Deshalb darf ich an dieser Stelle an Ludwig Erhardt, den Vater des Wirtschaftswunders, erinnern. Er hat gesagt: „Die Hälfte der Wirtschaft ist Psychologie.“ Möglicherweise ist es heute schon mehr als die Hälfte der Wirtschaft. Deswegen gibt es überhaupt keinen Anlass zur Schwarzmalerei. Natürlich gibt es auch keine Veranlassung, die Lage schönzureden, aber Dramatisierungen helfen uns nicht weiter.
Die Deutsche Bundesbank, die anerkanntermaßen ein unabhängiges und seriöses Institut ist, hat zwar für das erste Halbjahr 2009 beim Wirtschaftswachstum ein Minus von 1 bis 1,5 % vorausgesagt, jedoch werde es im Saldo für 2009 - meint die Deutsche Bundesbank - bei einem Minus von etwa 1 % bleiben und 2010 gehe es bereits wieder aufwärts.
An dieser Stelle deshalb noch einmal der Appell an uns alle: Wir müssen Kraftanstrengungen unternehmen. Wir müssen investieren. Wir müssen auch steuerpolitisch einiges machen, aber es ist überhaupt kein Anlass, jetzt einen Abgrund herbeizureden, den es in Deutschland nicht gibt. Die deutsche Wirtschaft ist stabiler, als manch einer es glaubt.
Deshalb ist es an dieser Stelle natürlich auch ein gutes Signal, wenn auch von der Bundesregierung so nicht beabsichtigt, dass - wie wir es von vornherein gefordert haben - die Pendlerpauschale jetzt wieder ab dem ersten Kilometer gilt. Dies ist ein
gutes Zeichen für ein Flächenland wie SchleswigHolstein mit 20.000 Berufspendlern, von denen wir Flexibilität und Mobilität verlangen.
Ich erinnere an das, was Wirtschaftsminister Dr. Marnette in den letzten Tagen gesagt hat: Von denjenigen, die bei Talkline in Elmshorn gearbeitet haben, wird jetzt erwartet, dass sie nach Büdelsdorf pendeln.
Meine Damen und Herren, wenn wir von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern diese Flexibilität erwarten, dann ist es nur normal, dass sie dadurch auch steuerlich nicht belastet werden dürfen. Wir müssen diese Menschen, die flexibel sind und arbeiten, auch entlasten.
Der Landeshaushalt zieht geplante Investitionen mit 42 Millionen € für Schulbaumaßnahmen und 14 Millionen € für den Straßenbau vor, um die Konjunktur zu beleben. Herr Kollege Garg, diese Forderung der FDP-Fraktion von Anfang Dezember hat die Landesregierung bereits weitgehend mit ihrem Beschluss der Nachschiebeliste am 11. November berücksichtigt.
Wir stehen alle in der Verantwortung und in der Pflicht, alles zu tun, um bei unseren Bürgern und Unternehmen in Schleswig-Holstein wieder Vertrauen herzustellen und die Folgen der Finanzkrise so gering wie möglich zu halten. Politik muss dies jedoch in einem maßvollen und verantwortbaren Rahmen machen. Dieser vorgelegte Haushalt ist maßvoll und verantwortungsvoll. Er ist ein Haushalt des Vertrauens und der Handlungsfähigkeit der die Regierung tragenden Fraktionen von CDU und SPD.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, allen Unkenrufen zum Trotz ist Schleswig-Holstein bei der Konsolidierung der Landesfinanzen einen großen Schritt vorangekommen. Stärker, als viele zuvor gedacht haben, auch stärker, als wir selber gedacht haben. Ebenso haben wir mit den Schwerpunkten in der Familien- und Bildungspolitik klare Akzente für die Zukunft des Landes gesetzt. Wir setzen die Konsolidierung des Landeshaushaltes weiter fort und sind für konstruktive Vorschläge der Opposition jederzeit offen und dankbar.
Für die Fraktion der SPD hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede den Dank an alle richten, die bei den ja nicht immer einfachen Vorgängen, die mit so einem Landeshaushalt verbunden sind, beteiligt waren. Das Budgetrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Herr Kollege Wadephul, das Lob für unseren Alterspräsidenten ist vollkommen berechtigt, und ich bin ganz sicher, wenn er das nächste Mal zu Lotteriefragen oder zu seiner republikanischen Grundüberzeugung redet, dass Sie da genauso Beifall zollen wie heute.
