Ich komme noch einmal auf die Förderung zurück. Herr Kubicki hat schon darauf hingewiesen, dass eine einzelbetriebliche Förderung keinen Sinn macht. Ich kann es mir nicht verkneifen, an dieser Stelle noch einen Punkt anzusprechen. Ich beziehe mich hier auf den berühmten Plop. Da fördert der Wirtschaftsminister Austermann die Entwicklung eines neuen Bügelflaschenverschlusses für die bekannte Bierflasche der Flensburger Brauerei mit 1,5 Millionen € aus dem Programm „Betriebliche Innovationen“. So ist es einer Pressemitteilung zu entnehmen. Dieses Thema ist in der Presse dann vielfach diskutiert worden. Es geht um einen neuen Bügelverschluss mit optimierten Eigenschaften hinsichtlich Funktionalität, Lebensdauer und Qualität. Die Fachhochschule Flensburg ist bei diesem Projekt eingebunden. Es wird gesagt, wir hätten es hier mit einer innovativen, praxisorientierten Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft zu tun.
Wir Grüne haben zunächst in den Kalender geschaut und festgestellt, dass es sich nicht - wie wir zuerst gedacht haben - um den 1. April handelt. Der Bügelverschluss einer Bierflasche ist eine sehr alte Technik und sie kann sicherlich optimiert werden. Es geht hier in diesem Fall aber wirklich nicht um eine Innovation. Eine Förderung von 1,5 Millionen € ist nicht zu rechtfertigen. Wir haben gestern dazu noch eine Kleine Anfrage eingereicht, in deren Rahmen wir Einzelfragen stellen.
Herr Kayenburg, ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel. Ich war am Timmendorfer Strand. Dort sollte ein großes Edelhotel gebaut werden. Dafür wurde eine Millionenförderung in Aussicht gestellt. Parallel dazu hatte aber in Sichtweite ein Hotelunternehmer inzwischen 3,5 Millionen € für die Sanierung seines Hauses in die Hand genommen, und zwar
ohne Förderung. Was wird dieser denn sagen, wenn sein Mitbewerber sich mit der Förderung in unmittelbarer Nähe stark entwickelt und ihm die Gäste klaut?
Die ökologische Energiewende bedeutet nichts anderes, als Stoffströme durch Kapital zu ersetzen. Die bei McKinsey in Auftrag gegebene Studie überraschte ja den BDI so sehr, dass er sie zunächst gar nicht veröffentlichen wollte. Man wollte durch die McKinsey-Studie eine CO2-Reduktion um 20 % als Wirtschaftshemmnis bestätigt bekommen. Das Ergebnis war aber ein ganz anderes. Es wurde gesagt: Eine Reduktion um 30 % müssen wir auf jeden Fall erreichen. Eine Reduktion um 40 % wäre auch noch wirtschaftlich.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Wir merken, dass wir in Schleswig-Holstein gut aufgestellt sind. Wir profitieren von der ökologischen Energiewende. Der Mittelstand in Schleswig-Holstein ist unser Wirtschaftsmotor. Ihn weiter zu fördern ist zentralen Anliegen der grünen Wirtschaftspolitik.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den statistischen Teil mit den vielen Prozentzahlen will ich mir ersparen. Ich verweise diesbezüglich auf die Rede des Kollegen Schröder, der deutlich gemacht hat, welche Bedeutung der Mittelstand hat. Aufgrund der Tatsache, dass der Mittelstand für Schleswig-Holstein so bedeutend ist, begrüßen wir es, dass wir uns heute hier mit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage betreffend Perspektiven für den Mittelstand in Schleswig-Holstein beschäftigen. Wir bedanken uns ausdrücklich beim Ministerium und bei den Be
teiligten, dass man uns diese ausführliche Darstellung zu den Perspektiven für den Mittelstand vorgelegt hat.
