Protokoll der Sitzung vom 13.09.2007

Ich sage Ihnen ganz offen: Wer jetzt den Eindruck erweckt, man wolle diese Geschichte ändern, der hat landesweit längst eine Situation hervorgerufen, in der die Eltern sagen: Ja, wenn man in HanerauHademarschen - das hier vorhin erwähnt wurde wieder 100 % und nicht nur zwei Drittel erstattet bekommt, dann wollen wir auch 100 % erstattet bekommen.

Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß dabei, diese Wünsche zu erfüllen beziehungsweise auf den dann stattfindenden Elternversammlungen den Eltern zu erklären, warum sie nach wie vor 0,0 bekommen; denn so wird die Situation aller Voraussicht nach sein müssen.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Bitte, Frau Kollegin Spoorendonk!

Ich möchte eine andere Frage stellen. Ich möchte gern wissen, lieber Kollege Wadephul: Wie rechnen Sie gegen, dass Eltern in der Stadt viel leichter die Bücherei besuchen können, wenn sie das wollen, dass sie viel leichter Kulturangebote annehmen können, wenn sie das wollen?

(Unruhe)

Ich halte eine solche Gegenrechnung nicht für möglich. Ich will in aller Ruhe und Sachlichkeit sagen: Gucken Sie sich - ich bleibe jetzt mal bei meinem Kreis - die Baulandpreise in Kronshagen mit 220 € pro m2 und diejenigen in Beldorf in der Nähe von Hanerau-Hademarschen an, wo der Protest besonders groß ist. Das ist um den Faktor 10 weniger. Man muss das miteinander abwägen. Das kann man nicht alles miteinander vergleichen.

Ich will zur Historie nur noch Folgendes sagen: Es bestand Einigkeit nahezu im gesamten Haus darüber, dass der Eingriff, den wir in Höhe von 120 Millionen € in den kommunalen Finanzausgleich vorgenommen haben, kompensiert werden soll. Es bestand in den Koalitionsfraktionen auch Einigkeit darüber, dass es eine Elternbeteiligung geben soll, und zwar auch in Höhe von einem Drittel. Darüber ist in vielen Runden Einigkeit erzielt worden, Herr Kollege Stegner. Das kann man in vielen Protokollen und in öffentlichen Erklärungen nachlesen.

Es gab über eine einzige Frage keine Einigkeit: Wer soll das beschließen? Sollen das die Kreise beschließen - der Kollege Weber hat gesagt, dafür werde man sich weiter einsetzen, dass das in den nächsten Jahren so sein soll - oder soll das der Landtag beschließen? Da hat die CDU in der Tat die Position eingenommen: Wenn wir das als Land alles verursachen, nämlich den Eingriff und auch verantwortlich für die Kompensation sind, dann müssen wir auch diejenigen sein, die die unangenehme Aufgabe übernehmen zu sagen, was zwingend ist, wir überlassen das nicht den Kreistagen. Wir wissen doch alle, was dabei herausgekommen wäre. Das wussten auch die Kreispolitiker. Dann hätte es jetzt jede Menge Elternproteste vor den Kreistagen gegeben und die wären in einer Überforderungssituation gewesen.

Nur zur historischen Klarstellung, Herr Kollege Nabel, will ich zu dem, was der Innenminister gesagt hat, Folgendes sagen. Diese Frage, nämlich zu entscheiden, machen das die Kreistage oder macht das das Land, haben wir zu keinem Zeitpunkt mit dem Schulgesetz verknüpft, sondern haben wir ausschließlich mit der Frage verknüpft, ob es Studiengebühren in Schleswig-Holstein gibt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege, die Zeit!

Das hat dankenswerterweise der von mir sehr geschätzte frühere SPD-Landesvorsitzende und Landesfinanzminister Claus Möller anlässlich des Koalitionsausschusses im vergangenen Jahr auch öffentlich erklärt. Die Zeitungsberichte darüber können nachgelesen werden. So waren die Verhandlungen und so ist es. Deswegen kommt es aus unserer Sicht bedauerlicherweise in dieser Legislaturperiode - die Universitäten könnten es gut gebrauchen nicht zu den Studiengebühren. Das war die Vereinbarung, nichts anderes.

