Protokoll der Sitzung vom 12.09.2007

Wir wollten immer - und das ist weiterhin die Position des SSW - eine Kommunalreform aus einem Guss. Und wir sagen, diese Kommunalreform

(Wolfgang Kubicki)

muss mit der Gemeindeebene beginnen. Diese Chance hat man mit der halbherzigen Ämterreform vertan. Ich sage es noch einmal: Das, was wir jetzt haben, ist eine Verwaltungsstruktur mit den Ämtern, die dazu führt, dass Politik und Verwaltung weiter auseinanderklaffen werden. Das hat nichts mit mehr Bürgernähe und mehr Demokratie zu tun; gar nichts.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat auch nichts mit mehr Transparenz zu tun und das hat auch nichts damit zu tun, dass die Bürger jetzt wissen, wohin sie mit ihren Beschwerden gehen müssen. Damit hat das alles nichts zu tun.

Darum sage ich: Das Vorhaben der Landesregierung, so wie wir das jetzt sehen, ist gescheitert. Wir bekommen keine nachhaltige Verwaltungsstrukturreform, weil der ganze Bereich der Funktionalreform bisher überhaupt noch nicht angepackt worden ist. Da läuft ja nichts. Diskutiert wird zum Beispiel, was vom Land auf die Kreise verlagert werden kann. Aber wie sieht es mit dem interkommunalen Bereich aus? - Nichts ist da gelaufen!

Darum meine Schlussfolgerung: Die Landesregierung ist mit ihrem Vorhaben gescheitert, eine nachhaltige Strukturreform durchzuführen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Der Tagesordnungspunkt ist mit der Debatte erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Kreisordnung

Antrag der Volksinitiative gegen die Zusammenlegung von Kreisen ohne deren Zustimmung Drucksache 16/1147

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 16/1575

Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Volksinitiative gegen die Zusammenlegung von Kreisen ohne deren Zustimmung zur Änderung der Gemeindeordnung dem Innen- und Rechtsausschuss federführend und dem Petitionsausschuss mitberatend durch Plenarbeschluss vom 28. Februar 2007 überwiesen. Die Vorlage ist in mehreren Sitzungen des Innenund Rechtsausschusses, zuletzt am 5. September 2007, beraten worden. Der Petitionsausschuss hat am 29. Mai 2007 eine Anhörung der Initiatoren der Volksinitiative durchgeführt.

Der Innen- und Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimme der FDP, den Antrag der Volksinitiative gegen die Zusammenlegung von Kreisen ohne deren Zustimmung zur Änderung der Kreisordnung, Drucksache 16/1147, abzulehnen.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrages der Volksinitiative gegen die Zusammenlegung von Kreisen ohne deren Zustimmung, Drucksache 16/1147. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen kann es nicht geben. Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von FDP und SSW und der Abgeordneten Buder, Magnussen und Jasper abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Transparenz bei EU-Agrarsubventionen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1562

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Dänen wissen mehr als wir, auch die Engländer, die Niederländer,

(Anke Spoorendonk)

die Esten. Insgesamt 13 EU-Staaten sind besser informiert. Deren Regierungen haben veranlasst, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger darüber informieren können, wer wie viel Geld aus dem Agrartopf in Brüssel erhält.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Im Internet kann man genau nachlesen, dass zum Beispiel Prinz Charles im Jahre 2004 für seine Güter in Cornvall und Highgrove 990 € erhielt.

(Zuruf)

- 990.000 €; Entschuldigung, ich korrigiere mich. Fachlicher Beistand ist immer gut, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren, es ist auch gut zu wissen, dass der Schweizer Lebensmittelriese Nestle etwa 44 Millionen € an Subventionen kassierte. Damit setzen diese Länder die Forderung der Europäischen Union nach Transparenz um.

