Die Frage ist nun: Wie schaffen wir es, die erforderliche qualifizierte Zweidrittelmehrheit des Bundestages und die Mehrheit der Länder im Bundesrat für eine entsprechende Änderung der Verfassung, also für eine Öffnungsklausel zu gewinnen, wie sie zu Recht vom SSW vorgeschlagen wird. Über diesen Weg sollten wir auch in den Ausschüssen gemeinsam beraten, im Europaausschuss wegen seiner Zuständigkeit für Minderheiten und auch im Innen- und Rechtsausschuss.
Die Frage ist, ob es ein hilfreicher Ansatz wäre, Anke Spoorendonk, nicht eine alleinige Bundesratinitiative Schleswig-Holsteins anzustreben, sondern ein gemeinsames Vorgehen der drei betroffenen Länder, also Schleswig-Holstein, Sachsen und Brandenburg, zu initiieren.
Das sind die drei Bundesländer, in denen in Deutschland autochthone Minderheiten beheimatet sind. Vielleicht könnten Initiativen aus den drei Landesparlamenten heraus einen ansprechenden
Anstoß geben. Das hätte möglicherweise, was die Erfolgsaussichten anbetrifft, einen etwas größeren Nachdruck und eine etwas größere Erfolgschance als das einzelne Vorgehen eines Bundeslandes. Das ist eine Idee, über die man nachdenken sollte.
Ich signalisiere für meine Fraktion grundsätzlich Unterstützung. Über das Prozedere sollten wir uns im Ausschuss unterhalten.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! - Auf Applaus bin ich nicht angewiesen. - In der Sache unterstützen wir den Antrag.
- Vielen Dank. - Das Hauptproblem, nämlich dass wir es schwer haben werden, uns in Berlin durchzusetzen, ist genannt worden. Ich halte die Idee, sich vorab mit den anderen Bundesländern zusammenzusetzen und zu gucken, ob wir zumindest die betroffenen drei Bundesländer zusammenkriegen, für eine vernünftige Idee. Es ist ganz wichtig, dass wir nicht darin nachlassen, dass wir immer wieder sagen: In Schleswig-Holstein läuft die Minderheitenpolitik ausgesprochen gut, Schleswig-Holstein ist ein wichtiges Vorbild für die Bundesrepublik, auch europaweit. Wir bekommen gerade jetzt in Belgien wieder mit, wie schwierig es ist, mit unterschiedlichen Mentalitäten und Volksgruppen zusammenzuleben.
Meine Fraktion hat immer gesagt: Der SSW ist uns lieb und teuer. Wir haben im Haushalt immer wieder auch in Regierungsverantwortung gesagt: Natürlich dürfen wir die Minderheitenpolitik finanziell nicht zusammenstreichen, natürlich muss es eine angemessene Unterstützung geben. Insofern wurde an der einen oder anderen Stelle immer wieder nachgearbeitet.
Genauso schwierig ist es für ein kleines, strukturschwaches Land, wie wir es in Schleswig-Holstein sind, diese Finanzen selbst zu tragen. Insofern begrüßen wir, dass versucht wird, die Vereinbarung
der Föderalismuskommission I wieder aufzubrechen, damit es die Möglichkeit einer gemeinsamen Finanzierungsstruktur gibt. - Frau Spoorendonk, ärgern Sie sich nicht!
Uns wird gesagt, dass es in Berlin zurzeit eine rückläufige Tendenz gibt, dass der Bund versucht, sich aus allem finanziell wieder rauszuziehen. Das kann so nicht sein.
Frau Spoorendonk, damit nichts Falsches hängenbleibt: Wenn ich sage, der SSW ist uns lieb und teuer, dann bezieht sich „teuer“ darauf, dass uns die Minderheiten in Schleswig-Holstein immer so viel wert waren, dass wir auch unter Rot-Grün im Haushalt immer wieder nachgebessert haben, um eine angemessene Finanzierung sicherzustellen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold und frage die Abgeordnete Anke Spoorendonk, ob das mit dem letzten - - Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand, das war eine eher tendenziöse geschäftsleitende Bemerkung. Entschuldigen Sie, Frau Präsidentin!
Von daher muss ich doch noch einmal sagen: Es geht nicht darum, dass einem irgendjemand lieb und teuer ist. Es geht auch nicht darum, dass Minderheiten angemessen gefördert werden. Es geht um Gleichberechtigung.
Es geht darum, dass Mehrheit und Minderheit Teil dieser Gesellschaft sind, Teil des Landes Schleswig-Holstein und Teil der Bundesrepublik.
Darum geht es. Es geht nicht darum, dass wir etwas anderes fordern als das, was Kernpunkt unserer Minderheitenpolitik sein sollte.
Uns ist natürlich bewusst, dass es wünschenswert gewesen wäre, von vornherein zu sagen, wir fordern die Landesregierung auf, sich mit den Ländern Sachsen und Brandenburg ins Benehmen zu setzen und so weiter und sofort. Wir hielten es aber für schwierig, das der Landesregierung vorzuschreiben. Es würde Sinn machen, das zu tun. Ich habe es auch in der Begründung aufgeführt: Sachsen und Brandenburg nehmen in diesem Fall ihre Verpflichtungen ernst. Sachsen hat seine Mittel aufgestockt und Brandenburg hat seine Mittel überrollt. Das mag man zwar als nicht so gut empfinden, aber trotzdem stehen sie zu ihrer Verantwortung. Das Problem ist wie gesagt der Bund.
