Alle finden Schulsozialarbeit wichtig und in anderen Staaten ist sie selbstverständlich. Auch in Schleswig-Holstein hat der Landtag im Jahre 2000 nach vielen erfolgreichen Modellprojekten die systematische Zusammenarbeit zwischen der Jugendsozialarbeit der Kommunen und den Schulen einstimmig gefordert. Er hat wenig später mit rotgrüner Mehrheit zum Aufbau von entsprechenden Netzwerken allen Kreisen und Kommunen Fördermittel zur Verfügung gestellt. Netzwerk war das Stichwort. Denn es sollte genau geguckt werden, wie Schule und Kommune zusammenarbeiten, welcher professionellen dauerhaften Unterstützung es dafür bedarf und welche Einzelprojekte sich bewähren.
Dann aber kam der Pferdefuß: Das Geld wurde von der kommunalen Seite gern genommen. Allerdings mussten wir feststellen, dass es statt für den Netzwerkaufbau gern für eher befristete Einzelmaßnahmen verwendet wurde. So sind die Netze zwischen Schule und Jugendarbeit vor Ort nicht zuletzt auch wegen der aktuellen Sparmaßnahmen in den Kommunen und Kreisen in diesem Bereich oft sehr löchrig.
Statt bei der aktuellen Neuordnung der Schulen endlich auch Schulsozialarbeit einzuplanen, findet vielerorts ein Schwarzer-Peter-Spiel um die Finanzen statt: zwischen Kommune, Landkreis, Jugendministerium und Bildungsministerium. Niemand möchte den ersten Schritt machen. Denn wer sich bewegt, hat schon verloren und muss gleich die
Das ist misslich und an dieser Stelle können wir nicht stehen bleiben. Wir müssen den nächsten Schritt machen.
Wir haben an vielen Orten gute Erfahrungen gemacht. Wir haben engagierte Leute. Diesen Einsatz dürfen wir nicht an bürokratischen Hürden scheitern lassen. Insofern finde ich den Gesetzentwurf der FDP sehr interessant. Die FDP nimmt nämlich alle mit ins Boot: Die kommunale Seite soll den Hut aufhaben. Den Zustand, wie er in den Gesetzen verankert ist, wollen Sie gar nicht verändern. Jugendsozialarbeit ist eine konzeptionell in der Kommune verankerte Aufgabe. Aber wenn diese Aufgabe wesentlich zum Schulfrieden und zur Schulentwicklung beiträgt, dann ist es sinnvoll, dass das Bildungsministerium dieser kommunalen Aufgabe mit einem Zuschuss beisteht. Deshalb fordern auch wir, die Verpflichtung zur Landesförderung von Schulsozialarbeit im Schulgesetz festzuschreiben. Das ist der richtige Ort.
Was des Weiteren hierzu im Schulgesetz steht, hat Herr Kollege Höppner schon vorgelesen. Die FDPFormulierung ergänzt das.
Nun kommt noch ein drittes Ministerium ins Spiel. Die Konzeptentwicklung und das modellhafte Ausprobieren neuer Formen der Jugendsozialarbeit muss mit jeder Generation neu erfunden werden. Jede neue Jugendgeneration ist anders. Insoweit ist das Jugendministerium immer tätig gewesen, indem es modellhaft neue Wege gefördert und dafür gesorgt hat, dass diese unter Fachleuten reflektiert und ausgewertet wurden, um sie anschließend in die Breite zu bringen.
Insoweit ist es sinnvoll, dass die genannten Ministerien, mit unterschiedlichen Aufgaben und mit unterschiedlichen Volumina, beteiligt sind.
Damit bin ich beim Geld. Ohne Geld in diesen Ministerien ab 2009 und ohne Verhandlung mit den kommunalen Landesverbänden wird der Gesetzentwurf der FDP - das muss man ehrlicherweise sagen - ein Papiertiger bleiben. Insofern haben wir noch viele Aufgaben vor uns, Herr Dr. Klug.
Jugendarbeit der Stadt und der Ganztagsschulbetrieb mehrerer benachbarter Schulen kooperieren schon seit vielen Jahren so erfolgreich auf gleicher Augenhöhe, dass hier nicht nur seitens des Jugendzentrums ein hervorragendes Betreuungs- und Freizeitangebot im Ganztagsschulbetrieb der unmittelbar benachbarten Schulen entstanden ist, sondern dass auch individuelle Kinder- und Jugendprobleme sowie Spannungen in Schulklassen von den Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen in der Schule erkannt und vor allem erfolgreich angegangen werden.
