ohne dass man berücksichtigt, ob da nicht der Anreiz einer Beitragsfreiheit zu einer wesentlich höheren Inanspruchnahme führt, und ohne zu berücksichtigen, ob die Berechnungsbasis - die famosen 120 € pro Kind und pro Monat - die realen Kosten eines Kindergartenplatzes widerspiegeln.
Wenn die Landesregierung nun sagt, all diese ungedeckten Schecks, die CDU und SPD im Land ausstellen, sollen von den Kommunen bezahlt werden, dann möchte ich auf das verweisen, was die Landesregierung selber im Entwurf für das Haushaltsstrukturgesetz für 2009/2010 feststellt. Es ist immer schön, wenn man als Zeugen den Verursacher selbst anführen kann. Ich zitiere aus der Begründung zu Artikel 3, der die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes betrifft. Auf Seite 54 heißt es:
„Bis Ende 2006 sind bei den Kommunen in Schleswig-Holstein Defizite in einer Größenordnung von etwa 600 Millionen € aufgelau
fen. Vorbehaltlich noch ausstehender Rechnungsergebnisse ist für Ende 2007 nicht mit einer Verminderung der aufgelaufenen Defizite zu rechnen. Von dieser Situation sind in unterschiedlicher Intensität - letztlich alle Kommunalgruppen betroffen.“
So weit zur kommunalen Finanzlage. Wie soll das Land vor diesem Hintergrund - angesichts der für die kommenden Jahre drohenden wirtschaftlichen Entwicklung mit den finanziellen Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte - begründen, dass es ungedeckte Schecks für die Kita-Finanzierung an Städte und Gemeinden weiterreicht?
Meine Damen und Herren, eine Große Koalition, die derart unsolide vorgeht, hat jeden politischen Kredit verspielt. Diese Große Koalition betreibt nur noch Casino-Politik. Aus der Ebene verantwortlichen politischen Handelns haben sich CDU und SPD in Schleswig-Holstein komplett abgemeldet. Insoweit ist die Strategie der Sozialdemokraten mit einer gewissen Anerkennung an die Adresse des Vorsitzenden gesagt -, die politische Spekulationsblase mit dem Hedge-Fonds Stegner 2011 anzuheizen, nur folgerichtig. Wem eh schon keiner mehr glaubt, der kann auch va banque spielen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grüne freuen uns, dass es in Schleswig-Holstein nun endlich den Einstieg in die beitragsfreie Kindertagesstätte gibt. Damit wird eine Forderung meiner Fraktion aus dem Jahr 2002 umgesetzt. Eine Forderung, für die wir sehr gescholten wurden, weil sie angeblich nicht bezahlbar war. So warf uns die Bildungsministerin, Frau Ute Erdsiek-Rave, damals einen populistischen Schnellschuss vor, die FDP sprach sogar von Wolkenkuckucksheimpolitik. Auch in den Koalitionsverhandlungen von 2005 ist es meiner Fraktion und meiner Partei nicht gelungen, ein beitragsfreies Kindertagesstättenjahr zu beschließen. Die SPD war strikt dagegen, weil angeblich nicht finanzierbar. Damaliger Finanzminister war Herr Stegner, der jetzt als Fraktionsvorsitzen
Noch im März 2006 - vor zwei Jahren - antwortete die Bildungsministerin auf eine Kleine Anfrage von mir: Die Gewährung der Beitragsfreiheit ist keine Aufgabe des Landes. Sie war - so die Kleine Anfrage - nicht einmal bereit, Gespräche mit den Kommunen darüber aufzunehmen, ob und wie man dieses Ziel vielleicht gemeinsam erreichen könnte. Nun - zwei Jahre später - hat das lebenslange Lernen dazu geführt, dass auch die Bildungsministerin weiß: Die beitragsfreie Kindertagesstätte kann durchaus eine Landesaufgabe sein.