Im Übrigen wollte ich meine Rede gar nicht mit einem Zitat von Günter Neugebauer beginnen, sondern von John Maynard Keynes. Wie ich jetzt die Brücke schaffe, weiß ich nicht.
Annähernd 30 Jahre parlamentarische Arbeit in diesem Haus mit der Solidität des Kollegen Günter Neugebauer, das muss man erst einmal nachmachen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, John Maynard Keynes, der in den letzten Wochen anscheinend auch in Deutschland und sogar bei wendigen Marktliberalen zu ungeahnten Ehren kommt, hat hinsichtlich nachfrage- und konjunktursteigender Aktionen des Staates einmal gesagt: Theoretisch sei es egal, wie man das Geld unter die Leute bringe, man könne auch Pyramiden bauen lassen. Es werden Leute beschäftigt, die bekommen einen Lohn, geben diesen aus, andere werden von diesen Ausgaben bezahlt, kaufen ein und so weiter und so fort.
Mich würde schon freuen, wenn begriffen würde, dass weder der Staat noch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Geld einfach in die Tasche stecken, unter die Matratze legen oder es verbrennen, kurz: im Gegensatz zu den Unternehmern, die brav in den Wirtschaftskreislauf investieren, etwas Falsches damit tun. Die starke Konzentration auf
einseitige Exportorientierung setzt Deutschland noch mehr den Schwankungen der Weltmärkte aus, ohne einen ausreichenden inländischen Puffer zu haben, als wir uns das leisten können. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat und eine stabile inländische Nachfrage.
Anders als bei der zugespitzten Formulierung von Keynes finde ich es schon wichtig, wofür der Staat sein Geld ausgibt, ob für den Ausbau von Bildung oder die Sanierung von Infrastruktur oder eben, um den Kauf eines Porsche Cayenne zu subventionieren. Da muss man sehr genau hingucken, was man tut. Was jedenfalls falsch ist, ist der pauschale Ruf nach Steuersenkungen. Das ist nicht die richtige Antwort. Das schwächt die Handlungsfähigkeit des Staates und die Fähigkeit, wichtige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren.
Es nützt stärker denjenigen, die am meisten haben, als jenen, die mit kleinen oder normalen Einkommen zurechtkommen müssen. An die müssen wir uns in unserer Gesellschaft hauptsächlich wenden.
Ich weiß nicht, ob Sie das Diskussionspapier von Uwe Döring kennen, der im Hauptberuf Arbeits-, Europa- und Justizminister ist, der aber für eine Debatte innerhalb der Sozialdemokratie zu Recht festgestellt hat, dass sich die finanzielle Lage Schleswig-Holsteins nur dann wirklich verbessern ließe, wenn man das durchschnittliche Einkommensniveau heben würde. Dies gelänge nur, wenn Unternehmen mit gut bezahlten, hoch qualifizierten Arbeitsplätzen locken könnten. Das hängt wiederum davon ab, ob das Umfeld entsprechend ist, das heißt das Schulangebot, das Hochschulangebot, das Kulturangebot, eine gute Kinderbetreuung, aktive Verbände und Vereine. Das heißt, Knapsen ist an dieser Stelle falsch, genauso wie das Hineinsparen in die wirtschaftliche Krise.
Wir wollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gut verdienen, die Steuern und Beiträge bezahlen können und nicht Sozialtransfers brauchen. Das aktuelle Problem mangelnder Inlandsnachfrage zeigt immer wieder den Irrweg derer, die schon Mindestlöhne verweigern wollen und stattdessen darauf setzen, dass der Staat mit Mitteln des Steuerzahlers das subventioniert, was Unternehmen zu
wenig an Lohn zu zahlen bereit sind. In diesem Kontext wären Mindestlöhne deutlich nachhaltiger als Konsumgutscheine.
Insofern gibt es für die Mehrausgaben in diesem Doppelhaushalt auch eine doppelte Begründung. Es handelt sich keineswegs um ein „Verdaddeln“, wie ich in einer schleswig-holsteinischen Zeitung dieser Tage gelesen habe. Auf die Frage einer Zeitung, wo denn der Nutzen von Auslandsreisen liege, will ich gern sagen: Wer die positiven Wirkungen von Infrastrukturprogrammen und Bildungsinvestitionen sehen möchte - wenn auch auf einem ganz anderen Niveau -, dem empfehle ich in der Tat eine Reise in den Nahen Osten. Es wäre ohnehin schlau, manchmal andere Gebiete der Welt zu betrachten, weil man dann ein vernünftigeres Urteil auf die Verhältnisse in diesem Land hätte.