Das ist doch wirklich so, wie wir uns das vorstellen. Ich kann nur allen Beteiligten raten: Wer vor Ort und auf Landesebene einen konstruktiven Dialog zwischen allen Beteiligten in Gang bringen will, der sollte von den Praktikerinnen und Praktikern in Bargteheide lernen.
Das ist auch mein Stichwort für das weitere Verfahren im Landtag. Ich denke, wir sind gut beraten, hierzu im Ausschuss Fachleute von vor Ort und von der kommunalen Seite anzuhören, um zu wissen, wie wir geschickt den ersten Schritt machen, um dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Angelika Birk. Für den SSW im Landtag hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor ein paar Tagen las ich in der Zeitung von der überzeugenden Arbeit des Schulsozialpädagogen in Bornhöved. Der Artikel ist überschrieben mit „Einsatz des Sozialpädagogen ist unverzichtbar“. Die gute Arbeit des Sozialpädagogen soll nach Willen des Schulträgers in der geplanten Gemeinschaftsschule fortgeführt werden. Allerdings weiß der Schulverband noch nicht, wie er diese Stelle tatsächlich finanzieren soll. Der Kreis Plön hat die Mittel für das Projekt „Jugendhilfe und Schule“ erst einmal aufgestockt, sodass der Pädagoge möglicherweise zunächst hieraus finanziert werden kann.
Hauptschule Friedrichstadt gibt es die sogenannte Schulinsel. Drei Lehrerinnen, eine Sonderschullehrerin und eine Sozialpädagogin unterstützen die Schüler. Schulische oder familiäre Probleme werden frühzeitig erkannt, und deren Folgen werden abgefangen. In der Hauptschule Schafflund sorgte die individuelle Förderung durch einen Sozialpädagogen und eine Familientherapeutin dafür, dass fast alle Schüler im letzten Jahr eine Lehrstelle bekamen.
Die Liste der Beispiele guter Arbeit von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern an schleswig-holsteinischen Schulen ließe sich fortsetzen. Allen gemeinsam ist der positive Effekt, den Sozialarbeit in der Schule hat: Direkt und ohne Umwege erreichen Pädagogen und Sozialarbeiter ihre Klientel dort, wo sie sich täglich am längsten aufhält, nämlich in der Schule. Probleme können bereits frühzeitig angepackt werden. Schuleschwänzen, Angst vor Schulversagen, aber auch Sorgen um die Zukunft der Familie können sich ohne frühzeitige Intervention zu massiven Problemfeldern entwickeln, die sich auf den Erfolg von Schülern und auf ihre allgemeine Entwicklung auswirken. Das muss nicht sein.
Der SSW hat bereits in der Vergangenheit die Wichtigkeit der Sozialarbeit in der Schule betont. Alle Beispiele zeigen die Erfolge der Sozialarbeit an den Schulen, was übrigens auch für kleine Schulen gilt. Wir setzen uns dafür ein, dass Sozialarbeit ein ganz normaler Teil der Schule wird, so wie der Englischunterricht oder die Musikstunden.
Ich betone das an dieser Stelle, weil Sozialarbeit kein Luxusangebot ist, das allein den großen Ganztagsschulen vorbehalten sein sollte.
Kinder sind keine Lernmaschinen, sondern Menschen. Sie plagen Sorgen und Nöte. Diese Sorgen haben allerdings im Unterricht oftmals keinen Platz. Umso wichtiger ist es, dass die Schule Sozialarbeit anbietet, um diesen Bereich abdecken zu können. Das Angebot muss aus einer Hand kommen, damit Interventionen rasch, zielgerichtet und zeitnah erfolgen können. Das gilt für alle Schulen und Schularten.
Wenn wir über Ganztagsschulen sprechen, möchte ich noch einmal die Position des SSW in Erinnerung rufen. Diese lautet: Professionalisierung. Wir sind überzeugt von der Notwendigkeit, Sozialarbeit
in die Schule zu integrieren. Kein Modellprojekt oder Einzelvorhaben ist nötig, um diese Erkenntnis zu vertiefen. Machen wir also jetzt endlich Nägel mit Köpfen. Sozialarbeit gehört in die Schule, und wir müssen für eine belastbare Finanzierung professioneller Pädagogen Sorge tragen.
Eine Politik, die sich von einem Projekt zum nächsten hangelt, mag zwar immer wieder Anlass für eine schöne Presseerklärung bieten, hilft letztlich aber dem Schulträger überhaupt nicht. Wir sind überzeugt von der Sozialarbeit in der Schule und fordern die Umstellung der Projektfinanzierung auf eine Regelfinanzierung.
Es besteht überhaupt kein Grund, die Sozialarbeit nicht gleichberechtigt in das Angebot der Schulen zu integrieren. Es müssen Haushaltstitel geschaffen werden, um eine langfristige Planung zu ermöglichen. Auch uns ist klar, dass das nicht von heute auf morgen möglich ist. Aber wir müssen auf jeden Fall einen Anfang machen. Möglicherweise kann man die Finanzierung eines solchen Angebots auch gemeinsam mit der kommunalen Ebene als Träger der Jugendhilfe auf die Beine stellen. Hierzu müssten wir in jeden Fall Gespräche führen. Denn wenn das Schulgesetz entsprechend geändert werden soll, müssen wir auch die Finanzierung auf die Beine gestellt haben, und dies im Vorwege, damit wir wissen, was wir beschließen und welche finanziellen Konsequenzen das für wen hat.
Bei aller Gutwilligkeit haben wir in Schleswig-Holstein noch immer keine Schulsozialarbeit aus einem Guss. Es fehlt eine systematische Einbindung in den Schulalltag, und es fehlt eine dauerhafte Finanzierung. Beides müssen wir schleunigst ändern. Dazu kann die heutige Initiative der FDP einen wichtigen Beitrag leisten.
Auch ich möchte darauf hinweisen: Es geht darum, dass die Jugendlichen einen vernünftigen Start ins Leben bekommen, es geht aber auch darum, dass sie in die Lage versetzt werden, schulische TopLeistungen für sich selbst zu erbringen. Das heißt, dies hat sowohl einen sozialpädagogischen als auch einen schulischen Aspekt. Deswegen wäre es klug, die Kommunen und das Land würden sich die Kosten teilen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich räume selbstverständlich ein: Wir haben diesen Passus vor einem Jahr, im Rahmen der großen Schulgesetznovelle und der Diskussion darüber, schon einmal beantragt. Aber Sie wissen alle: Damals stand die Frage der Schulstrukturen und der neuen Schularten derart im Vordergrund, dass die „kleineren“ Themen in dieser Debatte kaum Beachtung gefunden haben. Der übernächste Tagesordnungspunkt ist ein glorreiches Beispiel dafür, dass mit einem anderen, kleinen Gesetzentwurf zur Nachjustierung des Schulgesetzes, nämlich bezüglich der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft, mittlerweile auch mit den Stimmen der beiden Regierungsfraktionen ein Versäumnis aus der Vergangenheit beseitigt wird.
Dieses Beispiel hat uns ein bisschen Hoffnung gegeben, bei dem grundsätzlichen Konsens zum Thema Schulsozialarbeit, der zu Recht festgestellt worden ist, vielleicht einen konkreten Schritt weiterzukommen und im Schulgesetz auch die Verpflichtung des Landes zu verankern, diese Projekte mit zu unterstützen. Von Frau Birk ist zu Recht gesagt worden, dass auch nach unserem Gesetzentwurf die örtlichen Träger der Jugendhilfe diejenigen sind, die für die Einrichtung der Maßnahmen zuständig sind. Die Rolle des Landes ist dann jene des Förderns dieser Projekte.
Lieber Herr Kollege Höppner, Ihre Argumentation war etwas gedrechselt, um nicht zu sagen: Sie hat in Wortklauberei bestanden.
Diese Argumentation könnte man beispielsweise genauso beim Thema der Kindergartenfinanzierung anführen.
Auch diese ist primär kommunale Aufgabe. Hierbei tritt das Land aufgrund einer sehr wohl vernünftigen Entscheidung als finanzieller Förderer mit einem jährlichen Betrag von 60 Millionen € ein. Wir
werden am Freitagvormittag über die Ausweitung der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen, nämlich über die Krippenplätze sprechen, bei denen es auch um die finanziellen Beiträge des Landes nicht nur für die Investitionen, sondern auch für die laufenden Kosten gehen wird.