Natürlich ist Jugendkriminalität nicht nur ein polizeiliches Thema. Allgemeine soziale Dienste, Schulen, Vereine und Polizei müssen intensiv zusammenarbeiten. Um weiterzukommen, schlagen wir auch ein verpflichtendes Täter-Eltern-OpferGespräch vor.
Wir haben in Schleswig-Holstein etwa 25 Präventionsprogramme. Dennoch müssen wir uns die Frage stellen, ob sie derzeit optimal und effektiv wirken.
Die Ursache für Gewalt liegt nicht selten darin auch das gehört zur bitteren Realität -, dass die Täter als junge Menschen selbst Gewalterfahrungen gemacht haben und deshalb auf den Weg der Gewalt gebracht worden sind. Darüber müssen wir ebenso sprechen wie über die Tatsache, dass auffällig viele Täter in diesem Bereich einen Migrationshintergrund haben.
Müssen wir beim Datenschutz etwas verändern? Wenn Einsatzleitstellen auf Vorgangsbearbeitungsprogramme nicht zurückgreifen können, dann darf auch dies kein Tabuthema sein. Ich betone: kein
Tabuthema; daraus ergibt sich nicht gleich eine entsprechende Forderung, sehr wohl aber die Notwendigkeit der Diskussion darüber.
Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen: Rund 50 % aller Delikte werden unter Alkoholoder Drogeneinfluss begangen. Auch das ist ein Thema, das bei uns im sozial-präventiven Bereich eine Rolle spielen muss.
Wir wollen mit unserer Initiative ein Zeichen setzen: Der Staat nimmt Rechtsverletzungen nicht hin. Wir reden nicht nur, sondern wir handeln auch. Einer Entwicklung, die bei uns seit etwa 15, 20 Jahren zu beobachten ist, wird jetzt entgegengetreten. Wir sehen die Ursachen und wollen und werden ihnen begegnen.
Wir wollen die Zahl der Opfer und die ihnen zugefügten Schäden reduzieren. Das muss Ziel unserer Initiative sein. Wir können nicht hinnehmen, dass tausend Intensivtäter pro Jahr im Land SchleswigHolstein ein Dauerzustand sind. Darüber müssen wir uns miteinander klar werden.
Frau Präsidentin, ich habe auch jetzt wieder verstanden. - Die gesetzestreuen Bürger dürfen von ihrem Staat erwarten, dass er ausreichend viel für ihren Schutz unternimmt. Deswegen beantrage ich Abstimmung in der Sache zur Einrichtung einer Jugend-Task-Force noch im Jahr 2010 in SchleswigHolstein.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist für mich heute die erste Debatte über das Thema Jugendkriminalität. Diejenigen von Ihnen, die schon länger dabei sind, haben sich zuletzt im Dezember 2008 damit auseinandergesetzt. Jugendkriminalität ist ein Dauerthema in der Öffentlichkeit. Die schrecklichen Videoaufnahmen aus Bahnhöfen und U-Bahn-Stationen machen den Ruf nach einem energischen Durchgreifen nachvollziehbar.
Aber über eines sollten wir uns immer klar sein: Es gibt kein Patentrezept beim Umgang mit jugendlichen Straftätern,
und es gibt erst recht kein Patentrezept beim Umgang mit Kindern, die schwerwiegende Taten gegen andere Menschen begehen, aber in Deutschland dafür aus gutem Grund nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Der Landtag war sich 2008 darüber einig, dass wir den aktuellen Diskussionen, ob das Jugendstrafrecht nicht verschärft werden müsste, ein klares Nein entgegensetzen, weil wir der Auffassung sind, dass die vorhandenen rechtlichen Vorschriften ausreichend sind.
Der Landtag hat sich damals auf Antrag von CDU und SPD dazu bekannt, dass die zentralen Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendkriminalität die ambulanten Familienhilfen, die Schulsozialarbeit und die Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten sein müssen und dass es bei Jugendlichen, die intensiv beziehungsweise mehrmals kriminell in Erscheinung getreten sind, einer frühzeitigen verbindlichen Intervention bedarf. Aus unserer Sicht hat sich an der Richtigkeit dieser Einschätzung nichts geändert.
Das gilt immer, es gilt aber besonders dann, wenn es um Minderjährige geht. Das sieht der Herr Innenminister ja auch so, wenn er in seiner Pressemitteilung zur Kriminalitätsstatistik von einer gleichbleibend hohen Quote jugendlicher Straftäter spricht und die Prävention zu einer Kernaufgabe der Polizei erklärt hat.
Wir setzen dem Antrag von CDU und FDP auf der Grundlage unserer früheren Beschlussfassung einen Text entgegen, in dessen Mittelpunkt die Vernetzung all derjenigen steht, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, die als Intensiv- oder Mehrfachtäter in Erscheinung treten. Bestandteil dieser Vernetzung muss nach Möglichkeit die Familie sein,
in jedem Fall aber die Schulen, der Allgemeine Soziale Dienst, die Jugendhilfe, die Polizei und die Gerichte. Diese Stellen müssen ihre Erfahrungen austauschen, soweit nicht zwingende datenschutzrechtliche Vorbehalte dem entgegenstehen, und gemeinsam an individuellen Lösungen arbeiten. Ich betone erneut: Es müssen individuelle Lösungen sein, die der Persönlichkeit des einzelnen Menschen, seinen gesellschaftlichen Hintergründen und Motiven Rechnung tragen.
Die Antwort muss nicht in jedem Falle der Strafprozess sein, wobei wir uns immer vor Augen zu halten haben, dass der Leitgedanke des Jugendstrafrechts die Erziehung ist.
