Protokoll der Sitzung vom 25.04.2008

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass die im Antrag der Koalitionsfraktionen niedergelegten Ziele schnell umgesetzt werden. Der Rahmen für diese Ziele ist dort beschrieben. Ich gehe davon aus, dass wir sehr bald und sehr zeitnah

(Frank Sauter)

wenn nämlich der Bericht des Sanierers und des Vorstandes, der ja für den Frühsommer angekündigt ist, auf dem Tisch liegt - die Dinge in der Umsetzung neu bewerten.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Art und Weise, wie die Landesregierung mit dem Problemkomplex UK S-H umgeht, trägt nach meinem Dafürhalten immer mehr chaotische Züge.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das hat sich nun in den letzten Tagen leider in ganz besonderer Weise gezeigt. Natürlich hat der Kollege Sauter völlig zu Recht darauf verwiesen, dass für jeden, der sich in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Beschuldigungen ausgesetzt sieht, die Unschuldsvermutung gilt. Das ist vollkommen selbstverständlich. Gerade weil das so ist, ist die Suspendierung eines leitenden Angestellten, des Vorstandsvorsitzenden des UK S-H, eine sehr schwerwiegende Maßnahme, die, wenn man sie trifft, wohlbegründet und fundiert sein muss.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt!)

Die Gründe, die den Minister zu dieser Entscheidung veranlasst haben, kennen wir im Einzelnen nicht; aber wenn das wenige Tage später nicht mehr notwendig gewesen sein soll und zurückgenommen wird, stellt sich wirklich die Frage, ob in der Landesregierung Führungsverantwortung in der notwendigen und angemessenen Art und Weise wahrgenommen wird. - So viel heute zu diesem Thema. Es wird uns in den kommenden Wochen sicherlich weiter beschäftigen.

Lassen Sie mich noch kurz anmerken, dass wir uns in der jetzigen Debatte in derselben Situation befinden wie in den zwei oder drei Debatten zuvor. Die Landesregierung trifft die Aussage, bis Mitte des Jahres solle ein vollständiges Sanierungskonzept vorgelegt werden, das dann Diskussionsgrundlage im Landtag ist. Abgesehen von der aktuellen Entwicklung gibt es wenig Neuigkeiten. Deshalb braucht man auf viele Dinge, die in den letzten Debattenrunden zur Sprache gekommen sind, jetzt

nicht einzugehen. Eines der Themen will ich aber ganz kurz noch einmal ansprechen.

Wir haben über die Konzentration des Verwaltungssitzes des UK S-H in Lübeck gesprochen. Ich habe unterdessen zur Umsetzung dieser Entscheidung eine Kleine Anfrage gestellt, und es hat mich durchaus verblüfft, vom Ministerium zu erfahren, dass die Entscheidung in einem mehrjährigen Prozess, nämlich innerhalb von drei Jahren, umgesetzt werde. Dazu möchte ich noch sagen: Über die Sinnhaftigkeit der Entscheidung an sich kann man pro und contra diskutieren. Aber da man eine solche Entscheidung trifft und sagt, das wickle man in einem Dreijahreszeitraum ab, frage ich mich: Welches Unternehmen würde in einer vergleichbaren Situation einen so gravierenden Strukturprozess so lange ablaufen lassen, und kann man überhaupt in einer mehrjährigen Hängepartie-Situation, in diesem Prozess der stückweisen Transferierung an einen Standort, die schlagkräftige, effiziente Verwaltung erwarten, die wir gerade in der schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der sich das UK S-H befindet, benötigen?

Auch hier drängt sich der Eindruck auf, dass man zwar aus politischen Gründen eine bestimmte Entscheidung getroffen hat - das ist in einer der letzten Debattenrunden hier diskutiert worden -, dass aber die Tatsache, dass das Ganze in einem mehrjährigen Prozess, der Desorganisation für das Management und die Verwaltung des UK S-H mit sich bringt, abläuft, den Verantwortlichen im Wissenschaftsministerium vergleichsweise nicht so wichtig zu sein scheint.

Ich denke, dass sich hier Fragen stellen, die wir in den Ausschussberatungen diskutieren müssen. Ich hoffe, dass es sowohl durch die tarifliche Einigung als auch durch unbedingt notwendige Verbesserungen in Sachen Fallkostenpauschale in den nächsten Monaten Klarheit über eine vernünftigere Entwicklungsperspektive für das UK S-H gibt.