Unsere Reden von gestern sind ihre Reden von heute, denn volkswirtschaftlich - die Bildungsministerin hat es begründet - rechnet es sich allemal, alle Kinder von klein auf optimal zu fördern. Der Zugang zu Bildung ist die beste Prävention gegen Armut, gegen Arbeitslosigkeit und gegen soziale Ausgrenzung. Deshalb beinhaltete unser ursprüngliches Konzept nicht nur die Beitragsfreiheit, sondern wir wollten den Kindergartenbesuch im letzten Jahr vor der Schule für alle Kinder verpflichtend machen. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hat aber gezeigt, dass es kaum möglich ist, eine Verpflichtung in der Kindertagesstätte einzuführen, ohne zu stark in das Elternrecht einzugreifen. Deshalb ist es richtig, nun erst einmal mit dem freiwilligen und kostenfreien Angebot zu versuchen, alle Kinder zumindest im letzten Jahr vor der Schule in die Kindtagesstätte zu bekommen. Zurzeit nehmen nur 93 % aller Kinder dieses Angebot wahr. Ich sage nur, weil es heißt, dass 7 % unserer Kinder im letzten Jahr vor der Schule nicht in die Kindertagsstätte gehen.
Sie profitieren nicht von den wertvollen sozialen Erfahrungen einer Kindertagesstätte, ihnen bleibt das Bildungsangebot und die individuelle Förderung versagt. Mit der Einführung der Kostenfreiheit müssen wir also auch massiv dafür werben, dass zukünftig alle Kinder, alle Eltern diese Chance auch nutzen - alle Kinder, auch die aus bildungsfernen Schichten, auch Kinder mit Migrationshintergrund.
Wer über die Arbeit und über den Alltag von Kindertagesstätten redet, darf aber nicht nur über die Abschaffung der Gebühren reden, sondern es ist absolut dringend notwendig, auch eine Debatte über die Qualität unserer Kindertagesstätten zu führen.
Die Kindertagesstätten wollen den Bildungsauftrag umsetzen. Sie wollen Elterngespräche führen, sie wollen die Kinder individuell fördern. Aber die Rahmenbedingungen sind äußerst schwierig dafür. Die Kitas fordern zu Recht mehr Geld, um fachlich gut zu arbeiten, um mehr und besser qualifiziertes Personal einzustellen, um sich fort- und weiterbilden zu können, um den Kindern eine gesunde Ernährung anbieten zu können und um sich zu Familienzentren weiterzuentwickeln.
Während es in anderen europäischen Ländern üblich ist, im vorschulischen Bereich mit studierten Fachkräften zu arbeiten, verdient bei uns eine 25jährige Sozialpädagogische Assistentin in der Kindertagesstätte circa 1.800 € brutto im Monat, vorausgesetzt, sie ist überhaupt vollzeitangestellt. Oft sind es nur Teilzeitarbeitsplätze.
Kein Wunder, dass sich nur äußerst selten Männer in dieses Berufsfeld verirren, was wir dann auch wieder beklagen.
Aber für die Debatte über die Qualität der Kindertagesstätten, über Ausbildung und Bezahlung von Fachkräften, für diese notwendige Debatte ist im Koalitionsgezänk kein Platz. Es geht nur noch darum, wer den besten Wahlkampfschlager hat. Einigkeit gibt es bei CDU und SPD nicht einmal mehr darüber, worauf man sich eigentlich geeinigt hat. So verkündet die Große Koalition zwar großspurig, man habe sich auf drei beitragsfreie Jahre geeinigt, aber beschließen will man das jetzt lieber noch nicht. Wirklich beschlossen werden soll im Dezember nur das erste beitragsfreie Jahr, ein Jahr vor der Schule, so, wie die CDU es wollte. Die SPD wird auf das nächste Jahr vertröstet, und ich sage Ihnen schon jetzt: Wie bei der Kreisgebietsreform wird die CDU ihre Zusagen Stück für Stück aufkündigen. Wer die beitragsfreie Kindertagesstätte in einer Situation der internationalen Finanzkrise an die Frage von verfassungskonformen Haushalten bindet und dann auch noch auf die Mitfinanzierung
Und die Bildungsministerin hat ja auch eben gesagt: Na ja, wir können es im nächsten Jahr beschließen, und wenn die Konjunktur dann schlecht läuft, dann kann man ein Gesetz ja wieder außer Kraft setzen.
