

Einen direkten Eingriff in das, was in den Häfen passiert, über das hinaus, was der Staat über eine

Hinterlandanbindung und Ähnliches macht, können wir nicht vornehmen. Wir können lediglich optimale Rahmenbedingungen schaffen. Ich bin zuversichtlich, dass die Mehrheit des Landtages dabei ist, diese optimalen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir dürfen jedoch nicht zu sehr in die Wirtschaft eingreifen. Das bekommt der Wirtschaft nicht gut und ist im Übrigen überflüssige Arbeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Minister. - Bevor ich drei Kurzbeiträge aufrufe, möchte ich Ihnen meine Wahrnehmung zur Antragslage darstellen.

Ich denke, in Teilen ist gesagt worden, über den SSW-Antrag soll diskutiert werden, nachdem der Bericht vorliegt. Das heißt in der Übersetzung, dass man dem Sachantrag von SPD und CDU zustimmen soll. Der SSW-Antrag soll an den Ausschuss überwiesen werden. - Das kommt hier oben bei mir an. Sie können natürlich etwas anderes wollen. Schließlich sind Sie Herr des Verfahrens.

Eine alternative Abstimmung geht allerdings nur mit Zustimmung aller Fraktionen.

Nun hat Herr Abgeordneter Lars Harms zu einem Dreiminutenbeitrag das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Beruhigung aller: Die Präsidentin hat genau das gesagt, was ich gerade eben mit den Kollegen Arp und Astrup abgesprochen habe. Unser Antrag soll im Ausschuss behandelt werden und dem Berichtsantrag werden wir zustimmen. Dann werden wir im Ausschuss anhand des Berichts und unseres Antrages eine entsprechende Entscheidung treffen können.

Ich möchte etwas zum Hintergrund unseres Antrages sagen. Ich habe schon zu Beginn meiner Rede deutlich drauf hingewiesen, dass wir diesen bereits am 29. März gestellt haben, also bevor dieser Ärger zwischen Hamburg und Niedersachsen entstand. Unser Antrag hat grundsätzlich nichts mit der Elbvertiefung zu tun. Das habe ich bewusst gesagt.

Wir können jedoch über die Elbvertiefung reden. Herr Kollege Garg hat darauf verwiesen, dass es verschiedene Verfahren gibt. Wenn Umweltschutz, Küstenschutz und Deichsicherheit eingehalten werden und es wirtschaftlich notwendig ist, eine Elbvertiefung vorzunehmen, dann wird sie kommen. Ob wir hier etwas anderes beschließen oder nicht, ist eh egal. Denn es ist ein vernünftiges Verfahren,

(Minister Dietrich Austermann)

das da läuft, in das wir als Politiker ohnehin nicht eingreifen können. Insofern sehe ich es leidenschaftslos.

Es geht hier darum, unsere Häfen fit für die Globalisierung zu machen. Diese konkurrieren nicht untereinander um irgendwelche kleinen Container, die irgendwo in Deutschland hin- und hergeschippert werden. Es geht hier darum, dass wir auf einem Weltmarkt tätig sind und unsere großen Konkurrenten heißen zum Beispiel Rotterdam und London.

Es geht nicht um den Kutterhafen in Friedrichskoog. Ich kann ja verstehen, dass Sie sich in Ihrem Wahlkreis Dithmarschen-Süd möglicherweise angegriffen fühlen, weil gute Ideen von anderen Parteien kommen und Sie als direkt gewählter Abgeordneter nicht auf diese Ideen gekommen sind, Herr Buder. Ich bitte Sie aber doch, uns auch inhaltlich zu unterstützen.

Viele Leute, gerade auch aus Ihrer Gegend, sind in Brunsbüttel, sind im Hamburger Hafen tätig und werden aufgrund der kurzen Distanz über die Elbquerung später auch im Weser-Jade-Port tätig sein. Für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es wichtig, dass wir heute schon Entscheidungen treffen, die diese Häfen dann für die Zukunft fit machen. Wenn die sich weiterhin kleinkrämerisch untereinander bekämpfen, haben wir ein massives Problem auf dem Weltmarkt. Das ist unser Ansinnen.

Deshalb geht es darum, die Arbeitsplätze zu sichern und auszubauen, eine vernünftige Organisation zu schaffen, die das ermöglicht, und gemeinsam dafür zu kämpfen, dass die Hinterlandanbindungen dieser Häfen - nicht nur eines Hafens, sondern dieser Häfen, die dort sind - ausgebaut werden, damit sie fit für die Zukunft sind. Denn dann haben auch Schleswig-Holsteiner dort Arbeitsplätze. Das ist das, was uns bewegt hat, nicht unbedingt die Elbvertiefung, sondern vor allen Dingen Arbeitsplätze und wirtschaftliche Entwicklung sind hier in diesem Zusammenhang wichtig.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Harms. - Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Minister Austermann hat etwas sehr Wahres gesagt. Er hat nämlich gesagt, wir sollten nicht unnötig in die Wirtschaft eingreifen. Genau darum geht es hier.

Wenn sich die Häfen allein entwickeln und selber investieren würden, wäre das überhaupt kein Problem. Dann würde ich sagen: Dann machen die das und dann läuft das. Hier geht es aber darum, dass der Staat eingreift, nämlich mit mehreren Hundert Millionen € an Investitionen. Das heißt, der Steuerzahler soll mehrere Hundert Millionen € Investitionen in die Infrastruktur der Häfen stecken. Dann ist es doch wohl angemessen, dass man sagt, dann fordert man auch eine Abstimmung der Häfen und eine gemeinsame Planung, damit diese Investitionen auch sinnvoll eingesetzt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Was ist das für ein Unsinn zu sagen: Wir müssen drei Häfen mit gleicher Aufgabe parallel subventionieren - das alles aus Steuerzahlergeldern - und dürfen nicht einmal verlangen, dass sie sich untereinander abstimmen! Das ist doch absurd.

Übrigens, wenn man sich einmal international umsieht, stellt man fest: Andere machen das anders. In Nordamerika läuft es darauf hinaus, dass es zwei Intercontinantal Hubs, also Tiefseehäfen mit über 14 m Wassertiefe, gibt. In Ostasien wird es drei oder vier davon geben. Zurzeit gibt es einen in Japan, einen in Hongkong und wahrscheinlich bauen die Chinesen für Shanghai jetzt noch einen dritten. Das ist die Situation. Alle anderen Häfen, 90 % des Verkehrs, sind keine internationalen Verkehre, die auf über 14 m Wassertiefe laufen, sondern sind die sogenannten Mittelstreckenverkehre, die mit wesentlich kleineren Containerschiffen laufen. Das ist die Zukunft und das ist die Entwicklung. Das heißt, es muss eine vernünftige Marktanalyse gemacht werden, bevor man zu einer Entscheidung kommt. Das sollte doch selbstverständlich sein, wenn der Steuerzahler 300 Millionen € ausgeben will.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Zu der Frage, ob es ein Problem ist, die Elbe auszubaggern oder nicht: Na ja, wir haben die Auswertung der letzten Elbvertiefung noch nicht, aber wir wissen bereits, dass sie zu einer Verfünffachung des jährlich umgewälzten Baggergutes führen