Unseren Vorschlag, das UK S-H in die Standorte Lübeck und Kiel aufzuteilen, also eine Defusionierung vorzunehmen, und dann der Universität Lübeck die Perspektive zur Umgestaltung in eine Stiftungsuniversität zu geben, halten wir nach wie vor für ein zukunftsträchtigeres Konzept für die Entwicklung der Hochschulmedizin in SchleswigHolstein und für die beiden Standorte in Kiel und Lübeck. Wir werden weiterhin für diese Konzeption der FDP werben, und wir sehen, dass sich dafür nicht nur in Lübeck, sondern auch in Kiel, gerade bei den Betroffenen der beiden Universitätsklinikstandorte, immer mehr Zustimmung abzeichnet.

(Jürgen Weber)

Wir werden uns mit diesem Thema auch in Zukunft beschäftigen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ver.di durch Streik und harte Verhandlungen die Kastanien für den öffentlichen Bestand des Uniklinikums aus dem Feuer geholt hat, setzt nun erstmals die Koalition das Thema UK S-H auf die Tagesordnung des Landtagsplenums. Tapfer, Herr Weber! Sie nutzen dazu auch unseren Antrag, einen von vielen, mit denen wir hier von diesem Ort die Regierung, soweit sie sich überhaupt zwingen lässt, mehrmals gezwungen haben, öffentlich zur Zukunft des UK S-H Stellung zu nehmen.

Die Auseinandersetzungen haben den Beschäftigen viel abverlangt. Die Beschäftigten haben sich sehr oft von der Koalition im Stich gelassen gefühlt. Das muss man deutlich sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann den Verhandlungsführern der Beschäftigten gratulieren, dass sie die Kastanien aus dem Feuer geholt haben. Es war knapp; es hätte auch anders ausgehen können. Ich möchte wissen, Herr Weber, wie Sie dann heute gesprochen hätten.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] - Weitere Zurufe von der SPD)

So können Sie abgewogene Worte wählen. Aber die Arbeit haben andere gemacht.

(Zurufe von der SPD)

Die Koalition hat selber eine gewundene Entschließung zu den Zukunftsbedingungen des UK S-H formuliert. Das Junktim, dass Arbeitsplätze nur sicher sind, wenn das UK S-H schwarze Zahlen schreibt, hat nicht die Koalition gegenüber dem Sanierer durchgesetzt, sondern das waren die Beschäftigten. Wir haben noch viele Hausaufgaben zu machen. Ich bin froh, dass auch die Gesundheitsministerin hier zuhört.

Vor einigen Wochen hat eine Auszubildende in der Pflege des Kreiskrankenhauses Rendsburg ein höchstrichterliches Urteil geholt. Sie wurde 30 %

unter Tarif bezahlt, und das fanden die Richter dann doch zu viel.

(Frank Sauter [CDU]: Zu viel oder zu we- nig?)

Nun können Sie sagen: Das war am Kreiskrankenhaus Rendsburg. Ich habe mich erkundigt. In vielen Krankenhäusern und auch am UK S-H herrschen genau solche Zustände. Das heißt, alle Auszubildenden dieser Krankenhäuser könnten jetzt klagen. Dass sie das bisher nicht getan haben, hängt damit zusammen, dass sie froh sind, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu haben - wir haben ja gerade über das Thema Arbeit, gute Arbeit und Bezahlung debattiert -, und dass sie über die Auseinandersetzungen um das UK S-H so eingeschüchtert sind, dass sie sich dreimal überlegen, ob sie diesen Weg gehen. Das sind die realen Bedingungen, die junge Menschen auch am UK S-H heute vorfinden. Wenn wir also hier sehr vollmundig über den öffentlichen Dienst und über ein auskömmliches Leben sprechen, gibt es einiges dazu zu sagen, nicht nur im Hinblick auf öffentliche Unternehmen.

Ich erwarte jetzt, dass diese Fragen nicht erst geklärt werden, wenn Auszubildende mutig zum Richter schreiten, sondern dass sich die Arbeitgeberseite bewegt. Das trifft auch für die Gestellungsverträge mit dem Deutschen Roten Kreuz zu. Hier herrscht ebenfalls zweierlei Maß. Es gibt ein Nebeneinander von ver.di-Verträgen und Gestellungsverträgen. Auch das sollte man im Zuge eines Umbaus vereinheitlichen.

Nun komme ich zu dem, was Herr Kollege Weber angekündigt hat. Herr Weber, ich freue mich, wenn es Ihnen gelingt, die Stelle für Pflege und Patientenservice endlich wieder auszuschreiben. Das ist offensichtlich auch etwas, was die SPD durchsetzen muss und was in der Koalition nicht selbstverständlich ist, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.

