Ich komme zum Schluss. - Niemand redet mehr von „außerhalb der Wahrscheinlichkeit“. Vielleicht reden einige von einer geringen Wahrscheinlichkeit. Die Gefahr setzt sich aus dem Risiko und der Eintrittswahrscheinlichkeit zusammen. Daher ist sie sehr hoch.
Ich freue mich auf die Behandlung im zuständigen Ausschuss und hoffe, dass wir dann wieder zu einer Versachlichung kommen. Ich war aber entsetzt,
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar, den Antrag Drucksache 16/2300 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Da mit dem Antrag ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten wird, lasse ich zunächst darüber abstimmen. Wer dem Berichtsantrag des SSW zu
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die große Aufmerksamkeit der Medien aus Anlass des zehnten Jahrestages der „Pallas“-Havarie hat ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass die Frage der Einrichtung einer Küstenwache im Licht von steigenden Seeverkehrszahlen, vor allem für die Deutsche Bucht, vor dem Hintergrund des Klimawandels und nicht zuletzt der gestiegenen Terrorbedrohung sowie der Sorge um die Sicherheit vor unseren Küsten auch zehn Jahre nach dem „Pallas“-Unfall ein weiterhin sehr aktuelles Thema ist. Nach der Überzeugung der Landesregierung erfordern die maritimen sicherheitspolitischen Herausforderungen ein fachgerechtes und effektives staatliches Handeln unter einheitlichen Kommandostrukturen. Dazu ist es erforderlich, dass staatliche Kompetenzen soweit gebündelt werden, dass unter dem Ausschluss lähmender Zuständigkeitskonflikte alle staatlichen Institutionen in jeder Lage effektiv, schnell und konzentriert reagieren können.
Die Landesregierung hat erhebliche Anstrengungen unternommen, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei haben wir Fortschritte gemacht, aber wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen. So halten wir in Schleswig-Holstein in der Landesregierung am Ziel einer einheitlichen deutschen Küstenwache fest. Das schleswig-holsteinische Modell stellt die Kompetenzordnung der Verfassung nicht infrage. Vielmehr sollte eine Regelung im Wege eines Staatsvertrags getroffen werden. Polizeibeamte, Boote und Zuständigkeiten würden nicht an eine neue Mammutbehörde des Bundes abgegeben werden. Dies würde zum Beispiel im Bereich der Terrorabwehr neue Schnittstellen schaffen, die wir nicht hinnehmen können.
Der vorhandene rechtliche Rahmen könnte aber noch besser genutzt werden, um das gemeinsame Ziel von mehr Sicherheit auf See zu erreichen. Notwendig ist zum Beispiel eine zentrale Stelle mit der Kompetenz, die Sofortentscheidungen für alle denkbaren polizeilichen Einsätze auf See zu treffen. Wir brauchen eine einheitliche Kommandostruktur; nicht allein für die Schadstoffunfallbekämpfung, sondern darüber hinaus auch für den polizeilichen Alltag.
Auf dem Weg dorthin haben wir schon viel erreicht. Im Jahr 2003 wurde das Havariekommando als gemeinsame Einrichtung von Bund und Küstenländern zur Gefahrenabwehr bei komplexen maritimen Schadenslagen ins Leben gerufen. Das Havariekommando bündelt die Verantwortung für die Planung, Vorbereitung, Übung und Durchführung aller Maßnahmen der maritimen Notfallvorsorge. Es hat im Einzelfall die Gesamtleitung und kann direkt auf Kräfte und Mittel der Partner zugreifen. Es ist im Einsatzfall weitgehend weisungsunabhängig und hat das Recht, endgültige Entscheidungen zu treffen.
