Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

Der Entwurf zur Änderung der Richtlinien zum Agrarinvestitionsförderungsprogramm liegt vor. Er wurde im „Bauernblatt“ veröffentlicht und wird in Kürze in Kraft treten. Richtig ist, dass in diesem Entwurf einige alte Regelungen überarbeitet wurden. Dabei wurden schleswig-holsteinische Sonderregelungen zum artgerechten Bauen auf das bundesweite Rahmenrecht ausgerichtet. Dass es dabei im Umkehrschluss in Schleswig-Holstein nicht tiergerechte Ställe geben soll und dass vielleicht nicht tiergerechte Ställe gebaut würden, wie der Kollege Hentschel unterstellt, ist aberwitzig. Kein Landwirt wird seine auf die lange Zukunft ausgerichteten Bauvorhaben ohne Berücksichtigung von Tier- und Verbraucherschutz planen. Er wird selbstverständlich auch alle entsprechenden Verordnungen hierzu beachten.

Auch die Einführung von Mindestfördervolumina und damit die Konzentration auf größere Investitionsvorhaben, wie wir sie auch bei anderen Förderprogrammen kennen, ist sinnvoll. Ich erinnere zum Beispiel an die Schulbauförderung. Auch dort gibt es für die kleine Dorfschule eine Bagatellgrenze von 75.000 €. Vielleicht wissen Sie, lieber Kollege Hentschel, was heute der Bau eines tiergerechten Stalles kostet. Die Kosten liegen bei den heute gängigen Betriebsgrößen bei deutlich über 50.000 €.

Im Übrigen kann ich Ihnen nur empfehlen, sich einmal diese Ställe im Muster in der Einrichtung der Kammer in Futterkamp anzusehen. Alles, was dort gezeigt wird, ist tier- und artgerecht und ausgelegt auf Tierkomfort, auf - wenn man es so bezeichnen will - Kuhkomfort oder Schweinekomfort.

Die neuen Richtlinien für die Agrarinvestitionsförderung werden eine gute Grundlage für die Förderung der Landwirtschaft bis Ende des Jahres 2006 sein. Danach müssen ohnehin die Spielregeln der neuen ELER-Verordnung umgesetzt werden. Die Resonanz in der Landwirtschaft auf die neuen Regelungen ist ausgesprochen positiv. Es liegen 200 Förderanträge vor. Bis Antragsschluss werden weitere 100 Anträge erwartet. Daher ist es unumgänglich, die Fördersätze nach unten anzupassen. Diese Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir aber dort führen, wohin sie gehört, nämlich im Umwelt- und Agrarauschuss. Hierfür ist der vorliegende Antrag allerdings nicht zweckdienlich. Er ist daher nicht zu überweisen, sondern wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Höppner.

(Präsident Martin Kayenburg)

Ich begrüße jetzt den Ministerpräsidenten unseres Landes, Peter Harry Carstensen. Auf der Tribüne begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Lasbek im Kreis Stormarn, weitere Bürgerinnen und Bürger und unseren Bundestagskollegen Dieckmann. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, erst recht nicht in diesem Jahr, in dem der Sommer eigentlich gar kein richtiger Sommer war. Genauso wenig macht eine eingängige Überschrift einen guten Antrag.

Selbstverständlich muss sich eine Agrarinvestitionsförderung auch nach sozialen und ökologischen Kriterien, also auch auf eine artgerechte Tierhaltung, ausrichten. Dies ist, denke ich, völlig unstrittig und sicherlich auch in diesem Hause einhellige Meinung. - So weit, so gut.

Gar nicht mehr gut ist allerdings, was die Grünen unter dieser Ausrichtung verstehen. Da ist zunächst die tiergerechte Tierhaltung, die die Grünen durch die Überarbeitung der Richtlinien gefährdet sehen. Der Entwurf der Richtlinien der Agrarinvestitionsförderung 2005 - Auszahlung 2006 - liegt zwar noch nicht offiziell vor, aber ist in seinen Fixpunkten im „Bauernblatt“ schon vorab veröffentlicht worden. Aber alles, was aus Fachkreisen dazu verlautet, ist, dass es künftig keine schleswig-holsteinischen Sonderwege mehr geben wird. Mit anderen Worten: Eine Förderung kann beim Einhalten der bundeseinheitlichen Standards zur tiergerechten Tierhaltung infrage kommen, weitere Zuschüsse gegebenenfalls bei darüber hinausgehenden Leistungen.

