Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

Zweitens. Seit Jahren diskutieren wir über den Metro-Express und alle wissen, dass es die interessanteste und wirtschaftlichste Investition im Schienenverkehr in Schleswig-Holstein ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Seit Jahren blockieren die Verkehrsminister dieses Projekt, weil sie das Geld für den Fehmarnbelt brauchen.

Drittens. Seit Jahren diskutieren wir über Pinneberg. Lieber Kollege Schröder, Sie kommen aus Pinneberg. In Pinneberg reden wir seit Jahren über die Verbindung Pinneberg-Elmshorn. Der ehemalige Verkehrsminister Rohwer hat es im Landtag offen ausgesprochen: Er wird diese Strecke nicht ausbauen, weil er das Geld für den Fehmarnbelt braucht. Das wissen wir doch alle!

Es geht um 840 Millionen €, die aus den normalen Projekten Schleswig-Holsteins in die FehmarnbeltRoute umgeleitet werden, die zurzeit die am wenigsten befahrene Bahnstrecke in Schleswig-Holstein ist. Der größte Unsinn aller Zeiten!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es werde kein zusätzliches Geld von SchleswigHolstein aufgebracht, nur Bundesmittel aus dem Bundesverkehrswegeplan. - Erstens: Wenn unsere Straßen oder Schienenstrecken nicht mehr gebaut werden, sondern stattdessen alles in die Fehmarnbelt-Querung gesteckt wird, ist das unser Geld.

Zweitens: Es kommt auch noch Geld aus dem Landeshaushalt dazu. Die Summe von 60 Millionen € steht bereits in der Rede von Ministerpräsident Carstensen. Lesen Sie die Rede nach! Ich habe sie gestern Abend bekommen. Darin steht: Es werden zu

(Karl-Martin Hentschel)

sätzliche Mittel aus dem Landeshaushalt in Höhe von 60 Millionen € für die Autobahnanbindung bereits jetzt zugesagt.

Dazu kommt, dass die Sund-Brücke zusätzlich bezahlt werden muss. Es wäre ja schön, wenn sie nur 75 Millionen € kostet. Bloß, die Rechnung kenne ich nicht. Die Zahlen und Informationen, die ich kenne, gehen von 150 Millionen bis 200 Millionen € aus. Da können wir uns beide irren, Herr Minister. Nur sollte man bei Projekten nicht immer den Zukunftsträumen glauben: Wenn man das Projekt gerade durchsetzen will, ist es ganz billig, und wenn es Wirklichkeit wird, wird es plötzlich alles viel teurer. Da wäre ich sehr vorsichtig.

Tatsache ist: Schon jetzt ist klar, dass SchleswigHolstein nach den eigenen Aussagen 60 Millionen € plus 75 Millionen €, also 135 Millionen €, aus dem eigenen Landeshaushalt dazubezahlen muss. Der Einzige, der in Deutschland überhaupt etwas zahlt, ist Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammengefasst: Sie haben kein neues Argument gebracht, warum es durch die Fehmarnbelt-Querung einen wirtschaftlichen Aufschwung in Schleswig-Holstein geben sollte. Es gibt kein einziges Argument. Sie haben nur Argumente dafür gebracht, dass alles viel Geld kostet.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn wir in die Zukunft Schleswig-Holsteins blicken, dürfen wir doch die Finanzlage des Landes nicht außer Acht lassen. Über den Haushalt haben wir uns unterhalten. Dass Herrn Kubicki der Haushalt einen Dreck interessiert und er immer 500 Millionen € mehr ausgeben will, wissen wir. Aber die CDU ist doch immer eine Partei gewesen, die sich um den Haushalt gekümmert hat. Wenn Sie sagen, Sie wollten sparen, müssen Sie auch verantwortlich vorgehen. Wie ausgerechnet die CDU und der Finanzminister Wiegard, der heute leider nicht hier ist,

(Widerspruch bei der CDU)

einem Projekt zustimmen können, das das Land mindestens 1 Milliarde € kostet, wo wir doch ganz andere Probleme zu lösen haben, bleibt mir unverständlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Redezeit für den SSW beträgt 12 Minuten. Das Wort hat Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag des Wirtschaftsministers war doch so, dass ich noch vier Bemerkungen loswerden möchte.

