Protokoll der Sitzung vom 23.04.2008

Zunächst zur Gemeinschaftsschule: In Kiel haben wir uns mit der CDU nicht darauf verständigen können, dass alle Schulen zu Gemeinschaftsschulen werden, wie wir das wollen. Weil wir nicht zu viele Regionalschulen haben wollen, haben wir gesagt: Dies wird zum nächsten Schuljahr beschlossen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)

Angesichts der Situation, dass sich landesweit keine oder nur sehr wenig Kinder an Regionalschulen anmelden, scheint es auch innerhalb der CDU eine Debatte zu geben, dass man die Regionalschule eventuell aus dem Schulgesetz ganz herausnimmt. Dann hätten wir in Kiel eine Superchance.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Zweite, die Verbesserung in den Kindertagesstätten. Sie werden das nachlesen können. In Kiel sind unter Schwarz-Grün erheblich mehr Mittel in die Kindertagesstätten geflossen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Seitdem die SPD in Kiel nicht mehr regiert, ist eine erhebliche Steigerung an Kindergartenplätzen zustande gekommen, auch der Einstieg in U 3.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Kiel hat eine super Regelung in Bezug auf Essen, weil in Kiel die Eltern für die Kita-Gebühr und die Mahlzeit, wenn sie Geringverdienerinnen oder Geringverdiener sind, höchstens 25 oder 27 € zahlen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Das ist landesweit vorbildlich, Herr Stegner. Ich bedanke mich herzlich dafür, dass ich dies hier noch einmal erwähnen durfte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU - Zurufe)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 16/1947 und 16/2019 federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Bildungsausschuss zu überweisen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Umgekehrt!)

- Also federführend an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss. Wer so beschließen möchte den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1994

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten haben wir den Schutz von Kindern und Jugendlichen als Staatsziel in unserer Landesverfassung verankert. Wir wollen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen mit denen von Erwachsenen auf gleicher Augenhöhe diskutiert werden.

So eine Verfassungsänderung ist aber nur sinnvoll, wenn sie nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch mit Leben erfüllt wird, wenn sie etwas bewirken soll. Daher haben wir am 21. November 2007 in diesem Haus das Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen beschlossen. Dieses Gesetz hat bundesweit Beachtung gefunden und wurde auch von der Bundesfamilienministerin Frau von der Leyen als vorbildlich gelobt. Wir sind das erste Bundesland, das sich so umfassend in einem Gesetz mit dem Kinderschutz befasst.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

(Präsident Martin Kayenburg)

Das Kinderschutzgesetz kann aus der Sicht meiner Fraktion allerdings nur eines von vielen Instrumenten des Kinderschutzes sein. Aber es ist ein ganz wesentliches Instrument, das hilft, Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein zu schützen, und einen Beitrag leistet, Vernachlässigungen, Verwahrlosungen und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu bekämpfen. Gleichzeitig wird Eltern der Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten ohne Hemmschwellen ermöglicht.

Der Kinder- und Jugend-Aktionsplan mit seinen sechs Handlungsfeldern ist bei der Umsetzung des Kinderschutzgesetzes von maßgeblicher Bedeutung. Kinder haben ein Recht auf Bildung und Erziehung, und sie sollen gesund aufwachsen.

Mit dem Kinderschutzgesetz wollen wir erreichen, dass möglichst alle Eltern in die Lage versetzt werden, ihren Erziehungsauftrag wahrzunehmen. Kinder haben ein Recht auf starke Eltern. Selbstbewusste Kinder sollen früh lernen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Die Eltern, die mit ihren Kindern nicht zur Früherkennungsuntersuchung erscheinen, sollen angesprochen und beraten werden. Die Zusammenarbeit zwischen Kinderärzten und Hebammen soll eng und vertrauensvoll sein. Die Verbandsarbeit soll gestärkt werden. Beispielhaft nenne ich die Arbeit der 15 Schutzengelprojekte und der frühen Hilfen.

Wir setzen dabei auf niedrigschwellige Beratungsangebote für Eltern, auf die Vermittlung zu den Fachärzten, auf die Nutzung bestehender Netzwerke und auf eine unbürokratische Zusammenarbeit aller am Wohle der Kinder Beteiligter. Unser Ziel war und ist es, einen breiten Konsens für das Kinderschutzgesetz zu erreichen, damit es in der Umsetzung erfolgreich ist.

Wichtig ist mir, heute noch einmal festzustellen, dass § 7a mit der Schaffung einer Zentralen Stelle das Herzstück des Gesetzes bildet. Dort wird die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen geregelt. Die Zentrale Stelle hat die Aufgabe, durch die Ermittlung der Kinder im Alter vom dritten Lebensmonat bis zu fünfeinhalb Jahren, die nicht an einer für ihr Alter vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen, eine solche Teilnahme zu sichern.

Wir haben eine Öffnung in das Gesetz aufgenommen, die die Entscheidung darüber, wohin die zentrale Stelle die Daten melden soll, den Kommunen überlässt. Wir haben lange darüber gestritten, Frau Heinold, ob diese dem Gesundheitsamt oder dem Jugendamt gemeldet werden sollen.

