Protokoll der Sitzung vom 16.06.2005

Auf jeden Fall sehen auch die Lübecker Bürgermeister Saxe und der ostholsteinische Landrat Sager die

neue Förderpolitik der Landesregierung mehr als kritisch. Denn wann ist schon einmal ein Projekt mit einer Landesförderung von 75 % bedacht worden? Nicht einmal als wir um Konversionsmittel gerungen haben, war eine Summe in dieser Höhe im Gespräch.

Der SSW kritisiert daher, dass die Landesregierung durch die Förderung eines neuen Science Centers in Kiel die Existenzgrundlage der Phänomenta in Flensburg gefährdet. Das Mindeste ist jetzt, dass der Ministerpräsident sich bei der Förderung der Phänomenta ebenso großzügig zeigt.

(Beifall bei SSW und FDP)

Zum Glück haben wir das eben auch gehört. Denn wenn in Kiel ein neues Science Center entsteht, wird es das dritte zwischen Kiel und Apenrade sein. Deshalb haben wir weiterhin die große Sorge, dass die hoch gelobte Phänomenta dadurch deutlich an Publikum verliert. Die Phänomenta wurde schon mit öffentlichen Geldern aufgebaut, sie kommt im täglichen Betrieb aber ohne - ich betone: ohne - öffentliche Zuschüsse aus. Es widerspricht also jeglicher Vernunft, einer bestehenden erfolgreichen Einrichtung im Land durch eine hoch subventionierte Neugründung das Wasser abzugraben. Und an die Adresse der Grünen sei in aller Freundlichkeit gesagt, dass die Phänomenta in Flensburg eben kein Kleinod, sondern eine hoch anerkannte und erfolgreiche Einrichtung der Flensburger Universität ist.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Kein Widerspruch!)

- Wenn Ihr das gemeint habt, ist das okay.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Denn diese Einrichtung erwirtschaftet sich mit über 70.000 Besuchenden jährlich ihren Lebensunterhalt inzwischen selbst. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Phänomenta ist daher von herausragender Bedeutung für die Entwicklung Flensburgs als touristischer Schwerpunkt im nördlichen Landesteil.

Klar ist auch, dass die Erfolgsaussichten eines weiteren Science Centers mehr als zweifelhaft sind. In Nordborg auf Alsen ist Anfang Mai das Danfoss Univers Center eröffnet worden. In Tönning gibt es mit dem Multimar eine Konkurrenz und in Hamburg und Bremen sind weitere Projekte geplant beziehungsweise gescheitert.

Das heißt für den SSW - ich fasse zusammen -: Erstens muss bei der Planung eines Science Centers in Kiel rechtzeitig und umfassend auf einer deutlichen Trennschärfe zur Phänomenta geachtet werden.

(Anke Spoorendonk)

Wenn das Projekt verwirklicht werden sollte, dann ist zu befürchten, dass das Land zwei Science Center hat, die nicht überleben können.

Zweitens erwarten wir jetzt, dass die höchst vorteilhafte Landesförderung für das Science Center auch der Stadt Flensburg für den Ausbau der Phänomenta angeboten wird.

Drittens, sollte der Neubau eines solchen Centers in Kiel die Besucherzahlen der Phänomenta nachhaltig beeinträchtigen, dann fordern wir, dass die Landesregierung durch eine Förderung des laufenden Betriebes die Existenz des Flensburger Science Centers sichert.

(Beifall beim SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident, ich möchte noch eine Bemerkung persönlicher Art machen. Wenn ich jetzt gleich gehe, geschieht das nicht, weil ich kein Interesse an der weiteren Debatte habe.

(Zurufe)

Ich bitte um Verständnis, ich habe aber Harreslev Kvinder Forening versprochen, an dem Abgeordnetengespräch teilzunehmen. Sie kommen ja nicht jeden Tag nach Kiel. Lars Harms wird für den Rest der Debatte zuständig sein. Ich bitte um Verständnis.

(Beifall bei SSW und FDP)

Frau Kollegin Spoorendonk, das Haus hat großes Verständnis dafür, dass Sie zu der Besuchergruppe gehen. - Ich erteile nunmehr das Wort für die Fraktion der CDU dem Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp.

Herr Landtagspräsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion begrüßt es, dass die Landesregierung mit diesem Zuschuss für das maritime Science Center in Kiel einen weiteren Leuchtturm für Schleswig-Holstein auf den Weg bringt, von dem Wissenschaft und Tourismus im gesamten Land profitieren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welche denn noch?)

- Zu den anderen, Herr Kollege Kubicki, komme ich später noch. Es ist schade, dass Sie das nicht wissen.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Erstmalig ist es gelungen, Wissenschaft und Wirtschaft für ein gemeinsames Projekt dieser Größenordnung zu gewinnen. Wir sprechen an dieser Stelle immerhin über ein Investitionsvolumen von rund 24 Millionen €. Zu begrüßen ist es - der Minister wies

soeben schon daraufhin -, dass sich insbesondere die Wirtschaft mit 2 Millionen € an diesem zukunftsweisenden Projekt beteiligt.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Das zeigt, dass die regionale maritime Wirtschaft ein großes Interesse an der Realisierung des maritimem Science Centers in Kiel hat. Mit diesem Science Center wird ein Ort geschaffen, der einen starken Alleinstellungscharakter besitzt und einen authentischen Bezug zu unserem Land schafft.

