Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

Dies alles hat uns dazu veranlasst, trotz unserer erheblichen ordnungspolitischen Bedenken unsere Ablehnung des Tariftreuegesetzes zunächst für die nächsten dreieinhalb Jahre aufzugeben. Wir werden uns deshalb gleich bei der Abstimmung enthalten.

(Beifall bei der FDP sowie vereinzelt bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile jetzt dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidenten! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Einbeziehung der Busfahrerinnen und Busfahrer in den Geltungsbereich des Tariftreuegesetzes des Landes ist ein wichtiger Schritt zum Schutz tarifvertraglich bezahlter Arbeitsplätze im ÖPNV, im öffentlichen Personennahverkehr.

Neben der Direktvergabe an die eigenen Verkehrsunternehmen können Städte und Kreise ihren Busverkehr auch europaweit ausschreiben und an das kostengünstigste Unternehmen vergeben. Wenn dann Firmen mit Dumpinglöhnen zum Zuge kommen, sind die tariflich bezahlten Arbeitsplätze der kommunalen und privaten Betriebe gefährdet. Um einen qualitativ guten ÖPNV abzusichern, werden motivierte und gut ausgebildete Busfahrerinnen und Busfahrer gebraucht. Diese sind aber nicht für Dumpinglöhne zu bekommen. Die Mitarbeiter im ÖPNV müssen von ihrem Einkommen auch leben und ihre Familie ernähren können.

Tariftreue im Busverkehr und in anderen Branchen nimmt einem ganzen Berufsstand die Angst vor dem sozialen Abstieg. Es ist bemerkenswert, dass sich die CDU-Fraktion hier deutlich bewegt hat.

(Beifall beim SSW)

Das sage ich auch vor dem Hintergrund des damaligen Vorschlags im Schlie-Bericht, das Tariftreuegesetz komplett abzuschaffen.

Im Jahr 2003 haben die Fraktionen SPD, SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Gesetz zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen beschlossen, das Tariftreuegesetz des Landes. Allerdings gilt das Gesetz nur für bestimmte Branchen im Baubereich, im Schienenpersonennahverkehr

(Dr. Heiner Garg)

und in der Abfallentsorgungswirtschaft. Öffentliche Aufträge in diesen Branchen dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die das in Tarifverträgen vereinbarte Arbeitsentgelt am Ort der Leistungserbringung zahlen. Auslöser für das Gesetzgebungsverfahren waren Dumpinglöhne, die vor allem im Baubereich zu einer Verdrängung von tariflich bezahlten Arbeitnehmern durch Niedriglohnbeschäftigte führten.

Bei der Verabschiedung des Tariftreuegesetzes im Februar 2003 ist auf ausdrücklichen Wunsch von SPD-Kommunalpolitikern der Bereich des öffentlichen Busverkehrs ausgespart worden. Hier sollte die Möglichkeit offengehalten werden, den Schülerverkehr in den Flächenbereichen mit nichttarifgebundenen Kräften durchführen zu lassen. Das hat sich jetzt in der Nachschau aus meiner Sicht als fataler Fehler herausgestellt. Aus Fehlern kann der Mensch lernen, das tun wir heute. Auch beim BusÖPNV muss der Grundsatz des Tariftreuegesetzes gelten. Gezahlt wird der vor Ort gültige Tarif.

Am 17. Februar 2006 gab es eine Demonstration von Busfahrern aus Kiel und Lübeck gegen Lohndumping in der ÖPNV-Branche. Anlass war das Gebot der Autokraft bei ÖPNV-Ausschreibungen im Kreis Stormarn. Um ihre Chance im Vergabeverfahren zu wahren, hatte die Autokraft mit einem Subunternehmen, der Firma Ostseebus aus Mecklenburg-Vorpommern, geboten. Der dortige Bruttolohn betrug 8,31 € pro Stunde. Damit wird der Tariflohn der privaten Unternehmen des Omnibusverbandes Nord von 10,11 € deutlich unterboten. Ver.di bezeichnete dieses Angebot - aus meiner Sicht zu Recht - damals als tarifpolitischen Dammbruch. Welche Frau oder welcher Mann kann von solchen Löhnen leben und eine Familie ernähren? Hier muss mit einem Tariftreuegesetz Einhalt geboten werden.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Der SSW hat dazu einen Antrag in den Landtag eingebracht, der das Tariftreuegesetz auf den BusÖPNV ausdehnen sollte und der am 22. März 2006 zum ersten Mal beraten wurde. Die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt diese Gesetzesänderung.