Ich will hier an dieser Stelle noch einmal für das Jugendamt werben. Hier sind die Sozialarbeiter, die die Problemfamilien in ihren Kreisen kennen und für die eine Beratung in einer unbekannten Familie auch ein Türöffner sein kann, um eine aufsuchende Jugendhilfe zu betreiben und eventuell aufkommende Probleme gemeinsam mit den betroffenen Familien lösen zu können. Sie haben auch die Kenntnisse um die verschiedenen Hilfsangebote vor Ort.

Meine Damen und Herren, damit dieses gute Gesetz auch wirksam vor Ort umgesetzt werden kann, sind Umschichtungen im Haushalt notwendig geworden, die wir mit unserem Gesetzentwurf bereits in dieser Tagung in erster und zweiter Lesung beraten wollen. Ich hoffe, wir alle können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten und ich beantrage für die CDU-Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Sozialausschuss sowie an den Finanzausschuss.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit großer Mehrheit hat der Landtag Ende letzten Jahres das Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein beschlossen. Seit dem 1. April 2008 haben wir damit als erstes Bundesland ein vorbildliches Konzept der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe in die Tat umgesetzt. Reagiert haben wir damit auf die Tatsache, dass Kinder vernachlässigt werden und ihnen ihre Eltern nicht die Fürsorge und Geborgenheit geben, die sie brauchen. Wir wollen, dass Familien, die in schwierigen Verhältnissen leben oder mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, frühzeitig Unterstützung erhalten.

Durch das verbindliche und kontrollierende Einlade- und Meldewesen zu den von den Krankenkassen finanzierten Früherkennungsuntersuchungen wird sichergestellt, dass der Staat nicht erst wie bisher erstmals bei der Schuleingangsuntersuchung verbindlichen Kontakt zu allen Kindern erhält. Nutzen Eltern dieses Angebot nicht, ist es Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte, persönlichen Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen. Frau Franzen, ich freue mich besonders darüber, dass wir uns darin einig sind, dass Kreise und kreisfreie Städte vorran

(Heike Franzen)

gig die Jugendämter mit dieser Aufgabe betrauen sollen.

(Beifall bei der SPD)

Ziel ist es, konkret vor Ort zu helfen und zu unterstützen. Deshalb haben wir im Kinderschutzgesetz festgeschrieben, dass mit finanzieller Unterstützung des Landes die lokalen Netzwerke Kinder- und Jugendschutz auf- oder ausgebaut werden, in denen hauptamtlich und ehrenamtlich tätige Menschen zusammenarbeiten.

Angebote der Familienbildung und des Kinderschutzes werden so gestärkt, um Elternkompetenz auch in schwierigen Lebenslagen zu stützen. Landesprogramme wie „Schutzengel für SchleswigHolstein“ und „Willkommen im Leben“ wurden im Kinderschutzgesetz verankert, um soziale und gesundheitliche Frühwarnsysteme weiterzuentwickeln und eine Verantwortungsgemeinschaft vor Ort zu stärken.

Bei der Einbringung des Gesetzentwurfs habe ich für die SPD-Fraktion erklärt: Wir werden sicherstellen, dass das Land sich an der Finanzierung des Gesetzes angemessen beteiligt.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Dieses Versprechen lösen wir mit dem vorliegenden Artikelgesetz zur Änderung des Kinderschutzund Jugendschutzgesetzes und des Haushaltes 2008 ein. Im Einzelplan des Jugendministeriums richten wir eine eigene Maßnahmengruppe zum Kinderschutzgesetz mit einem Umfang von 960.000 € ein, dessen Einzeltitel für die Information der Eltern, für Fortbildungen, für Zuweisungen an Kreise und kreisfreie Städte, für frühe Hilfen für Familien und für das Kinderschutztelefon untereinander deckungsfähig sind. Die Gegenfinanzierung erfolgt durch eine Reihe von Einzeltiteln aus dem Haushalt des Sozialministeriums. Die Einschränkungen bei diesen Titeln sind zwar schmerzhaft, aber sie erscheinen uns vertretbar. Ich danke insbesondere dem Jugendministerium für die gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD)

Mit der von uns vorgeschlagenen Änderung des Kinderschutzgesetzes stellen wir sicher, dass Vernachlässigung von Kindern nicht nur erkannt wird, sondern dass Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Einrichtungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen und zur Förderung und Unterstützung von Familien auch die notwendige finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit erhalten. Kinderschutz

kann nämlich nur gelingen, wenn wir eine Kultur des Hinschauens im Sinne von Verantwortungsgemeinschaften entwickeln und wenn wir die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen.

Lassen Sie mich mit einem Shakespeare-Zitat schließen: „Wo Geld vorangeht, sind alle Wege offen.“ - Der Kinderschutz in Schleswig-Holstein befindet sich auf einem guten Weg.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Ich beantrage die Überweisung an den Finanzausschuss, verbunden mit der Bitte, dass wir bereits am Freitag die zweite Lesung durchführen können. Ich gehe davon aus, dass noch vorhandene Unstimmigkeiten formaljuristischer Art bis zum Freitag ausgeräumt sein können.

(Beifall bei SPD und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir recht herzlich Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns herzlich willkommen!