Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

- Nein, das kann ich nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

- Wie? - Es gibt im Beratungsbereich eine ganze Menge Tätigkeiten, die nicht einfach abzugrenzen sind.

Wenn man einen solchen Vorschlag macht, muss dies geregelt werden. Deswegen glaube ich, dass es sinnvoll ist, das Ganze im Innen- und Rechtsausschuss zu beraten und zu überlegen, wie wir für die Zielgruppen, insbesondere die Journalisten, zu besseren Regelungen kommen können, die adäquat und praktikabel sind. Ich habe das ausführlich auch mit Juristen, also Vertretern Ihrer Berufszunft, Herr Kubicki, diskutiert. Ich gebe zu, dass ich nicht dazu gehöre. Aber sie haben mir alle gesagt, dass sie bei Ihrer Regelung ein Problem sehen. Deshalb halte ich es für gut, das im Innen- und Rechtsausschuss zu beraten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nennen Sie mir einmal einen Berufskollegen, der damit Pro- bleme hat!)

- Die Probleme werden nicht dadurch beseitigt, dass Sie dazwischenrufen. - Ich glaube, dass wir dann zu einer vernünftigen Lösung kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel. - Das Wort für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lasse das Grundsätzliche einmal weg; dazu habe ich heute Morgen schon das Meiste gesagt. Wir sehen die geplante Einschränkung elementarer Bürger- und Grundrechte mit großer Besorgnis. Aus diesem Grund möchte ich ausdrücklich nicht nur über die Arbeit von Rechtsanwälten sprechen, die in nicht nachvollziehbarer Art und Weise eingeschränkt werden. Der SSW fordert den Schutz aller Berufsgeheimnisträger, denn diese Zweiteilung der Berufsgeheimnisträger ist aus unserer

Sicht unerträglich. Darum kann ich sagen, dass der Antrag der FDP unsere volle Unterstützung hat.

(Beifall bei der FDP)

Vielleicht ist die kleinteilige Taktik der FDP, die sich zunächst nur mit einer einzigen Gruppe von Berufsgeheimnisträgern beschäftigt, letztlich erfolgreich, erfolgreicher zumindest, als darauf zu hoffen, dass die Änderung der Strafprozessordnung aufgehoben oder das BKA-Gesetz verhindert wird. Ich bin davon überzeugt, dass der Antrag erfolgreich sein wird. Denn bei der völlig willkürlichen Unterscheidung der Arbeit der Rechtsanwälte wurde gesetzestechnisch schlecht gearbeitet.

Dass formal bereits die besten Chancen bestehen, diese Neuregelung zu kippen, ergibt sich daraus. Eine Trennung der Tatsachen ist in der Praxis eines Anwalts eben nicht möglich. Häufig gibt ein Mandat Anlass dazu, sich mit strafrechtlichen Fragen zu befassen. Denken wir nur an das Steuerrecht. Wenn ein Rechtsanwalt ein Mandat übernimmt, ist diese Entwicklung nicht vorauszusehen. Darum ist die Neuregelung völlig realitätsfremd.

Außerdem steht zu befürchten, dass das Zeugnisverweigerungsrecht bereits ab einer niedrigen Erheblichkeitsschwelle nicht mehr gegeben sein wird. Dieses Fällen einer der Säulen unseres demokratischen Systems gilt es zu verhindern. Wir wissen, dass die FDP-Bundestagsfraktion im letzten Monat eine gleichlautende Gesetzesinitiative im Bundestag eingebracht hat. Ich hoffe, dass - auf welchem Weg auch immer, über Bundestag oder Bundesrat - die geplante Verschlechterung der Rechte von Berufsgeheimnisträgern gestoppt wird. Das ist wichtig und passt zu dem, worüber wir heute Morgen debattiert haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