Schon in der Vergangenheit standen die Pflege und die Weiterentwicklung des Mittelstandes im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik des Landes. Es ist daher eine Selbstverständlichkeit, dass die Große Koalition diese erfolgreiche Politik weitergeführt hat. Das freut uns sehr. Dies geht insbesondere aus den Passagen der Antwort auf die Große Anfrage hervor, in denen es um die Mittestandsförderung und die Mittelstandsfinanzierung geht. Ich möchte dem Kollegen Schröder darin beipflichten, dass mit dieser Politik schon in der vergangenen Wahlperiode begonnen wurde. Sie ist damals von uns schon unterstützt worden. Sie dürfen sich deshalb nicht wundern, dass Sie nach meiner Rede feststellen werden, dass von uns das, was bisher in der Mittelstandspolitik gemacht wurde, auch weiterhin begrüßt wird.
Das „Zukunftsprogramm Wirtschaft“, das ja mit verschiedenen Fördermitteln - zusammengesetzt aus Landesmitteln, EU-Geldern und GA-Mitteln und bewährten Förderinstrumenten die heimische Wirtschaft ankurbeln und unterstützen soll, ist ja ein Nachfolger des Programms „Zukunft im Land“. Auch die Förderinstitute des Landes - zum Beispiel die I-Bank oder die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH haben schon eine lange erfolgreiche Geschichte in der Förderpolitik des Landes hinter sich. Wie gesagt: Kontinuität ist etwas ganz Vernünftiges.
Es sei zugegeben, dass die Landesregierung in den letzten Jahren einiges getan hat, um diese bewährten Instrumente der Mittelstandspolitik weiterzuentwickeln. Der SSW war nicht immer mit den Prioritätensetzungen einverstanden - ich nenne hier das Stichwort Husumer Hafen -, aber wir stellen erfreut fest, dass die Landesregierung im letzten Jahr zumindest den Willen gezeigt hat, sich verstärkt um die Belange der strukturschwachen nördlichen Region und der Westküste zu bemühen.
So bewerten wir die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark als einen Fortschritt, dem allerdings noch weitere Meilensteine folgen müssen, damit die jetzt beschlossenen Leuchtturme der deutsch-dänischen Zusammenarbeit nicht allein in der Landschaft herumstehen.
Für den nördlichen Landesteil ist der Ausbau dieser Zusammenarbeit die entscheidende strategische Perspektive, um Wachstum und Arbeitsplätze im deutsch-dänischen Grenzland zu schaffen. Auch
hier spielt der Mittelstand der Region eine wichtige Rolle. So zeigt auch das Beispiel der Schließung von Motorola in Flensburg überdeutlich, dass wir uns in der Wirtschaftspolitik nicht auf die internationalen Großkonzerne verlassen können. Der Fall Motorola muss daher unbedingt Konsequenzen für die Wirtschaftsförderung des Landes haben. Wir meinen, dass sich die Wirtschaftspolitik in Zukunft noch viel stärker darauf konzentrieren muss, die Gründung, den Ausbau und die Ansiedlung kleinerer und mittlerer Unternehmen zu fördern. Denn nur diese Unternehmen sind in der Region verwurzelt und wir wissen ja aus den Erfahrungen der letzten Jahre, dass gerade kleinere innovative Firmen neue Arbeitsplätze schaffen können.
Natürlich muss es in Schleswig-Holstein auch weiterhin internationale Unternehmen geben, aber die öffentliche Förderung der Ansiedlung global agierender Konzerne muss künftig viel kritischer betrachtet werden. Das erwarten wir von der Landesregierung.
