Protokoll der Sitzung vom 29.05.2008

(Lachen bei CDU und SPD)

Der Minister legt einen Bericht vor, in dem das erste Kapitel mit „Auf dem Weg in die Zukunft“ überschrieben ist. Dann kommen seitenweise Statistiken, mit denen nachgewiesen wird, wie toll Schleswig-Holstein ist, seitenlang. Nachdem Herr Garg hier seine Zahlen vorgetragen hat, tritt der Minister nach vorn und erzählt: Was interessieren mich Statistiken, das ist doch alles Blödsinn! Herr Minister, das ist wirklich eine Bankrotterklärung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Aber es wird noch viel schöner. Sie haben zwei Punkte genannt, wo Schleswig-Holstein wirklich spitze ist: Das eine sind die schnellsten Genehmigungsverfahren. Ich erinnere an das Jahr 2005, als die Landesregierung losgehen und ausgerechnet die Ämter, die die technischen Genehmigungsverfahren für die Betriebe durchführen, die Staatlichen Umweltämter, kommunalisieren wollte und die Industrie- und Handelskammer gesagt hat: Das machen wir nicht mit, denn wir haben in Schleswig-Holstein die schnellsten Genehmigungsverfahren im ganzen Bundesgebiet, und Sie wollen das kaputt hauen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Erfolg können Sie sich nicht auf Ihre Fahnen schreiben.

Der nächste Punkt ist der Straßenbau und der Bahnbau. Da muss ich nur sagen: Der geltende Bundesverkehrswegeplan, der gesamte Plan einschließlich der gesamten Planung, ist unter RotGrün verabschiedet worden und nicht unter dieser Landesregierung.

Wenn das die beiden Beispiele sind, für die Sie hier zeigen, wie der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein funktioniert, kann ich wirklich nur sagen, dass Sie völlig danebengegriffen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2047, dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann ist das so geschehen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

(Minister Dietrich Austermann)

Förderung von Bädern in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2076

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Da zunächst ein mündlicher Bericht in dieser Sitzung beantragt worden ist, bitte ich, über diesen Berichtsantrag abzustimmen. Wer den Bericht jetzt hören will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Worum geht es?)

- Einfach melden, Herr Kubicki!

(Heiterkeit)

- Danke schön für das Vertrauen. Damit ist der Berichtsantrag angenommen, und ich erteile dem Wirtschaftsminister, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat seit 2005 aus Mitteln des Regionalprogramms 2000, des Zukunftsprogramms Wirtschaft Bäder im Volumen von 36 Millionen € mit 20,5 Millionen € Zuschuss gefördert. Darüber hinaus wurde in zwei Fällen Förderung in Höhe von 15,4 Millionen € in Aussicht gestellt. Das betrifft Kappeln-Ellenberg und Schleswig. Wenn man das addiert, dann kommt man auf ein Gesamtvolumen von 50 Millionen € bei etwa 30 Millionen € Förderung. Dies geschah und geschieht auf der Grundlage der Richtlinien zur Förderung öffentlicher touristischer Infrastruktureinrichtungen.

Bei der Förderung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, von denen ich ein paar beispielhaft nennen möchte.

Erstens. Ausreichende touristische Bedeutung des Ortes, also anerkannter Kur- und Erholungsort.

Zweitens. Einzugsbereich des Bades sowie regionale Konkurrenzsituation.

Drittens. Touristische Ausrichtung des Bades, also überwiegend Nutzung durch Touristen, Beitrag zur Gewinnung neuer Gäste für die Region und damit Erhöhung der touristischen Wertschöpfung.

Viertens. Einbettung des Badprojekts in die Tourismusstrategie der Landesregierung vom 7. November 2006 und demzufolge die Voraussetzung einer

Tourismuskonzeption von denen, die den Antrag stellen.

Weiter: Vorlage eines schlüssigen Marketingkonzeptes, Vorlage einer neutralen Machbarkeitsstudie, in der das Vorhaben insbesondere auf seine Wirtschaftlichkeit und Marktfähigkeit untersucht wird. Elementarer Bestandteil dieser Studie ist immer die Überprüfung der Auswirkung des Infrastrukturprojektes auf ähnliche öffentliche private Einrichtungen im Einzugsgebiet. Sind maßgebliche Beeinträchtigungen der Wirtschaftlichkeit bestehender Einrichtungen zu erwarten, ist die Förderung durch das Land ausgeschlossen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aha!)

- Selbstverständlich! Es muss auch Leistbarkeit des Eigenanteils bei den Folgekosten durch Trägerinnen und Träger dargestellt sein. Die Kriterien sind im Amtsblatt vom 17. Dezember 2007 nachzulesen.

Bäder und andere Infrastruktureinrichtungen werden orts- und regionalbezogen betrachtet. Nicht jeder Ort muss ein Bad vorhalten. Entscheidend sind die Bedarfe und die Analysen, welche Infrastruktur für welche Zielgruppe im Sinne einer Tourismusstrategie der Landesregierung erforderlich ist. Wir wollen verhindern, dass Bäder, die weniger die Einwohner als vielmehr die Gäste im Fokus haben, sich in einem Einzugsbereich tummeln, der Kannibalisierungseffekte entstehen lässt,

