Aufgrund der hohen Sanierungsrückstände in Schleswig-Holstein brauchen wir ein Handlungskonzept, das den sozialen, wirtschaftlichen und energetischen Aspekten im Bestandswohnungsbau gerecht wird. Das bedeutet Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen durch ein neues Wohnraumfördergesetz statt dirigistischer Zwangsmittel mit unverhältnismäßigen Umsetzungsfristen. Durch die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen werden die Betriebskosten abgesenkt. Die Refinanzierung der Maßnahmen erfolgt durch vertretbare Mieterhöhung. Entscheidend ist, dass im Ergebnis die Summe der Belastungen der Mieterinnen und Mieter nicht überproportional ansteigt. Das wird in weiten Bereichen nur gelingen, wenn Wohnraumfördermittel oder KfW-Mittel des Bundes zur energetischen Erneuerung von Wohneinheiten zur Verfügung stehen.
Je intensiver man sich mit den Auswirkungen des Gesetzentwurfs der Fraktion der Grünen beschäftigt, um so offensichtlicher wird, dass der ganzheitliche Politikansatz fehlt. Ich will dies an einem weiteren Beispiel verdeutlichen.
Man könnte argumentieren, es ist ja egal, ob vorhandene Wohnungsbestände, Ein- oder Zweifamilienhäuser energetisch saniert werden oder der Anteil der erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung erhöht wird.
Hauptsache, der CO2-Ausstoß wird verringert und die Klimaschutzziele werden erreicht. - Das halte ich für eindeutig falsch. Auf die Reihenfolge kommt es an. Dämmung als erster Schritt und, wenn möglich, der Einsatz erneuerbarer Energie als zweiter Schritt.
Die energetische Modernisierung der Fassaden dient gleichzeitig der Wohnumfeldverbesserung. Die städtebauliche Erneuerung und die Erneuerung der Quartiere ist ein wichtiges Nebenprodukt, wenn die Gebäudehüllen wärmedämmtechnisch saniert werden. Auf diesen Aspekt dürfen wir hinsichtlich der wichtigen integrativen Funktion von Quartieren nicht verzichten.
Das Gesetz strotzt vor Überregulierung und Bürokratisierung und trampelt jeden freiwilligen Ansatz, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, mit Zwangsmaßnahmen nieder.
Dabei ist es gar nicht nötig, Eigentümer und Wohnungswirtschaft zu klimaschützenden Investitionen zu zwingen. Die Unternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen haben sich in der Aktion „Energiewende für Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit“ freiwillig dem Klimaschutz verpflichtet. Ziel ist es, den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß bis 2020 bei nachprüfbaren Kriterien um 15 % beziehungsweise 25 % zu senken. Ohne passende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wird die Selbstverpflichtung nicht umgesetzt werden können.
Wie wichtig aber die Wärmedämmung ist, können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zur Wohnungspolitik in Schleswig-Holstein nachlesen. Bei einem Modernisierungsaufwand, der sich auf die Wärmedämmung der Gebäudehülle und eine gleichzeitige Modernisierung der Heizungsanlage bezieht, ist eine Reduzierung von 80 kg CO2 pro Quadratmeter Wohnfläche zu erreichen. Bei 150.000 Wohnungen, die nach Schätzungen von Experten - wiederum aus „Wettbewerbsgründen“ bis 2010 saniert werden müssten, lassen sich bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 62 m2 744.000 t CO2 pro Jahr einsparen. Wir haben also kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit,
weil niemand weiß, woher die geschätzten 3,1 Milliarden € kommen sollen, um diese Modernisierungsmaßnahmen zu finanzieren.
Die Frage der Wirtschaftlichkeit beziehungsweise der Verhältnismäßigkeit wird in dem Gesetzentwurf der Grünen nicht beantwortet. Beim Abschreiben des Gesetzes aus Baden-Württemberg wurde nicht einmal der Versuch unternommen, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Auf die im badenwürttembergischen Gesetz vorgesehene ersatzweise Erfüllung, als Alternative zur anteiligen Nutzungspflicht erneuerbare Energien einzusetzen, wurde ganz verzichtet. Das heißt, ein Anrechnen an anderer Stelle bereits umgesetzter oder noch durchzuführender Wärmedämmmaßnahmen findet nicht statt.
Es bleibt festzuhalten: Eine Umstellung der Energieversorgung weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien ist grundsätzlich heute schon machbar. Der Einsatz erneuerbarer Energie
wird bei zunehmender Knappheit fossiler Rohstoffe mittelfristig betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Der Aufbau einer dezentralen Energieversorgung ist dafür der geeignetere Weg. Viele dezentrale Kraftwerke, insbesondere die von der SPD-Fraktion favorisierten Kombikraftwerke, die sich in der Nähe der Verbraucher befinden und erneuerbare Energie produzieren, helfen uns, die Klimaschutzziele zu erreichen, zu denen sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat und die von der EUKommission künftig gefordert werden.