Die Große Koalition hat sich auf eine eigene Gesetzesformulierung geeinigt, der die grüne Landtagsfraktion zustimmen wird, Herr Callsen.

Hinweisen möchte ich auf eine Vereinbarung der Großen Koalition in diesem Fall: Als Gegenleistung wird die Frauenförderung als Bedingung für die Vergabe öffentlicher Aufträge quasi abge

schafft. Das Erfordernis der Aufstellung eines betrieblichen Frauenförderplans soll nun ab einem Auftragsvolumen von 100.000 statt bisher 10.000 € und einer Zahl von 51 statt bisher 21 Beschäftigten gelten. Diese Gegenleistung hat die SPD-Fraktion offenbar akzeptiert. Das ist zu Recht von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen kritisiert worden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Männer und Frauen am Steuer der ÖPNV-Busse sollen qualifiziert und motiviert sein. Sie unterliegen vielen Stresssituationen. Ich denke zum Beispiel an den Schülerverkehr - gerade nach Schulschluss sind die Jugendlichen hochgradig aufgedreht - oder auch an die zunehmende Zahl der älteren Benutzer, die mit ihrem Schiebewagen in den Bus einsteigen. Hinzu kommen Informationsfragen von Kunden. Es ist ein schöner Beruf, aber eben auch mit viel Verantwortung und Stress. Wenn wir im Bus-ÖPNV auf Dauer motiviertes und qualifiziertes Personal bekommen wollen, dann muss auch die Bezahlung stimmen.

Ich finde, dass sich die CDU in der Frage Tariftreue positiv bewegt hat. Ich war sehr skeptisch, als sich der Kollege Arp bei der Podiumsdiskussion bei der Autokraft für eine Tariftreueregelung aussprach. Nun hat er Wort gehalten.

Wir hatten in dieser Frage bislang eher eine Tendenz in Richtung SPD-Meinung, die des Koalitionspartners, also größere Übereinstimmung mit den Sozialdemokraten. Lassen Sie mich daher erläutern, wie wir zur Befristung des Gesetzes stehen. Ich habe es im Ausschuss schon gesagt: Ich finde es gut, wenn eine Regelung in diesem Bereich auf Zielerfüllung und Angemessenheit wieder überprüft wird. Befristungen helfen da weiter. Sie sind sozusagen der Wecker, der den Gesetzgeber wachklingelt und Bescheid sagt: Schau doch wieder einmal dein Gesetz an. Vielleicht will die CDU das einmal nutzen - vielleicht war das ein Hintergedanke -, um sich heimlich von einer solcher Regelung wieder verabschieden zu können. Vielleicht hat sie bis dahin aber auch gelernt, dass solche Regelungen auch Vorteile haben.

Also: Keine Angst vor Regelungen mit Verfallsdatum! Das bedeutet nicht das Ende, sondern das heißt, neu über die Regelung nachzudenken.

Ich bin davon überzeugt, dass mit dem heutigen Gesetz der Wettbewerb, den wir alle bejahen, an Fairness zunehmen wird. Er wird eben primär nicht mehr auf dem Rücken von Beschäftigten ausgetragen, sondern es wird um innerbetriebliche Organisation gehen, zum Beispiel darum, ob die Autokraft

(Detlef Matthiessen)

das ein Drittel günstigere Pflanzenöl im Betrieb einsetzt und dergleichen mehr. Da wünsche ich mir Wettbewerb, aber nicht auf Kosten der Beschäftigten.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat zum Tariftreuegesetz einen weiteren Gesetzentwurf eingebracht. Wir wollten die Ausweitung des Gesetzes auf die Seedienstleistung von Forschungsschiffen im öffentlichen Dienst. Anlass für diesen Vorstoß war 2002 die Neuausschreibung der Bereederungsverträge der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe im Paket - damals von Hamburg aus, wo die Leitstelle ist. Dies geschah auf Anregung des Bundesministerium für Bildung und Forschung. Der Auftrag wurde dann an eine bislang nicht beauftragte Reederei vergeben, die Personal beschäftigte, bei dem das Problem der nichttarifgerechten Entlohnung eine Rolle spielte.

