Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kubicki, die Älteren erinnern sich, früher gab es eine Sendung, die hieß: „Was bin ich?“ Da hieß es: „Welches Schwein hätten Sie denn gern?“ Die Sendung begann immer mit einer typischen Handbewegung, mit der ein Beruf vorgestellt wurde. Jetzt haben wir die Chance, eine solche Handbewegung für unseren Berufsstand, eine Handbewegung der Demokratie auszuführen.
Mir wurde natürlich im Vorfeld gesagt, dass es ungehörig sei, so einen Antrag zu stellen und heute aufrechtzuerhalten. Ich sehe das selbstverständlich, und es ist richtig, dass inhaltliche Debatten bei der konstituierenden Sitzung unüblich sind. Aber der 17. Landtag Schleswig-Holsteins ist ein besonderer, er ist groß, er ist teuer, und er ist aufgrund eines Wahlrechts zustande gekommen, das besser in der letzten Legislaturperiode geändert worden wäre. Deswegen steht es uns allen gut zu Gesicht, mit der Beratung des Landeswahlgesetzes das Problem anzuerkennen. Dafür ist die konstituierende Sitzung heute und jetzt genau der richtige Moment.
Genau genommen ist jetzt der einzig richtige Zeitpunkt. Ob wir es im nächsten Monat tun oder in drei Monaten oder in sechs Monaten, das spielt schon gar keine Rolle mehr. Heute macht es den Unterschied. Denn angesichts unseres Arbeitgebers - das ist letztlich der Souverän - ist diese Debatte doch gehörig und sollte geführt und gehört werden.
Wer also sind wir? Die Würde des Hohen Hauses sollte nicht in Selbstgerechtigkeit, sondern in der Fähigkeit zur Selbstkritik bestehen. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag - ich bin jetzt etwas verwirrt der CDU oder FDP nicht zuzustimmen, jedenfalls und schon gar nicht heute.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, ob wir das heute aufrufen, ist keine Frage von Gehörigkeit oder Nichtgehörigkeit, sondern hier ist ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, den wir ausführlich und sorgfältig beraten müssen, übrigens in mehr als einer Lesung, weil hier ein Gesetz geändert werden soll. Schon daraus ist überhaupt kein Zeitdruck herauslesbar, genauso wenig, wie Sie wissen, dass die Behandlung dieses Gesetzentwurfs irgendeinen Einfluss auf die rechtliche Bewertung dessen hat, was wir jetzt als Wahlergebnis und als Folge des Wahlergebnisses zu gewärtigen haben.
Deswegen glaube ich, mit Fug und Recht sagen zu können, dass wir das in aller Sorgfalt machen und auch sehr kritisch beleuchten müssen, wie es zu dem Problem gekommen ist, dass es jetzt rechtliche Folgen hat in der Analyse und Bewertung des Ergebnisses.
Deswegen sind wir als SPD-Fraktion der Auffassung, dass es keinen Grund gibt, eine parlamentarische Tradition ohne Not und Zeitdruck zu brechen. Deswegen werden wir dem Vertagungsantrag zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf von der Tagesordnung abzusetzen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und SSW gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKEN von der Tagesordnung abgesetzt worden. Der Punkt wird auf die Tagesordnung der nächsten Plenartagung gesetzt und ist für heute erledigt.
Antrag der Abgeordneten Wolfgang Baasch, Andreas Beran, Detlef Buder, Dr. Kai Dolgner, Peter Eichstädt, Rolf Fischer, Martin Habersaat, Bernd Heinemann, Birgit Herdejürgen, Dr. Henning Höppner, Anette Langner, Serpil Midyatli, Hans Müller, Birte Pauls, Regina Poersch, Sandra Redmann, Thomas Rother, Bernd Schröder, Olaf Schulze, Marion Sellier, Dr. Ralf Stegner, Siegrid Tenor-Alschausky, Dr. Gitta Trauernicht, Jürgen Weber (SPD) Drucksache 17/11 (neu)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Ich schlage vor, dass zunächst die antragstellende Fraktion, die ihren Antrag zuerst eingebracht hat, das Wort erteilt bekommt, also die SPD-Fraktion. Das Wort hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der letzten Tagung der letzten Legislaturperiode einen ersten sehr sparsamen Zwischenbericht unserer bisherigen Arbeit des Untersuchungsausschusses beraten und uns zugleich gegenseitig versichert, dass wir umgehend, zügig, in der ersten Tagung der neuen Legislaturperiode wieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen wollen. Das werden wir heute über die Bühne bringen. Zu diesem Zweck hat die SPD-Fraktion einen Antrag eingebracht, und nach intensiven Beratungen gestern noch einmal im Untersuchungsausschuss der alten Legislaturperiode gibt es einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, FDP, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD und einen zusätzlichen Antrag der SPD. Was es damit auf sich hat, werde ich gleich mit einigen Worten erläutern.
Als Grundlage für die Beratung haben wir den Einsetzungsantrag zum Untersuchungsausschuss der letzten Legislaturperiode genommen - das war auch Konsens zwischen allen Fraktionen - und haben ihn um Bereiche ergänzt, die uns zum Teil erst im Rahmen der Beratungen neu zur Kenntnis gelangt sind. Ich nenne das Beispiel Schnellankaufverfahren, ich
nenne die Transaktion Omega 52 und Omega 55. Sie erlauben mir, dass ich hier im Plenarsaal nicht alles im Einzelfall erläutere, was dort zu untersuchen ist. Es geht um die Bekanntmachung der Überweisung von 45 Millionen $ an Goldman Sachs im Herbst 2008 zu einem Zeitpunkt, zu dem der Untersuchungsausschuss bereits tagte und existierte. Es geht in einem weiteren Komplex um Forderungsverzicht zugunsten institutioneller Anleger in Höhe von 314 Millionen €.
Das sind alles Komplexe, die wir zusätzlich ins Auge fassen wollen und ins Auge fassen müssen, weil sie zeigen, dass wir bereits durch Einstieg in die Arbeit des Untersuchungsausschusses dazu beigetragen haben, vertieft Kenntnisse zu erlangen, und auf neue Dinge gestoßen sind, die der Untersuchung dringend bedürfen. Um sie untersuchen zu können, müssen sie Bestandteil des Untersuchungsauftrags sein, den das Parlament beschließt, weil wir nach dem Untersuchungsausschussgesetz nur das untersuchen können, was wir präzise als Untersuchungsauftrag im Plenum verabschieden und beschließen. Denn der Untersuchungsausschuss kann nicht aus sich selbst heraus Untersuchungsgegenstandserweiterungen vornehmen.
Wir haben in dem Antrag, der Ihnen neu vorliegt, ein paar Änderungen, Erläuterungen und Klarstellungen vorgenommen, zum Beispiel im Hinblick auf das Agieren der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin und auch der Bundesbank, Hier war von uns aus deutlich klarzumachen, dass wir nicht das Handeln der Bundesorgane untersuchen können und dürfen. Das kann nicht Untersuchungsgegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags sein. Vielmehr müssen wir klären, in welchem Umfang Institutionen in Schleswig-Holstein, die HSH Nordbank oder auch die Landesregierung oder Gremien der Bank, die Bundesorgane informiert haben, ihnen Unterlagen überlassen haben beziehungsweise entsprechend tätig geworden sind. Deswegen haben wir diese Dinge etwas präziser und klarer formuliert.
Der große Rest, die weiteren Fragen, Entwicklung des Kreditersatzgeschäfts, Fragen der Risikovorsorge, der Risikokontrolle, die Frage der Information des Parlaments, all die Dinge, die wir in den ersten Untersuchungsauftrag hineingeschrieben haben, bleiben Bestandteil.
Sie wissen, dass wir mit zwei Ausnahmen - wir haben bereits zwei Betroffene gehört -, die eigentliche Zeugenbefragung und den Einstieg in den Kern der Arbeit noch gar nicht haben leisten können durch
Ich will in Kürze erläutern, warum die SPD-Fraktion - präziser gesagt: ihre Mitglieder als einzelne Abgeordnete zusätzlich einen Gruppenantrag stellt. Der Antrag, den wir stellen, ist wortidentisch mit dem, den wir gemeinsam unterschrieben haben, ergänzt durch einen Absatz, der folgendermaßen lautet - ich trage ihn vor, weil es sich um eine Tischvorlage handelt und nicht alle das schon so zur Kenntnis haben nehmen können. Es geht um Folgendes:
„dem Parlament zur weiteren Beratung und Beschlussfassung Vorschläge unterbreiten, wie das Parlament in Zukunft durch Änderungen bei der Ausgestaltung seiner Kontroll- und Informationsmöglichkeiten Vermögensschäden für das Land Schleswig-Holstein durch Unternehmen, an denen das Land maßgeblich beteiligt ist, vor deren Eintritt besser erkennen kann.“
Wir sind der Auffassung: Das kann niemand besser als der Untersuchungsausschuss, der vertieft und intensiv unter Heranziehung aller Akten und aller Zeugenaussagen Kenntnis erlangt über die Tätigkeit der HSH Nordbank in ihren vielfältigen und teilweise schillernden Ausformungen. Auch im Hinblick auf die Kontrollgremien und das Handeln von Landesregierung werden wir zu vertiefenden Ergebnissen kommen. Dann macht es nicht nur Sinn, sondern ist dringend erforderlich, dass wir für die Schnittstelle - nicht bei der Beurteilung interner Abläufe innerhalb der Bank - zwischen Bank und Aufsichtsgremien und Landesregierung und vor allen Dingen für die Schnittstelle zwischen Landesregierung und Information des Parlaments aus diesen Erkenntnissen, die wir gewinnen, Vorschläge erarbeiten, die in die parlamentarische Arbeit einfließen sollen, um diese Dinge künftig besser regeln zu können. Das ist überhaupt nichts Sensationelles und Aufregendes. Auch im parallel laufenden Hamburger Untersuchungsausschuss haben wir eine entsprechende Passage, dort übrigens viel ausführlicher und konkreter, als wir sie hier formuliert haben.