Erstens. Die Förderung des nördlichen Landesteils hat nichts mit der Verteilung von milden Gaben zu tun. Die Förderung des nördlichen Landesteils hat damit zu tun, dass es natürlich eine politische Verpflichtung ist, für alle Regionen unseres Landes gleiche Entwicklungschancen zu gewährleisten. Das ist der politische Auftrag. Dass dieser politische Auftrag in der Vergangenheit nicht so umgesetzt worden ist, hat der SSW immer wieder deutlich kritisiert.

Zweitens. Wenn die von der Landesregierung initiierten Projekte eine nachhaltige Wirkung erzielen sollen, brauchen wir eine Infrastruktur, die das ermöglicht. Wir brauchen eine Infrastruktur, die weiteres Wachstum generieren lässt.

Die Diskussion um die Fehmarnbelt-Querung ist eine Diskussion über Infrastruktur und Prioritierung von Infrastrukturmaßnahmen. Der SSW sagt: Wir wollen keine Fehmarnbelt-Querung, wir wollen eine andere Verkehrsinfrastruktur für das ganze Land! Das ist unser Ziel.

(Beifall beim SSW)

Wir wollen die Nord-Süd-Achse stärken, wir wollen nicht die Ost-West-Achse, die dazu führen wird, dass das Land in zwei Teile geteilt wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen eine andere Infrastrukturpolitik. Wir wollen, dass die Finanzierung dieser Infrastrukturmaßnahmen, die für das ganze Land wichtig sind, sichergestellt ist.

Drittens. Laut einer Umfrage einer dänische Zeitung ist die überwältigende Mehrheit der Dänen gegen das Finanzierungskonzept, das jetzt im Vorvertrag festgelegt worden ist. Man findet das Konzept zu einseitig. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das in einem kommenden Parlamentswahlkampf vertieft werden kann, zumal Parlamentsmitglieder, die in Jylland oder auf Fünen gewählt worden sind, andere Vorstellungen von Verkehrsinfrastruktur haben.

(Karl-Martin Hentschel)

Es ist ja kein Zufall, dass man gerade jetzt intensiv über die Frage diskutiert, ob man eine Brücke über das Kattegat braucht. Es ist ja kein Zufall, dass man im Vorweg der Entscheidung über die Fehmarnbelt-Querung auch die Frage diskutiert hat, ob man nicht eine Brücke von Gedser nach Rostock bauen sollte, weil das Fehmarnbelt-Projekt letztlich ein Projekt des Kalten Krieges ist, wo man wegen der Teilung Deutschland nichts anderes konnte. Eine Brücke von Gedser nach Rostock würde maßgeblich dazu beitragen, dass der Weg nach Berlin kürzer würde, dass man die Hochgeschwindigkeitszüge, die man gern haben will, einsetzen kann.

Es gibt andere Vorstellungen, es gibt andere Pläne. Ich bin sicher, dass diese Pläne in den noch zu führenden Parlamentsdiskussionen an Gewicht gewinnen werden.

Viertens. Fehmarn und Ostholstein - da kann ich dem Kollegen Klinckhamer natürlich nur beipflichten - brauchen echte Infrastrukturhilfe und Fördermaßnahmen. Da ist es mit Tourismus allein nicht getan. Man kann sich auch da einmal angucken, wie die Diskussion nördlich der Grenze läuft. Es ist ja kein Zufall, dass man in der Region um Rødby der Meinung ist, dass man zu den Gewinnern gehören wird, weil die dänische Regierung in Aussicht gestellt hat, hier massive Wirtschaftsförderung zu betreiben.

