Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

Für mich ist vielmehr die Frage entscheidend, wie Politik und Staat für die norddeutschen und vor allem für die schleswig-holsteinischen Häfen die Weichen auf Wachstum stellen können. Die Rahmenbedingungen für ein Wachstum im Seefrachtverkehr sind günstig, wie die vor einigen Tagen von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee vorgelegten Ergebnisse der Seeverkehrsprognose für das Jahr 2025 zeigen. Diese Prognose kommt zu dem Ergebnis, dass sich sowohl die deutschen Seehäfen als auch die Rheinmündungshäfen weiterhin sehr dynamisch entwickeln werden. Der Umschlag wird sich in den betrachteten Häfen von 793 Millionen t im Jahr 2004 auf ungefähr 1,6 Millionen t im Jahr 2025 mehr als verdoppeln. Besonders stark wird dabei der Umschlag in den deutschen Seehäfen wachsen; von circa 294 Millionen t im Jahr 2004 auf 759 Millionen t im Jahr 2025. Der Umschlag von Standardcontainern wird sich in den deutschen Seehäfen im selben Zeitraum von 10,8 Millionen t auf 45,3 Millionen t mehr als vervierfachen.

Um die Seehäfen für diesen Zuwachs fit zu machen, müssen die Seehafeninfrastruktur sowie die seewärtigen und landseitigen Anbindungen gezielt und koordiniert ausgebaut werden. So haben die Küstenländer und die Hafenwirtschaft auf der 5. Nationalen Maritimen Konferenz erklärt, mittelfristig zur Stärkung der Seehafenstandorte insgesamt 12,6 Milliarden € in die Verkehrsinfrastrukturen zu investieren. Das ist eine gute Botschaft, bei der allerdings im Einzelfall auch sorgsam ökologische Kriterien und Kriterien der Deichsicherheit be

rücksichtigt werden müssen. Ich denke hier vor allem an die Fahrrinnenanpassung der Elbe.

Wichtiger als die vom SSW als reinen Selbstzweck vorgeschlagene Kooperation ist für mich, in einem ersten Schritt die schleswig-holsteinische Position und unsere gemeinsamen Interessen auszuloten und dann zunächst bilateral gegenüber Hamburg oder Niedersachsen zu vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Das ist schwierig genug. Zu diesem Zweck - konzentriert auf die wichtigen Häfen an unserer Nordseeküste - liegt Ihnen unser Berichtsantrag vor, zu dem ich Ihre Zustimmung erbitte. Ob dann noch sinnvoll Raum besteht, mit allen norddeutschen Bundesländern in eine Kooperation einzutreten, das ist für mich fraglich. Für mich kann es allenfalls um eine gemeinsame Darstellung gehen. Wie es gelingen kann, in den Weltmarkt einzutreten, das werden wir dann entsprechend diskutieren, nachdem die Landesregierung uns berichtet hat.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Endlich!)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Buder. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Endlich!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich freue mich, dass mein Fraktionsvorsitzender sich so darüber freut, endlich etwas Vernünftiges zu hören. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der SSW schlägt vor, dass die deutschen Nordseehäfen enger zusammenarbeiten sollen. Grundsätzlich, lieber Kollege Lars Harms, sind wir jedenfalls der Auffassung, dass das richtig ist. Der Konflikt zwischen Hamburg und Niedersachsen allerdings zeigt, dass sich dieser Grundsatz, den Sie hier auch vertreten haben, so leicht vermutlich nicht verwirklichen lassen wird, wie wir es uns möglicherweise wünschen. Das ist allerdings - da würde ich an dieser Stelle etwas anders argumentieren als der Kollege Arp - zunächst einmal kein Grund, lieber Kollege, nicht miteinander zu reden. Ganz im Gegenteil! Der SSW schlägt an dieser Stelle durchaus etwas Sinnvolles vor.

