Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich nach dem Wortbeitrag von Ihnen, Herr Minister Garg, noch einmal zu Wort gemeldet.
Es gibt zwei Probleme, die wir zu bewältigen haben. Alle Experten sagen, wir haben derzeit das beste medizinische System auf der Welt, ein medizinisches System, das Hochleistungsmedizin garantiert. Aber die Frage lautet: Wie lange noch? Alle Experten sagen, 20 % bis 25 % Effizienzrenditen seien im System zu erwirtschaften. Meine Damen und Herren, es ist gerade Ihre Partei, die jetzt ganz klar zu entscheiden hat, ob sie die Machtkartelle der Pharmaindustrie, der ärztlichen Berufsverbände durchbricht und tatsächlich erreichen kann, dass diese Effizienzrenditen auch zur Verfügung stehen. Dieses Problem müssen Sie lösen. Bisher haben Sie diesbezüglich keine Erfolge vorzuweisen.
- Ja. Brechen Sie die Kartelle! - Zweitens möchte ich sagen: In dem „Cicero“, den wir gestern alle auf dem Tisch hatten, wird berichtet, wie sich die medizinischen Kosten im internationalen Vergleich darstellen. In Deutschland kostet ein Armbruch mit Krankenhaustransport etwa 4.000 € bis 8.000 €.
Herr Kollege Tietze, Sie haben eben über die Kartelle gesprochen. Was halten Sie denn vom Wettbewerb der Versicherungen untereinander? Das haben Sie eben vergessen.
- Ich denke, wenn wir endlich die Effizienzrenditen im System für die Bevölkerung generieren, dann haben wir das, was wir dringend brauchen, nämlich Geld im System für die Solidargemeinschaft.
Die Solidargemeinschaft bezahlt diese unmöglichen Dinge der Pharmafirmen. Das ist doch die Realität. Das bezahlen wir alle mit unseren Geldern. Das müssen wir als Allererstes ändern.
Nein, ich möchte jetzt keine Zwischenfrage mehr zulassen. Ich möchte gern meinen Dreiminutenbeitrag zu Ende bringen. Ich bitte um Verständnis.
Noch einmal: Die Effizienzkosten sind das eine. Tatsächlich zu diskutieren haben wir zweitens die solidarische Bürgerversicherung. Wir können das hier in Europa einmalig auf den Weg bringen. Wir werden in der Welt beneidet um unsere solidarische Krankenversicherung. Die Amerikaner schauen gerade nach Europa und versuchen, diese endlich durchzusetzen, und Sie wollen anglo-amerikanische Verhältnisse in unserem System etablieren. Das ist kontraproduktiv.
Deshalb sagen wir Ihnen: Auch „Old Europe“ kann mit dieser solidarischen Bürgerversicherung den Beitrag leisten, den wir in unserer Gesellschaft dringend brauchen, nämlich Solidarität und Mäßigung bei allen im System.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Diese ist nach § 63 Abs. 2 der Geschäftsordnung zulässig, wenn sie von mindestens 18 Abgeordneten verlangt wird. Der Kollege Heinemann hat sie für die gesamte SPD-Fraktion verlangt. Damit ist das Quorum erreicht.
(Namentliche Abstimmung) 1 Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache 17/259 (neu) ist mit 48 Nein-Stimmen bei 43 JaStimmen und vier Enthaltungen abgelehnt.
Reform der EU-Agrar- und Umweltpolitik 2013 - Instrumente und Förderung ausrichten an den Zielen Umwelt und Beschäftigung
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bernd Voß von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
päische Kommission zwei Grundsatzpapiere vorlegen, die für Schleswig-Holstein und insbesondere für die Land- und Ernährungswirtschaft und auch für die Umweltentwicklung von weitreichender Bedeutung sein werden. Es ist die Finanzplanung der EU bis 2020 und die Überarbeitung der EU-Agrarpolitik.
Auf europäischer Ebene - das ist neu - wird in den Fragen von Ernährung und Umwelt erstmals das Parlament mitentscheiden, und - das ist auch neu die andere Entscheidungsinstanz, die Ministerräte, müssen nach über 40 Jahren raus aus den Hinterzimmern. Es wird endlich transparent, wer sich hier warum entschieden hat.