Was ist bis jetzt zur Situation in Ostholstein oder auf Fehmarn gesagt worden? - Man müsste sich auf den Tourismus konzentrieren, dann würde schon alles laufen.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns auch weiterhin mit diesem Thema beschäftigen müssen. Ich gehe fast jede Wette ein, dass das, was ich eingangs zur Rolle der EU gesagt habe, letztlich entscheidend sein wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die verbliebene Redezeit erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Klinckhamer, geben Sie nicht auf: Noch ist Fehmarn nicht verloren!

Ich glaube, wir sind noch nicht an dem Punkt angekommen, an dem die Fehmarnbelt-Querung endgültig beschlossen ist. Hinsichtlich der bisherigen Verlautbarungen durch die Bundesregierung kann man

wirklich nicht sagen, dass Frau Merkel die große Vorkämpferin dieses Brückenprojektes war, sondern dass sie eher Bedenken vortrug.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann auch sehen, dass der sozialdemokratische Verkehrsminister Tiefensee ein sehr großer Bedenkenträger war, und dies gilt auch für seine Staatssekretäre.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steinbrück!)

- Steinbrück natürlich auch.

Das heißt, sie haben große Bedenken gehabt und sie haben nun einige Hindernisse in diesen Beschluss über die Fehmarnbelt-Querung eingebaut, die diese Querung immer noch unmöglich machen können.

Das erste Hindernis ist, dass die einseitige Finanzierung vereinbart wurde. Man weiß natürlich auch in Berlin, wie das Volk in Dänemark denkt und wie auch dänische Folketingpolitiker denken. Man weiß auch, dass nicht nur bei den Sozialdemokraten in Dänemark Skepsis aufgekommen ist, und dies gilt insbesondere für diejenigen Folketingpolitiker, die auf Fünen oder in Jütland beheimatet sind. Das ist klar und gilt übrigens auch für andere Parteien. Denn auch die stützende Partei in der Regierung ist voll und ganz gegen dieses Projekt. Das heißt, dieses Hindernis hat sich die Bundesregierung in der Hoffnung herausverhandelt, dass Volkes Meinung und natürlich auch die Meinung im Folketing dagegen spricht und dass die Abstimmung im Folketing vollendete Tatsachen schafft.

Wenn aber dieses erste Hindernis nicht greift, wenn also tatsächlich die öffentliche Meinung in Dänemark so gedreht werden kann, dass man diesem Projekt zustimmt, dann gibt es immer noch eine zweite Deichlinie. Was passiert nämlich, wenn die Brücke teurer wird? - Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass diese Brücke teurer wird. Dänemark hat bisher eine Zusage über 4,8 Milliarden € gegeben. Jeder Euro mehr ist noch nicht mit einer Zusage versehen. Und nun hört man nicht nur von Verkehrswissenschaftlern, sondern auch von Ingenieuren, dass man mit diesen 4,8 Milliarden € nicht auskommen wird. Insofern wackelt dieses Projekt auch an dieser Stelle. Das ist die zweite Möglichkeit, die sich die Bundesregierung offengehalten hat. In beiden Fällen kann man dann in Berlin sagen: Schuld haben die anderen, nämlich die Dänen.

Ein drittes Hindernis, das einbezogen wurde, ist der EU-Zuschuss. Denn wenn der EU-Zuschuss nicht kommt, dann bricht dieses Projekt zusammen. Das Projekt wird immer als Ganzes gesehen und damit

(Anke Spoorendonk)

wird auch der EU-Zuschuss eingerechnet. Man sprach anfangs von 30 %. Manche sprechen jetzt von nur noch 20 %, weil sie gelesen haben, was in den Unterlagen zu den TEN-Projekten steht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Man muss die zwölf Minuten nicht ausschöpfen, nur um irgendet- was zu erzählen!)