In den vergangenen fünf Jahren ist Deutschland damit zu einem international beachteten Vorbild bei der maritimen Notfallvorsorge geworden. Das Havariekommando hat in 20 größeren Schadenslagen die Gesamtleitung übernommen und erfolgreich bewältigt. Dass dies in der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt blieb, beruht auf der erfolgreichen Arbeit des Havariekommandos. Im September 2005 wurde die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Küstenländern für ein maritimes Sicherheitszentrum unterzeichnet. Sie verbessert die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der maritimen Sicherheitsbehörden, um den Sicherheitsstandard auf See weiter auszubauen.
Herr Kollege Baasch, Kern des maritimen Sicherheitszentrums ist ein gemeinsames Lagezentrum See. Es stellt den Partnern unter anderem alle relevanten Daten und Informationen zur Verfügung, und es erstellt gemeinsame Lagebilder. Es berät die originär zuständigen Behörden, arbeitet mit den Lagezentren anderer Einrichtungen und Behörden zusammen und wirkt bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung gemeinsamer Übungen mit. Allerdings sind weitere Verhandlungen notwendig, um die eingangs erwähnten und von der Landesregierung angestrebten noch effektiveren Strukturen ich betone ausdrücklich - unter einer einheitlichen Kommandostruktur zu erreichen. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, das maritime Sicherheitszentrum von einer Informationsbörse zu einem Einsatzzentrum für Sofortentscheidungen auszubauen. Für die Landesregierung bleibt es dabei: Auch wenn mit dem Havariekommando viel erreicht ist, so ist der Weg noch nicht zu Ende.
Ich danke dem Herrn Innenminister und eröffne die Aussprache. Für die Antragsteller, den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag, hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ehrt den Minister, wenn er fordert, dass wir eine einheitliche Küstenwache brauchen.
Wir sind uns wie in der Vergangenheit darüber einig, dass der heutige Zustand nur ein Zwischenschritt sein kann. Dass wir aber selbst für den Zwischenschritt mit Namen Havariekommando fünf Jahre gebraucht haben und nach weiteren fünf Jahren heute keinen Schritt weiter sind, ist eigentlich ein Armutszeugnis für die Politik in Norddeutschland.
Zehn Jahre nach dem „Pallas“-Unglück wissen wir, dass zwar theoretische Konsequenzen gezogen worden sind und dass auch durchaus respektable erste Schritte zur Verbesserung der Strukturen eingeleitet worden sind, dass aber der ganz große Wurf immer noch nicht gelungen ist. Ich möchte daran erinnern, dass wir hier im Landtag 1999 und Anfang 2000 beschlossen haben, eine einheitliche Küstenwache einzurichten. Wir wollten Hindernisse, die uns die Bundesverfassung setzt, nach Möglichkeit aus dem Weg räumen. Die Landesregierung sollte hierfür die notwendigen Umsetzungsschritte einleiten. Geschehen ist das leider nicht. Dabei spielt es erst einmal keine Rolle, welches von den Bundesländern hier der größte Bremser war. Wir können feststellen, dass wir immer noch nicht das haben, was eigentlich vonnöten ist, nämlich eine einheitliche deutsche Küstenwache.
Was haben wir stattdessen? Wir haben ein Havariekommando mit durchaus motiviert handelnden Personen, das einschreiten kann, wenn eine Notsituation entsteht; nur dann. Wir haben aber auch vier Bundesbehörden und drei Landesbehörden, die gemeinsam dieses Havariekommando bilden. Jede dieser Behörden hat eine eigene Struktur und eigene Abläufe. Alle Beteiligten haben ihre eigenen Leitstellen, die dann im gemeinsamen Lagezentrum zusammenarbeiten sollen. Man mag ja sagen, dass alles nur eine Frage der Selbstorganisation ist, aber wir wissen genau, dass bei solchen Strukturen die
Chancen, dass Fehler passieren, höher sind als bei einer einheitlichen Organisation. Wenn wir dann noch daran denken, dass die Leitung des Lagezentrums regelmäßig zwischen den Partnern wechselt, dann ist das eigentlich keine Organisation, die den dort Tätigen hilft. Vielmehr behindert sie diese eher.