Doch selbst dann, wenn die Gesellschaft und damit die Steuerzahler dahinterstehen, und der Brüsseler Agraretat als Summe bestehen bleibt, wird es eine große Auseinandersetzung um die Aufteilung der Mittel zwischen den einzelnen Mitgliedsländern geben. Ich nenne hier besonders die zwölf neuen Beitrittsstaaten, die in ihrer Entwicklung gleichziehen wollen mit den Prämien, die hier zum Beispiel als Direktzahlung gezahlt werden. Ich nenne nur zwei Zahlen. Griechenland bekommt 500 € pro ha, Deutschland 340 € pro ha und die baltischen Länder wie Lettland gerade einmal eine Summe von 70 € pro ha. Wer vor diesem Hintergrund den Landwirten und den Steuerzahlern erzählt, dass sich an der inhaltlichen Ausgestaltung der Agrarpolitik nichts ändern werden wird, betreibt schlicht und einfach eine verlogene Politik.
Das Fatale an solchen bewussten Scheinkämpfen ist, dass bei diesem Vorgehen am Ende genau diejenigen Betriebe den Kopf unter Wasser gedrückt bekommen, die das meiste für das Land, für die Wertschöpfung in den Dörfern und Landkreisen leisten, die den meisten Arbeitskräften Einkommen sichern, und die auch - ob bewusst, gezielt oder auch nur ,,nebenbei“ - für den Erhalt einer möglichst vielfältigen und belebten Kulturlandschaft den größten Einsatz bringen.
Die ungleiche Verteilung der Mittel - ich nenne nur zwei Zahlen -: 1,6 % der Betriebe greifen 30 % der Direktzahlungen ab. Die Vorschläge zur Degression der Direktzahlungen sind endlich aufzugreifen, und die Zahlungen sind danach zu begrenzen, wie viele Arbeitsplätze vorhanden sind oder eben neu geschaffen werden.
Nur so kann eine große Zahl vielfältiger Arbeitsplätze abgesichert werden. Wir brauchen eine Strategie für Beschäftigung und Innovation, und sie muss auch bei uns erarbeitet werden.
Durch eine falsch betriebene Globalisierung sind Rohstoffe völlig entwertet. Eine neue ländliche Wirtschaftsentwicklung ohne neue Fördertöpfe ist nur durch faire Marktregeln möglich. Die staatlich organisierte und inspirierte Übererzeugung an Märkten ist schlicht und einfach zu unterlassen. Nicht nur das Geld steht in der EU auf der Tagesordnung, sondern auch die Rahmenbedingungen für die Marktakteure.
Ob wir wollen oder nicht, als Politik kommen wir nicht aus der Verantwortung für die funktionierenden Märkte heraus. Ich erinnere nur an die Kartellamtsberichte, die in Deutschland in den letzten Monaten erstellt wurden und die sehr deutlich machen, wie die Kleinerzeugersituation verbessert werden muss. Es sind vorhandene Instrumente, wie zum Beispiel bei der Milch, zu nutzen, um die Erzeugung flexibel an den Bedarfen der Märkte auszurichten. Die rechtlichen Möglichkeiten sind zu schaffen und abzusichern, damit sich Erzeuger und Erzeugerinnen organisieren können.
Kostenträchtige Eingriffe in die Mottenkiste der alten Agrarpolitik wie Exportsubventionen und Interventionen sind zu unterlassen. Ich höre schon: Das wollen wir ja nie, und das machen wir ja nie. Erst vorletzte Woche hat der Bundeshaushalt, die schwarz-grüne - nein, das war jetzt eine schwarzgelbe Bundesregierung -,
also die schwarz-gelbe Bundesregierung über 3 Millionen € zur Exportsubvention „herübergeschaufelt“ heraus aus Fördertöpfen für den ökologischen Landbau.
Wir brauchen eine Orientierung an Beschäftigung und Innovation und eine neue Ausrichtung der Säulen auf die Herausforderungen Klima, Biodiversität, Wasser und neue Energien. Ich will diese Punkte im Einzelnen nicht näher erläutern. Die Möglichkeiten der Landbewirtschaftung für eine positive Klimaentwicklung werden nicht annähernd wahrgenommen. Ich nenne einerseits die Grünlandbewirtschaftung, andererseits die zunehmenden Monokulturen, die wir in der Fläche haben. Ich nenne fehlende Eiweißstrategien, um nur einige Fragen aufzugreifen.
Einhergehen kann das alles, wenn man es denn will, auch mit einem Verwaltungsabbau. Der Vorschlag, 5 % der Fläche für Begleitmaßnahmen, Knicks und Gewässer, vorzusehen, macht die Sache nicht schwieriger, sondern kann den Bäuerinnen und Bauern draußen völlig neue Gestaltungsfreiheiten eröffnen.
Wir müssen uns bei der zweiten Säule von einem Reparaturbetrieb für Arbeitsplätze und Umwelt trennen und davon, mit Programmen gegenläufige Entwicklungen zu fördern.