All das läuft nicht in einem reibungslosen Prozess ab, weil das gesamte System auch unter der Prämisse Wettbewerb erfolgt. Dennoch glaube ich, dass wir uns auf einem zwar nicht einfachen, aber doch richtigen Weg befinden.
Wir haben von Anfang an kritisiert, dass es für Schleswig-Holstein nicht nur positive Aspekte gibt, sondern insbesondere unsere Krankenhausfinanzierung nach wie vor durch diese Änderungen und Neuregelungen im bundesweiten Vergleich nicht angemessen berücksichtigt wird und angesichts neuer Tarifabschlüsse in vielen Bereichen finanziell dramatisch gefährdet ist.
Wir haben immer wieder betont, dass der für 2009 geplante Gesundheitsfonds ein Koalitionskompromiss ist, in dem nun in der Tat die unterschiedlichen Finanzierungsphilosophien unseres Gesundheitssystems - auf der einen Seite eine Bürgerversicherung, wie wir Sozialdemokraten es fordern, und dem Modell der Gesundheitsprämie, wie es die CDU bevorzugt - aufeinandertreffen. Das haben wir nie geleugnet. Das haben wir immer als Problem benannt.
Derzeit wird die kritische Debatte über die Ausgestaltung des Gesundheitsfonds fortgesetzt. Wir sind davon überzeugt - ich mit meiner Fraktion -, dass der Weg dorthin zwar mühsam sein wird, aber dass wir nicht umkehren können. Insofern glauben wir nicht, dass der in dem Antrag der FDP formulierte Weg, über eine Bundesratsinitiative diese Regelung aufzugeben, sinnvoll ist und Erfolg haben wird. Stattdessen sollten wir uns an dem Diskussionsprozess und an den Überlegungen und Planungen, wie der Gesundheitsfonds im Detail ausgestaltet werden soll, aktiv beteiligen, und zwar ganz speziell aus unserer schleswig-holsteinischen Sicht und Ausgangslage.
Wir erwarten, dass durch den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich Krankenkassen mit vielen schlechten und schwierigen Risiken nicht alleingelassen werden. Wir erwarten auch, dass die Solidarität zwischen den Kassen dazu führt, dass wir in Schleswig-Holstein nicht benachteiligt werden. Es bleibt also eine schwierige Debatte, die wir aber führen müssen und die auch zu Ende gebracht werden muss.
Einen solchen Antrag zu stellen, das kann man dann machen, wenn man in der Tat weder auf Bundesebene noch auf Landesebene politische Verantwortung für das Ergebnis übernehmen muss.
Wir lehnen den Antrag heute nicht ab, sondern plädieren für eine Detaildebatte im Ausschuss. Wir sind gespannt auf die dortige Debatte und die konstruktiven Vorschläge, wie es alternativ aussehen könnte.
Ich danke Frau Abgeordneter Jutta Schümann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesundheitsfonds stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Es ist heute erwähnt worden: Ausschließlich dem Zwang eines politischen Kompromisses zweier unvereinbarer Positionen geschuldet, war er von Anfang an der Versuch der Quadratur des Kreises; Machterhalt auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Aus fachlicher Sicht gab und gibt es kein Argument für den Gesundheitsfonds. Heute ist auch kein Argument gefallen. Frau Sassen, wenn Sie sagen, ein Grund, dem Fonds zuzustimmen, sei Ihr Mut der Verzweiflung, dann sage ich: So eine Argumentation ist ganz schön hart für diejenigen, die nachher unter diesem Fonds leiden werden.
Ausnahmsweise sind sich sogar einmal Kassen, Ärzte und Patienten einig, dass dieser Fonds weg muss. Experten haben von Anfang an vernehmlich und drastisch ihre Kritik geäußert und vor dieser Schimäre aus Kopfpauschale und Bürgerversicherung gewarnt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach hat recht, wenn er sagt, dass der Gesundheitsfonds so überflüssig ist wie eine Autobahnbrücke ohne Autobahn. Der Fonds ist ebenso unnötig wie unsinnig und es wird höchste Zeit, dass die Koalition die Notbremse zieht.
Meine Damen und Herren, Sie hätten heute die Chance, die Notbremse zu ziehen. So gern ich auch Dinge im Ausschuss diskutiere, so wenig leuchtet mir ein, was Sie dort mit uns diskutieren wollen.
Ich weiß es nicht. Haben Sie heute den Mut, den Antrag abzulehnen. Ich glaube, Sie machen das nicht, weil Sie befürchten, dass dann, wenn Sie ihn heute ablehnen und wenn es dann morgen auf Bundesebene kippt, Sie vielleicht die letzten waren, die die Fahne noch hoch gehalten haben.
