Protokoll der Sitzung vom 29.02.2008

(Anke Spoorendonk)

Ein zweiter Punkt. Mich erreicht heute, dass in der Strahlentherapie in der Nuklearmedizin in Lübeck, einer Station, die mit sechs Leuten ärztlich geführt wurde, noch eineinhalb Kräfte im ärztlichen Bereich sind, und einer dieser Herren hat jetzt gekündigt. Das heißt, ich weiß überhaupt nicht, wie diese Station noch geführt werden soll. Wie können Sie das ohne Arzt machen? Ich frage Sie ganz konkret, Herr Austermann: Werden dort noch Patienten angenommen? Wenn meine Information nicht stimmen sollte, was ich mir wünschen würde, denn ich kann den Patienten nicht wünschen, dass sie schon seit Wochen so schlecht versorgt sind, dann muss das richtiggestellt werden. Ich kann nur sagen: Wenn mir das jemand mit Unterschrift in der Verzweiflung zuschickt und sagt: Ich habe mich wegbeworben, ich halte es nicht mehr aus, so kann ich nur sagen, dass das nicht Leute mit Chefarztgehältern sind. Das sind Leute, die auf der ärztlichen Seite an der unteren Stelle der Hierarchie ihren Rücken hinhalten. Wir müssen uns klarmachen: Nachwuchswissenschaftler, Leistungsträgerund trägerinnen gehen fort. Dies ist das Verheerende, das dem Klinikum schon jetzt schadet. Insofern kann ich nur eindringlich an alle Beteiligten appellieren: Dieser Führungsstil muss ein anderer werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir müssen mehr Transparenz haben.

Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Auszubildenden übernommen werden. Die Auszubildenden in der Pflege sind schon jetzt in einem ausgegliederten Bildungszentrum - nicht mit privater Beteiligung, aber in einer eigenen Gesellschaft gefasst ausgebildet worden. Da wir einen Einstellungsstopp haben, können diese hervorragend qualifizierten Kräfte - 45 machen nächste Woche Examen - nicht übernommen werden und sind, wenn sie überhaupt weiter arbeiten wollen, darauf angewiesen, diesen Gestellungsvertrag zu nehmen, weil das die einzige Möglichkeit ist, mit der sie wieder an ihren alten Arbeitsplatz, nun als Examinierte, zurückkehren können. Ist das eine Verhinderung von schleichender Privatisierung? Wir sagen Nein zu solchen Verfahren und bitten Sie eindringlich, Herr Austermann: Wenn es notwendig ist, dass Sie sich persönlich um solche Dinge kümmern, weil es anders nicht geregelt wird, dann tun Sie es!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Kollegin, ich will Sie darauf hinweisen, dass es Begriffe gibt, die auch dann unparlamentarisch sind, selbst wenn das Epitheton „klein“ darvorgesetzt wird.

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Dietrich Austermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier ist die Frage gestellt worden: Welche Maßnahme muss getroffen werden, um die Situation des Klinikums möglichst rasch deutlich zu verbessern? - Ich möchte sagen: Dazu gehört bestimmt nicht leichtfertiges Schlechtreden der tatsächlichen Situation im Klinikum.

(Beifall bei der CDU)

Wenn da nach dem Motto gesprochen wird: Ich habe gehört, es könnte sein, dass Kittel radioaktiv verseucht sind, wenn man darauf hinweist, dass die Mitarbeiter nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeit zu machen, wenn an anderer Stelle viele Dinge aufgeführt sind, die mit der Realität nichts, aber auch gar nichts zu tun haben, dann schadet das dem Klinikum und der Entwicklung, die wir gemeinsam mit Landtag beschlossen haben, nämlich das Klinikum wieder auf eine gesunde wirtschaftliche Basis zu stellen. Es wird auch nicht dadurch besser, dass man jeden Monat einmal - Sie haben darauf hingewiesen - eine Debatte führt, obwohl man ganz genau weiß, dass sich bestimmte Dinge in der Zwischenzeit gar nicht so verändern konnten, wie Sie das möglicherweise anstreben. Sie müssen auch bitte dem Vorstand, den Handelnden, aber auch den Tarifparteien die Möglichkeit geben, sich untereinander zu verständigen, Maßnahmen zu treffen, die dem Klinikum insgesamt dienen sollen. Aber jeden Monat eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, indem Sie behaupten, da sei etwas abgegangen, was überhaupt nicht stattgefunden hat, ist unverantwortlich in der konkreten Situation des Klinikums, um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen ganz genau, dass niemand auf absehbare Zeit die Absicht verfolgt, für eine Vollprivatisierung zu sorgen. Sie wissen ganz genau, dass wir gesagt haben, eine Privatisierung nur von Teilen kommt nur dann infrage, wenn es darum geht, unterhalb von 50 % Maßnahmen zu treffen. Wir ha

(Angelika Birk)

ben immer davon gesprochen, dass die Sanierung nicht ein Überraschungscoup Mitte 2008 sein soll, sondern es ein getaktetes Verfahren mit einer ganzen Reihe von Schritten gibt. Deswegen bin ich den Koalitionsfraktionen sehr dankbar für den Antrag, den sie heute vorlegen, weil er uns, insbesondere den Vorstand, den Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn de Jager, in dem Bemühen unterstützt, möglichst bald eine hervorragende Situation wieder hergestellt zu haben, das heißt eine vernünftige wirtschaftliche Basis wieder hergestellt zu haben.

