Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

Wenn wir im Falle einer Abschaltung der Kernkraftwerke im gleichen Maße wie bisher Stromproduzent und auch Stromexporteur bleiben wollen, führt kein Weg an neuen Kohlekraftwerken vorbei.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, auch wenn wir uns diesem Themenkomplex aus einer ganz anderen Blickrichtung, nämlich aus der des Landeshaushaltes nähern, kommen wir als CDU Fraktion zu den gleichen Ergebnissen, die wir aus Gründen der Versorgungssicherheit, der Wettbewerbsfähigkeit der Energiepreise und des Klimaschutzes schon immer vertreten haben.

Ich denke, das zeichnet auch eine verantwortungsvolle Politik für unser Land aus:

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Keine eindimensionalen Lösungen, sondern ein aufeinander abgestimmtes Konzept, das die Realitäten im Auge behält und allen Aspekten gleichermaßen gerecht wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Tobias Koch und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel sind nach einer Schnellabschaltung seit dem letzten Jahr nicht mehr am Netz. Das haben wir eben schon gehört. Alle Kollegen haben noch einmal darauf hingewiesen, dass es eine Schnellabschaltung war. Der Stillstand und damit die Einnahmeausfälle sind durch technische Mängel verursacht, nicht durch die Atomaufsicht und weitere Untersuchungen haben weitere Mängel offenbart. Auch wegen der wieder einmal belegten Anfälligkeit der Kraftwerke werden wir Sozialdemokraten den Ausstieg aus der Atomkraft weiterhin vorantreiben.

(Beifall bei der SPD)

Einer Aufweichung des Ausstiegs, zum Beispiel durch Verlängerung der Laufzeiten - wie vorhin auch von Herrn Koch gefordert -, vor dem Hintergrund hoher Preise und knapper Ressourcen beim

Öl treten wir entschieden entgegen. Die Nutzung der Atomkraft und auch ihre zentrale Struktur widerspricht unserem Ziel der Nachhaltigkeit und dient auch nicht der Klimafrage. Einzige Alternative in Anbetracht der Klimaerwärmung ist die Energieeinsparung und Effizienzsteigerung im Verbund mit erneuerbaren Energien.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wir brauchen alternative wirtschaftliche Entwicklungen in Regionen, in denen Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Geesthacht ist ein gutes Beispiel. Sie haben dafür gesorgt, dass die Diddl-Maus nach Geesthacht kommt, die ein sehr guter Steuerzahler ist. Vielleicht können wir das auch einmal in anderen Bereichen versuchen.

Bei allem Verständnis für die sehr angespannte Haushaltslage: Für die SPD-Landtagsfraktion ist klar, dass die Atomkraftwerke erst wieder ans Netz gehen dürfen, wenn die festgestellten Mängel beseitigt sind.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sicherheit hat Vorrang. Dies ist auch die Aussage der Landesregierung, bei der ich mich für den Bericht bedanken möchte. Im Jahr 2007 ergeben sich keine Einnahmeausfälle, sondern 5,1 Millionen € Mehreinnahmen, weil die Schlussabrechnung 2006 und die Vorauszahlung 2007 vollständig gezahlt wurden. 2008 wird es aufgrund des Stillstandes der Atomkraftwerke zu Mindereinnahmen von circa 12,7 Millionen € kommen. Allerdings wurde bei der Oberflächenwasserabgabe in allen Landeshaushalten aus guten Gründen eher konservativ gerechnet, wie wir 2007 gesehen haben.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Die Einnahmen aus der Oberflächenwasserabgabe sind zur Hälfte zweckgebunden, die andere Hälfte fließt in den Landeshaushalt. Wir gehen davon aus, dass keine Ausfälle im zweckgebundenen Bereich kompensiert werden, sondern im allgemeinen Haushalt, zumal die Landesregierung in ihrem Bericht darauf hinweist, dass es sich lediglich um eine Einnahmeverschiebung auf die Folgejahre handelt. Sollte dies nicht der Fall sein, soll die Landesregierung darlegen, wo genau sie die im Jahr 2008 geringeren Einnahmen kompensieren will. Dies ist in den Bericht leider nicht eingeflossen. Ich erwarte, dass dies vom Finanzminister noch erfolgt.

(Zurufe)

(Tobias Koch)

- Soviel ich weiß, handelt es sich um einen Bericht der Landesregierung. Ich gehe davon aus, dass der Finanzminister daran mitgearbeitet und die Finanzdaten geliefert hat.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Der Finanzminister kann heute leider nicht hier sein und seine Daten darlegen. Es wäre sehr schön gewesen, wenn das von der Landesregierung von dieser Seite noch kommen würde.