Der Fonds ist unnötig, er ist unsinnig; teuer ist er auch, das werden wir alle an unseren Beiträgen spüren.
Wenn der Zug bereits aus dem Gleis gesprungen ist, dann helfen auch Durchhalteparolen nicht weiter. Das hat auch der Wissenschaftliche Beirat des Bundesversicherungsamtes, der die praktische Umsetzung des Fonds konzipieren sollte, deutlich gemacht. Er hat es erkannt und ohne Angabe von Gründen geschlossen das Handtuch geworfen. Auch die Ergebnisse des vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Expertengutachtens sprechen eine deutliche Sprache. Rührup und Wille konstatieren, dass die Anwendung der untersuchten Konvergenzklausel einen Bruch des Solidarprinzips bedeuten würde. Damit würde einseitig eine massive Belastung der Versicherten in den ärmeren Bundesländern in Kauf genommen werden, um die Mehrbelastung der reicheren Einkommen und Regionen systemwidrig zu deckeln. Es hat sich nicht ausgezahlt, dass die Bundesregierung in ihrem verzweifelten Bemühen, die missratene Gesundheitsreform durch den Bundesrat zu bekommen, den Landesregierungen in Bayern und BadenWürttemberg Geschenke versprochen hat.
Es wäre unsolidarisch und technisch fragwürdig, die Auswirkungen des Fonds auf die Finanzströme zwischen den Kassen in den Bundesländern durch die Konvergenzklausel künstlich zu begrenzen.
Meine Damen und Herren von CDU und SPD, zumindest diese Erkenntnis sollte den Schleswig-Holsteinischen Landtag endlich aufrütteln. Lassen Sie uns geschlossen gegen den Gesundheitsfonds stimmen. Lassen Sie uns hier und heute ein deutliches Signal geben.
Da weit und breit kein erfahrener Zaubermeister zu sehen ist, hilft nur noch eines: Weg mit dem Fonds. Es kann nicht sein, dass dieses neue bürokratische Monster entsteht, welches die Ungerechtigkeit zwischen der privaten und der kassenärztlichen Versicherung nicht beseitigt, sondern weiter festschreibt. Ein neuer Verwaltungsmoloch, der die Ungerechtigkeit zwischen Arbeitslohn und Einkünften aus Vermögen nicht aufbricht, sondern den allgemeinen Beitragssatz weiter in die Höhe treibt. Der Fonds trägt dazu bei, dass die Kassen ihren Wettbewerb um gesunde Gutverdiener noch verstärken werden, denn nur so können Zusatzbeiträge vermieden werden. Solidarität fühlt sich anders an.
Der Fonds trägt nicht dazu bei, die Finanzierungslücke und die Finanzierungsgrundlage in Berlin zu verbessern. Er leistet keinen Beitrag zum notwendigen Leistungswettbewerb im System. Deshalb sage ich: Stampfen wir ihn heute ein. Machen wir damit in Berlin den Weg frei für eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik.
Ich danke Frau Abgeordneter Monika Heinold. Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion um den Gesundheitsfonds, der zum 1. Januar 2009 eingeführt werden soll, geht in eine neue Phase. Der Hintergrund der neuen Aufregung in Berlin ist ein Gutachten, das bei der CSU in Bayern überhaupt nicht auf Begeisterung gestoßen ist, denn nach Ansicht von Experten lässt sich die von Bayern ausgehandelte Begrenzung von Kassenbelastungen auf 100 Millionen € im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds nicht wie vereinbart umsetzen, weil die Umsetzung zu einer dramatischen Unterfinanzierung der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung führen würde.
Natürlich muss man berücksichtigen, dass in Bayern bald Landtagswahlen sind und dass die CSU mit ihrer angeschlagenen Führung händeringend nach Profilierungsfeldern sucht. Dennoch aber zeigt der aktuelle Streit, dass der letzte Sargnagel an dem äußerst umstrittenen Gesundheitsfonds, in den nach den Plänen der Bundesregierung alle Krankenkassenbeiträge eingezahlt und dann erst an die Krankenkassen weiter verteilt werden sollen, bald einge
schlagen sein wird. Bei der Beurteilung des Gesundheitsfonds muss man sich vor Augen halten, dass sowohl die CDU als auch die SPD beim damaligen Beschluss das strategische Interesse hatten, sich die Tür für eine richtungweisende Gesundheitsreform nach ihren Vorstellungen offen zu halten. Nur deswegen ist dieses bürokratische Monstrum entstanden. Nur deswegen wurden teilweise abstruse Kuhhandel wie die Begrenzung der Belastungen für Bayern und Baden-Württemberg vereinbart.