Aber lassen Sie uns, liebe Freunde, noch einmal zurückblicken, wie ist es überhaupt zu dieser Entscheidung gekommen ist. Zunächst wurde ein landesweiter Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich letztlich nur die Städte Flensburg und Kiel abschließend beteiligt haben. Nach der Erstellung von zwei unabhängigen Gutachten ging das Konzept der Stadt Kiel als eindeutiger Sieger hervor. Nachdem die alte Landesregierung bereits eine Förderung von bis zu 70 % zugesagt hatte - wie der Minister sagte -, wurde von Seiten der neuen Landesregierung eine Zusage auf bis zu 75 % - das sind bei maximal 24 Millionen € Investitionsvolumen maximal 17,25 Millionen € Förderung - zugesagt, um dieses Leuchtturmprojekt für unser Land Schleswig-Holstein endgültig zu realisieren.

Doch nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Landeshauptstadt Kiel gefordert. Wir erwarten möglichst zügig ein in sich schlüssiges und plausibles Konzept, das die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Science Centers darstellt. Ich darf daran erinnern, dass vonseiten der Landesregierung immer gefordert wurde, dass sich der Betrieb des Science Centers an privatwirtschaftlichen Grundsätzen orientieren muss. Die Landeshauptstadt Kiel muss wissen, dass sie für die Folgekosten allein oder gemeinsam mit einem privaten Betreiber aufkommen muss.

(Vereinzelter Beifall)

Klar ist, dass wir uns nicht an den Folgekosten des Betriebes des Science Centers beteiligen werden. Deshalb brauchen wir ein in sich schlüssiges Konzept und das werden wir schnell und möglichst bald einfordern, denn sonst wird das nichts.

Die nun - ich bin froh, liebe Kollegin Spoorendonk, dass du noch hier bist - vom SSW angestoßene aktuelle Debatte um den Standort des maritimen Science Centers verstehe ich nun wieder nicht. Aber das geht mir häufig mit euren Anträgen so. Haben wir nicht durch den Wettbewerb und die zahlreichen Gutachten ein eindeutiges Ergebnis bekommen? Das war doch eindeutig. Sportlich fair ist es doch nicht, dass der Zweite genau soviel bekommt wie der Erste. Es ist

(Hans-Jörn Arp)

doch klar, auch im Sport ist es so, dass der Erste immer etwas mehr bekommt als der Zweite. Deshalb geht die Diskussion, die wir heute führen, am Thema vorbei.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Stattdessen sollte sich das ganze Land über so ein innovatives und touristisch attraktives Projekt freuen. Denn es stärkt die Position Kiels und damit ganz Schleswig-Holsteins auf dem hart umkämpften Markt der Kreuzfahrtschiffe und der Tagesurlauber. Ich bin sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde ein solches Leuchtturmprojekt in Mecklenburg-Vorpommern realisiert, gäbe es dort eine solche Debatte nicht. Da zieht man an einem Strang, weil man weiß, dass man die Touristen mit einer längeren Aufenthaltsdauer braucht. Das ist wieder ein schleswigholsteinisches Phänomen.

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle aber auch noch ein Wort unter anderem zu dem MultimarWattforum sagen, Herr Kollege Kubicki, damit Sie wissen, was wir ansonsten noch an Leuchtturmprojekten haben. Dazu gehört das Multimar-Wattforum in Tönning und die Phänomenta in Flensburg. Beide Projekte haben einen ausgezeichneten Ruf in und außerhalb von Schleswig-Holstein.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Beide Projekte sind bereits jetzt äußerst attraktiv und werden jährlich von 80.000 beziehungsweise 120.000 Besuchern besucht. Ich bin sicher, dass die Landesregierung keine Schritte unternehmen wird, die eines der beiden Projekte gefährdet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Landtagsfraktion steht zur Phänomenta in Flensburg, steht zum Multimar-Wattforum Tönning und zu weiteren Leuchtturmprojekten, die wir im Land haben, und setzt sich dafür ein, dass das maritime Science Center, das von der alten Landesregierung angestoßen wurde, jetzt auch realisiert wird. Wir sind stolz darauf, dass das so schnell losgegangen ist. Wir danken der Landesregierung dafür, dass sie klare Fakten aufgezeigt hat.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Jürgen Weber.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat wäre es eine gute Nachricht, wenn es mit dem Science Center in Kiel tatsächlich losginge. Auch wäre es eine gute Nachricht, wenn die Investitionsblockade durch die Stadt Kiel endlich durchbrochen wäre. Hoffen wir, dass beides so schnell wie möglich eintritt.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

In einer neuen Legislaturperiode gehört es natürlich zum Geschäft, dass ein neuer Wirtschaftsminister mit einer neuen Koalition aufs Neue einen Anlauf nimmt, eine Lösung für das Problem auf den Weg zu bringen. Da ist Wirtschaftsminister Austermann in der Tat etwas ganz Besonderes gelungen, dass muss man sagen. Bisher hat das Land 60 % geboten, bisher hat die Stadt 70 % gefordert, und der geniale Kompromiss lautet: Das Land gibt 75 %.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fürchte, Herr Kollege Austermann, wenn das Schule macht, bekommen wir im letzten Jahr des Regionalprogramms noch richtig Dynamik ins Geschäft.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)