(Karl-Martin Hentschel)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur weil mir das Schwadronieren wirklich langsam auf den Sack geht, Herr Kollege Hentschel - im wahrsten Sinn des Wortes -, sage ich Folgendes: Herr Kollege Hentschel, wenn Sie einmal ins Gesetz geguckt hätten und meinem Redebeitrag gelauscht hätten, wüssten Sie, dass der Gesetzgeber bereits in § 53 Strafprozessordnung diejenigen Berufsgeheimnisträger definiert hat, um die es auch in § 161 a StPO geht. Da brauchen wir nichts auszuweiten oder zu ergänzen. Wir müssen nur die Frage klären, warum der Gesetzgeber die Berufsgruppe in § 53 in § 160 a differenziert. Dafür gibt es keine sinnvolle und logische Begründung außer der, dass er auch gern die Strafverteidiger ins Visier genommen hätte, aber weiß, dass das europarechtswidrig und verfassungswidrig wäre und er das deshalb nicht machen kann, und weil er weiß, dass das bei Abgeordneten schon wegen des Immunitätsund Indemnitätsprizips nicht geht. Nur deshalb. Die Geistlichen hat er mit reingenommen, weil der Krach mit der katholischen und der evangelischen Kirche sonst nicht auszuhalten gewesen wäre. Das ist der Grund, warum es die Differenzierung gibt. Sonst wären nämlich alle erfasst worden.

Ich will hier mit einem Missverständnis aufräumen. Es geht nicht um den Schutz der Berufsgeheimnisträger. Es geht um den Schutz der Mandanten, der Klienten und des Vertrauensverhältnisses. Herr Kollege Hentschel, ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie nicht zur Kenntnis genommen haben, dass sich beispielsweise der Verband der Psychotherapeuten und Psychiater bereits mit der Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt hat, dass Patienten mittlerweile nicht mehr anrufen, nachdem die Kommunikationsdaten aufgezeichnet werden. Die Patienten befürchten, dass die Tatsache des Anrufs notiert wird und irgendwann einmal gegen sie verwandt werden kann. Wenn sie jetzt auch noch das Gefühl haben müssen, sie könnten nicht mehr zu ihrem Arzt oder Psychotherapeuten gehen, weil sie möglicherweise belauscht werden, dann gibt es die einschlägigen Gespräche nicht mehr. Reden Sie einmal mit Ärzten und Psychiatern!

Es gibt heute bereits Anwaltskanzleien, die damit werben, dass in ihren Räumen nicht abgehört werden kann. Ich kenne Leute, die sich abhörsichere Räume geschaffen haben. Ich kenne eine Anwaltskanzlei in Würzburg, in der das geschehen ist. Wenn es in einer Gesellschaft so ist, dass sich Anwälte nicht anders als in totalitären Staaten wehren können, dass man nicht mehr miteinander redet,

sondern sich Zettel zuschiebt, dann leben wir in einer Gesellschaft, die wir nicht wollen können.

(Beifall bei FDP und SPD)

Weil die Differenzierung dogmatisch nicht zu rechtfertigen ist, muss der Gesetzgeber bei allem Verständnis, das ich für Strafverfolgung habe, hier die ursprünglich einmal eingezogenen Schranken wiederherstellen.

Herr Kollege Wengler, ich empfehle Ihnen § 160 a Abs. 4 StPO zur Lektüre. Immer dann, wenn einer der Berufsgeheimnisträger - dies gilt übrigens auch heute schon - selbst in den Verdacht gerät, Täter oder Teilnehmer an einer Straftat zu sein, können gegen ihn selbstverständlich Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt werden. Ich sage es aber noch einmal: Für uns muss es darum gehen, den Raum des Vertrauensverhältnisses, den der Gesetzgeber schützen will, auch tatsächlich schützen zu lassen. Ich will keine Situation wie in der ehemaligen DDR, in der die Menschen nicht mehr kommunizieren.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bitte den Kollegen Kubicki bei Verärgerung, die verständlich ist, parlamentarischere Vergleiche zu wählen, als er es eben getan hat.

Für die Landesregierung hat Herr Justizminister Dr. Uwe Döring das Wort.