Bislang war der Fördertatbestand generell erst gegeben, wenn die rot-grünen Sondervorgaben, wie sie sich aus Anlage 2 der Richtlinie von 2004 ergaben, eingehalten waren. Darüber, inwieweit das für die Tiere von Vorteil war, mag man streiten. Tatsache ist, dass die hiesigen Landwirte durch diese Vorgaben immens belastet waren. Denn die schleswig-holsteinische Agrarinvestitionsförderung nach den Richtlinien von 2004 übertraf in vielen Punkten, insbesondere in der Frage der Tierhaltung, deutlich die Vorgaben des Bundesrahmenplanes zur Agrarinvestitionsförderung. Dadurch waren die schleswigholsteinischen Landwirte gezwungen, Komfortbedingungen für ihre Tiere zu schaffen, die ihre Bundeskollegen oder ausländischen Kollegen nicht vorhalten

mussten. Für die Landwirte war das ohne Frage ein echtes Konkurrenzproblem und ein oftmals kaum auszugleichender Wettbewerbsnachteil.

Und für die Tiere? - Möglicherweise ist das eine oder andere Schwein oder die eine oder andere Kuh durch die Sondervorgaben in Schleswig-Holstein noch glücklicher geworden. Auf jeden Fall wären aber alle Tiere auch ohne diese Spezialvorgaben tiergerecht gehalten worden. Bereits die bundeseinheitlichen Standards zur tiergerechten Tierhaltung schreiben es so vor.

Zudem liegt es im ureigenen Interesse des Landwirtes, selbst für mehr Komfort zu sorgen, denn heutzutage weiß wirklich jeder, dass mehr Komfort im Stall und bei der Tierhaltung ausgeglichenere Tiere und damit auch mehr Leistung verspricht.

(Claus Ehlers [CDU]: So ist das! Hast Recht!)

Alle Fachzeitschriften sind voll davon. Das Untergangsszenario, das die Grünen in ihrem Antrag beschwören wollen, entbehrt deshalb jeglicher Grundlage.

Ich komme damit zum zweiten Punkt, den kleineren Investitionsdarlehen und der damit angeblich verbundenen „einseitigen Parteinahme“. Offensichtlich wollen die Grünen auch hier mit Steinen werfen, ungeachtet der Tatsache, dass sie selbst im Glashaus sitzen.

Sicherlich lässt sich noch darüber streiten, inwieweit für kleinere Betriebe auch kleinere Investitionen effizient sein können. Tatsache ist aber, dass in Schleswig-Holstein die Haushaltsmittel äußerst beschränkt sind. Die Grünen haben dazu selbst nach Kräften beigetragen.

Tatsache ist weiterhin, dass die Erfahrung gelehrt hat, dass insbesondere bei den kleineren Investitionsdarlehen die Mitnahmeeffekte bei den Landwirten überwogen haben. Das war nach den bisherigen Richtlinien ihr gutes Recht. Nur kann sich SchleswigHolstein diese relative Vorzüglichkeit bei der Förderung kleinerer Projekte, wie sie Rot-Grün an den Tag gelegt hat, heute schlicht nicht mehr leisten.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Claus Ehlers [CDU])

Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand, der durch eine viel größere Zahl von Anträgen bei kleineren Investitionsvorhaben zusätzlich entsteht.

Deshalb erscheint es als ein Schritt in die richtige Richtung, wenn künftig Landesmittel nur noch für

(Günther Hildebrand)

existenzielle Investitionsentscheidungen zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen in SchleswigHolstein den unternehmerischen Landwirt. Diesen wollen wir unterstützen, und zwar unabhängig von der Größe seines Betriebes. Nur so hat unsere Landwirtschaft eine Zukunft.

Wir lehnen diesen Antrag der Fraktion der Grünen ab.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Herrn Kollegen Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft steht im Bereich der Agrarinvestitionsförderung vor neuen Herausforderungen. Zum einen befinden wir uns in Zeiten knapper Haushaltsmittel - dies wirkt sich entsprechend auf die Fördermittel aus - und zum anderen befindet sich die EUAgrarwirtschaft in einem enormen Umbruch. Diese Umstände bewirken, dass nicht nur in SchleswigHolstein, sondern bundesweit das Agrarinvestitionsförderprogramm für die Zukunft neu ausgerichtet wird. Aber es ist natürlich nur richtig, dass die Parlamente in der Frage, wie künftig die Förderkulisse für Agrarinvestitionen gestaltet werden soll, auf die jeweiligen Regierungen Einfluss nehmen. Deswegen sind wir den Grünen für den Antrag dankbar. Auch wenn wir das vielleicht schon einmal im Ausschuss beraten haben, ist es wichtig, dass wir uns als Parlament hierzu äußern.