Fazit: Die Idee ist diskussionswürdig, das Gesetz ist schlecht, aber immer noch besser, als neue Atomkraftwerke im Kreis Steinburg bauen zu wollen.
Ich beantrage Überweisung in den Wirtschaftsausschuss, in den Innen- und Rechtsausschuss und in den Umweltausschuss.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Matthiessen, mer könnet elles, sogar uf Hochdütsch. - So oder so ähnlich müssen Sie sich gefühlt haben, als Sie den Gesetzentwurf aus Baden-Württemberg auf Ihren Schreibtisch legten und dann Ihren eigenen formulierten. Als ich die Drucksache mit der entsprechenden Überschrift das erste Mal gelesen habe, habe ich gedacht: Warum nicht?
Am 7. November 2007 hat die CDU-FDP-Regierung in Baden-Württemberg das Gesetz beschlossen, das den Titel trägt: Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Baden-Württemberg. Dann habe ich Ihre Drucksache neben das grundsätzlich vernünftige gelb-schwarze Gesetz aus Baden-Württemberg gelegt und verglichen. Und siehe da: Der vermeintlich grüne Gesetzentwurf entspricht durchaus zu einem Teil - jedenfalls was Buchstaben und Sätze anbelangt - dem Gesetzentwurf aus Baden-Württemberg.
Wer allerdings glaubt, dass auch der Inhalt weitgehend identisch ist, der irrt. Zwar sind dieselben Buchstaben verwandt worden, aber die Zielrichtung des Gesetzes des Kollegen Matthiessen ist eine andere als die des baden-württembergischen Gesetzentwurfs. Deshalb ist es, finde ich, wert, dass man sich mit den einzelnen Regelungen, die uns heute
vorgelegt wurden, konkret auseinandersetzt, um diesen Unterschied auch zu zeigen. Es ist grundsätzlich in Ordnung, wenn die Initiative auch auf Landesebene ergriffen wird. Da bin ich etwas anderer Meinung als die beiden Kollegen zuvor.
Aber man muss sich dann schon für das entscheiden, was man liberale Wirtschaftslenkung nennt und was man darunter vielleicht versteht. Schauen wir also einmal in Ihren Gesetzentwurf hinein, Herr Kollege Matthiessen!
§ 4, anteilige Nutzungspflicht. In § 4 Ihres Gesetzentwurfs wird geregelt, dass für private neu gebaute Häuser und Wohnungen ab dem 1. April 2008 - das ist nicht mehr lange hin - 40 % des jährlichen Wärmebedarfs durch erneuerbare Energie gedeckt werden sollen. In privaten bereits bestehenden Häusern und Wohnungen sollen ab dem 1. Januar 2010 20 % des Wärmeenergiebedarfs aus erneuerbaren Energien stammen.
Zum Vergleich: In dem grundsätzlich vernünftigen Gesetz aus Baden-Württemberg - das will ich immer heranziehen - werden für Neubauten 20 % und für bereits bestehende Häuser und Wohnungen 10 % vorgeschrieben. Das ist realistisch und das ist auch erreichbar. Ich frage mich, warum Sie an der Stelle nicht wirklich die Anleihe genommen haben, sondern noch eines draufgesetzt und schlicht verdoppelt haben. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie schießen damit weit über das Ziel hinaus und verursachen Mehrkosten bei Bürgerinnen und Bürgern, anstatt Anreize zu setzen.
Schauen wir uns § 5 an: Energetische Anforderungen. Denn hier geht es weiter. In § 5 bauen die Grünen etwas ein, was sich im vernünftigen Gesetz aus Baden-Württemberg aus gutem Grund gerade nicht findet. Sie wollen den Jahresenergiebedarf für bestehende Wohngebäude, für Heizung, Warmwasserbereitung und Lüftung per Gesetz reduzieren, und zwar bis auf 170 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr 2020. Damit sich jeder, der sich nicht jeden Tag mit diesem Thema beschäftigt, etwas darunter vorstellen kann: Das heißt im Klartext gesprochen: Sie wollen, dass der Staat dem Bürger vorschreibt, wie hoch der Energieverbrauch in seinem Haus höchstens sein darf.
Man kann das machen, aber wir nehmen jetzt einmal einen durchschnittlichen schleswig-holsteinischen Bürger. Er hat im Oktober 2007 ein 120 m2 großes Einfamilienhaus fertig gebaut, lebt dort mit
seiner Frau und seinen zwei Kindern, zahlt den Kredit für eben dieses Haus die kommenden 25 Jahre bei seiner örtlichen Sparkasse zurück und heizt sein Haus, wie er denkt, relativ umweltfreundlich mit Erdgas. Laut einer Statistik des Bundeskartellamts verbraucht diese Familie etwa 35.000 kWh an Wärmeenergie, also 290 kWh pro Jahr und Quadratmeter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, was soll er nun in sieben Jahren eigentlich machen? Einen neuen Kredit aufnehmen, um die komplette Heizungsanlage umzustellen? Oder soll er nur jeden zweiten Tag heizen? Das, was Sie vorschlagen, ist schlichtweg unrealistisch, um nicht zu sagen absurd.