(Beifall bei FDP und SSW)

Der SSW möchte - so haben wir das jedenfalls verstanden -, dass die Strategien der wichtigen deut

(Detlef Buder)

schen Nordseehäfen auf- und miteinander abgestimmt werden. Ich nehme an, lieber Kollege Harms, dass Sie auch den Hafen Husum meinen und ihn in diesen Kreis einbeziehen. Denn das Beispiel Husum zeigt, wie schwierig es werden wird, eine länderübergreifende und zweckdienliche Hafenstrategie zu finden. Es gelingt dieser Landesregierung ja schon nicht, die Strategien der schleswig-holsteinischen Nordseehäfen so aufeinander und miteinander abzustimmen, dass die berechtigten Interessen der Menschen in allen beteiligten Hafenstädten angemessen berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich will nur daran erinnern: Bei der Landesregierung sah das Abstimmen der Hafenstrategie so aus, dass der jetzige Wirtschaftsminister und frühere Bürgermeister von Brunsbüttel den Hafen Husum zugunsten des Hafens Brunsbüttel schlichtweg abserviert hat.

(Widerspruch bei der CDU)

- Liebe Kollegen, schön, dass Sie endlich ein bisschen munter werden.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die derzeitigen Interessen Schleswig-Holsteins in diesem Konflikt scheinen klar zu sein. Die Wirtschaftskraft Schleswig-Holsteins wird ganz entscheidend vom Erfolg der Metropolregion Hamburg bestimmt und die Wirtschaftskraft der Metropolregion Hamburg wird ganz entscheidend vom Erfolg des Hamburger Hafens bestimmt. Da sind wir uns dann wieder einig, Kollege Harms.

Es ist selbstverständlich, dass bei der Elbvertiefung erstens die Belange des Umweltschutzes angemessen berücksichtigt werden müssen und dass zweitens die Deichsicherheit unangetastet bleiben muss.

(Zuruf von der CDU)

Ich wiederhole - auch für Sie, lieber Kollege Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses -: Beides ist für die FDP selbstverständlich.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Dass aber diese Selbstverständlichkeiten als Argumente gegen die Elbvertiefung vorgebracht werden, wie das von einigen Teilen in diesem Haus getan wurde, deutet schlicht auf fehlende Sachargumente hin. Wir meinen, wenn diese beiden Voraussetzun

gen eingehalten werden, dann können und dann sollten wir die Elbe zügig vertiefen. Denn in der Debatte über die jeweiligen Vor- und Nachteile der Hafenstandorte Wilhelmshaven und Hamburg spielen bis jetzt nur räumliche Dimensionen eine Rolle.

Im Nachgang zum Einsteinjahr 2006 sollten wir aber auch die Zeit als Dimension berücksichtigen.

(Zurufe)

Der Hamburger Hafen wird von der Elbvertiefung profitieren, lange bevor der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven voll einsatzbereit sein wird.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Eben durch diese zeitliche Verschiebung ergibt sich unseres Erachtens ein möglicher Ansatz für eine gemeinsame Strategie der deutschen Nordseehäfen.

Deutschland sollte so lange auf den Hafen Hamburg und den dortigen Containerumschlag setzen, wie nicht ein mindestens gleichwertiger Ersatz bereit steht. Dafür brauchen wir unter den oben genannten Bedingungen eine tiefere Elbe. Sonst wandern die Container gleich nach Rotterdam ab.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Lars Harms [SSW])

Langfristig, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden die ständig größer werdenden Containerfrachter den Hamburger Hafen nicht anlaufen können. Aber langfristig steht Wilhelmshaven bereit. Hamburg und vor allem Schleswig-Holstein haben dann genügend Zeit, um sich auf diesen Strukturbruch in Ruhe und sachgerecht vorbereiten zu können. Bis jetzt aber kann der Hamburger Hafen mit Rotterdam mithalten. Das zeigt eine Meldung des Statistischen Bundesamtes von gestern. Hamburg war 2006 der Hafen mit dem weltweit höchsten Containerumschlag, dicht auf den Fersen von Rotterdam. Dieser Abstand ist sogar geschrumpft. Ein leistungsfähiger Containerhafen ist für den Warenexportweltmeister eine Bedingung ohne gleichwertige Alternativen. Dies dauerhaft zu gewährleisten, ist auch - so habe ich das zumindest verstanden - das Ansinnen des SSW.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Lars Harms [SSW])

Der von CDU und SPD geforderte Bericht mag hier für eine zweckdienliche Datensammlung sein. Ich denke, wir werden im Wirtschaftsausschuss über beides sachgerecht beraten können.