Im Zuge der Förderalismusreform könnten sich weitere Fragen ergeben. Von daher meinen wir, dass nun der richtige Zeitpunkt ist, um sich für eine Öffnungsklausel im Grundgesetz stark zu machen. Wir wissen zwar, dass dies schwierig ist, aber wir wissen auch, dass das Grundgesetz regelmäßig geändert wird. Vielleicht besteht dann die Möglichkeit, diese Öffnungsklausel in ein Paket mit hineinzunehmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag, der hier in Rede steht, soll die Landesregierung aufgefordert werden, eine Bundesratsinitiative für eine Öffnungsklausel zwischen dem Bund und den Ländern zum Schutz und zur Förderung autochthoner nationaler Minderheiten im Grundgesetz zu ergreifen.
Wir sind uns sicherlich einig - das hat auch die Debatte hier gezeigt -, dass die Minderheitenpolitik eine gesamtstaatliche Aufgabe ist. Sie betrifft gleichermaßen den Bund, die Länder, die Kreise und die Kommunen. Vertragspartner - das ist gerade schon gesagt worden - des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz von nationalen Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ist die Bundes
republik Deutschland. Die sich aus diesen beiden Abkommen ergebenden Verpflichtungen und ihre Umsetzung liegen allerdings weitgehend in der Zuständigkeit der Bundesländer.
Obwohl die sorbische Minderheit nur in Brandenburg und Sachsen und die friesische und die dänische Minderheit nur in Schleswig-Holstein leben, so sind sie doch Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland. Bereits im Jahre 2006 hatte deshalb der Minderheitenrat der vier autochthonen nationalen Minderheiten Deutschlands, nämlich die drei genannten und die Sinti und Roma, im Rahmen der Diskussion um die Förderalismusreform I die Schaffung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz angeregt. Da die Förderalismusreform I seinerzeit nicht angetreten ist, um neue Gemeinschaftsaufgaben zu begründen, sondern - ganz im Gegenteil - angetreten ist, um diese Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern einzuschränken und Aufgabenverantwortung zu entflechten, konnte der damalige Vorstoß gar keinen Erfolg haben.
Mit demselben Vorschlag wandte sich der Minderheitenrat nach Konstituierung der Förderalismuskommission II vor gut einem Jahr an mehrere Ministerpräsidenten, unter anderem auch an mich.
Eine von der Staatskanzlei damals durchgeführte Abfrage, lieber Herr Klug, in den anderen Ländern hat ergeben, dass kein Land dafür war, das Problem im Rahmen der Förderalismusreform II zu behandeln und eine Initiative im Bundesrat zu unterstützen.
Warum ist das so? - Der Grund für diese Haltung ist, dass nach dem Willen des Bundes und der Länder die Ergebnisse der Förderalismusreform I nicht im Rahmen der anschließenden Förderalismusreform II korrigiert oder nachgebessert werden sollten. Darüber hinaus - das füge ich hinzu - fühlen sich viele meiner Kollegen von der Thematik nicht so hautnah betroffen wie wir in Schleswig-Holstein. Insofern sehe ich auch jetzt keinen Raum für das vom SSW in seinem Antrag bezweckte Ziel.
Wir müssen bei der Förderung der Kultur der autochthonen Minderheiten einen anderen Weg gehen. Bereits 2006 hatten wir eine Debatte über die Aufnahme eines Minderheitenartikels in das Grundgesetz und in Abstimmung mit dem Bundesminderheitenbeauftragten war der damalige Beschluss der Vorsitzenden der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ für die weiteren Beratungen übermittelt worden. Das Thema Minderheiten hat dann auch Aufnahme in den Abschlussbe
richt der Enquetekommission - das ist Bundestagsdrucksache 16/1700, hier die Seiten 216 bis 219 gefunden.
In den Handlungsempfehlungen rät die Enquetekommission dem Bund, den Ländern und den Kommunen, die Kulturen der autochthonen Minderheiten als wichtigen Bestandteil des kulturellen Lebens in Deutschland abgestimmt und ressortübergreifend zu fördern. Weiter heißt es: Ebenso sollte eine auskömmliche Finanzierung der in der Regel unikaten kulturellen Einrichtungen und Projekte der Minderheiten gesichert sein. - Das schließt die Sicherung zum Erhalt, zur Weiterentwicklung und zur Weitergabe der Sprache der autochthonen Minderheiten ein
Ich meine, hierauf sollten wir aufbauen und von einer Initiative im Bundesrat absehen, mit der außerhalb der Förderalismusreform II Grundgesetzänderungen angestrebt werden sollen, die seitens der Förderalismuskommission I bereits verworfen wurden. Ihr Scheitern wäre vorprogrammiert. Ich meine, wir sollten für unsere Minderheiten Initiativen starten, die Aussicht auf Erfolg haben, aber nicht Initiativen propagieren, für die eine Mehrheit nicht zu erreichen sind.
Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließe.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/2149 an den Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend an den Europaausschuss zu überweisen. Wer so abstimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen!