Ich habe Motorola in der Zeit meiner Landtagsmandate seit 1992 und auch schon in der Kommunalpolitik von der Baracke in der Ecknerstraße zum „Palast„ der Fabrik begleiten dürfen. Das war auch in Weiche wichtig. Man muss den Gefühlen hier noch einmal deutlich Raum geben.
Ich bin auch einem anderen Gefühl verpflichtet. Ganz zu Beginn steht ein großer Dank. Er gilt in allererster Linie - da freue ich mich, dass die Präsidentin den Betriebsrat hier begrüßt hat - den Tausenden von wechselnden Beschäftigten bei Motorola, die jederzeit, das heißt Tag und Nacht - das war in dieser Firma kein Thema - mit vollem Einsatz mal Kurzarbeit, mal Überstunden gemacht haben. Dies hat es alles gegeben. Die Leute waren immer und allzeit bereit.
Meine Damen und Herren, diese Arbeiter haben qualifizierte Arbeit geleistet. Sie sind noch vor Kurzem von Motorola als der beste Betrieb ausgezeichnet worden. Das ist bei Motorola ja immer mit Riesenwolken gemacht worden. Aber welch ein Hohn! Welch ein Hohn, jetzt die Nachricht über die Schließung zu bekommen!
An Ihnen, an euch - das darf ich einmal so persönlich sagen - ist der Standort Flensburg nicht gescheitert. Dies festzustellen, ist mir ganz wichtig.
Ausdrücklich und namentlich will ich hier und heute auch den Politikern der ersten Stunde danken, die Motorola nach Flensburg geholt haben, und zwar mit persönlichem Einsatz und natürlich auch mit Fördermitteln. Ich nenne Olaf Dielewicz, den damaligen Oberbürgermeister, Heide Simonis und Bernd Rohwer für die damalige Regierung, die ganz übergangslos durch die heutige Regierung weitergetragen wurde. Auch sie waren damals in den USA. Da war ein hoher Einsatz zu verzeichnen.
Und das war richtig. Es war richtig in einer Region, die lange Zeit über 20 % Arbeitslosigkeit hatte. Dort musste es diese Förderung geben. Mit der neuen Fabrik - das werde ich nie vergessen - waren Ermutigung, weitere Investitionen verbunden. Es war eine Aufbruchstimmung in die Region gekommen. Dafür bedanke ich mich.
Herr Minister, ich bin dankbar für Ihre Ausführungen. Man konnte bezüglich der Folgerungen lesen: Gar nicht mehr fördern! Im ersten Moment war ich so enttäuscht, dass ich sagte: Lassen wir es doch! Oder sollte man nur noch den Mittelstand fördern?
Ich spreche mich wirklich ausdrücklich dagegen aus, diese Entscheidung als voraussehbaren Irrtum darzustellen. Das ist Unsinn. Natürlich kann man immer mit dem Wissen von heute sagen, was man vorgestern hätte tun sollen. Aber das ist letztlich Blödsinn; das sage ich ganz deutlich.
Niemand konnte doch voraussehen, dass gerade Motorola eine schwache Konzernleitung hat. Den Eindruck hat es für mich im Betrieb nie gegeben. Deren Fehlentscheidungen - ich finde es schön, dass wir uns in der Bewertung einig sind - führten zum Markteinbruch, nicht unsere Entscheidung.
Jetzt nur auf den Mittelstand - ich sage das ausdrücklich so - zu setzen, ist für meine Begriffe auch nicht richtig. Auch der geht pleite. Auch den verlagern wir zum Teil ins Ausland. Und wir helfen dabei. Was machen wir denn mit unserer Beratung, wenn es um die Verlagerung nach China und in den Rest der Welt geht? Wir wollen, dass der Mittelstand weltweit tätig ist. Wir haben solches auch beobachten können.
Fördern wir doch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ganz egal, in welcher Wirtschaftsform sie arbeiten! Das ist für mich der Maßstab. Ich freue mich, Herr Wirtschaftsminister, dass wir uns da einig sind.
Was bleibt zu tun? Es gilt, den Menschen, die betroffen sind, zu helfen. Das sind weit über 1.000 Menschen. Ich habe übrigens eine Riesenwut darüber, dass immer nur Einzelpakete genannt werden. Einmal werden die 750 genannt. Dann wird von 300 gesprochen. Glauben Sie allen Ernstes, dass die 200, die noch da sind, dort bleiben? Dann sind wir bei 1.200. Warum lügen sich da alle in die Tasche? Die „Landeszeitung“ tut das in allererster Linie. Sie nennt nicht einmal die große Zahl. Wovor haben wir eigentlich Angst? Die Leute lachen uns doch aus, wenn wir da nicht handeln.
Ich freue mich, wie gesagt, dass der Arbeitsminister bereits da war und veranlasst hat, was man in dieser Situation tun kann.