Ich will in dieser Haushaltsrede nicht die vielen Schwerpunkte, die man benennen könnte, alle aufzählen. Das haben wir bei der Einbringung getan, sondern ich will deutlich darauf hinweisen: Für uns ist Bildung absolut die Frage Nummer 1 für die Zukunft unseres Landes, für die Investitionen in den zukünftigen Wohlstand und für den Aspekt der Gerechtigkeit für Millionen von Menschen in diesem Land. Das spiegelt sich in diesem Haushalt wider.
Wir machen unser Land attraktiv. Wir investieren in die Zukunft. Das gilt eben zuerst für den Bildungsbereich und das zivilgesellschaftliche Umfeld. Das können wir nicht alleine tun, deswegen gibt es einen Pakt mit den Kommunen für gemeinsame Investitionen, für eine gemeinsame dringende Weiterentwicklung unseres Angebots im schulischen wie im Kinderbetreuungsbereich. Dabei legen wir schon Wert darauf, dass über den Schulbaufonds nur Geld für Investitionen bereitgestellt wird, die durch die Änderungen des Schulgesetzes auch verursacht werden. Ich interpretiere aber das heftige Insistieren auf das, was einzelne Bürgermeister oder die Sozialdemokraten in der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalpolitik sagen, Herr Kollege Wadephul, sodass es Sie schon schmerzt, dass Ihre kommunalpolitische Vereinigung ständig mit dem über Kreuz liegt, was bei Ihnen in der Landesregierung geschieht.
Insofern gönne ich Ihnen, dass es ab und zu auch einmal einen aus unseren Reihen gibt, der etwas Kritisches sagt.
Die Kommunen sind aber - bei allen Ausnahmen durchschnittlich immer noch finanziell deutlich besser gestellt als das Land, und sie müssen als Schulträger ihre Hausaufgaben machen, so wie wir die unsrigen. Wir können als Land die Aufgabe nicht alleine schultern, wie überhaupt die gegenwärtigen Maßnahmen zur Unterstützung von Arbeit und Beschäftigung in Deutschland Sache aller Ebenen ist - von Bund, Ländern und Kommunen. Die Bürger sind die Zuständigkeitsdebatten wirklich leid. Sie wollen Lösungen statt Schuldzuweisungen. Sie zahlen übrigens ohnehin für alles, auch für das Versagen der Manager und Rating-Agenturen, für das Fiasko der marktradikalen Ideologie und für die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir seit Jahrzehnten in unserem Land haben werden.
Ich bin dafür, dass wir nicht schwarzmalen, aber ich bin auch dafür, dass wir uns die Sache nicht schönreden. Wir haben es mit der schwierigsten Krise seit Jahrzehnten zu tun, und darauf sollten wir uns auch einstellen.
Die HSH Nordbank macht uns Sorgen. Ich plädiere dennoch für Seriosität statt Effekthascherei bei der Debatte. Wir reden schließlich über Landeseigentum.
Der Kollege Neugebauer wird dazu in der Debatte heute Nachmittag das Notwendige sagen. Übrigens gilt das dann auch für die Debatten, die wir in der Sparkassenfrage zu führen haben. Hier will ich noch einmal ganz deutlich sagen: Gott sei Dank haben wir das dreigliedrige System in der Bundesrepublik. Gott sei Dank haben wir verhindern können, dass es aufgegeben worden ist, was andere dringend wollten. Gott sei Dank zeigt sich auch, dass es falsch gewesen ist, ständig auf Riesenrenditen zu setzen und kurzfristige Profite über alles andere zu stellen. Die Gemeinwohlorientierung wird uns so deutlich als richtig vor Augen geführt, dass es geradezu eine Werbung für das Sparkassenwesen ist.
Da wir aber erhebliche realwirtschaftliche Folgen dessen haben, worüber wir sprechen, müssen wir aufpassen, dass die Krise, mit der wir es zu tun haben, nicht auch zu einer Krise der Demokratie und zum Konjunkturprogramm für Radikale und Populisten wird.
Deshalb muss jetzt nach Bankenschirm und Zuschüssen auch etwas für die Bürgerinnen und Bürger getan werden. Wir müssen sinnvoll in die Zukunft investieren - bei Bildung und Umwelt und auch bei Verkehrsinvestitionen. Wir müssen aber auch die Kaufkraft der Gering- und Normalverdiener schnell stärken. Ich bin weder für Strohfeuereffekte, noch halte ich etwas von der Kakophonie der „Lasst tausend Vorschläge auf die Bürger herabregnen“-Philosophie.