Was heißt der Antrag, den Sie vorgelegt haben? Können Sie mir bitte einmal erläutern, was Sie mit der Feststellung meinen: „Der derzeitige generelle Einstellungsstopp soll durch zielführendere Bewirtschaftungsmaßnahme ersetzt werden?“ Was sind dann „zielführendere Bewirtschaftungsmaßnahmen“? Ich würde das gerne einmal wissen. Aber mit Blabla und Worthülsen können Sie die Situation, wie sie dort ist, nicht beeinflussen und lösen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Vielmehr treffen wir konkrete Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Der erste Vorstandssitz ist inzwischen neu besetzt. Wir haben die KPMG eingeschaltet, eine Markterkundung durchzuführen. Die Markterkundung ist durchgeführt, das ist im Ausschuss erläutert worden. Jeder sieht, hier wird ganz konkret mit zielstrebigen Schritten vorgegangen, und es wird nicht einfach im Dunkeln mit dem Blindenstock getastet. Vielmehr treffen wir die Entscheidungen an der Stelle, wo sie getroffen werden müssen, und das gilt vor allen Dingen für den Sanierer und den Vorstand.

Man kann natürlich einen Sanierer einschalten und sagen: Du musst jeden Tag und jedes Mal fragen, bevor du eine Entscheidung triffst, ob wirklich alle, die das möglicherweise wollen oder nicht wollen mitmachen. Aber was hier zum Teil betrieben wird, ist der Versuch, politisches Kapital zu schlagen, möglicherweise vor der Kommunalwahl, indem man das Klinikum schlechtredet. Das werde ich nicht zulassen, und das kann auch die Mehrheit des Parlaments meiner Ansicht nach nicht zulassen.

(Beifall bei CDU und vereinzelt bei der SPD)

Der Hinweis darauf, dass es Warnstreiks gibt, beschreibt vielleicht die Diskussion, die ganz generell in Krankenhäusern in Deutschland vorherrschend ist. Es sind Entscheidungen getroffen worden, die bedeuten, dass man den Krankenhäusern zusätzli

che Lasten auferlegt, Mittel gekürzt hat, ohne dass man gleichzeitig gewährleistet hat, dass die entsprechenden Mittel aus Mehreinnahmen zur Verfügung stehen, das Ganze eingegrenzt im Rahmen der Gesundheitsreform. Dies trifft alle Krankenhäuser. Das hat im letzten Jahr viele kommunale Krankenhäuser getroffen. Da wurde gestreikt. Damals hatten sie noch den Beschäftigungspakt, der galt. In diesem Jahr trifft das möglicherweise unser Klinikum.

Aber ich sage Ihnen: Alle die, die an den Gesprächen bisher beteiligt waren - teilweise war ich dabei -, haben mir den Eindruck vermittelt, dass sie sich bemühen, ohne Streik auszukommen, dass man eine vernünftige Regelung wünscht. Wir haben Vorschläge gemacht, dass die Mitarbeiter, die jetzt am Klinikum beschäftigt sind, eine Bestands- und Beschäftigungsgarantie bekommen. Ich glaube, das gibt es nicht in vielen privaten Betrieben, und das gibt es für diese lange Zeit auch nicht in vielen privaten Krankenhäusern. Wir haben gesagt, dass es einen Einkommenszuwachs geben wird. Wir haben an verschiedenen anderen Stellen deutlich gemacht, dass der Besitzstand desjenigen, der nicht ausscheiden will, gewahrt wird und wir eine unveränderte Rechtssituation für alle Mitarbeiter haben werden. Ich finde, das muss einmal zur Kenntnis genommen werden. Dass die Lage insgesamt in Krankenhäusern deutschlandweit schwierig ist, das muss, glaube ich, jeder erkennen. Das können Sie am Klinikum in Neumünster sehen. Das können Sie außerhalb Schleswig-Holsteins an Universitätskliniken, aber auch den normalen privaten und an anderen Krankenhäusern sehen. Dies ist mit der Einschränkung verbunden: an den privaten relativ wenig. Aber ich will es damit bei diesem Thema bewenden lassen.

Wir sind auf einem guten Wege. Es wäre richtig und vernünftig, dass man jetzt die Mitarbeiter arbeiten lässt, und zu den Mitarbeitern zähle ich natürlich auch den Vorstand.

