Abschließend noch ein Wort zur Suchtprävention, die Ihr einziger Grund für die Legitimation des staatlichen Glücksspielmonopols ist. Seit 2005 erforscht die Division of Addictions - kurz DOA - in Langzeitstudien das Spielverhalten bei Sportwetten und anderen Spielangeboten im Web. Die DOA kommt zu dem Schluss, dass rund 95 % der OnlineSpieler kein problematisches Spielverhalten aufweisen. Für diese besteht überhaupt kein Grund, sie vom Sportwettenmarkt fernhalten zu wollen. Für die anderen - vielleicht fünf Prozent - könnte man durch die entsprechenden Mehreinnahmen mehr zielführende Maßnahmen im Bereich der Prävention durchführen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nicht alles wiederholen, was hier gesagt worden ist. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Kollegin Monika Heinold, die ziemlich genau die Ansicht der Fraktion DIE LINKE dargestellt hat.
(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP] - Zuruf der Abgeordneten Mo- nika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Auch wenn Sie mit der CDU koalieren werden, treffen Sie doch manchmal den richtigen Ton. Sie sind dann wahrscheinlich die besseren Schwarzen.
Ich will auf einige Punkte eingehen, wie hier gearbeitet wird. Zum einen müssen wir uns mal über Organisationen unterhalten, die Gutachten im Bereich Glücksspiel und vor allem im Bereich Glücksspielsucht erstellen. Wir müssen uns mal angucken, was Glücksspielsucht eigentlich bedeutet, was es bedeutet, wenn Wissenschaftler sagen: Schon die Verkürzung der Frequenz zwischen zwei Glücksspielereignissen um eine Sekunde steigert den Suchtfaktor überproportional um 20 %. Das sind solche Geschichten. Dann muss man gucken, wie die Landesregierung damit umgeht.
Ich bedanke mich ausdrücklich noch einmal beim Innenminister für diesen Bericht, der handwerklich ganz hervorragend gemacht ist, wenn er mir auch politisch natürlich nicht gefällt. Es sind bezeichnende und entlarvende Passagen darin. Mit Erlaubnis zitiere ich:
„Die Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder gehen zunehmend gegen illegale Internetangebote … vor.“
„Trotz aller Bemühungen der Glücksspielaufsichtsbehörden ist es bisher jedoch noch nicht gelungen, unerlaubte Internetangebote aus dem Ausland wirksam zu unterbinden. In seinem Schreiben an die Regierungschefin und die Regierungschefs der Länder … hat sich der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein daher für eine Aufhebung des Glücksspielverbots im Internet ausgesprochen.“
Es ist uns bisher auch nicht gelungen, illegalen Zigarettenimport aus dem Ausland zu verhindern. Dann möchte ich den Ministerpräsidenten eigentlich bitten, in Zukunft auch darauf zu drängen, dass die Tabaksteuer abgeschafft wird. Das ist das Prinzip, nachdem diese Landesregierung bisher gearbeitet hat.
Wir können auch das Überschreiten von Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht wirksam verhindern, und trotzdem werden wir deswegen Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht aufheben.
Der Punkt ist natürlich auch, dass es eine Illusion ist zu glauben, dass man illegale, weil suchtfördernde Internetangebote im Glücksspielbereich durch legale weil „langweiligere“ Angebote, die man selbst zur Verfügung stellt, trockenlegen kann.
- Wenn es die gleichen Angebote sind, Herr Arp, dann werden sie auch illegal sein. Gucken Sie sich einfach einmal die Berichte darüber und die Internetseiten an. Worauf ich baue, ist der letzte Teil:
„Darauf aufbauend wird eine strukturierte Anhörung der betroffenen Kreise zur Zukunft des Glücksspielwesens in Deutschland durchgeführt werden.“
Ich denke, anschließend wird uns sehr viel Fachkenntnis zur Verfügung stehen, anhand der er wir weiter diskutieren können. Dann können wir die Diskussion vielleicht auf eine etwas andere Ebene heben, wobei ich durchaus immer das Problem sehe - und hier auch manchmal einen Schreck kriege -, wenn ich manche Sachen höre: Wir haben nicht umsonst das Monopol, und wir haben nicht umsonst auch andere Monopole.
Im Grunde genommen sollten wir uns alle wünschen, in Zukunft keine Tabaksteuer mehr einzunehmen, weil dann zum Beispiel die Gesundheitskosten erheblich zurückgehen würden. Wir sollten uns alle wünschen, keine Alkohol- und Branntweinsteuer mehr einzunehmen, weil dann der Alkoholismus in der Bundesrepublik zurückgedrängt würde, und im Grund genommen sollten wir uns auch wünschen, dass wir keine Glücksspielkonzessionsgebühren mehr einnehmen, weil dann zumindest das problematische und das süchtige Spiel unterbunden worden wäre.
Mir ist schon klar, dass es für den Landeshaushalt schlecht wäre, aber wenn ich dann höre, dass es immer bei allem nur um Geld geht, überlege ich, ob ich eigentlich mit den richtigen Leuten darüber diskutiere.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Internetseite pokernews.de jubelte als Erste. Dort hatte man die Diskussion um die Verlängerung des Glücksspielstaatsvertrags in Schleswig-Holstein sehr genau verfolgt und war begeistert über den entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag umgehend nach seiner Veröffentlichung. Dies erscheint auch bei pokernews.de in Großbuchstaben. Da war nämlich genau der Dominostein gefunden, auf den die Szene gewartet hatte.