Bevor er das Wort ergreift, möchte ich geschäftsleitend noch darauf hinweisen, dass Punkt 17 c vor der Mittagspause nicht mehr aufgerufen wird.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Dr. ist es bei mir noch nicht so weit, aber wer weiß, es gibt ja Spätentwickler.

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und angesichts dessen, dass die wesentlichen Inhalte schon angesprochen wurden, möchte ich mich kurz fassen. Herr Kubicki, Sie wissen, dass wir in vielen Bereichen übereinstimmen, was Abwehrrechte gegenüber dem Staat anbelangt, was den Schutz der Privatsphäre anbelangt. Auch mich treibt die Sorge um, dass der gerechte Ausgleich zwischen einem öffentlichen Interesse an Strafverfolgung und den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen aus dem Gleichgewicht gerät.

Im vorliegenden Fall meine ich aber, dass die getroffene Regelung vertretbar ist. Lassen Sie uns im Ausschuss im Einzelnen darüber reden. Ich bin nicht unbelehrbar. Politisch muss ich allerdings sagen, dass ich, nachdem das Gesetz zum 1. Januar 2008 gerade erst in Kraft getreten ist und ein entsprechender Vorstoß der FDP im Bundestag keinen Erfolg hatte, nicht annehme, dass eine Bundesratsinitiative inhaltlich erfolgreich sein wird. Lassen Sie uns darüber aber im Ausschuss im Einzelnen beraten. Von der justizpolitischen Grundhaltung her habe ich viel Sympathie für das hier zur Debatte stehende Anliegen. Wir müssen uns bemühen, eine vernünftige Regelung zu finden. Ich meine, die hier getroffene Regelung ist noch vertretbar. Lassen Sie uns, wie gesagt, im Einzelnen aber noch darüber reden.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag auf Drucksache 16/2216 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Ich frage das Parlament und den Vorsitzenden des Petitionsausschusses, ob Einverständnis besteht, Punkt 21 der Tagesordnung, der die Tätigkeit des Petitionsausschusses betrifft, nach der Mittagspause aufzurufen. - Das wird so gewünscht.

Dann wünsche ich allen jetzt eine gute Mittagspause. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:05 bis 15:02 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf die Sitzung wieder eröffnen.

Auf der Tribüne begrüßen wir herzlich die Mitglieder der Senioren-Union Kappeln und Schülerinnen und Schüler der Kardinal-von-Galen-Realschule aus Mettingen nahe bei Münster. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen!

(Beifall)

Die Schüler begrüße ich als gebürtiger Westfale ganz besonders herzlich.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 und 9 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2205

b) Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/2215

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann erteile ich zunächst einmal dem Vertreter der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als derjenigen Fraktion, die zuerst einen Gesetzentwurf eingereicht hat, das Wort. - Das Wort hat Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Nichtraucherschutz beschäftigt den Schleswig-Holsteinischen Landtag seit nunmehr drei Jahren. 2005 haben wir einen Landtagsantrag „Rauchfreier öffentlicher Raum“ eingebracht. 2006, nachdem die Föderalismuskommission die Zuständigkeit für das Gaststättengesetz in die Verantwort der Länder gelegt hatte, hatten wir vorgeschlagen, hier ein dementsprechendes Nichtraucherschutzgesetz in Form eines Gaststättengesetzes zu verabschieden. Dies ist gescheitert. Nach drei Jahren Diskussion haben es dann CDU und SPD endlich geschafft, ein Nichtraucherschutzgesetz für Schleswig-Holstein zu verabschieden.

Schon bei der Verabschiedung war aber klar: Die vielen Koalitionskompromisse in Form von Ausnahmeregelungen würden in der Praxis Probleme mit sich bringen. Raucherräume durchlöchern den legitimen Schutzanspruch vor den Gefahren des Passivrauchens, auch den von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Gastronomie. Konsequenter Nichtraucherschutz, meine Damen und Herren, sieht anders aus!

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])