Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Das Prinzip der dezentralen Konzentration bleibt erhalten. Stabile Zentrale Orte sind die beste Absicherung - auch für eine nachhaltige Entwicklung gerade auch für die benachbarten Dörfer. Von den Städten und Zentralen Orten gehen wichtige Impulse für die Entwicklung des Umlandes aus. Sie sichern übrigens auch die Daseinsvorsorge in vielen Teilbereichen für die Menschen in den ländlichen Räumen. Deshalb wird das Zentralörtliche System überall in Deutschland angewandt, und es hat sich auch bewährt. Natürlich muss es auch weiterentwickelt werden.

Im Rahmen eines zusammenwachsenden Europas geht es allerdings immer stärker - ich verstehe im Übrigen diese Diskussion gar nicht, die Sie hier führen - um die Entwicklung von Regionen. Deshalb ist die interkommunale Zusammenarbeit so wichtig, nein, ich kann sagen, sie ist zwingend notwendig.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Kollege Habeck, Sie können doch nicht immer nur sagen, dass der Antrag von CDU und FDP der einzige Leitfaden ist, an dem Sie sich orientieren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Minister Klaus Schlie)

Sie müssen schon einmal auch den bisherigen Entwurf des Landesentwicklungsplans mit zu Hilfe nehmen und die politische Neuausrichtung, die von CDU und FDP hier im Antrag formuliert worden ist, dazunehmen. Dann kommen Sie auch - für sich persönlich zu einer relativ logischen Schlussfolgerung, worum es geht.

Interkommunale Zusammenarbeit ist zwingend notwendig. Deshalb darf es keinen Gegensatz zwischen Stadt und Land geben. Es muss ein partnerschaftliches Miteinander geben. Dies alles sichert die kommunale Planungshoheit. In allen Gemeinden können auch weiterhin Wohnungen gebaut und Gewerbegebiete angesiedelt werden. Kommunen können auch zukünftig ihre Entwicklungen vorausschauend und mit Blick auf den demografischen Wandel und seine Folgen planen und sich entwickeln.

Mich ärgert es zum wiederholten Mal, dass Sie die Kommunen und die kommunalen Vertreter für so dumm halten, dass sie nicht in ihren eigenen Planungen berücksichtigen, dass es eine demografische Entwicklung gibt, dass sie, wenn sie neue Wohngebiete ausweisen, natürlich auch kommunale Infrastruktur ausweisen müssen. Das können die, die brauchen uns nicht dafür, um ihnen das zu sagen. Sie sind allein in der Lage, das zu tun.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das genau ist eine neue Chance für den ländlichen Raum. Und es ist auch eine Chance für die Stärkung der Zentralen Orte - genau diese Partnerschaft und nicht das von oben herab Bevormunden, wer sich wie zu entwickeln hat.

Es ist wichtig, dass auch bei einer kommunalisierten Regionalplanung ein interkommunal abgestimmter Rahmen für den Wohnungsbau vorgegeben wird. Dies wird allerdings in kommunaler Verantwortung stattfinden. Ein solcher Rahmen ist natürlich wichtig, weil er Planungssicherheit für Kommunen und private Investoren schafft. Nur wer weiß, woran er auch morgen noch sein wird, wird investieren.

Vertrauensschutz ist ein wichtiger Faktor in der Planung. Die Zentralen Orte vertrauen darauf, dass wir sie als Infrastruktur- und Versorgungsschwerpunkte im Land auch weiterhin stärken, und die ländlichen Räume vertrauen darauf, dass wir ihnen Entwicklungsperspektiven eröffnen.

Wir brauchen beides in unserem Land: Entwicklungsmöglichkeiten für alle Gemeinden und gleich

zeitig starke Zentrale Orte. - Reden Sie hier doch keinen Gegensatz herbei!

Aber nicht nur die kommunalisierte Regionalplanung kann den Rahmen ändern und damit auf eine regional höhere Wohnungsnachfrage eingehen. Auch einzelne Gemeinden können schon jetzt in regionaler Abstimmung darüber entscheiden, wie und wo der vorgegebene Rahmen überschritten werden soll. Das stammt übrigens auch nicht aus der Zeit, in der ich Innenminister war. Es war vorher schon drin. Das schafft Flexibilität.

Wir sollten bei dieser Diskussion aber auch nicht vergessen, dass der demografische Wandel in den nächsten Jahren zu einer insgesamt weiter zurückgehenden Wohnungsnachfrage führen wird. Ich weiß, dass es gerade auch im ländlichen Raum den Wunsch gibt, Entwicklungspotenziale dort zu bündeln, wo es gilt Infrastruktur zu sichern. Freiwillige interkommunale Abstimmungen wird der neue Landesentwicklungsplan befördern und damit die kommunale Entscheidungsbefugnis erweitern.