Meine Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass die Mängel schnell und ordnungsgemäß behoben werden, damit die Reststrommengen produziert werden und die Atomkraftwerke wie vorgesehen vom Netz gehen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Herr Abgeordneter Detlef Matthiesen.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Koch, Sie haben immer darüber hinweggeguckt. Der Gute sitzt so nahe. - Hat die Staatskanzlei diesen Bericht der Landesregierung geprüft? Das hätten Sie fragen müssen. Oder hat die Ministerin das am Kabinett und am CDU-Kollegen vorbeigeschmuggelt?

(Zurufe)

Der Antrag der FDP hat eine üble Tendenz. Die Frage lautet: „Was sind im Einzelnen die Gründe der Landesregierung, die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel weiterhin abgeschaltet zu lassen?“ Unterschwellig wird signalisiert: Lasst die Atomkraftwerke doch schneller wieder ans Netz gehen, dann rollt der Rubel auch wieder für den Haushalt.

Hier antwortet die Landesregierung völlig korrekt: Die atomrechtlichen Verfahren werden von der Landesregierung nach den Vorschriften des Atomgesetzes durchgeführt.

Der FDP-Antrag ist natürlich hinterlistig, weil genau in diesem Sinne die CDU Presse gemacht hat nun müssen die AKWs aber wieder angefahren werden, weil so viel Geld verloren gehe. Der Tenor Ihrer Ausführungen heute war genau in diesem Sin

ne. So beklagen die Kollegen Sauter und Ritzek in einer Presseerklärung: Fortgesetzter Stillstand der Kernkraftwerke hat dramatische Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Der energiepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Manfred Ritzek, forderte das Sozialministerium deshalb auf, besser zu erklären, weshalb die Kraftwerke abgeschaltet blieben. Bislang sei noch jedes groß angekündigte meldepflichtige Ereignis in die niedrigste Sicherheitsstufe eingeordnet worden. Da muss die Frage schon erlaubt sein, weshalb Krümmel und Brunsbüttel über Monate nicht wieder anfahren dürfen. So Ritzek.

Herr Ritzek und auch Herr Dr. Garg, Sie müssen das ja nicht verstehen, aber verlassen Sie sich auf den Betreiber! Da gibt es Ingenieure und Juristen genug, die die Interessen von Vattenfall und E.ON im Zweifel besser wahren können als ein energiepolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.

Eine Schlussfolgerung an dieser Stelle ist jedoch klar: Ein sicherheitsorientierter Vollzug der Reaktoraufsicht wäre in einer schwarz-gelben Koaliton nicht zu erwarten.

Die Sicherheit der AKWs hat absoluten Vorrang vor allen anderen Erwägungen, Vorrang vor den Interessen der Aktionäre von Vattenfall,

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Vorrang auch vor Steuer- und Abgabenwünschen einer Landesregierung, die einen knappen Haushalt zu verwalten hat und der auch wir Grüne jeden Euro gönnen. Sicherheit geht vor, aus gutem Grund. Ein Kernschmelzeunfall hätte katastrophale Folgen. Auch Hamburg würde unbewohnbar. Diese Technik, die nicht versagen darf, dürfen wir deshalb nicht erlauben.

Zu den Einnahmeverzögerungen aus dem AKWStillstand! Es geht um die Oberflächenwasserentnahmeabgabe, Gewerbesteuer, Mehrwertsteuer, Körperschaftsteuer, Stromsteuer und die anteilige Einkommensteuer. Die Beschäftigten bleiben beschäftigt, Einkommensteuer und Sozialabgaben sind insofern unverändert.

Die Oberflächenwasserabgabe wurde von CDU und FDP scharf bekämpft. Tobias Koch kann das natürlich nicht wissen. Ich zitiere einmal aus den alten Protokollen, was Sie zur Oberflächenwasserabgabe gesagt haben. Frau Sassen hat damals gesagt:

„Mit einer Umschichtung wollten Sie nur vorgaukeln, dass dieses Gesetz umweltpolitisch erforderlich sei. Dieses Gesetz ist verlogen und stinkt wie die Ökosteuer.“

(Olaf Schulze)

Das sagte sie im Oktober 2000. Im Dezember 2000 sagte sie:

„Die CDU-Fraktion lehnt das Oberflächenwasser-abgabegesetz ab, weil es ökologisch nicht begründet und aus unserer Sicht haushaltspolitisch nicht erforderlich ist.“

(Claus Ehlers [CDU]: Womit Sie recht hat!)

Und Wolfgang Kubicki:

„Ich sage Ihnen voraus: Auch in dieser Frage steht das, was Sie momentan auf den Weg bringen, auf sehr tönernen Füßen“.

Der Kollege Graf Kerssenbrock sagte sogar, dieses Gesetz sei verfassungsrechtlich fragwürdig.

Ich frage mich, warum Sie dann so sehr auf den Einnahmeverlusten herumtreten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] und Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Eigentlich hätte die CDU die OWAG sofort streichen müssen, als sie von der Opposition in die Regierungsverantwortung kam. Wahrscheinlich sind Sie am harten Widerstand der Sozialdemokraten in dieser Frage gescheitert und haben gekämpft wie die Löwen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zurufe)