Nicht so Deutschland. Jedes Jahr fließen 6 Milliarden € an die deutsche Landwirtschaft und niemand soll erfahren, an wen. Es ist beileibe nicht so, dass Kleinbauer Fiete Petersen den dicken Reibach macht und nun zu befürchten wäre, dass er den Neid der Ortschaft auf sich zöge. Tatsache ist, dass der Löwenanteil der Agrarsubventionen nicht in die vielen mittleren und kleinen Bauernbetriebe in Schleswig-Holstein fließt, sondern an die Großbetriebe. Die reichsten Bauern bekommen die dicksten Subventionen. Gerade mal 4 % der Direktzahlungen aus dem EU-Agrartopf an Deutschland flossen im Wirtschaftsjahr 2004/2005 an Betriebe mit acht bis 15 ha.

Im Schnitt erhielt also jeder ganze 4.030 €. Auffallend - meine Tochter würde sagen: Echt krass! - ist: Die großen Agrarfabriken erhielten pro Arbeitskraft dreimal so viel Unterstützung wie die Kleinbauern. Es werden also nicht diejenigen gefördert, die Arbeitsplätze schaffen. Die Tätigkeit eines Betriebsleiters oder eines mithelfenden Familienangehörigen gehören dazu. Das sind auch Arbeitsplätze und vielleicht nicht die schlechtesten, frei und selbstbestimmt, mit viel Verantwortung. Nicht jene Betriebe mit vielen Arbeitsplätzen, sondern diejenigen, die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft wegrationalisiert haben, werden gefördert. Darum sind auch viele Bauern für mehr Transparenz.

(Claus Ehlers [CDU]: Nein!)

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hat als eine der ersten die Transparenz bei der Vergabe der Subventionen beworben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Es ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger, Herr Vizepräsident des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes, auch wenn Sie hier im Landtag einmal gesagt haben, das sei Bauerngeld. Die Bürger haben das Recht zu erfahren, was mit ihrem Geld geschieht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht darum, dass wir wissen wollen, wohin 45 % des EU-Haushalts fließen. Sind die Gelder gut angelegt? Sind sie effizient angelegt? Um genau diese Fragen geht es.

76 % der EU-Mittel werden im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung von den Mitgliedstaaten vergeben. Die EU-Kommission hat deshalb eine Richtlinie entworfen, die die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine ebensolche Transparenz bei der Verwendung der EU-Subventionen zu schaffen, wie sie sie selbst an den Tag legt. Denn die zentral verwalteten Mittel sind alle auf Heller und Pfennig überprüfbar.

Wir müssen nicht warten, bis die Richtlinie, die sich in der Diskussion befindet, verabschiedet ist. Wir brauchen Transparenz, um eine qualifizierte und breite Demokratie zu gewährleisten. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten und die Bundesländer diese Transparenz zügig und zielführend schaffen.

Im Jahr 2008 wird die EU-Kommission ein Midterm-Review vornehmen, bei dem die Verwendung der EU-Fördergelder auf den Prüfstand kommen wird. Infolge dieser Halbzeitprüfung könnten die Vergabekriterien geändert werden. Aus unserer Sicht sollten sie sich auch ändern. Auch dafür, auch als rationale Entscheidungsgrundlage, muss die Landesregierung noch im Jahr 2007 für Transparenz sorgen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dafür ist es wichtig, Klarheit zu gewinnen, an wen die Subventionen gehen und wofür sie gezahlt werden. Setzen wir uns an die Spitze der Bewegung in der Bundesrepublik. Es ist überfällig, dies zu tun, weil wir in einer Demokratie leben. Die Macht wird in Wahlen auf Zeit an die Verantwortungsträger vergeben. Das Wahlvolk muss sich ein Bild machen können. Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung einer qualifizierten demokratischen Entscheidung.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Rolf Fischer [SPD]: Das ist doch nicht neu!)

Der Nebel, der über den öffentlichen Transferleistungen in der Landwirtschaft liegt, muss von dem frischen Wind einer transparenten Darstellung weggeblasen werden. Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen. Bevor ich zu den weiteren Wortmeldungen komme, begrüße ich auf der Besuchertribüne Gäste von Herrn Minister Döring. Dies sind Gewinner des Luftballonwettbewerbs anlässlich der Europawoche im Mai dieses Jahres. - Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir haben auch zehn Auszubildende zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt Eutin zu Gast. Seien auch Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)