Ich bin also sehr gespannt, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Jeder Tag, an dem diese Stelle nicht besetzt ist, ist ein Tag zu viel. Das sieht man an den Beispielen, die ich genannt habe.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Kommen wir zum heikelsten Punkt der letzten Tage! Die Suspendierung und Wiedereinsetzung des Vorstandsvorsitzenden des UK S-H wirft Fragen auf und sorgt für maximale Beschädigung aller Beteiligten, ohne dass das Parlament zeitnah und ausreichend Hintergründe erfahren hat. Ich erwarte natürlich keine Details von der Staatsanwaltschaft. Sie

(Dr. Ekkehard Klug)

soll ihren Job machen. Aber der gesamte Vorgang bedarf doch einer ausführlicheren Erklärung, Herr Austermann. Bisher gibt es nur Fragezeichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sowohl die Abläufe und die Zeiträume als auch der Gegenstand des Vorwurfs selbst werfen viele Fragen auf.

Um hier keine falschen Töne aufkommen zu lassen: Wir sind für eine gründliche Untersuchung und erwarten von der neuen kaufmännischen Leitung eine Anti-Korruptionsoffensive, wie sie für jedes Haus dieser Größe selbstverständlich sein muss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, das ist gerade in den Krankenhäusern ein sensibler Bereich. Nicht umsonst haben wir im Parlament mehrfach Korruption thematisiert. Ich bin zum Beispiel froh, dass die Techniker Krankenkasse dieses Thema in Fachtagungen sehr ernsthaft und offensiv aufgreift. Aber gerade weil dies so sensibel ist, hat man entweder tatsächlich etwas in der Hand und handelt dann auch entschlossen oder man recherchiert weiter. Der Vorgang, wie er sich jetzt darstellt, lässt einen gewissen Beigeschmack aufkommen. Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Austermann: Wir haben Sie im Parlament beim Vergabeverfahren im Bereich der Bahn für diesen Sachgegenstand sehr sensibilisiert. Ich hoffe, dass Sie diese Lektion gelernt haben und nicht zu Kurzschlusshandlungen neigen. Sie haben über Ihre eigene Zukunft entschieden. Da möchte ich nichts weiter hinzufügen, nur: Wälzen Sie Ihre Probleme nicht auf andere ab!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Gruppe des SSW erhält Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Nach der letzten Debatte im Februar konnte man jetzt Anfang April seit Langem mal wieder hoffen, dass im UK S-H Ruhe einkehrt. Nach zähem Ringen und für das UK S-H teuren Streiks haben sich die Tarifpartner geeinigt. Für die Beschäftigten des UK S-H ist sicher der größte Erfolg, dass politische Zusagen gemacht wurden, unabhängig vom Erreichen der viel beschworenen schwarzen Null im Jahr 2010, den Betrieb abzusichern. Der Tei

lausverkauf des UK S-H konnte damit vorerst gestoppt werden. Die Privatisierung der Krankenversorgung ist bis 2015 vom Tisch, und das ist auch gut so.

Doch dann Ende der vergangenen Woche folgte der nächste Einschlag: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Vorwurfs der Untreue und der Bestechlichkeit gegen jetzige und ehemalige leitende Mitarbeiter des UK S-H und seiner Tochtergesellschaften. Professor Kremer, das letzte Mitglied des „alten“ Vorstandes, wird von Herrn Austermann sofort vom Dienst suspendiert, genau der Vorstand, der sich vehement gegen die Privatisierungspläne des Landes gestellt hat.

Ohne mich hier zum laufenden Verfahren äußern zu wollen, möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass der Presse auch die Frage zu entnehmen ist, ob hier Personen gezielt beschädigt werden sollen. Nach meinen Informationen hatte das UK S-H bis zum 1. Juni Zeit, sich zu den Vorwürfen des Landesrechnungshofs zu äußern, und hat auch schon erste Stellungnahmen abgegeben. Da frage ich mich natürlich, ob diese in die Bewertung der Vorgänge einbezogen wurden.

Nun führt die gegebene eidesstattliche Erklärung zur Aufhebung der Suspendierung von Herr Kremer. Warum hat man ihn nicht schon vorher befragt? Zeit genug war doch vorhanden. Jetzt sprießen die Spekulationen über die Motive der Suspendierung ohne Ende. Es gibt Gerüchte bis zum Abwinken, und das ist genau das, was wir für das UK S-H nicht brauchen.