Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

und Schleswig-Holstein damit einen Bärendienst im Wettlauf um die Wertschätzungspotenziale erwiesen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

- Herr Kollege Feddersen, hat er den Hafen so ausgebaut wie versprochen oder hat er es nicht getan? Er hat es nicht getan, also hat er hier ganz klar eine Chance zur Positionierung im Offshore-Bereich verschlafen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe von der CDU)

- Endlich wachen Sie auf, das ist ja auch einmal schön.

Beispiel Tourismus: In einem nicht mehr nachvollziehbaren Verfahren hat der Wirtschaftsminister die Entwicklung eines paralympischen Zentrums in Ellenberg bei Kappeln verzögert. Dass er sich heute hinstellt und sagt, er befördere das Projekt - es spricht nicht unbedingt gegen ihn, dass er sich ein Projekt der FDP zu eigen gemacht hat -,

(Beifall bei der FDP - Lachen bei der CDU)

reicht nicht, Sie hätten das schon viel früher tun können, Herr Minister.

Beispiel Wirtschaftsförderung: Die Landesregierung setzt weiterhin sehr auf die einzelbetriebliche Förderung mit öffentlichen Geldern und pressewirksamer Schecküberreichung, also auf Subventionen im engeren Sinne. Hierbei wird Geld ausgegeben, nachdem die Landesverwaltung entschieden hat, dass ihr die subventionierten Projekte betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Selbstverständlich nimmt jedes Unternehmen dieses Geld gern, solange der damit verbundene Aufwand niedriger ist als die Subvention. Das ist rational. Damit ist aber noch lange nicht belegt, dass die Subventionen gesellschaftspolitisch sinnvoll sind, denn so werden Investitionen durch Steuern finanziert, die die Un

(Dr. Heiner Garg)

ternehmen sonst größtenteils selbst finanziert hätten.

Wenn sie denn aus Sicht der Unternehmen betriebswirtschaftlich tatsächlich sinnvoll sind, dann investieren die Unternehmen selber, Herr Wirtschaftsminister. Sind sie es nicht, dann sollten auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht zur Finanzierung gezwungen werden.

(Beifall bei der FDP)

Manchmal könnte man bei Herrn Minister Austermann den Eindruck haben, er ist der große Bruder von Klaus Schlie: Einem Flop seiner Politik folgt der nächste.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Das alles zeigt erstens, dass die Landesregierung noch keine optimalen Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Wohlstand in Schleswig-Holstein setzt. Viel zu oft verzettelt sich der Wirtschaftsminister unproduktiv und hemmt dadurch die Entwicklung in Schleswig-Holstein.

Herr Minister Austermann, Ihre Grundmaxime lautet nicht: „Wie positioniert Austermann das Land optimal?“, sondern sie lautet viel zu oft: „Wie positioniert sich Austermann optimal?“ Das ist aber nicht Ihr Kernjob.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ihr Kernjob ist, dafür zu sorgen, dass die Leute eine Chance haben und dass sie diese Chance nutzen können.

Zweitens beweist all dies erneut: Die beste politische Förderung der Wirtschaft sind sinnvolle, flexible Rahmenbedingungen, innerhalb derer Menschen und Unternehmen ihre eigenen Ziele verfolgen können.

Drittens belegt auch dieser Wirtschaftsbericht, wie weit die Große Koalition - trotz aller Sonntagsreden der beiden Vorredner hier - von diesem Ideal entfernt ist.

Fazit: Die Landesregierung sollte die knappen Mittel des Landes nicht länger auf einzelbetriebliche Mitnahmeeffekte verteilen, sondern auf gesellschaftliche Infrastruktur konzentrieren, auf Verkehrswege, Kommunikationswege und Bildungseinrichtungen. Nur so kann sie die Rahmenbedingungen schaffen, die dauerhaft größeres Wachstum unserer Wirtschaft begünstigen und dadurch höheren Wohlstand für die Menschen in Schleswig-Holstein ermöglichen. Jungen, gut ausgebildeten Menschen, diesen Menschen hier in Schleswig-Holstein

eine Perspektive zu bieten, das ist unser Job. Ich freue mich, wenn Menschen gern hier ihre Ferien oder ihren wohl verdienten Ruhestand verbringen, aber am meisten würde ich mich freuen, wenn viele junge Menschen, die hier eine Ausbildung genossen haben, in Schleswig-Holstein auch wieder eine Perspektive am Arbeitsmarkt bekämen. Daran müssen wir arbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Den Satz, auf den sich Wolfgang Kubicki freut, sage ich jetzt nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Konjunktur in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein hat Fahrt aufgenommen. Über die Ursachen kann man trefflich streiten. Die einen sagen, die Arbeitsmarktreformen von Rot-Grün greifen jetzt,

(Lachen bei der CDU)

die anderen sagen, die CDU-Bundeskanzlerin und der CDU-Ministerpräsident schaffen neues Vertrauen in die Wirtschaft.

Tatsache ist, dass von der zeitlichen Dynamik und vom Charakter der Reformen her die in der Regierung Schröder/Fischer durchgesetzten Änderungen einen großen Beitrag zum Aufschwung geleistet haben.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die schwarz-rote Koalition hat keine vergleichbaren Reformen auf den Weg gebracht. Die Gesundheitsreform ist es jedenfalls nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die meisten Fachleute sind überzeugt, die Wirtschaft wächst völlig unabhängig von der Politik der Großen Koalitionen in Berlin und Kiel. Die Konjunktur ist glücklicherweise so robust, dass auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht schaden kann oder nur mäßigen Schaden anrichtet.