Das sieht auch die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste so. Auf Dauer sei eine derartige Institution so nicht zu führen, heißt es vonseiten der SDN. Ganz bewusst weist die SDN auf die Vorgänge rund um die Versenkung von Steinen in der Nordsee durch Greenpeace hin. Diese Vorgänge sind zwar nur mittelbar vergleichbar, aber sie zeigen, dass es sehr schnell dazu kommen kann, dass Verantwortung zwischen Behörden hin und her geschoben werden kann. Genau das kann natürlich auch bei einer festgefügten Zusammenarbeit wie im Havariekommando geschehen.
Neben politischen Vertretern der gesamten deutschen Nordseeküste hat auch der nordfriesische Kreistag genau auf diesen Umstand hingewiesen. Auch dort sieht man die Einrichtung des Havariekommandos zwar als ersten Schritt an, aber dieser Schritt ist bei Weitem noch nicht ausreichend. Angesichts der stetig ansteigenden Frachtaufkommen im Seeverkehr wird die Gefahr von Schiffsunglücken statistisch eher steigen als fallen. Wir müssen in Zukunft also gewappnet sein und dürfen nicht locker lassen.
Der WWF hat ganz konkrete Vorstellungen darüber, wie wir für mehr Sicherheit im Seeverkehr sorgen können. Er wirft dem Havariekommando nämlich vor, dass er kein ständig aktuelles Lagebild aller Schiffe habe. Man stelle sich dies einmal im Luftverkehr vor. Ein Unfall auf See hat aber weiter reichende Auswirkungen als an Land. Dort kann man den Schaden örtlich begrenzen; auf See kann man dies oft genug nicht. Deshalb fordert der WWF die Nutzung des Schiffsidentifizierungssystems AIS. Für uns zeigt die Forderung deutlich, dass es hier noch an vielem fehlt.
Die Erfahrungen der Vertreter an der Nordseeküste sind die, dass es nur schleppend vorangeht. Die Schlepperkapazitäten sind zwar ausgeschrieben worden, aber zehn Jahre nach dem „Pallas“-Unglück ist immer noch keine Ende der Geschichte erreicht. Weil man dies weiß, und weil man weiß, dass auch im Norden der Deutschen Bucht Schlepperkapazitäten fehlen, fordert die Insel- und Halligkonferenz im nördlichen Bereich der Nordsee einen weiteren Hochseeschlepper. Auch dies ist für mich ein Zeichen dafür, dass es immer noch nicht zum
Insgesamt sind innerhalb der vorhin genannten sieben Bundes- und Landesbehörden, die das Havariekommando bilden, rund 30 Ämter beteiligt. Jedes Amt hat eine eigene Hoheit in Bezug auf EDV-Infrastruktur, Kommunikationsmittel oder auch Fahrzeuge. Dann sind da auch noch die vielen Standorte, auf die sich die Ämter und Behörden verteilen. Vor diesem Hintergrund will man sagen, dass dies alles nicht zur Unübersichtlichkeit beiträgt? - Natürlich arbeiten die Mitarbeiter in den Ämtern und Behörden gut, aber sie bekommen durch die Politik nicht die Strukturen zur Verfügung gestellt, die sie verdient haben. Daran hat auch die Landesregierung in den vergangenen zehn Jahren ihren Anteil gehabt.
Es reicht also nicht, vonseiten der Landesregierung nur zu sagen, dass man eine einheitliche Küstenwache braucht. Wir benötigen auch konkrete Schritte hin zu einer solchen Küstenwache. Dabei reicht es nicht aus, zu sagen, dass ein Partner, nämlich Niedersachsen, nicht mitmachen will. Dann muss der Druck auf diesen Partner eben erhöht werden. Das geschieht uns gegenüber ja auch oft genug. Schließlich können wir uns eine zweite „Pallas“-Katastrophe nicht leisten.
Ich bitte darum, das Ganze in den Ausschuss zu überweisen, damit wir über konkrete Schritte debattieren können.