Bezogen auf die kommunalen Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume haben wir den Entwurf des Landesentwicklungsplans an vielen Stellen erheblich nachgebessert - das ist ganz logisch so in einem laufenden Planungsverfahren. Die Regionalplanung kann jetzt ergänzend zum Landesentwicklungsplan weitere Schwerpunkte für Wohnen und Gewerbe benennen. Sie kann in den Eignungsgebieten für Tourismus und Erholung Kernbereiche festlegen und damit eigene regionale Entwicklungsschwerpunkte setzen. Die Regionalplanung wird zukünftig erheblich mehr Flächen als die bisher vorgesehenen 1 % als Eignungsgebiete für Windenergie ausweisen können.

Ich bin manchmal verwundert, wie von bestimmter Seite dieses Hauses die Erweiterung der Möglichkeiten, hier in Schleswig-Holstein Windenergie auszuweisen, wieder eingeengt wird, wenn es gerade mal passt, und an anderer Stelle sind wir dann wieder zu restriktiv. Nein, wir werden insgesamt dafür sorgen, dass jetzt endlich auch die Akzeptanz vor Ort für Windenergie da ist. Wir wollen auf diesem Gebiet mutig voranschreiten, und wir werden den Rahmen dafür im Landesentwicklungsplan setzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies alles wird dazu beitragen, dass unser Land seine Entwicklungschancen zukünftig besser nutzen kann. Der neue Landesentwicklungsplan ist die planerische Grundlage für den notwendigen kommunalen

(Minister Klaus Schlie)

Freiraum, verbunden mit landesplanerischen Leitlinien für unsere Politik des Aufbruchs. Damit diese Politik zügig Wirkung entfalten kann, Investitionen schnell getätigt werden können und die Aufbruchstimmung im Land sich überall entfalten kann, wird die Landesregierung den neuen Landesentwicklungsplan noch vor der Sommerpause beschließen. Ich danke den Regierungsfraktionen für den Antrag und Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Innenminister Schlie hat die gesetzte Redezeit um 8 Minuten und 4 Sekunden überschritten. Die Fraktionen können von dieser zusätzlichen Redezeit Gebrauch machen. - Das ist aber nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Es ist alternative Abstimmung beantragt. Voraussetzung dafür ist, dass keine Fraktion widerspricht. - Das ist der Fall. Dann schlage ich zunächst vor, abweichend von der Geschäftsordnung alle Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Da wir inzwischen über drei Anträge alternativ abstimmen, weise ich darauf hin, dass ein Antrag nur dann angenommen ist, wenn er nicht nur die meisten Stimmen, sondern gleichzeitig auch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Das heißt, ein Antrag ist nur dann angenommen, wenn auf ihn mehr Stimmen als auf die beiden anderen Anträge entfallen. Ist das nicht der Fall, sind alle Anträge abgelehnt, weil keiner die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat.

Ich komme jetzt zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/417, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/413, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/400, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/400 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen ist. Ich stelle weiter fest, dass damit die Anträge Drucksachen 17/413 und 17/417 abgelehnt sind.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 11:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Heilberufekammergesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/356

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herrn Dr. Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Zulassung von Arzneimitteln und Medizinprodukten folgt einem Regelungsgefüge, in dem der Bund den Rahmen bestimmt und den Ländern nach dem Ortsprinzip die Zuständigkeiten für die Durchführung der konkreten Zulassungsverfahren überträgt. Im vergangenen Jahr hat der Bundesgesetzgeber das Medizinproduktegesetz, kurz MPG, und damit die Regeln zur klinischen Prüfung und Leistungsbewertung von Medizinprodukten verändert. Neben einer - ich will mal sagen - regelhaft fingierten, vorausgesetzten Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf es für klinische Prüfungen beziehungsweise Leistungsbewertungsprüfungen künftig einer zustimmenden Stellungnahme durch eine Ethikkommission.

Aus § 22 des Medizinproduktegesetzes erwächst dem Landesgesetzgeber die Obliegenheit, Bildung, Zusammensetzung und Finanzierung der Ethikkommission durch Landesrecht zu bestimmen. Gemäß § 6 Abs. 1 des Heilberufekammergesetzes nehmen die Ethikkommissionen bei der Ärztekammer Schleswig-Holstein die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr, die aufgrund des Bundesgesetzes nach Landesrecht einer Ethikkommission zugewiesen sind.

Mit der Ihnen heute vorgelegten Novellierung des Heilberufekammergesetzes soll ab dem 21. März 2010 auch die Bewertung von Medizinprodukten nach dem MPG zu den Aufgaben der Ethikkommissionen gehören. Diese Übernahme - das will ich deutlich sagen - beruht auf Freiwilligkeit, da die vom Bund dem Land zugewiesenen Aufgaben nach dem Medizinproduktegesetz nicht zu den Kernaufgaben der Kammern gehört.