(Dr. Heiner Garg)

Wie auch immer, die Arbeitslosenzahlen sind rückläufig. Das ist eine sehr gute Nachricht für viele Menschen auch hier im Land Schleswig-Holstein, die schon nicht mehr geglaubt haben, in den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können.

Deutschland ist seit vielen Jahren Exportweltmeister und baut diese Position weiter aus. Auch Schleswig-Holstein kann seine Exportquote steigern und erreicht fast den Bundesdurchschnitt. Hier haben sicher die erneuerbaren Energien und die maritime Verbundwirtschaft einen bedeutenden Anteil.

Der Ölpreis und die Energiekosten werden tendenziell weiter steigen. Bei dieser Landesregierung sehe ich aber überhaupt nicht, dass sie energisch eine Politik „Weg vom Öl“ macht. Gerade SchleswigHolstein ist jedoch prädestiniert für eine zukunftsfähige Energiepolitik durch regenerative Energien wie Sonne, Wind, Biomasse und Geothermie. Biomasse wird auch als Treibstoff im Verkehr eingesetzt. Darin liegen große Chancen.

Heimische Erzeugung von Antriebsstoffen durch Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen forcieren die Wertschaffung vor Ort, statt Devisen für Ölimporte zu opfern. 13 % des Dieselverbrauchs sind inzwischen durch eine auf kleine und mittlere Unternehmen - die auch in unserem Land angesiedelt sind - betriebene innovative Wirtschaft substituiert. Diese junge Pflanze regenerativer Energiewirtschaft im Bereich der mobilen Energie was ein schwieriger Sektor ist - wird zurzeit durch die Steuerpolitik der schwarz-roten Bundesregierung brutal zerstört. Dieser Wirtschaftszweig wird förmlich erwürgt.

In seiner Landtagsrede zum Thema Kohlekraftwerke sagte Minister Austermann, im Jahre 2020 erzeugten wir in Schleswig-Holstein mehr Strom aus erneuerbaren Energien, als wir tatsächlich verbrauchen. Es ist zwar gut, dass ein Kohlefreund wie Austermann dies öffentlich sagt. Er macht allerdings damit gleichzeitig auch eine aus meiner Sicht falsche Aussage. Er geht weiter von steigenden Stromverbräuchen aus. Wenn heute in SchleswigHolstein tatsächlich 14 Terrawattstunden verbraucht werden, so sollten es im Jahre 2020 nach seiner Aussage 16 sein. Dies bedeutet einen Zuwachs. Nein, wir können, wir müssen und wir werden im Jahre 2020 weniger Strom verbrauchen als heute. Anders sind die Klimaschutzziele gar nicht zu erreichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst Frau Merkel will ja auf dem G-8-Gipfel erreichen, dass die großen Industrieländer ihren CO2Ausstoß bis 2050 um 50 %verringern.

Meine Damen und Herren, nach Berechnungen des Bundesumweltamtes muss Deutschland jährlich 4 Milliarden € aufwenden, um eine Klimakatastrophe abzuwenden. „Stern“ prognostiziert im „The Economist“ 1 % Aufwand des Weltbruttosozialprodukts für den ökologischen Umbau, für eine produktive Klimapolitik, und prognostiziert den Schaden, wenn dies nicht geschieht, auf 20 % bis mehr Prozent des Weltbruttosozialprodukts.

Das sind Zahlen, die für sich sprechen. Umweltminister Gabriel hat recht, wenn er von einer möglichen dritten industriellen Revolution spricht, die durch die ökologische Energiewende ausgelöst werden könnte. Er hat dieses Wort nicht erfunden, aber er hat es bekannt gemacht. Dafür bin ich ihm dankbar. Leider tun er und die Bundesregierung viel zu wenig, dieser Erkenntnis auch Taten folgen zu lassen. Leider beobachten wir auch auf Bundesebene eine Politik großer Kohlekraftwerke, als könne die politische und wirtschaftliche Elite Deutschlands nur in der Dimension der Großkraftwerkstruktur und fossil-atomar denken.

Die Ökobranche entwickelt sich nach Angaben der Unternehmensberatung Roland Berger zur Leitbranche in Deutschland. Die deutsche Umweltindustrie wird im Jahre 2020 mehr Mitarbeiter im Land ernähren als der Maschinenbau und die Autoindustrie. Das ist eine tolle Botschaft. Den Umbau der Industriegesellschaft hin zu erneuerbaren Energien, hin zur Ökotechnik unterstützen wir von grüner Seite sehr und wollen ihn politisch einfordern und auch transportieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür ist gerade Schleswig-Holstein prädestiniert. Wir können hier ein großes Stück vom nachhaltigen Ökokuchen abschneiden. Diese Chance muss unsere Wirtschaft energisch nutzen.

Grüne Wirtschaftspolitik setzt auf den Dreiklang von Innovation, Ökologie und Marktwirtschaft. Zukunftstechnologien müssen ressourcensparend und energiesparend und von geringer Umweltbelastung sein. Denn nur so werden in einer künftigen Weltwirtschaft Wohlstand und Wachstum für alle möglich sein. Dazu brauchen wir Innovation, Marktwirtschaft und unsere starke klein- und mittelständische Unternehmensstruktur.

Denn es sind immer wieder die kleinen Betriebe, die neue Innovationen in den Markt bringen, die aber nur eine Chance in einer offenen Marktwirtschaft haben. Von den 72.500 Betrieben in Schleswig-Holstein haben 99,5 % weniger als 250 Beschäftigte. Dies ist eine Aufforderung, die kleine und mittelständische Unternehmensstruktur hier im

(Detlef Matthiessen)