Bei den Spielern und kommerziellen Anbietern ist klar: Andere Bundesländer fallen auch, dann ist Schluss mit dem Monopol, und es kommen neue, private Anbieter zum Zug.
Der SSW hatte sich bereits 2008 gegen die Kritik am Glücksspielmonopol verwahrt - und dies vor allem aus drei sehr guten Gründen.
Erstens: Der Suchtschutz. Einen effektiven Schutz vor der Entstehung der Spielsucht können nur öffentliche, nichtgewinnorientierte Anbieter gewährleisten.
Kundenkarte, Jackpot-Grenzen und andere Maßnahmen führten dazu, dass die Zahl der Spielsüchtigen vergleichsweise klein geblieben ist. Das sind durchweg probate und anerkannte Methoden zur Prävention von Spielsucht. Dort, wo es keine Aufsicht gibt, ist der Anteil der Spielsüchtigen erschreckend hoch, wie beispielsweise bei den Spielautomaten, die als Groschengräber verniedlicht werden. Die Geldspielautomaten haben das größte Suchtrisiko aller uns bekannten Spielarten, werden aber juristisch nicht wie Glücksspiele behandelt. Suchtberater fordern darum seit Jahren, die Automaten unter alle Schutzvorrichtungen des Glücksspielstaatsvertrags zu stellen.
Die Zahlen der Glücksspielhilfe sind ansonsten ermutigend und zeigen, dass Spielsüchtige, die sich zu ihrer Sucht bekennen, gute Therapieerfolge erreichen können. Darum begrüßt der SSW es ausdrücklich, dass das Land sechs halbe Stellen in der Beratung zur Spielsucht finanziert. Dieses engmaschige Beratungsnetz ist allerdings mit der Aufrechterhaltung des Monopols verknüpft. Nach Aussage der Glücksspielhilfe ist eine Finanzierung der Beratungsstellen ohne Staatsvertrag völlig ungewiss.
Zweitens: Die Finanzen. Nach Ende des Monopols ist überhaupt nicht gesichert, ob die Allgemeinheit wie bisher vom Glücksspiel profitieren wird. Es wi
derspricht jeder Erfahrung, dass private Anbieter ähnliche Ausschüttungen erreichen wie derzeit die öffentlichen Anbieter. Die Zahlungen an den Landessportverband und andere Verbände werden also zukünftig geringer ausfallen - auch durch die Beteiligung überregionaler Anbieter. Das Land kann diese Ausfälle aus seinem Haushalt nicht kompensieren
Das Ende des Glücksspielmonopols wird sich daher vor allem im Bereich des Breitensports durch Streichung von Angeboten bemerkbar machen; aber auch beim Umweltschutz oder bei Gemeinschaftsprojekten.
Drittens. Kontrolle. Auch wenn der Innenminister über die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Internetverbots für Glücksspiele berichtet, möglich sind Verbote und Sanktionen durchaus. Nur das Monopol sichert auf Dauer eine wirkungsvolle Kontrolle.
Ansonsten könnten wir überlegen, in weiteren Bereichen Dinge aus der Illegalität legal zu machen, indem wir dort konzessionieren. Ich denke dabei unter anderem an Drogen und anderes. Das kann doch nicht der Grund sein: Wenn man es nicht verbieten kann, will man es zulassen.
Der vorliegende Bericht zeigt Strukturen, Hintergründe und Geldströme des Glücksspiels auf und dient damit nicht zuletzt als gute Argumentationshilfe. Die politischen Schlussfolgerungen, die daraus in den letzten Kapiteln gezogen werden, sind allerdings nach unserer Ansicht nicht richtig. Da wird nämlich aus dieser schwierigen Verbotsmöglichkeit des illegalen Internetglücksspiels die Schlussfolgerung gezogen, dass daher das staatliche Monopol hinfällig sei. Das ist nach unserer Ansicht Quatsch.
Was weiterhin absurd ist, ist auch, dass wir - wie gesagt - Drogen nicht freigeben und konzessionieren beziehungsweise Genehmigungen für die Abgabe von Drogen einführen, um damit alles zu steuern.
Der SSW lehnt das Konzessionsmodell ab. Der Staat gibt grundlos Regelungsmöglichkeiten und Schutzbestimmungen aus der Hand und überlässt die Süchtigen ihrem Schicksal.
Es gibt auch andere Vorgaben die ich sehr interessant finde. Ich habe nämlich nicht gehört, dass jetzt die Rauchverbotsregelungen aufgehoben werden sollen, obwohl das unter anderem auch zum Rückgang der Einnahmen führt. Ich weise auch auf das Spielverbot im Internet hin. Ich habe nichts gehört, dass man ernsthaft darüber nachdenkt, das Rauchverbot wieder aufzuheben. Das wären vielleicht auch andere Maßnahmen.
Ich bin nicht dafür, um es Ihnen gleich zu sagen, ich möchte nur darauf hinweisen, dass man aus diesem Bericht andere Maßnahmen erkennen könnte, um vielleicht die Einnahmen wieder zu erhöhen.