Der Antrag von CDU und FDP ist nicht in Bausch und Bogen falsch; das will ich ganz klar sagen. Wir fragen uns aber, ob mit dem gewählten Begriff der „Task-Force“, der sehr an die Sprache amerikanischer Actionfilme erinnert, nicht doch wieder der Gedanke der Repression in Form von Unterbringung in geschlossenen Heimen und möglichst effektiver Strafverfolgung in den Mittelpunkt gerückt werden soll. Die Rückfallzahlen lassen eindeutig erkennen, dass gerade bei Jugendlichen hohe Strafen genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie sollen. Es stört uns auch, dass Sie sowohl die Jugendhilfe als auch die Familien von vornherein von dieser Zusammenarbeit ausschließen wollen.
Ich bitte Sie daher, sich in die Kontinuität der Beschlussfassung des Landtages zu stellen und dem von uns vorgelegten Antrag zuzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 4. März legte der Innenminister die Kriminalitätsstatistik 2009 vor. Neben positiven Mitteilungen wie zum Beispiel der höchsten Aufklärungsquote seit zehn Jahren und einem Rückgang der Gewaltdelikte insgesamt bezeichnete er die Entwicklung der Jugendkriminalität als „unbefriedigend“. Auch aus Sicht der FDP sind die in der Kriminalitätsstatistik wieder einmal genannten Zahlen in höchstem Maße unbefriedigend. 29 % der Tatverdächtigen in Schleswig-Holstein sind unter 21 Jahre alt. Ein Viertel dieser jungen Menschen begeht die Taten unter Alkoholeinfluss. Das gilt insbesondere für den Großteil der Fälle von Gewalttätigkeiten wie Raub, Körperverletzung oder Nötigung.
CDU und FDP begrüßen ausdrücklich, dass sich der Innenminister angesichts dieser Zahlen und trotz der schwierigen Haushaltslage eindeutig dazu bekennt, dass die Polizei aus der Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche nicht aussteigen wird. Unsere Landespolizei arbeitet zum Beispiel in dem Projekt „Prävention im Team“ in Schulen mit, um das Selbstwertgefühl und die soziale Kompetenz von Schülern zu stärken.
Meine Damen und Herren, erfolgreiche und nachhaltige Präventionsarbeit kann aber nicht nur auf den Schultern unserer Polizei lasten, und das tut sie auch nicht. Schon jetzt bieten viele Gemeinden und Institutionen Projekte zur Kriminalprävention an. Diese leisten ihren wichtigen Anteil, für den wir äußerst dankbar sind. Die dort engagierten Menschen setzen sich oft bis zur Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit ein, um sich um diejenigen jungen Menschen zu kümmern, denen es - aus welchen Gründen auch immer - nicht gelingt, sich in unsere Gesellschaft einzufügen, ohne kriminell oder gewalttätig zu werden. Die Zahlen zur Jugendkriminalität sähen anders aus, wenn wir diese Projekte nicht hätten. Die dennoch hohen Zahlen bestärken die Regierungsfraktionen aber darin, dass weiterer Handlungsbedarf besteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU und FDP verfolgen mit ihrem Antrag das Ziel, die bisherige präventive Arbeit in den verschiedenen Bereichen noch besser aufeinander abzustimmen und in ein Gesamtkonzept zu bringen, um die Schlagkraft bei der Prävention erheblich zu erhöhen.
Einer der wichtigsten Ansätze ist hierbei - bitte hören Sie zu, Frau Kollegin -, die Familie mit einzu
beziehen; die haben wir nicht außen vor gelassen. Die Familie ist für die Persönlichkeitsentwicklung und das Sozialverhalten der Kinder von großer Bedeutung. Entscheidend kommt es darauf an, ob die einzelne Familie bereit und in der Lage ist, die notwendige Schutz- und auch Kontrollfunktion für ihre Kinder wahrzunehmen. Im weit überwiegenden Teil der Familien in unserem Land funktioniert dies tadellos. Leider gibt es aber auch Familien, in denen die Eltern diese wichtigen Funktionen nicht wahrnehmen.
Manche Eltern können sich nicht erklären, warum gerade ihre Kinder aggressiv oder gar kriminell werden. Geht es um die Wahl einer adäquaten erzieherischen Reaktion, stehen sie ratlos da. Oft tritt dann auch noch Scham hinzu, mit anderen über die Probleme zu sprechen; schließlich will man nicht als Versager dastehen. Diese Eltern sollen daher darin unterstützt werden, die Erziehungsaufgabe ernst- und wahrzunehmen. Hier soll die JugendTask-Force Unterstützungsarbeit leisten. In vielen Schulen finden sich weitere Projekte zum Umgang mit Gewalt. Auch diese Erfahrungen sollen in die Jugend-Task-Force eingebettet werden.
Es geht uns nicht darum, Konzepte zu entwickeln, wie junge Delinquenten effektiv weggesperrt oder das Strafrecht verschärft werden können. Deshalb trifft der SPD-Änderungsantrag überhaupt nicht den Punkt.
Der Blick wird bei der Jugend-Task-Force schwerpunktmäßig auf Prävention gerichtet. Sie soll wie ein Frühwarnsystem wirken, um zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt erst auf die schiefe Bahn geraten. Daher haben wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart, dass in erster Linie die TaskForce zwischen Schule, Schulsozialarbeit und Polizei wirken soll. Die Justiz wird dieses begleiten, beispielsweise um jungen Menschen, die Gefahr laufen, den falschen Weg einzuschlagen, aufzuzeigen, welche Konsequenzen ihr Handeln haben kann.
Wir wollen, dass auch diese jungen Menschen anerkannte Mitglieder unserer Gesellschaft werden und dass sie in die Lage versetzt werden, ihr Leben frei zu gestalten.