Ich finde es normal, dass man sich an diese Vereinbarung hält, sie auch richtig begründet und in diesem Sinne auch im Parlament abstimmt. Nur so ist gewährleistet, dass diese Koalition weiter erfolgreich arbeiten kann.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Frau Heinold hat zu Recht gefragt: War das eine persönliche Erklärung? - Nein, es war keine persönliche Erklärung, es war ein Dreiminutenbeitrag. Ich frage daher jetzt ausdrücklich: Gibt es weitere Wortmeldungen für Dreiminutenbeiträge? - Das ist nicht der Fall.

Dann möchte ich den Landtag darüber aufklären, wie wir zu der namentlichen Abstimmung kommen. Wir haben ein Quorum von 18 Abgeordneten nach § 63 Abs. 2 der Geschäftsordnung. Die Abgeordneten der beiden antragstellenden Fraktionen reichen also nicht aus. Aber wir haben in den Koalitionsvereinbarungen eine Abmachung, mit der sich die Koalitionspartner verpflichtet haben, das erforderliche Quorum durch Abstimmung zur Verfügung zu stellen.

Deshalb lasse ich jetzt darüber abstimmen. Wer der namentlichen Abstimmung auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Damit ist dieser Vereinbarung Genüge getan und wir können zur Abstimmung kommen.

Weil Sie dankenswerterweise so viele schöne Dreiminutenbeiträge geleistet haben, hatten wir Zeit, uns darüber klar zu werden, wie die Fragestellung ist. Dem Wissenschaftlichen Dienst, gerade 40 Jahre alt geworden und sehr jung hinter mir vertreten danke ich für die Beratung.

(Beifall)

- Genau; ich finde auch, das kann hier mit Beifall begleitet werden. Er hat mich darüber aufgeklärt,

(Dr. Johann Wadephul)

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

dass dann, wenn ein Gesetzentwurf - hier der der FDP-Fraktion - im Ausschuss nicht verändert wurde - das ist hier der Fall -, der Gesetzentwurf und nicht die Ausschussempfehlung zur Abstimmung steht. Damit lautet die Fragestellung - ich lese es vor -: Wer dem Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes, Drucksache 16/1567, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, zustimmen will, der sagt Ja. Wer es ablehnen will, der sagt Nein. Ich glaube, damit ist das klar und damit sind wir auf der sicheren Seite. Das muss so sein.

Ich bitte jetzt meine beiden Beisitzer, mit der Abstimmung zu beginnen und um Aufmerksamkeit.

(Namentliche Abstimmung) 1 Ich darf Sie bitten, hierzubleiben, bis das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben wird. Der Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes, Gesetzentwurf der FDP-Fraktion, Drucksache 16/1338, ist mit 50 Neinstimmen zu 10 Jastimmen abgelehnt worden. Wir setzen die Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Situation im Motorola-Werk Flensburg“ um 15 Uhr fort. (Unterbrechung: 13:03 bis 15:01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir steigen nach der Mittagspause wieder in die Tagesordnung ein. Ich hoffe, dass das Plenum noch vollständiger wird.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Situation im Motorola-Werk Flensburg

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1559

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1598

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit den Anträgen wird ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW, Drucksache 16/1598, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen

von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Wir befinden uns noch im Abstimmungsverfahren und ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/1559, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Der Bericht wird also in dieser Tagung erbeten. Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte den Bericht gern geben, auch wenn er in Teilen unerfreulich für Schleswig-Holstein und besonders natürlich für die Region Schleswig-Flensburg ist.

Das Unternehmen Motorola, der Handy-Produzent, erzielt seit etwa einem Jahr unbefriedigende Ergebnisse. Offensichtlich hat man wegen einer falschen Modellpolitik Marktanteile verloren. Dies hat dazu gezwungen, Überlegungen anzustellen, wie man Kosten einsparen und die Logistik neu aufstellen kann. Diese Überlegungen gibt es seit Herbst/Winter letzten Jahres und sie haben dazu geführt, dass das Wirtschaftsministerium Ende 2006 erste Gespräche mit der Geschäftsführung aufgenommen hat und dass wir uns auch mit dem Betriebsrat unterhalten haben.

Im Laufe der weiteren Wochen war im Gespräch, die gesamte Distribution auszulagern, auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, um dadurch auch die Möglichkeit der Kostenreduktion zu schaffen. Es ging um den Wechsel in andere Tarife, um einen Wechsel in eine andere Zuständigkeit bei den Gewerkschaften. Im Gespräch war die Verlagerung des Prototypencenters und der Fertigung nach China, und es ging um die Frage: Was wird aus dem Control-Tower? Da Ihnen die Ergebnisse bekannt sind, brauche ich sie nicht im Detail auszuführen.