Wir haben dieses Problem auch im Petitionsausschuss diskutiert. Ich will deutlich sagen: Wir von den Grünen hätten uns sehr gewünscht, wenn sich das Haus in der Mehrheit auch in dieser Frage bewegt hätte. Sie ist vielleicht nicht so groß wie die Frage des ÖPNV, wie die große Gruppe der Busfahrer, aber sie ist auch nicht so geringfügig, dass wir diese Regelung jetzt nicht hätten mit übernehmen können. Das ist bedauerlich. In der Summe aber - ich glaube, das ist aus meinen Ausführungen deutlich geworden - stimmen wir dieser Regelung zu.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur Effizienz dieser Regelungen sagen. Wenn der Staat etwas in diesem Bereich regelt, ist es aus meiner Sicht eigentlich besser, ein Mindestlohngesetz zu verabschieden. Denn Tarife sind keine Staatshandlungen. Wir versuchen das Problem also mittelbar unter Inanspruchnahme von Verhandlungen zu lösen, die wir selber nicht beeinflussen können. Wir haben Situationen erlebt, in denen sich die Gewerkschaften aufgrund des Arbeitsmarktes in der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeberlager quasi im freien Fall mit der Folge wiedergefunden haben, dass sich die Löhne sozusagen im rasenden Blindflug nach unten bewegten. Diese Situation haben wir im Moment nicht; das ist ja auch erfreulich. Aber ich meine, man sollte sich, wenn das noch einmal auftaucht, deutlich für eine Mindesttarifierung qua Gesetz aussprechen. Das wäre sicherlich effizienter. Aber das ist natürlich auch ein Konfliktthema zwischen SPD und CDU.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für den SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass die Beratung unseres Gesetzentwurfes doch noch zu einem für die Beschäftigten und für die Unternehmen guten Ende geführt hat. Wir sind zwar nicht hoch zufrieden; das wären wir natürlich erst, wenn alle unsere Änderungsvorschläge angenommen worden wären. Aber wir sind zumindest so zufrieden, wie es die Rahmenbedingungen einer Großen Koalition zulassen. Wiederum auf Initiative des SSW ist es gelungen, für mehr Wettbewerb, fairen Wettbewerb und vernünftige Rahmenbedingungen für die Beschäftigten zu sorgen. Das ist nach wie vor dringend notwendig.

Bevor ich auf die neuen Änderungen des Tariftreuegesetzes eingehe, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, was wir über den vorliegenden Kompromiss hinaus beantragt hatten. Da ist zu allererst die Aufnahme der Dienstleistungen in den Geltungsbereich des Tariftreuegesetzes zu nennen. Immer mehr Dienstleistungen unterliegen den gleichen Bedingungen wie die Bauwirtschaft oder der ÖPNV. Deshalb ist es notwendig, dass dieser Bereich mit in das Tariftreuegesetz aufgenommen wird. In der Anhörung zum Gesetz hat die Gewerkschaft ver.di noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig dieser Bereich ist und dass wir inzwischen auch hier von Dumping-Konkurrenz für unsere Unternehmen sprechen können. Auch die Dienstleistungen sind keine Insel der Glückseligen mehr, sondern unterliegen genauso den grenzüberschreitenden Auswirkungen wie andere Wirtschaftszweige auch. Deshalb können auch hier bei uns auswärtige Dienstleister zu Dumpinglöhnen anbieten, die unsere Unternehmen nicht mitmachen können, weil sie an Tarife gebunden sind. Unsere Unternehmen wollen auch tarifgebunden bleiben, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt. Wer also die Dienstleistungen aus dem Tariftreuegesetz heraushält, der schwächt auch die Tarifautonomie dieser Betriebe hier bei uns in Schleswig-Holstein.