Während große Konzerne weiterhin Arbeitsplätze abbauen, können wir erfreut feststellen, dass zugleich Tausende von Jobs wieder nach Deutschland zurückkommen. Nach einem Artikel des „Spiegel“ vor einigen Wochen ist der Grund dafür, dass sich bei der Verlagerung ins Ausland vor allem mittelständische Unternehmen völlig verkalkuliert haben. Demnach kehrt jetzt insbesondere in der Metallund Chemiebranche jeder fünfte Betrieb wieder zurück und schafft neue Arbeitsplätze, die er damals abgeschafft hatte. Leider ergibt sich aus der Antwort auf die Große Anfrage nicht, ob dies auch für Schleswig-Holstein zutrifft. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass es beim Standortwettbewerb eben nicht nur auf die Lohnkosten ankommt, sondern dass auch Faktoren wie eine gute Ausbildung der Beschäftigten oder eine einigermaßen korruptionsfreie Verwaltung sehr wichtig sind, wenn sich Betriebe ansiedeln oder entscheiden, ob sie die Produktion ins Ausland verlagern. Dies gilt natürlich insbesondere für mittelständische Unternehmen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, wie wichtig es war, dass der Landtag das Tariftreuegesetz erhalten und auch auf den ÖPNV ausgeweitet hat.
Das Tariftreuegesetz nützt gerade den kleineren und mittleren Unternehmen in unserer Region und sichert ihnen faire Wettbewerbschancen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Leider hat der Kollege Callsen gerade vergessen, dieses Gesetz zu erwähnen. Ich hole die Erwähnung deshalb hier
Im Zusammenhang mit dem Tariftreuegesetz möchte ich noch auf einen Punkt eingehen. Wir haben jetzt neue Richtlinien zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Sie resultieren daraus, dass wir neue Wertgrenzen eingeführt haben. Die Gemeinden beginnen nun, ihre alten Vergabeordnungen zu ändern. Sie orientieren sich dabei an der Vergabeordnung des Landes. Das ist gut so, denn auf diese Weise kommt man zu einem einheitlicheren und auch unbürokratischeren Verfahren. Es gibt allerdings einen kleinen Webfehler. In der alten Vergabeordnung waren das Mittelstandsförderungsgesetz und das Tariftreuegesetz als Grundlagen erwähnt. Das ist in der neuen Vergabeordnung nun nicht mehr der Fall, was dazu führt, dass sowohl hinsichtlich der - teilweise freiwilligen - Ziele, was das Mittelstandsförderungsgesetz angeht, als auch hinsichtlich der Anwendbarkeit des Tariftreuegesetzes von jeder Gemeinde gesondert Beschlüsse gefasst werden müssen.
Bei demjenigen, der es vergisst, gilt es nicht und deswegen rege ich an - ich weiß, dass dies eigentlich Verwaltungshandeln ist und nicht unbedingt dem Parlament obliegt -, dass das Ministerium darüber nachdenkt, ob man diese beiden Gesetze nicht namentlich in dieser Vergabeordnung erwähnen könnte. Denn dann hätte sich für viele Kommunen das Problem erledigt und wir würden das, was wir hier politisch beschlossen haben, in den Kommunen entsprechend wiederfinden.
Die Reaktion der Landesregierung auf die Schließung von Motorola und die Vorschläge zur Verbesserung der Beschäftigungssituation in der Region Flensburg sehen auf den ersten Blick vernünftig aus: Die Landesregierung bemüht sich, den hiesigen Unternehmen, den Kommunen und den Hochschulen in der Region mit großzügigen Förderzusagen entgegenzukommen. Dazu ist es positiv, dass die Berufsschullehrerausbildung an der Universität Flensburg weitergeführt wird.
