Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nicht mit der Interpretation der gestrigen Bilder beginnen. Jeder hat sehen können, wie die Stimmung war, jedenfalls, wenn Bilder sprechen könnten, hätte man es erkennen können. Seit der Einführung eines erhöhten Elternbeitrages auf 30 % an den Schülerbeförderungskosten im Januar 2007 hat dies auf dem Land zu erheblichen Diskussionen geführt. Das ändert nichts an der Tatsache, dass man als nachgeschobenes Argument hier im Haus versucht, eine Gerechtigkeitsdiskussion LandStadt hinzubekommen. Diese Diskussion können wir gern führen, aber sie hat nichts mit dem vorliegenden Sachverhalt zu tun.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Auch wenn einige Kreise vernünftige Sozialstaffeln eingeführt haben, ist es eine Tatsache, dass dieser Beschluss von CDU und SPD so gar nicht zu den politischen Sonntagsreden über eine kinderfreundliche Gesellschaft mit besseren Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern passt.

Aus Sicht des SSW war die Einführung eines 30prozentigen Elternanteils an den Schülerbeförderungskosten eine klare Benachteiligung der Familien im ländlichen Raum und wir begrüßen, dass CDU und SPD zumindest grundsätzlich beschlossen haben, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen - erst einmal jeder für sich -, aber wie wir heute der Debatte entnehmen können, hat man sich dann so oder so darauf geeinigt.

Der Impuls zur Beendigung der Elternbeteiligung kam wieder einmal von der Westküste. Erst lehnte

(Dr. Ekkehard Klug)

der Kreistag in Dithmarschen die Umsetzung des Schulgesetzes in dieser Frage ab.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, sie haben das verschoben. Der Kollege Kubicki hat recht.

Und dann am Freitag, den 16. November 2007, beschloss der nordfriesische Kreistag mit der Mehrheit der CDU-Abgeordneten, die Eltern nicht an den Kosten für Schulbusfahrten zu beteiligen. Wenige Tage später signalisierte der Ministerpräsident dann direkt aus Indien, dass die Kreise in Zukunft selbst bestimmen können, ob sie die Eltern an den Schülerbeförderungskosten beteiligen wollen.

Dabei hatte der Landtag noch im September mit den Stimmen der Landtagsabgeordneten von CDU und SPD wieder einen entsprechenden Gesetzentwurf der Opposition, der FDP, abgelehnt. Ich glaube, auch das muss man noch einmal wiederholen, damit das nicht so schnell in Vergessenheit gerät. Und die CDU zwang in diesem Zusammenhang sogar Innenminister Stegner, der sich als SPD-Landesvorsitzender als Gegner der Elternbeteiligung profilierte, zum Rücktritt.

Am Ende haben aber die CDU-Rebellen von der Westküste den Landesvorsitzenden der CDU zum Rückzug bei der Elternbeteiligung an den Schulbuskosten gezwungen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der FDP)

Auf dem CDU-Parteitag Ende November verkündete der Ministerpräsident die völlige Kehrtwende und tat kund, dass seine Partei nun ab dem Schuljahr 2008/2009 für die Kreise eine freiwillige Lösung bei den Schulbuskosten anstrebt.

Seit dem Parteitag hat auch der Kreistag in Plön mit der CDU-Mehrheit die entsprechende Satzung zur Umsetzung der Elternbeteiligung abgelehnt, obwohl dies ja laut Juristen ein klarer Rechtsbruch ist. In beiden Fällen, in Nordfriesland und Plön, sahen sich daher die Landräte dazu gezwungen, Widerspruch einzulegen und damit die Satzung wieder in Kraft zu setzen. In Dithmarschen hat man dieses Thema gar nicht erst auf die Tagesordnung des Kreistages gesetzt und damit das Schulgesetz etwas intelligenter unterlaufen.

Im Kreis Schleswig-Flensburg dagegen haben CDU und SPD unter sehr unschönen Begleitumständen am Mittwoch einen Antrag der SSW-Kreis

tagsfraktion zur Abschaffung der Elternbeteiligung abgelehnt

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

und das vor dem Hintergrund, dass die SSW-Kreistagsfraktion doch nur das gefordert hat, was der SPD-Landesparteitag beschlossen hat und was der SPD-Landesvorsitzende landauf, landab für seine Partei in Anspruch nimmt, nämlich keine Elternbeteiligung an der Schülerbeförderung.

Und darum möchte ich - ohne jetzt eine Schärfe in die Diskussion hineinzubringen

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Doch, mach das mal!)

die SPD-Landesspitze auffordern, ihre Fraktionsvorsitzenden im Kreistag Schleswig-Flensburg über die Thematik der Schülerbeförderung zu den dänischen Schulen aufzuklären und wieder zur Besinnung zu bringen. Dies nur nebenbei bemerkt.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete Spoorendonk, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul?

Frau Kollegin Spoorendonk, ist Ihnen bekannt, dass wir noch ein gültiges Landesgesetz haben? Wie bringen Sie den SSW-Antrag in SchleswigFlensburg damit in Einklang?