Das Thema Dienstleistungen hat aber noch eine weitere Facette. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, lieber Kollege Kayenburg, lässt seit knapp anderthalb Jahren zu, Bauleistungen als Teil von Dienstleistungen zu definieren, sofern sie den geringeren Anteil eines Gesamtauftrages ausmachen. Wird also unter Regie eines Unternehmens sowohl gebaut als auch das gebaute Objekt verwal

(Detlef Matthiessen)

tet und verpachtet und darüber hinaus betreut, dann muss man eine langfristige Rechnung aufstellen. Betrachtet man die Einnahmen und Ausgaben eines solchen Projektes langfristig über mehrere Jahrzehnte, machen die Bauleistungen den geringeren Teil der Gesamtmaßnahme aus. Und schwupp, schon braucht man bei den Bauleistungen die Tariftreue nicht mehr anzuwenden, weil dann ja alles zu Dienstleistungen geworden ist.

Dieses Problem wird auch von vielen anderen gesehen. Wir wollten die Gesetzeslücke rechtzeitig schließen. Leider konnten wir die Kollegen noch nicht davon überzeugen. Wahrscheinlich muss ein Unternehmer diesen Trick erst bei einem Großprojekt anwenden, damit wir handeln. Wir hätten gern von vornherein Schlimmeres verhindert.

Wir hatten außerdem vorgeschlagen, dass wir den repräsentativen Tarifvertrag als maßgeblich festschreiben, also den Tarifvertrag, der für die meisten Beschäftigten vor Ort angewendet wird. Hintergrund ist, dass wir wollen, dass die Tarifautonomie der Tarifpartner hier vor Ort gestärkt wird. Wir wollen nicht, dass man sich nach und nach aus den Tarifverträgen verabschiedet. Die Aufnahme eines repräsentativen Tarifvertrages hätte dazu geführt, dass wir eine Tendenz zu Flächentarifverträgen unterstützt hätten, die sicherlich auch zu einer wettbewerblichen Vergleichbarkeit innerhalb der jeweiligen Branche in Schleswig-Holstein geführt hätte. Wir wissen alle, dass es zum Beispiel auch in der Bauwirtschaft durchaus verschiedene Tarifverträge auf engstem Raum in unserem Land gibt und dass die bisherige Formulierung, dass der am Ort der Leistungserbringung geltende Tarif zu zahlen ist, bisher im Prinzip alle Tarife umfasst hat, auch die niedrigen. Mit der Einführung des repräsentativen Tarifvertrages könnte langfristig eine Abwärtsspirale aufgehalten werden, die so sicherlich von uns allen nicht gewollt ist. Das hätten wir lieber gehabt als zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Unserer Meinung nach kommt die ideale Lösung aber nicht, sondern die Große Koalition hat sich auf einen Kompromiss geeinigt. Es sollen jetzt nicht mehr die allgemein vor Ort gültigen Lohn- und Gehaltstarife gelten, sondern es soll nur noch ein Tarif gelten, der vor Ort für ein bestimmtes Gewerbe angewendet wird. Damit hat man zwar positiverweise die Bindung an das jeweilige Gewerbe noch verstärkt, obwohl es in der Praxis nie umstritten war, aber man hat leider auch festgelegt, dass jeder Tarif gelten kann, wenn nur nachgewiesen werden kann, dass das vor Ort gezahlt wird. Das ist, freundlich formuliert, nur die zweitbeste Lösung. Das ist bes

ser als nichts, aber wesentlich schlechter als das, was wir vorgeschlagen haben, ein Kompromiss eben.

Wir werden sehr genau beobachten müssen, wie sich diese neue Regelung in der Praxis auswirkt. Wenn sie dazu führt, dass die Tarife auf niedrigstes Niveau purzeln, dann müssen wir diese Neuregelung wieder ändern.

In unserem Ursprungsgesetzentwurf hatten wir auch beantragt, die zeitliche Begrenzung des Gesetzes völlig aufzuheben. Wir haben in den vergangenen mehr als vier Jahren feststellen können, dass das Gesetz wirkt und nicht zu spürbaren Mehrbelastungen führt. Als Land haben wir sogar das Gegenteil erleben können. Trotz Tariftreue sind die Vergaben im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs für uns als Land preiswerter denn je gewesen. Eine Vielzahl von Kommunen hat das Gesetz freiwillig angewendet, weil sie ebenfalls die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die vor Ort Steuern zahlen, im Blick haben, und natürlich auch, weil sie die Steuereinnahmen durch fest beschäftigte Arbeitnehmer in ihrer Kommune und ihrer Region im Auge haben.