Was machen Sie mit Härtefällen? Was machen Sie mit Rentnern und sozial Benachteiligten? Warum führen Sie in Ihrem Gesetzentwurf noch nicht einmal eine Übergangsregelung ein?
Außerdem: Meinen Sie nicht, dass dadurch ein erheblicher Fehlanreiz besteht? Das stört mich an Ihrem Gesetz am meisten. Meinen Sie nicht, es ist sinnvoller, die Reduzierung der Wärmeenergie zu belohnen, anstatt die Überschreitung willkürlicher Matthiessen’scher Höchstgrenzen zu bestrafen? Und schließlich die Frage: Wer soll das alles eigentlich kontrollieren und was sind die Konsequenzen, wenn die Vorgabe aus Ihrem Gesetz nicht eingehalten wird?
§ 6, elektrische Heizungen. In § 6 fordern Sie, dass bis zum 30. Juni 2015 sämtliche Direktheizungen oder Nachtspeicherheizungen außer Betrieb zu nehmen sind. Die Forderung, die Nutzung der elektrischen Heizungen zu reduzieren, ist sinnvoll. Das sage ich, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Sie ist aber genauso überflüssig, Kollege Matthiessen. Die Bundesregierung hat nämlich im August 2007 beschlossen, genau dieses Ziel im gesamten Bundesgebiet zu erreichen, und zwar - mit guten Begründungen - bis zum Jahr 2020.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was mich an der Verschlimmbesserung durch die Grünen allerdings am meisten nicht nur ärgert, sondern auch gewundert hat, sind die fehlende Selbstverpflichtung und die fehlende Vorbildfunktion. Warum, lieber Kollege Matthiessen, haben Sie sich bei Ihren Kollegen in Baden-Württemberg nicht über das gesamte Ge
setzgebungsverfahren informiert? Denn neben dem Gesetz von Schwarz-Gelb gab es auch noch einen Entschließungsantrag von CDU und FDP, der man höre und staune! - fordert, dass die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes analog auch für die Landesliegenschaften und für die Landesgebäude gelten sollen. Warum fehlt denn diese unabdingbare Forderung in Ihrem heute vorgelegten Gesetzentwurf?
Dieser Gesetzentwurf ist aus meiner Sicht typisch für grüne Politik. Es werden gute Ideen aufgegriffen, diese dann aber zulasten der Bürgerinnen und Bürger völlig verunstaltet, Mehrkosten verursacht, verbunden mit mehr Bürokratie und mit mehr Strafen. Anreize zu einem klimaschonenden Verhalten werden nicht geschaffen und ein solches Verhalten nicht belohnt. Stattdessen soll nach Ihrem Willen noch nicht einmal das Land mit gutem Beispiel vorangehen. Warum eigentlich nicht? Gut gemeint, schlecht gemacht und deswegen in dieser Form mit Sicherheit nicht zustimmungsfähig.
Fazit: Die Grünen schreiben ein Gesetz von FDP und CDU in Baden-Württemberg ab. Das kann prinzipiell nicht schaden. Die Grünen verunstalten dieses Gesetz mit Zwangsmaßnahmen und mehr Bürokratie. Das schadet dann schon eher. Die Grünen zeigen mit dieser Vorlage, dass ihnen Gängelung und Bestrafung der Bürger wichtiger sind, als vernünftige Anreize zur Energieeinsparung zu schaffen. Das allerdings lehnen wir ab.
Aus Sicht der FDP-Fraktion muss es, wenn man das als Landesaufgabe definiert, Aufgabe des Landes sein, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung zu erhöhen, anstatt Bürger zu bestrafen.
Wie wäre es beispielsweise mit einer Initiative, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zu reformieren mit dem Ziel, eine möglichst hohe Energieeffizienz bei der Erzeugung von Strom und Wärme zu gewährleisten und die Verschwendung von Energie zu minimieren? Wie wäre es mit einer parlamentarischen Unterstützung von Fernwärmekonzepten zur effizienten und umweltschonenden Nutzung erneuerbarer Energien in der Wärmeproduktion? Wie wäre es mit einem Abbau von überflüssigen Regelungen, die die energetische Nutzung von Biomasse behin
dern, zum Beispiel die Zulassung von Getreide als Regelbrennstoff, Zulassung der energetischen Verwertung agrarischer Reststoffe wie tierische Fette, die nicht zu Ernährungs- oder Futterzwecken zugelassen sind und zurzeit mit hohen Kosten entsorgt werden müssen?
Natürlich erwarte ich an der Stelle auch mehr Initiative von der Landesregierung. Aber initiativ wurde zunächst nur einmal BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir werden über den Gesetzentwurf natürlich im entsprechenden Fachausschuss beraten, gegebenenfalls auch Änderungsvorschläge einbringen. Aber um zum Anfang zurückzukehren: Ihr kennet halt doch nit elles.