Es ist daher auch aus Sicht des SSW an der Zeit, endlich klare Kante in dieser Sache zu machen. Der Gesundheitsfonds gehört abgeschafft. Er darf auf keinen Fall vor der kommenden Bundestagswahl eingeführt werden.
Gerade die nächste Bundestagswahl sollte dazu genutzt werden, dass sich alle Parteien klar für eine neue Gesundheitsreform positionieren. Eine neue Bundesregierung sollte dann eine Reform aus einem Guss entwickeln, die unser Gesundheitssystem endlich finanziell zukunftsfähig und die ZweiKlassen-Medizin, die sich leider in den letzten Jahren eingeschlichen hat, wieder rückgängig macht. Aus Sicht des SSW kann dies nur gelingen, wenn man eine Bürgerversicherung einführt, die dafür sorgt, dass alle Einnahmequellen zur Finanzierung unserer Gesundheitsvorsorge herangezogen werden und dass die Bevorzugung der privaten Krankenkassenpatienten und ihrer privaten Krankenkassen abgeschafft wird. Nur so stellen wir wieder das Vertrauen in eine der Säulen unseres Sozialstaates her.
Während wir also den ersten Satz des FDP-Antrages unterstützen können, lehnen wir den zweiten Satz ab. Egal aber aus welcher sozialpolitischen Richtung man das teure und bürokratische Monstrum des Gesundheitsfonds auch betrachtet, die Schlussfolgerung bleibt immer gleich: Der Gesundheitsfonds muss gestoppt werden. Selbst das, was wir jetzt haben, ist besser als das, was wir durch den Gesundheitsfonds bekommen werden. Aber auch die Tatsache, dass der Bundestag 2009 neu gewählt wird, spricht für einen Stopp des Gesundheitsfonds. Egal ob man Kopfprämie oder Bürgerversicherung will, was beides besser wäre als der Gesundheitsfonds; für Vertreter beider Positionen macht es keinen Sinn, für ein paar Monate einen Fonds einzurichten, der dann später wie ein Klotz am Bein wirkt. Beide Systeme - Kopfprämie und Bürgerversicherung - brauchen einen solchen Ge
sundheitsfonds nicht. Deshalb sagen wir: Weg mit dem Gesundheitsfonds. Er kostet uns alle nur Geld, baut Bürokratie aus und löst vor allem die Probleme nicht.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Für einen Kurzbeitrag hat nun Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, ich frage Sie ernsthaft: Warum verteidigen Sie hier etwas, was auch in Ihren Bundestagsfraktionen in Berlin kaum noch jemand will?
Das klingt wirklich so wie das letzte Gefecht oder wie das letzte Aufbäumen gegen einen blanken Unsinn. Frau Sassen, ich habe Ihren Beitrag wirklich nicht verstanden. Liebe Frau Schümann, ich kann diese pauschale Geschichte, die besagt, dass die FDP keine Verantwortung im Bund trage, verstehen. Das ist ja ganz schön. Ich frage Sie aber: Hat Herr Lauterbach auch keine Verantwortung im Bund? Hat Herr Hubertus Heil auch keine Verantwortung im Bund? Hat die bayerische Sozialministerin keine Verantwortung in Bayern? Sie sprechen von Verantwortung. Alle diejenigen, die ich genannt habe, tragen Verantwortung. Sie sagen klipp und klar: Lasst die Finger weg von diesem Gesundheitsfonds! Hier haben Sie Ihre Verantwortungsträger. Sie setzen auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich.
Hören Sie sich einmal an, was Professor Rebscher dazu sagt. Er sagt: Selbst wenn dieser Fonds noch so ausgetüftelt wird, erreichen Sie maximal 16 bis 18 % der Versicherten. Eigentlich müssten Sie 80 % erreichen. - Er hält von dem Morbi-RSA genauso wenig wie von dem ganzen Gesundheitsfonds.
Liebe Frau Kollegin Schümann, eines kann ich Ihnen auch nicht ersparen: All die vermeintlich positiven Auswirkungen der Gesundheitsreform, des GKV-GSG, wie es so schön heißt, die Sie und Ihre Kollegin aus der Koalitionsregierung Ursula Sassen geschildert haben, gibt es auch ohne Gesundheits
fonds. Das eben erwähnte Gesetz ist ja schon in Kraft. Damit haben Sie eigentlich das beste Beispiel dafür geliefert, dass Sie diesen Fonds gar nicht brauchen.