Der Ärztekammervorstand hat am 16. Dezember 2009 beschlossen, dass die Ethikkommissionen bei der Ärztekammer die zusätzlichen Bewertungen bis auf Weiteres übernehmen können. Zusätzliche Kosten für das Land ergeben sich aus der Novelle nicht, da die Arbeit der Kommissionen gebührenfinanziert ist. Das Land übernimmt allerdings die Haftungsge

(Minister Klaus Schlie)

währleistung für die Tätigkeit der Ethikkommissionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als langjähriger Parlamentarier kenne ich natürlich die Perspektiven und auch die Interessen der Abgeordneten auch gegenüber der Landesregierung. Sie können sicher sein, dass ich entschieden der Meinung bin - das kennen Sie aus der Vergangenheit -, dass es nicht zum regelmäßigen Verfahren gehören soll, erste und zweite Lesungen innerhalb einer Tagung zu absolvieren. Ich will an der Stelle aber ganz herzlich um Ihr Verständnis dafür bitten, dass diesmal die Sache schlicht eilbedürftig ist; denn die bundesgesetzliche Neuzuweisung von Aufgaben tritt am 21. März 2010 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt es, die Handlungsfähigkeit der Ethikkommissionen im Sinne der hinzugekommenen Aufgaben schlicht zu gewährleisten.

Dies werden wir im Sinne eines Inkrafttretens ohnehin nicht ganz schaffen. Wichtig ist aber, dass die Ethikkommissionen bereits jetzt wissen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für ihr Tätigwerden im erweiterten Aufgabenbereich geschaffen werden. Anderenfalls - das muss man dann auch wissen - drohen dem Land Schadenersatzansprüche in nicht bezifferbarer Höhe wegen nicht fristgerechter Zulassungstätigkeit. Genau für diese fristgerechte Zulassungstätigkeit müssen wir sorgen.

Ich meine im Übrigen, zu der von der Landesregierung vorgelegten Novellierung besteht in der Sache keine ernsthafte Alternative. Anderenfalls müsste nämlich das Land selbst eine Ethikkommission bilden, ebenfalls mit Haftungsrisiko sowie mit zusätzlichen Kosten für die Bildung einer neuen Kommission. Ich bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfs an den zuständigen Ausschuss.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich nun das Wort der Frau Abgeordneten Sassen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden uns sicherlich im Laufe dieser Debatte wiederholen. Weil ich mit dem völlig übereinstimme, was der Minister hier vorgetragen hat, möchte ich Ihnen die erforderlichen Voraussetzungen für die Änderung des Heilberufekammergesetzes nicht noch einmal erläutern. Darauf verzichte ich jetzt.

Ich bin natürlich froh darüber, dass die Ärztekammer auf freiwilliger Basis auch diese Aufgabe übernimmt, weil damit - wie Minister Dr. Garg schon sagte - wesentliche Erleichterungen für die Landesregierung geschaffen werden und der Kostenaufwand, der für uns entsteht, gleich null ist. Das Haftungsrisiko ist überschaubar; denn die Mitglieder der Ethikkommission sind mit über 10 Millionen € versichert, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Mitglieder der Ethikkommission für Fehlverhalten haften müssen, ist sehr gering, da aus dem ethisch motivierten Votum wohl kaum ein Verschulden abgeleitet werden kann.

Die jetzige Änderung des Heilberufekammergesetzes wird sicherlich nicht die letzte sein. Aber wegen des Zeitdrucks müssen wir uns jetzt auf diese schon geschilderten Dinge beschränken. Wir haben im Sozialausschuss darüber gesprochen, dass das Ganze drängt und nun schnell durchgezogen werden muss. Wir sollten uns jetzt nicht damit aufhalten, sondern diese Änderung, die eine Formsache ist, auch herbeiführen, damit die Ethikkommissionen nun auch arbeiten können.

Frau Dr. Bonde hatte in Abwesenheit des Ministers gesagt, dass sie sich dafür entschuldigt, dass es zu diesem schnellen Durchgang kommen muss. Damit sollten wir es bewendet sein lassen und an die Arbeit gehen.

An mich wurde herangetragen, dass der Kollege Baasch dem Gesetzentwurf nur zustimmen wolle, wenn auch Patientenvertreter in der Ethikkommission beteiligt seien. Es wäre nett gewesen, du hättest mich einmal angerufen. Dann hätten wir das vielleicht klären können. Denn in der Satzung für die Ethikkommission für die Ärztekammer Schleswig-Holstein ist in § 2 Abs. 1 und 2 die Zusammensetzung geregelt. Die Kommissionen bestehen jeweils aus mindestens sieben Mitgliedern, die vom Vorstand der Ärztekammer für die Dauer von vier Jahren berufen werden. Sie sind interdisziplinär besetzt.

Eine Ombudsperson des Vereins Patientenombudsmann/-frau Schleswig-Holstein e.V. kann an den Sitzungen der Ethikkommissionen mit beratender Stimme teilnehmen. Das wird jetzt auch so gehandhabt.

Ich hoffe daher, dass auch die FDP-Fraktion zustimmt, damit die Arbeit fristgerecht aufgenommen werden kann.

(Zurufe: SPD-Fraktion!)