- Lieber Herr Kollege Wadephul, mir ist bekannt, dass wir dieses Gesetz haben. Mir ist bekannt, dass man auch in den Kreisen Plön und Nordfriesland wusste, dass es dieses Gesetz gibt. Das hat aber nichts mit meinem kleinen Appell am Rande zu tun. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, das hier anzubringen, denn man sollte vor dem Hintergrund der gestrigen Debatte zum Minderheitenbericht -

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Nein, damit hat das konkret nichts zu tun, aber das wurde gestern im Kreis Schleswig-Flensburg miteinander in Zusammenhang gebracht.

(Zurufe von der CDU)

- Bleiben Sie dabei.

(Anke Spoorendonk)

Die Situation in vielen Kreisen ist hinsichtlich der Elternbeteiligung an den Schulbuskosten also weiter völlig unübersichtlich und man kann fast sagen, das Chaos ist perfekt. So hat zum Beispiel die Mehrheit des CDU-geführten Kreises Nordfriesland weiteren Widerstand gegen eine Elternbeteiligung angekündigt.

Gestern nun haben sich die beiden Koalitionspartner darauf geeinigt, dass man sich immer noch ganz uneinig ist. Aber zumindest will man scheinbar schnellst möglichst aus der Mussbestimmung - das haben wir heute alles gehört - eine Kannbestimmung machen. Die Kreise sollen also in Zukunft selbst bestimmen dürfen, ob sie die 30-prozentige Elternbeteiligung erheben wollen. Über eine mögliche finanzielle Kompensation für die Kommunen will man erst später entscheiden.

Da werden sich die Kreise und ihre politischen Vertreter aber richtig freuen, denn in Wirklichkeit weiß immer noch kein Mensch, woran man in dieser Frage jetzt ist. Welcher Kreis will jetzt schon freiwillig eine 30-prozentige Elternbeteiligung abschaffen, wenn er noch nicht weiß, woher das Geld für diese Schülerbeförderung kommen soll?

(Unruhe)

Wenn man sich dann noch vor Augen hält, dass die Einführung der 30-prozentige Elternbeteiligung ein Teil der Kompensation für den Eingriff in die kommunalen Haushalte sein sollte, kann man auch verstehen, dass gerade die kommunalen Landesverbände, der Landkreistag, sehr empört über die Entwicklung der letzten Wochen sind.

Der Diskussionsverlauf der beiden Regierungsparteien über die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten war also einfach völlig unverantwortlich, ja skandalös, den betroffenen Eltern sowie den Kreisen und Kommunen gegenüber.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im Vergleich zum aktuellen Chaos dieser Regierung - ich denke, das kann man in dieser Situation ruhig sagen - war die damalige rot-grüne Landesregierung ein Hort der Stabilität und des politischen Friedens.

(Beifall beim SSW - Lachen bei der CDU)

- Ja, alles ist relativ. Wie lange soll den Bürgerinnen und Bürger eigentlich noch ein solches Schauspiel geboten werden? Der Streit der beiden Regierungspartner über die Kreisreform spricht für sich. Ich muss sagen, in dieser Weise kann man

Schleswig-Holstein nicht ordentlich regieren, die Menschen haben etwas Besseres verdient.

In der Frage der Schulbuskosten plädiert der SSW dafür, dass wir rückwirkend mit Beginn dieses Schuljahres zur alten Regelung des Schulgesetzes zurückkehren. Das würde bedeuten, dass die Kreise keine 30-prozentige Elternbeteiligung erheben, aber dass man die alte Regelung - die zum Beispiel in einigen Kreisen auch zu einem Schülerticket geführt hat - wieder einführt. Dieses Schülerticket ist allgemein akzeptiert worden, da hat es keinen Protest der Eltern gegeben.

(Zurufe von der CDU: Doch!)

Alles andere ist nicht vermittelbar. Nicht vermittelbar ist allerdings auch nicht, wie den Menschen im Land glaubhaft gemacht werden soll, dass Große Koalitionen zu großen Lösungen gelangen.

Es ist sympathisch - das meine ich wirklich so -, dass gesagt wird, wir haben Fehler gemacht, man redet nichts schön. Ich finde das sympathisch. Auch vor dem Hintergrund, dass in anderen Zusammenhängen gesagt wurde, dass so ein Tag ein schöner Tag sei, muss ich aber feststellen: Das ist es nicht, weder für die SPD noch für die CDU. Was bleibt, ist die Tatsache, dass sich ganz viele Politfunktionäre auf kommunaler Ebene, aber auch auf Landesebene, völlig verkalkuliert haben. Man hat unterschätzt, wie diese Entscheidung bei den Menschen vor Ort ankommt und jetzt hat man den Salat, jetzt muss man die Suppe auslöffeln. Ein schöner Tag ist das nicht, wir hoffen, dass bessere Tage kommen werden.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Rahmen der Restredezeit der von den Fraktionen angemeldeten Redezeit erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Herr Kollege Wadephul, müssen Sie mir erklären, welchen Sinn es für die Kreise macht, noch ein Gesetz anwenden zu sollen, von dem Sie gerade erklärt haben, dass es rückwirkend aufgehoben werden soll. Ich meine, Verwaltungsvereinfachung besteht darin, dass man Unsinn lässt. Das, was Sie momentan vorschlagen, ist, dass die Kreise weiterhin etwas einfordern sollen, was ihnen

(Anke Spoorendonk)