Ich bedanke mich auch noch einmal beim Betriebsrat und bei der IG Metall für den ausgehandelten Sozialplan für die letzte Sparte, die von Entlassungen bedroht war und bereits in Arbeitslosigkeit ist. Der Sozialplan ist eine gute Lebensgrundlage für Sicherheit, für Zeit zu Umschulungen, für Fördermaßnahmen, zum Dänischlernen. Die Bürgermeister lecken sich schon die Pfoten; das muss man einfach mal so sagen, liebe Anke Spoorendonk, auch wenn es dir vielleicht nicht gefällt; aber es ist
Lassen Sie mich, Herr Minister, einmal kurz auf die Dinge eingehen, die Sie genannt haben. Ich bedanke mich, dass Sie von der Strukturkonferenz gesprochen haben. Das finde ich genau richtig.
Bei der WiREG gibt es den Dr. Matthiessen. Hier handelt es sich um einen regional aufgestellten Wirtschaftsförderbereich. Es ist einer der ersten, die es in Schleswig-Holstein gab. Dort findet Auszug eines „Kindes“ statt. Das ist Greylogix. Die habe ich gerade im Rahmen der IHK-Ausbildungsinitiative besuchen dürfen. Es ist ein „Kind“, das in vier Jahren von drei Mitarbeitern zu einer Firma mit zig Leuten gewachsen ist. Die Firma baut neu. 50 % der Fläche wird frei gesetzt. Ist das wunderbar?
Herr Callsen, mir ist auch der Hinweis auf die neue Ausbildungswerkstatt der Bundeswehr zugegangen. Sie gehört zur Marine. Ich war dort. Da könnten wir zivil mehr ausbilden.
Wenn gesagt wird, biat bleibt, dann verbessert das nicht den Standort. Zehn Jahre hat biat gut gearbeitet. Natürlich müsste biat bleiben; das war immer meine persönliche Meinung. Aber dazu nun Lob auszusprechen, Herr Minister, das geht nicht; es tut mir Leid, das zu sagen. Sie machen ein Vierteljahr lang Wind und sagen, das müsse weg. Dann sagen Sie: Es kann bleiben, es ist besser geworden. Nein, so ist es nicht. Biat muss bleiben, darüber freue ich mich, aber besser ist nichts.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich richte einen Appell an die Landesregierung, auch an den Ministerpräsidenten. Er setzt im nördlichen Teil Leuchttürme. Das ist gut so. Es passt dort auch noch mehr hin. Aber ich sage noch einmal zum gesamten Kabinett, aber auch zu uns: Wenn wir Leute vor Ort und die Investoren, die kommen sollen, überzeugen wollen, dann müssen wir aufpassen, dass die Leuchttürme nicht auf leere Landschaften leuchten; denn dann schaffen wir es nicht.
Ich bin sicher: Wir in der Region werden nicht resignieren. Wir sind weiter bestrebt, die Entwicklung gemeinsam mit Ihnen in allen Bereichen voranzubringen. Und, meine Damen und Herren, Motorola schafft uns nicht!
Ich danke der Frau Abgeordneten Ingrid Franzen und erteile für die FDP dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe und Kollegen! Liebe Kollegin Franzen, dem Dank an die Mitarbeiterinnen und an die Mitarbeiter, dem Dank an den Betriebsrat, an alle, die dort über Jahre gearbeitet haben, schließt sich die FDP-Fraktion gern an. Die Spirale, die Sie zuletzt genannt haben, habe ich nicht ganz verstanden. Die können Sie mir vielleicht am Schluss noch einmal erklären.
In einem gebe ich Ihnen weiterhin vollkommen recht: Wer sich heute hinstellt und sagt, dass diese Entscheidung voraussehbar war, der betreibt - Frau Präsidentin, sehen Sie es mir bitte nach - reine Klugscheißerei. Diese Entscheidung war so nicht voraussehbar.
Das Motorola-Werk in Flensburg war eines der strukturpolitischen Vorzeigeprojekte des Landes: Ein Weltunternehmen der IT-Branche siedelte sich im strukturschwachen Landesteil Schleswig an und wurde - natürlich - großzügig vom Land SchleswigHolstein gefördert. Diese Förderung führte dazu, dass Motorola insgesamt am Standort Flensburg 250 Millionen € investierte. Zu Hochzeiten gab es fast 3.000 Menschen, die dort gearbeitet haben.
Dann wurde die Mobilfunkproduktion abgezogen, weil sie zu teuer wurde. Jetzt arbeiten dort noch ungefähr 900 Menschen. Bald wird die verbliebene Logistiksparte abgezogen, auch, weil sie zu teuer geworden ist. Weitere 700 Beschäftigte werden ihre Arbeitsplätze verlieren. Auch da, Frau Kollegin Franzen, sind wir uns einig: Es bleiben knapp 200 Beschäftigte, die aber nur noch dazu da sein werden, das Werk abzuwickeln und sich vermutlich spätestens in zwei Jahren - dann läuft die Standortgarantie aus - neue Arbeit suchen werden müssen.
Der Markt für Mobilfunktelefone ist hart umkämpft und Motorola hat in den letzten Jahren Marktanteile verloren, der Umsatz brach ein, und das selbstverständlich infolge einer verfehlten Modellpolitik. Das Unternehmen musste seine Kosten senken. Deshalb hat sich die Unternehmensführung entschlossen, sich noch stärker auf den Bau und den Vertrieb von Mobilfunktelefonen zu konzentrieren und andere Aufgaben Außenstehenden zu übertragen, so auch die Logistik. Sie wird von einem Logistikunternehmen in Aachen übernommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so bitter das ist, dies ist eine unternehmerische Entscheidung, die uns zu ändern nicht zusteht. Aber die Umstände dieser Entscheidung finde ich höchst zweifelhaft: Sich mehr oder weniger klammheimlich vom Acker zu machen, das ist kein Ausdruck vertrauensvoller Zusammenarbeit,
Am härtesten betroffen von diesen Entwicklungen sind selbstverständlich die Menschen, die ihre Arbeit verloren haben oder noch verlieren werden, und deren Angehörige. Arbeitslosigkeit ist für die Menschen ein schwerer persönlicher Schicksalsschlag. Deswegen - nach den bisherigen Beiträgen empfinde ich das auch so - ist es unsere Hauptsorge, beim Aufbau neuer Arbeitsplätze in der Region zu helfen, wo wir helfen können.
Dabei sollten wir aber einige Lehren aus dem Fall Motorola ziehen. Denn es hilft niemandem, das Unternehmen zu schelten und auf die Globalisierung zu schimpfen - so gern man das an dieser Stelle machen möchte. Aber durch Schelte und Schimpfe wird niemand irgendwo neu eingestellt.
Erstens ist der Standort Schleswig-Holstein bei arbeitsintensiver, industrieller Massenproduktion weltweit immer weniger wettbewerbsfähig. Diese Folge der Globalisierung mag man bedauern. Aber durch das Bedauern allein werden wir keine neuen Arbeitsplätze, die zukunftsfähig sind, schaffen.
Der Fortschritt in der Kommunikationstechnik und die sinkenden Transportkosten ermöglichen es den Unternehmen immer stärker, ihre Produktionsabläufe zu zerlegen und die einzelnen Aufgaben am passenden Ort auszuführen. Die Mobiltelefonproduktion ist eine solche Aufgabe, die standardisiert mit vielen angelernten Kräften fast überall auf der Welt ausgeführt werden kann.
Zweitens ist Schleswig-Holstein bedauerlicherweise offensichtlich immer noch nicht die Drehscheibe des Handels, die sich die meisten - jedenfalls hier im Raum - wünschen. Sonst hätte Motorola seine Logistik möglicherweise an eine hier ansässige Firma vergeben können und wäre nicht näher ans Zentrum Europas herangerückt. Gerade da können Sie, Herr Wirtschaftsminister, weiterhin auf die Unterstützung der FDP-Fraktion setzen, nämlich überall dort, wo sie Infrastruktur in Schleswig-Hol
stein ausbauen. Ich begrüße für meine Fraktion ausdrücklich, dass sich die Landesregierung ohne Wenn und Aber zum Ausbau der A 20, zur festen Fehmarnbelt-Querung, zum Ausbau der A 7, zum Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals sowie der Elbvertiefung, also zu zentral wichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekten, bekennt.
Wir werden die Landesregierung weiterhin in zwei Dingen unterstützen, erstens in ihrem Bemühen, die Infrastruktur dieses Landes weiter auszubauen, und zweitens dabei, die Folgen des Rückzugs von Motorola für die betroffenen Menschen zu mildern, das heißt alles zu unternehmen, dass diese Menschen so schnell wie möglich einen neuen Arbeitsplatz in der Region finden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedaure die Unternehmensentscheidung des Motorola-Konzerns außerordentlich. Durch diese Entscheidung wurde eine hoffnungsvolle industrielle Entwicklung mit qualifizierten Arbeitsplätzen in Flensburg jäh beendet. Der Abbau von 700 - oder, wie hier dargestellt worden ist, noch wesentlich mehr - Arbeitsplätzen zeigt überdeutlich, wie internationale Konzerne schlechte Arbeitbedingungen und Niedriglöhne brutal ausnutzen, um ihre Kosten auf dem Rücken der Arbeitnehmer zu senken. Wir dürfen deshalb nach diesem Ereignis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es gilt auch, Konsequenzen zu ziehen.
Ich sehe es genauso, wie es hier schon gesagt worden ist: Natürlich war die Entscheidung nicht vorhersehbar. Natürlich haben wir uns alle gefreut, dass es dort zu einer Ansiedlung kam. Trotzdem ist die Frage zu stellen, welche Rahmenbedingungen es gibt, welche Konsequenzen wir für Förderpolitik ziehen können, ob es überhaupt welche gibt und was wir daraus lernen können.
Erstens möchte ich auf die Förderpolitik des Landes eingehen. Es sind immerhin 26 Millionen € geflossen. Meine Überzeugung ist und war auch immer, dass wir bei der Vergabe von Fördermitteln darauf