Nur wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Unternehmen werden sich auch künftig am Markt behaupten können. Dies gilt nicht nur für den nationalen, sondern ganz besonders für den internationalen Markt. Daher sind Ausrichtung und Gestaltung der Investitionsförderprogramme für die Zukunft unserer Landwirte von enormer Bedeutung. Denn nur wenn unsere Landwirtschaft weithin innovativ und anpassungsfähig bleibt und wir ihr diesen Spielraum ermöglichen, wird sie sich behaupten können. Deshalb müssen wir als Land entsprechenden Einfluss auf die Landwirtschaft nehmen.

Der moderne Landwirt hat heutzutage einen Berg an Anträgen, Formularen und Papieren auszufüllen.

(Claus Ehlers [CDU]: Eine Katastrophe ist das!)

Daher begrüßen wir auch den Ansatz, dass das Landwirtschaftsministerium seine neuen Richtlinien für

Agrarinvestitionen vereinfacht hat. Diese Vereinfachungen dürfen im Nachhinein aber nicht zu Verschlechterungen führen.

Wir wissen heute bereits, in welche Richtung die europäische Landwirtschaft künftig ausgerichtet wird. Daran müssen wir dann auch unsere Agrarförderung ausrichten. Denn die europäische Landwirtschaft hat aus den Jahrzehnten ihrer falschen Förderpolitik gelernt und ist im Begriff, sich jetzt umzustellen, indem sie den Aspekten des Tier-, Umwelt- und Naturschutzes einen größeren Anteil in der Förderpolitik einräumt. Daher ist es rückwärtsgewandte Politik, von diesen Aspekten bei der Agrarinvestitionsförderung mit der vordergründigen Erklärung der Verwaltungsvereinfachung abzusehen. Hierbei sehe ich wirklich die Gefahr, dass die Landesregierung ein völlig falsches Signal ausgibt und somit die Landwirtschaft eher auf ein Abstellgleis lenkt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sollten also weiterhin Kriterien der tiergerechten Tierhaltung im Agrarinvestitionsprogramm beibehalten. Daher unterstützen wir diesen Punkt des Antrages.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich spielen künftig auch Naturschutzaspekte und die nachhaltige Wirtschaftsform eine wichtige Rolle, die es zu berücksichtigen gilt. Tierschutz und Ökologie spielen eine immer wichtigere Rolle in der Landwirtschaft und auch in der Förderkulisse. Auch die EU richtet ihre Programme immer mehr darauf aus. Deshalb muss die neue Landesregierung in ihrer Agrarinvestitionsförderung weiterhin an diesen Kriterien festhalten und darf nicht von diesem Weg abweichen. Dies würde sonst der Landwirtschaft und den Landwirten schaden.

Anders stellt es sich jedoch bei dem zweiten Punkt dar. Hierzu sind wir der Auffassung, dass Investitionsdarlehen von unter 50.000 € künftig nicht mehr gefördert werden sollten. Dies hat natürlich auch etwas mit Verwaltungsvereinfachung zu tun. Aber wenn wir wissen, dass der Kuchen kleiner wird, dann müssen wir uns auch hierauf einstellen und entsprechend anders verteilen. Dann müssen die Kriterien entsprechend geändert werden. Wir haben es in der Vergangenheit erlebt, dass es immer wieder Mitnahmeeffekte gegeben hat. Dies können wir uns nicht mehr leisten. Vielmehr müssen wir uns in der Investitionsförderung künftig auf existenz- und beschäftigungssichernde Maßnahmen konzentrieren.

Die Agrarinvestitionsförderung muss sich also explizit an der tiergerechten Haltung, an der Naturnähe

(Lars Harms)

und an der Nachhaltigkeit orientieren und wir sollten Mitnahmeeffekte vermeiden.

Wir werden dem Antrag der Grünen zustimmen, weil wir meinen, das Signal für mehr Tierschutz, für mehr Umweltschutz und für mehr Nachhaltigkeit ist das wichtigste Signal. Deswegen sehen wir über den zweiten Punkt der Darlehen bis 50.000 € hinweg.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch ein paar Anmerkungen.

Es ist schon ein Hammer, dass Sie von Komfortbedingungen für Tiere reden. Das hat mich empört. Wenn Sie wissen, wie Einrichtungen teilweise auch heute noch gestaltet sind, dann wissen Sie auch, dass das nicht immer gesund ist. Das hat auch etwas mit den Produkten zu tun. Nicht umsonst legen viele Menschen explizit Wert darauf, Produkte aus tiergerechter Tierhaltung zu bekommen. Sie wissen, dass sie damit gesündere Nahrung bekommen. Ich wäre sehr vorsichtig, von „Komfortbedingungen für Tiere“ zu reden.