(Beifall bei FDP und SSW)

(Dr. Heiner Garg)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Der SPD-Sprecher Buder hat in Richtung SSW etwas von Friedrichskoog und „Kutterhafen“ gesagt. Ich halte den Antrag des SSW für wichtig, für richtig und für ernst gemeint. Man kann hierfür andere Worte finden, als dies zu veräppeln.

(Beifall bei der SPD)

In einer großen Partei hier solche Worte zu finden, entspricht nicht dem Stil dieses Hauses und sollte nicht dem Stil dieses Hauses entsprechen. Das sage ich Ihnen allen Ernstes, Herr Buder. Ich kenne das Dithmarscher Volk und weiß, wie diese häufig auftreten.

(Zurufe von der SPD)

Die deutschen Seehäfen sind für den Wirtschaftsstandort unverzichtbar. Sie sind Drehscheiben des internationalen und insbesondere auch des nationalen Güterverkehrs. Insofern spielen die Häfen eine bedeutende Rolle als Umschlagplatz für den kombinierten Verkehr und haben damit eine wichtige umweltpolitische Bedeutung bei der Verlagerung des Verkehrs vom Landweg auf den weniger umweltbelastenden Wasserweg.

Neben starken Zuwachsraten im internationalen Containerverkehr werden auch für die innereuropäischen Verkehre hohe Zuwächse vorausgesagt. Schon heute liegt der Anteil der Kurzstreckenseeverkehre für die europäischen Binnenverkehre bei rund 40 %. Diese Kurzstreckenseeverkehre haben ein erhebliches Potenzial für die Verkehrsverlagerung „From Road to Sea“. Güter, die mit den großen Containerschiffen in den zentralen europäischen Häfen ankommen, werden anstatt auf Lkw auf kleinere Schiffe umgeladen, um die Waren auf weitere europäische Häfen zu verteilen. Da mag Friedrichskoog vielleicht hinten herunterfallen, aber da haben schleswig-holsteinische Häfen bei solchen Konzepten natürlich Chancen.

Meine Damen und Herren, die Förderung der Schiene für die Hinterlandanbindung ist für die nachhaltige Güterverkehrspolitik unerlässlich. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen zu erhalten und weiter auszubauen, ist eine verstärkte Koordinierung staatlicher

Initiativen und auch staatlicher Subventionen dringend geboten. Darauf hat schon die gemeinsame Plattform des Bundes und der Küstenländer vom Februar 1999 hingewiesen. Zur Förderung der Kooperation zwischen den Seehäfen müssen wir deshalb gemeinsam ein nationales Seehafenkonzept entwickeln. Denn nur durch Kooperation können die jeweils spezifischen und strategischen Stärken der Häfen nutzbar gemacht werden und kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Nordseeküste verbessert werden.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel können wir es uns nicht länger leisten, alle Ausbauvorhaben im Umfeld der deutschen Seehäfen komplett zu finanzieren. Schon für die Realisierung der für den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans eingestellten Wasserverkehrsprojekte fehlen bis 2015 mehr als 4 Milliarden €. Insbesondere zusätzliche Ausbauvorhaben müssen deshalb sehr sorgfältig geprüft werden.

Die Prognose für die Entwicklung der Containerschifffahrt lässt zwar immer größere Schiffe erwarten, sodass die genannten Mega-Carrier von 12.000 TEU durchaus realistisch erscheinen. Ob diese tatsächlich wirtschaftlich im Zentrum der Entwicklung stehen, ist jedoch fraglich. Denn zum einen verhindern ökologische Grenzen, dass diese riesigen Containerschiffe Hamburg und Bremerhaven anlaufen können, zum anderen wird der weit überwiegende Teil der Weltcontainerflotte zukünftig auch ohne weitere Fahrrinnenvertiefung Hamburg und Bremerhaven erreichen können.

Die derzeit diskutierte weitere Vertiefung von Außenweser und Unterelbe würde somit nur kurzfristig Engpässe beseitigen. Diesen kurzfristigen Vorteil müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler allerdings mit mindestens 350 Millionen € allein für die Unterelbe bezahlen - von den expotenziell steigenden Kosten für die infolgedessen notwendigen Unterhaltungsbaggerungen ganz abgesehen.