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

das heißt, dort, wo Sie ein fertiges Bad und ein fertiges Konzept haben, nicht unmittelbar ein solches daneben stellen. Das werden wir, soweit wir darauf Einfluss nehmen können, nicht zulassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Im Zuge der Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein wurde im Leitprojekt Optimierung der touristischen Infrastruktur der Bestand der Einrichtungen analysiert. Ich darf Ihnen sagen, dass wir in Schleswig-Holstein 315 Bäder haben. 35 davon sind Erlebnisbäder, 280 funktionale Schwimmbäder. Das Konzept für die künftige Infrastruktur wurde erarbeitet. Derzeit entsteht ein Umsetzungskonzept, das in enger Abstimmung mit meinem Hause im Spätsommer vorliegen wird. Danach werden dann auch die Förderentscheidungen getroffen. Träger von Infrastruktureinrichtungen sind verpflichtet, ihren Eigenanteil, aber auch die Folgekosten darzustellen und die Belastbarkeit und Tragbarkeit der Folgekosten für die nächsten 15 Jahre deutlich zu machen. Das geschieht auf der Basis von

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

drei Szenarien, einem besten, einem schlechtesten und einem mittleren. Die Kalkulation muss auf der Basis der schlechtesten Besucherprognose erarbeitet werden. Ergänzend wird eine Stellungnahme der zuständigen Kommunalaufsicht eingeholt.

Ferner sind regelmäßig Reattraktivierungsmittel einzuplanen, das heißt, es muss von vornherein auch im Wirtschaftsplan sichergestellt sein, dass jedes Bad in einem bestimmten Zeitraum überholt, modernisiert und verbessert werden kann, damit die Attraktivität auch in Zukunft gewährleistet ist. Die Landesregierung stimmt dem Gesamtprozess von der Projektidee bis zur Bewilligung des Projektes mit den Projektträgern ab und begleitet das Projekt fortlaufend. Bei den Bädern geht es dabei nicht nur um die Errichtung neuer, sondern auch um die Erweiterung und Modernisierung vorhandener Einrichtungen. Bei einem Teil der Bäder, von denen ich gesprochen habe - beispielsweise bei dem Bad auf Helgoland oder bei dem Bad in Burg -, handelt es sich um Modernisierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen oder Modernisierung im Sinne einer neuartigen Gestaltung.

Lassen Sie mich aber die Gelegenheit nutzen, zu einem besonderen Projekt Stellung zu nehmen: Das ist das Thema Flensburg. Meine Position und die Position der Landesregierung ist hier eindeutig. Was dort in Flensburg beabsichtigt ist - nämlich Spaßelemente rein im Gegensatz zu dem, was man mit Glücksburg verabredet hat -, halten wir für untragbar und vertragswidrig im Sinne des Vertrages, der abgeschlossen worden ist.

(Vereinzelter Beifall)

Wir sagen: Spaßelemente raus, Sportbad rein! Das ist die einzige Möglichkeit, die es gibt. Wir haben allerdings wenig Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Wir haben geprüft, ob die Kommunalaufsicht tätig werden kann. Das Innenministerium sieht dafür keinen Ansatzpunkt, weil Rechtsverstöße nicht zu erkennen sind. Wir haben geprüft, inwieweit man in der Zukunft möglicherweise die eine oder andere Maßnahme so oder so gestalten kann, um deutlich zu machen, dass man so miteinander in der kommunalen Familie nicht umgeht.

(Beifall)

Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Ich habe jetzt mit dem Landrat des Kreises SchleswigFlensburg und mit dem Oberbürgermeister von Flensburg einen Termin in der nächsten Zeit im Auge, bei dem wir gemeinsam über das Thema sprechen, in der Hoffnung, wir können die Flens

burger noch zur Vernunft bringen. Das, was bisher geplant ist, kann jedenfalls so nicht sein.

Aber Sie wissen das: Kommunalpolitik ist das Recht, mit eigenem Geld Dummheiten zu machen. Wenn es den kommunalen Finanzen inzwischen in Flensburg so gut geht - das ist ein Ausweis für die gute Politik in den letzten Jahren -, dass sie es sich leisten können, das ohne Geld des Landes zu machen, dann haben wir keine Möglichkeit, das zu verhindern. Aber wir versuchen auf dem Verhandlungs- und Gesprächsweg, hier zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.

Meine Damen und Herren, das war der angeforderte Bericht.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. Das Wort für den Antragsteller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vielen Dank für die klaren Worte. Ich denke, das war sehr hilfreich. Hallenbäder und Spaßbäder sind beliebte Sport- und Freizeitziele. Familien bleiben über viele Stunden in solchen Einrichtungen. Damit sind Spaßbäder auch touristische Einrichtungen und demzufolge ist meist die Hoffnung damit verbunden, dass mit dem zusätzlichen Freizeitangebot auch zusätzliche Kaufkraft in den jeweiligen Standort einzieht. Ohne Frage sind solche Investitionen förderfähig, wenn die touristische Infrastruktur dadurch verbessert wird.

Schleswig-Holstein hat Nachbesserungsbedarf im Tourismus, das sehen wir immer wieder, gerade im Vergleich mit Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings muss ein erfolgreiches Tourismuskonzept auch die Folgekosten und -wirkungen von Investitionen im Auge haben, und geförderte Investitionen müssen landesweit aufeinander abgestimmt sein.

Schwimmbäder benötigen in der Regel nicht nur Investitionskostenzuschüsse, sondern auch Betriebskostenzuschüsse. Ein Bad ist kostendeckend meist nicht zu bewirtschaften. In Kiel beträgt das jährliche Defizit beispielsweise zweieinhalb Millionen € für die Bäder. Deshalb muss schon bei der Investitionsbewilligung in der Landesregierung geprüft werden, ob sich die Gemeinde auch mit den Folgekosten nicht übernimmt.

(Minister Dietrich Austermann)