Vor der Wahl Dinge zu versprechen, um sie nach der Wahl wieder einzukassieren, damit ist schon unser Ministerpräsident auf die Nase gefallen.
Meine Damen und Herren, schenken Sie den Eltern reinen Wein ein! Wenn Sie sich tatsächlich auf drei Jahre beitragsfrei verständigt haben, dann können Sie dies im Dezember auch beschließen. Wer hindert sie denn daran? Wozu zwei Gesetzesverfahren? Fakten statt Wahlkampflyrik - die Eltern würden es Ihnen danken!
Aber anstatt zu handeln haben CDU und SPD erst einmal die Verwaltungsreform beerdigt, wohl wissend, dass Land und Kommunen damit jährlich Einsparungen in Höhe von über 100 Millionen € verloren gehen - Geld, das wir dringend für die Bildung unserer Kinder brauchen.
Andere Vorschläge, wie Sie die beitragsfreie Kindertagesstätte finanzieren wollen, haben Sie nicht gemacht.
Im Frühjahr hieß es noch großspurig von CDU und SPD, man solle Finanzierungskonzepte vorlegen. Diese wurden klammheimlich einkassiert und - der Fraktionsvorsitzende der CDU hat es heute offen verkündet - alles zulasten neuer Verschuldung. Dass ist verantwortungslose Politik zulasten zukünftiger Generationen.
Wer in den nächsten Jahren jährlich über 105 Millionen € strukturell zusätzlich für die Kindertagesstätten ausgeben will, muss doch zwei Fragen beantworten: Wo ist der vordringliche Bedarf, und wie kann man die neuen Aufgaben finanzieren?
Wir Grüne haben dazu im April dieses Jahres einen Landtagsantrag eingebracht. Wir haben gefordert, ab 2009 ein beitragsfreies Kindertagesstättenjahr umzusetzen und mittelfristig alle drei Jahre bei
tragsfrei zu stellen, zuvor aber mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 deutlich mehr Geld für die qualitative Verbesserung der Arbeit in den Kindertagesstätten zur Verfügung zu stellen und das Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ dauerhaft finanziell abzusichern. Und wir haben dazu Finanzierungsvorschläge gemacht. Ich erinnere noch einmal daran. Dabei hatten wir sehr konservativ gerechnet, weil wir davon ausgegangen waren, dass bei einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer ein Großteil der Einnahmen im Länderfinanzausgleich verschwindet. Nun wissen wir aber, das ist nicht so. Würden wir die Grunderwerbssteuer von 3,5 % auf 4,5 % erhöhen, blieben die zusätzlichen Einnahmen von jährlich über 60 Millionen € voll beim Land, beziehungsweise ein Teil würde an die Kommunen weitergegeben werden, die es auch brauchen.
- Ja, wer alles nur über Verschuldung macht, kann sich natürlich hier hinstellen und sagen: Ihr Finanzierungskonzept ist schlecht!
- Machen Sie doch mal Konzepte! Ihr Fraktionsvorsitzender hat selbst gesagt, das geht voll in die Verschuldung. Glauben Sie Herrn Wadephul, oder glauben Sie ihm nicht?
60 Millionen € sind viel Geld, um es Bildung zu investieren. Für den einzelnen Häuslebauer wäre die Belastung hingegen eher gering.
- Ich kann ja verstehen, dass Sie sich aufregen, weil Sie in der Debatte schlecht aussehen, aber dafür kann ich auch nichts.
Bei einem Kaufpreis von 200.000 € müssten statt 7.000 € dann 9.000 € Grunderwerbsteuer gezahlt werden. An diesen 2.000 € würde die Finanzierung einer Immobilie in dieser Größenordnung mit Sicherheit nicht scheitern.