Lassen Sie mich abschließend mit einem Irrtum aufräumen, der offensichtlich in Ihrem Antrag enthalten ist: Das UK S-H ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und kein Landesbetrieb. Es ist ein eigenständiges Unternehmen in öffentlicher Hand. Die Frage der Erarbeitung und Umsetzung eines Sanierungskonzepts ist daher eine Unternehmensentscheidung. Es ist - es tut mir leid, das sagen zu müssen - keine Entscheidung der Landesregierung und keine Entscheidung des Landtages.

Ich darf Sie insoweit beruhigen: Wenn es im Fall der Sanierung zur Ausgründung kommt, wird der

(Minister Dietrich Austermann)

Aufsichtsrat, in dem ja drei Vertreter der Landesregierung sitzen, die in der heutigen und in der letzten Sitzung angesprochenen Punkte sorgfältig im Auge behalten. Dazu ist er kraft Hochschulgesetz verpflichtet, wenn es um Freiheit, Forschung und Lehre geht. Wie man diese Punkte allerdings in diesem Zusammenhang ansprechen kann, weiß ich nicht. Dann wird der Aufsichtsrat natürlich das Grundgesetz beachten und wie wir alle wissen, geht es um ein Universitätsklinikum und nicht um ein Kreiskrankenhaus.

Meine Damen und Herren, das Interesse des Landtages und der Öffentlichkeit am Universitätsklinikum ist durchaus als positiv zu bewerten, aber ich bitte Sie, damit aufzuhören, die Öffentlichkeit, die Patienten und die Belegschaft zu verunsichern. Dies richte ich leider an die Vertreter der drei Oppositionsparteien.

(Beifall bei CDU und SPD)

Lassen Sie das UK S-H und die Sanierungsbeauftragten in Ruhe ihre Arbeit machen. Im Interesse, zu einer besseren wirtschaftlichen Lösung zu kommen, wäre dies allemal.

(Beifall bei CDU und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich die Beratung schließe. Es ist beantragt worden, die Anträge - das sind die Drucksachen 16/1894 und 16/1916 (neu) - an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann haben wir einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Aktionsplan zur integrierten Meerespolitik der Europäischen Union (Teil 1)

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1850

Für den Bericht erteile ich dem Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herrn Uwe Döring, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich warte schon voller Ungeduld darauf, dass ich hier diese Rede halten darf. Wie Sie wissen, kommt am Ende immer das Gute. Und dafür bin ich zuständig.

(Heiterkeit)

Ich will mich beim Thema Meerespolitik kurz fassen, obwohl es eines meiner Lieblingsthemen ist. Es ist eine Erfolgsgeschichte.

Der Ihnen vorliegende Bericht ist der erste Teil. Er beschäftigt sich mit dem Europäischen Aktionsplan, dem sogenannten Blaubuch, und der zweite Teil, den Sie zu Recht fordern, wird Ihnen vermutlich im Sommer vorgelegt. Im Moment arbeitet die Gruppe „Zukunft Meer“ unter dem Vorsitz von Herrn Professor Herzig, dem ich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich für seine bisherigen Leistungen danken möchte.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Landesregierung hat ein sehr ehrgeiziges Ziel. Der Aktionsplan soll - wie gesagt - im Sommer vorgelegt werden und wir wären damit vermutlich die erste Region innerhalb Europas. Der Aktionsplan ist ein Arbeitsplan. Vieles davon muss noch in Angriff genommen werden. An einigen Stellen ist mir der Aktionsplan ein bisschen zu wenig ehrgeizig; auch die Umweltthemen kommen ein wenig zu kurz. Das ist ein Manko aus historischen Gründen. Denn die EU-Richtlinie zur Meerespolitik ist zeitlich vorher diskutiert worden als der integrative Ansatz. Insofern muss diese Umweltsäule dringend eingearbeitet werden.

Wie wichtig das ist, haben wir beim vorherigen Tagesordnungspunkt zu den Munitionsfunden vernommen. Also, bei diesem integrativen Ansatz geht es nicht nur um wirtschaftliche Dinge, sondern auch um die Umweltthematik, um Tourismus und andere Dinge, die uns wichtig sind.

(Beifall bei der SPD)

Die Meerespolitik ist eine Erfolgsgeschichte Schleswig-Holsteins, weil wir sehr deutlich machen konnten, dass auch eine kleine Region wie Schleswig-Holstein etwas auf europäischer Ebene durchsetzen kann. Es wurden Themen im Blaubuch aufgenommen, die wir hier im Landtag entwickelt haben. Zum Beispiel darf ich die Vernetzung der Meeresinstitute oder die Problematik der Schiffsemissionen nennen. Ferner wird zur Kenntnis genommen, dass es nicht nur Pkw sind, die unsere Umwelt verschmutzen, sondern sehr intensiv auch Schiffe.

Im Blaubuch ist auch erwähnt worden, dass die Kommission den deutschen Plan zur Steuerbefreiung von Landstrom unterstützen wird. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir aufgegriffen haben.

(Minister Dietrich Austermann)

(Beifall bei SPD und CDU)

Ferner wird der Emissionshandel erwähnt. Auch das ist ein Thema, das wir sehr früh diskutiert haben.