Wirtschaftlich gesehen ist die Tariftreue ein Erfolg und wird auch von den Unternehmen mitgetragen. Selbst die bisher kritischen Vertreter der Busunternehmen, egal ob öffentliche oder private, haben uns nun zur Tariftreue aufgefordert. Die Bauunternehmer haben dies schon früher getan und sich ebenfalls für den Erhalt des Gesetzes eingesetzt.

Alle haben gute Erfahrungen mit dem Tariftreuegesetz gemacht, das Land, die Kreise, die Kommunen, die Unternehmen, die Beschäftigten und die Gewerkschaften. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich nur logisch, die einzige zeitliche Begrenzung, die in einem Landesgesetz verankert ist, aufzuheben, zumal ein Landtag natürlich jederzeit wieder ein Gesetz erlassen oder aufheben kann. Deshalb war es für uns auch aus parlamentarischer Sicht klar, dass die Begrenzung weg muss. Man kann ja durchaus weitere Evaluationen vornehmen, wenn man seiner Sache nicht sicher ist. Aber die Begrenzung muss eigentlich weg.

Das Gesetz auslaufen zu lassen, wäre unerträglich für die Beschäftigten und die Unternehmen gewesen. Herausgekommen ist in dieser Frage allerdings auch wieder nur ein großkoalitionärer Kompromiss. Das Gesetz läuft nun erst einmal bis zum 31. Dezember 2010. Stellen Sie sich deshalb schon einmal darauf ein, dass der SSW am Anfang der neuen Wahlperiode wieder den Antrag stellen wird, die Befristung des Tariftreuegesetzes aufzuheben. Das

(Lars Harms)

sind wir den Menschen und Unternehmen im Land nämlich schuldig.

Allerdings hat es für uns nicht nur Kompromisse gegeben, sondern auch einen handfesten Erfolg. Wie wir es 2002 schon vorgeschlagen haben und wie es jetzt auch wieder in unserem Gesetzentwurf stand, wird nun doch auch der ÖPNV in den Geltungsbereich des Gesetzes aufgenommen. Auch in den nächsten Jahren wird es immer wieder zu Ausschreibungen und Vergaben im ÖPNV-Bereich kommen. Da ist es wirklich ein Riesenfortschritt, dass wir den Beschäftigten und den Unternehmen Wettbewerbschancen geben. Es geht nicht darum, hier einen Markt nach außen abzuschotten, sondern es geht darum, den Unternehmen, die hier tätig sind, gleiche Startchancen einzuräumen. Wir wollen, dass die beste Qualität und die beste Organisation im Ausschreibungsverfahren siegt.

In diesem Zusammenhang weiß ich durchaus die Kompromissbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD zu schätzen, sich mit unserem Gesetzentwurf ehrlich auseinanderzusetzen. Hier möchte ich mich insbesondere bei den Kollegen Callsen und Arp von der CDU und bei den Kollegen Schröder und Schulze von der SPD bedanken, aber natürlich auch beim Kollegen Garg für seine erfrischende Rede, denn er ist uns mit der FDP sehr weit entgegengekommen. Wer sich die Bedenken, die mancher Kollege in der ersten Lesung des Gesetzesentwurfes ausgesprochen hat, ansieht, der kann ermessen, dass die Hürde für eine Einigung recht hoch war.

Inzwischen sind aber viele Fragen geklärt. So konnte inzwischen für alle geklärt werden, dass das Konnexitätsprinzip für die Anwendung der Tariftreue im kommunalen Bereich nicht gilt. Die öffentlichen Aufgabenträger können, müssen das Gesetz aber nicht anwenden. So war es schon im bisherigen Gesetz geregelt und so wird es auch weiterhin sein. Damit greift das Konnexitätsprinzip nicht.

Weiter wurden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre hatte schon deutlich gemacht, dass Tariftreue ein rechtskonformes Instrument ist. Nun hat es das Bundesverfassungsgericht noch einmal endgültig deutlich gemacht: Die Tariftreuegesetze auf Landesebene sind nicht nur verfassungsgemäß, sondern sie entsprechen auch ausdrücklich den politischen Vorgaben auf europäischer Ebene.