Dies hat dazu geführt, dass im April entschieden wurde, die Fertigung und das Prototypencenter nach China zu verlagern und die Distribution mit rund 700 Arbeitnehmern auszulagern. Insgesamt sind von den bisherigen Veränderungen 930 Arbeitskräfte betroffen.

Gegen die Entscheidung selbst konnten wir keine Maßnahmen ergreifen, aber wir haben angeboten,

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

dass die Verlagerung der Distribution aus dem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen von uns begleitet wird um sicherzustellen, dass die Distribution weiter am Standort Flensburg stattfindet. Es gab erfolgversprechende Gespräche, die bis zum Juli dieses Jahres zu einer einvernehmlichen Lösung geführt haben.

Vor einigen Wochen, Ende August, haben wir erfahren, dass sich das Unternehmen entschieden haben soll, die Logistik nicht auf ein Unternehmen in Flensburg, auf DHL, zu verlagern, sondern auf das Unternehmen Cinram in Alsdorf bei Aachen. Wir haben daraufhin erneut Kontakt zum Unternehmen aufgenommen und versucht, in Gesprächen vor Ort, aber auch in einer Unterredung in Chicago, an der der Ministerpräsident und Vertreter des Vorstandes des Unternehmens teilgenommen haben, die Entscheidung zugunsten Flensburgs umzubiegen. Das ist uns nicht gelungen.

Als Gründe für diese Entscheidung wurden vom Unternehmen die verkehrsferne Lage des Unternehmens, die Höhe der Lohnkosten und die ungünstige Betriebsimmobilie angeführt. Auch insoweit haben wir Hilfestellung angeboten. Wenn ich im Einzelnen sagen soll, wie groß die Hilfestellung war, die wir vom Land aus für diese rund 700 Arbeitskräfte geboten haben, so nenne ich die Zahl von 4,5 Millionen € für die Erhaltung am Standort und in den USA wurde ein weiteres Angebot in der Größenordnung von etwa 2 Millionen € gemacht, um sicherzustellen, dass das Unternehmen gehalten werden kann.

Wir haben eine Lösung vorgeschlagen, die vor einiger Zeit bei der Dräger Werk AG in Lübeck gewählt wurde, dass nämlich das Unternehmen selbst eine Gesellschaft bildet, die am Standort Flensburg weiterarbeiten kann, dass man aber durch eine Neubildung der Gesellschaft zu einer anderen tariflichen Zuordnung und zu niedrigeren Kostenstrukturen kommt.

Mit wem auch immer man spricht - es wird nicht zu bestreiten sein, dass das Unternehmen einen gewaltigen Kostendruck hatte und noch hat. Wie gesagt: Aufgrund des Verlustes von erheblichen Marktanteilen, bedingt durch eine falsche Modellpolitik, bestand ein Zwang zur Kosteneinsparung. Wir sind allerdings nach wie vor der Auffassung, es hätte bei mehr gutem Willen eine Möglichkeit bestanden, das Unternehmen in anderer Rechtsform in Flensburg weiterzuführen und es nicht nach Alsdorf bei Aachen verlagern zu müssen. Denn zum einen sind die Kostenunterschiede nicht so erheblich und zum anderen gehen wir davon aus, dass sich die Märkte, die in Zukunft zu erschließen sind, nicht aus

schließlich in Westeuropa, sondern auch in den neuen EU-Mitgliedsländern hätten befinden können. - So viel vielleicht zur Situation.

Was kann weiter getan werden? Wir gehen davon aus, dass dies ein schwerer Schlag für die Region Schleswig-Flensburg und ein schwerer Schlag für unser Land ist. Es ist bitter für die Mitarbeiter, es ist bitter für uns in der Landesregierung, wobei ich sage, dass wir wirklich alle Möglichkeiten geprüft und ausgeschöpft haben.

Wir haben uns jetzt dazu entschlossen, eine Strukturkonferenz einzuberufen. Der erste Termin wird der 26. September 2007 sein. Dort sollen außer mir die Staatskanzlei, das Justizministerium in seiner Eigenschaft als Arbeitsministerium, die Arbeitsagentur, die IHK, die WiREG, die Stadt Flensburg und die WTSH vertreten sein. Ich denke, es ist auch richtig, dass man die IG-Metall hinzulädt,

(Beifall der Abgeordneten Heike Franzen [CDU])