Ich erinnere daran, dass wir auch in früheren Untersuchungsausschüssen - ich nenne als Beispiel den „Pallas“-Untersuchungsausschuss - als Ergebnis
und Bestandteil des Berichts des Untersuchungsausschusses ein umfängliches Handlungspaket beschlossen, dem Parlament zur Beratung an die Hand gegeben haben. - Herr Maurus nickt. Er weiß noch sehr gut aus seiner parlamentarischen Tätigkeit, dass der Parlamentarische Untersuchungsausschuss diese Dinge mit einer Vorschlagskette auf den Tisch gelegt hat.
Wir bitten darum, unserem Antrag zuzustimmen. Wir haben ihn formal so einbringen müssen, weil das Untersuchungsausschussgesetz klarstellt, dass nur ein in sich vollständiger und schlüssiger Untersuchungsauftrag - als solcher hier vorgetragen - realisiert und im Rahmen des Minderheitsrechts umgesetzt werden kann, das eine Gruppe von Abgeordneten hat, die so groß ist wie die SPD-Fraktion.
Das war in aller Kürze das, was wir in kleinen Ergänzungen zu dem, was wir alle gemeinsam wollen, auf den Weg bringen. Ich hoffe, dass Sie unserem Erweiterungsantrag zustimmen können. Wenn das nicht der Fall ist, ist das bedauerlich. Nichtsdestotrotz werden wir entsprechend verfahren können, weil uns das Untersuchungsausschussgesetz die Möglichkeit einräumt.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir die Arbeit schnell und zügig wieder aufnehmen können. Wir jedenfalls sind dazu bereit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Aufklärung findet nur im Untersuchungsausschuss statt“, das war die Überschrift der Pressemitteilung des Kollegen Weber für die SPD-Fraktion vor weniger als zwei Monaten. Er antwortete damit auf die Forderung der CDU-Fraktion, der damalige SPD-Spitzenkandidat möge sich zu seiner Beteiligung an den Entscheidungen im Aufsichtsrat der HSH Nordbank unter anderem zur Einführung des Schnellankaufverfahrens noch vor der Landtagswahl erklären. Ich kann den Kollegen Weber hier problemlos zitieren, denn nichts anderes hat auch die CDU-Fraktion angemahnt, nämlich die persönliche Stellungnahme von Ralf Stegner im Untersuchungsausschuss, aber eben noch vor der Landtagswahl. Dass dies nicht möglich sei, begründete der Kollege Weber damals wie folgt: Der
Wahrheitsgehalt der Medienberichte lässt sich zum derzeitigen Zeitpunkt nicht prüfen; die Aufklärung der Sachverhalte findet im PUA statt, nicht in den Medien. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese für Ralf Stegner aufgestellten Maßstäbe sollten dann aber auch für andere gelten.
Ganz anders hingegen die SPD-Pressemitteilung vom 13. Oktober dieses Jahres. Dort wird im Hinblick auf die aktuellen Medienberichte zu den Omega-Transaktionen gefordert: Herr Nonnenmacher muss entlassen werden, wenn die Vorwürfe zutreffen.
Ohne weitere Prüfung der Medienberichte wird auch gleich das Urteil gesprochen. Der Verfasser formuliert wörtlich: „Die Kumpanei von Carstensen, Wiegard, Kopper und Nonnenmacher ruiniert das Land.“
Eingedenk der mahnenden Worte des Herrn Alterspräsidenten will ich an dieser Stelle auf eine weitere Kommentierung dieses Umgangstons verzichten. Ich wünsche mir allerdings, dass sich auch der Verfasser dieses Textes die mahnenden Worte zu Herzen nimmt. Denn wie man sich leicht denken kann, waren diese Formulierungen nicht vom Kollegen Weber. Ich will heute keine Namen nennen, zumal der betreffende Kollege heute erkrankt ist.
Als CDU-Fraktion werden wir es auf jeden Fall nicht zulassen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Trotz aller großen Presseberichte zu Omega 52 und Omega 55 dürfte bislang kaum jemand in diesem Haus in der Lage sein, zu einer seriösen und fundierten Beurteilung dieser Geschäfte zu gelangen. Es sind noch viel zu viele Fragen offen und zahlreiche Details zu klären, bevor überhaupt ein abschließendes Urteil gefällt werden kann.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir brauchen eine detaillierte Aufarbeitung der Verantwortung des Vorstands für die Omega-Transaktionen genauso, wie wir eine Klärung der politischen Verantwortung für Schnellankaufverfahren, für Niederlassungen in Steueroasen und für die exzessive Inanspruchnahme der Gewährträgerhaftung herbeiführen müssen.