Wir weisen - das ist ganz wichtig - allerdings die Kritik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Kollegen Kubicki an den Fördergeldern des Wirtschaftsministeriums für die Entwicklung eines neuen „Flens“-Bügelverschlusses zurück. Die Mitarbeiter in der Flensburger Brauerei, an der FH Flensburg und deren Kinder wissen sehr wohl, dass die öffentlich geförderte Investition in die Entwicklung eines neuen Abfüll- und Verschlusssystems die
Existenz von Familien tatsächlich sichern kann. Es geht der Flensburger Brauerei um die Weiterentwicklung eines Alleinstellungsmerkmals, das für den Absatz und die Qualität enorm wichtig ist. Und es geht um die Verbesserung eines Verfahrens, das mit der Hochschule vor Ort entwickelt wird und das langfristig Kosten einsparen wird. Solche Innovationen sichern bestehende Arbeitsplätze und schaffen neue Beschäftigung bei einem echten Mittelständler, der ist mit der Region tief verwurzelt. Und damit ist das Geld gut angelegt.
Von diesen Projekten und Zuschüssen brauchen wir also nicht weniger, sondern mehr, damit wir die positive wirtschaftliche Entwicklung gerade auch des Mittelstandes in Schleswig-Holstein weiter voranbringen können.
Nach den Wachstumszahlen der letzten zwei Jahre droht jetzt nach Angaben des Unternehmerverbandes Nord zum ersten Mal wieder eine wirtschaftliche Delle, weil die Investitionen in diesem Jahr um fast 35 % zurückgegangen sind. Gleichzeitig vermelden allerdings die Handwerkskammern Flensburg und Lübeck bei ihrer Konjunkturumfrage immer noch eine positive Grundstimmung beim Handwerk, der ja fast zu 100 % von mittelständischen Unternehmen geprägt ist.
Insbesondere im nördlichen Landesteil vermelden die Handwerksunternehmen besonders positive Aussichten, was sicherlich auch an dem Boom in Dänemark liegt, der dazu beigetragen hat, dass die Arbeitslosenquote im Bezirk Flensburg nachhaltig gefallen ist. Der SSW begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Landesregierung in ihrer Antwort zur Großen Anfrage die Klage des Handwerks im nördlichen Landesteil relativiert, dass zu viele Arbeitnehmer in Dänemark einen Job fänden und es damit zunehmend zu einem Mangel an Fachkräften auf deutscher Seite komme. Denn wir müssen den Arbeitsmarkt als gemeinsamen Arbeitsmarkt in der Grenzregion betrachten. Nur so werden wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wirklich entscheidend voranbringen.
Das müssen auch die hiesigen Handwerksunternehmen erkennen und sie müssen ihre Personalpolitik darauf ausrichten. Das bringt mich allerdings zu einem Thema, das aus meiner Sicht in der Großen Anfrage nicht ausreichend gewürdigt wird, das aber für den Mittelstand in unserer Region von überragender Bedeutung ist: Es geht mir um die Verbes
Der SSW hat dies bereits oft angesprochen und ich tue es auch heute: Bevor Milliarden von Geldern für ein Fehmarnbelt-Brücke verschwendet werden, muss die Landesregierung dafür sorgen, dass sie ihre Hausaufgaben in Schleswig-Holstein macht. Das heißt, wir brauchen zum Beispiel endlich den Ausbau der A 20 mit der westlichen Elbquerung und mit Anbindung an die Westküste. Wir brauchen eine ordentliche A 7 sowie viele andere Verbindungen - nicht nur im Landesteil Schleswig, sondern auch im Holsteinischen - eher als das, was wir als Großprojekt „Fehmarnbelt-Querung“ kennen.
Das sage ich nur am Rand. Denn eigentlich wollte ich Sie ja loben. Ich möchte Sie für die Kontinuität loben und deutlich sagen, dass die Weiterführung der Mittelstandspolitik der letzten Jahre ein Erfolg von uns allen ist. Auch die einzelbetriebliche Förderung macht Sinn, wenn die Weiterbildung und Beteiligung von Hochschulen einbezogen wird. Auch die erneute Priorisierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist ein wichtiges Signal und daher bedanken wir uns ausdrücklich für diese sehr guten Elemente der Mittelstandspolitik und werden sie auch weiterhin unterstützen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließe.
Damit ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 16/1621, an den Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen!