Denn die Sinti und Roma gehören einer Minderheit an, die bis heute unter besonderer Diskriminierung leidet und schon deshalb eines besonderen Schutzes bedarf. Sie unter den Schutz der Landesverfassung zu stellen, wäre ein guter und ein humaner Beitrag gegen Ausgrenzung und für Integration in unserem Land. Die Forderung nach einer Aufnahme in die Verfassung ist nicht nur vom Verband der deutschen Sinti und Roma, sondern auch von Sydslesvigsk Forening und vom Friesenrat immer wieder unterstützt worden.
Selbstverständlich ist es richtig, dass die Sinti und Roma nicht nur in Schleswig Holstein leben. Sie leben in allen Bundesländern. Gerade aus diesem Grund und auch vor dem Hintergrund der besonderen Tradition der Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein sollte sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die Sinti und Roma nicht nur in die Schleswig Holsteinische Landesverfassung aufgenommen werden, sondern auch in allen anderen Bundesländern diesen Schutz erhalten.
Rheinland-Pfalz ist bisher das einzige Bundesland, das mit einer Rahmenvereinbarung seiner Verantwortung gegenüber den dort lebenden Sinti und Roma gerecht geworden ist.
Ich freue mich darüber, dass sich die Landesregierung in der Beantwortung der Großen Anfrage zu „Stand und Perspektiven der kulturellen Entwicklung Schleswig-Holsteins“ klar positioniert hat und in der letzten Legislaturperiode auch den Sinti und Roma den Verfassungsrang zugestanden hat. Ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung in der Drucksache 16/2276:
„Schutz und Förderung der im Lande lebenden nationalen Minderheiten und Volksgruppen - Dänen, Friesen, Sinti und Roma - haben Verfassungsrang.“
Und auch Herr Kubicki - er ist jetzt leider nicht hier - hat in seiner Rede vom 22. März 2006 die Frage gestellt, warum die Sinti und Roma entgegen dem gemeinsamen Vorschlag der damaligen Opposition,
Da es ja offensichtlich in der Vergangenheit so viel Einigkeit aller Parteien zu diesem Thema gegeben hat, gehe ich davon aus, dass es diesbezüglich auch heute zu einer Einigung und zu einem einstimmigen Beschluss kommen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Antrag von SPD, Grünen, Linken und SSW hat sich weder die Situation noch unsere Position verändert. Ist es wirklich der richtige Weg, dass wir mit immer schnelleren Schritten versuchen, unsere politischen Ideen, Wünsche und Forderungen in der Verfassung unseres Landes zu verankern und dann hinterher so zu tun, als hätten wir damit die Probleme gelöst und Großes erreicht? Nein, das ist nicht der richtige Weg. Es ist in unseren Augen nicht zielführend, wenn wir die politischen Probleme vorrangig bei unserer Verfassung ablegen.
Wenn man als politische Partei der Meinung ist, dass man für ein bestimmtes Problem oder für eine bestimmte Minderheit etwas tun muss, dann ist es eigentlich die Regel, dass man eine Analyse erstellt, dass man klar benennt, wo die Defizite und der Handlungsbedarf sind, und dass man dann ein politisches Programm zur Lösung der Probleme erstellt. Der Weg ist dann weiter, dass wir Abgeordnete zum Beispiel ein Gesetz erarbeiten oder dass das Parlament der Regierung eine Vorgabe macht, ein Programm zu entwickeln, mit dem man handeln kann. Eine Verfassungsänderung sollten wir dagegen nur den wichtigsten und drängendsten Problemen vorbehalten, wenn - ich betone ausdrücklich: wenn - die Probleme dadurch auch tatsächlich gelöst werden können.
Auch in Schleswig-Holstein gilt Artikel 3 des Grundgesetzes: Die Diskriminierung wegen Rasse, Herkunft oder Abstammung ist verboten. Dieses spezielle Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 des Grundgesetzes ist sogar Bestandteil der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung. Wer sich diskriminiert fühlt oder diskriminiert wird, hat dem
Bereits heute - das wurde schon ausgeführt - ist in Artikel 5 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung geregelt, dass nationale Minderheiten, aber auch Volksgruppen unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände stehen. Im Vollzug des Schutzauftrags leistet das Land bereits heute an den Landesverband der Sinti und Roma finanzielle Zuwendungen in Höhe von 180.000 €. Weitere Zuwendungen gibt es für die Kulturarbeit und für 12 Projekte mit 120 Teilnehmern, durch die die Kultur- und Spracharbeit gefördert wird. Es werden Zuschüsse für Projekte und Publikationen gewährt.
Herr Kollege Kalinka, Sie haben Artikel 5 zitiert, den ersten Satz mit den Volksgruppen und Minderheiten, die unter dem speziellen Schutz des Landes stehen. Im zweiten Satz desselben Artikels werden zwei Volksgruppen ausdrücklich genannt. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass es richtig wäre, da eine dritte, nämlich die der Sinti und Roma, hinzuzufügen?
- Sie meinen, dass die jetzt in der Verfassung Verankerten eine besondere und hervorgehobene Bedeutung in unserem Bundesland haben?
Ich möchte noch einmal auf die Frage zurückkommen, ob die Verfassung eines Bundeslandes wirklich der richtige Ort dafür ist, an dem viele politische Absichtserklärungen und Wunschvorstellungen formuliert werden sollten. Die Volksinitiative zur Stärkung der Kinderrechte hat bereits weitere Erwartungen formuliert, und dies, obwohl der Schutz der Kinder und Jugendlichen bereits ausdrücklich in Artikel 6 a der Landesverfassung enthalten ist. Unser Kollege Mark-Oliver Potzahr hat gestern sehr überzeugend dargelegt, dass es zur weiteren Hilfe auch andere Wege als den über die Verfassung geben kann und gibt. Weitere gesellschaftliche Gruppen werden mit ihren Anliegen möglicherweise bald folgen, und die Probleme dabei liegen auf der Hand.
welchem Argument wollen wir dann in der Zukunft den rund 33.000 türkischen Staatsbürgern in unserem Bundesland verwehren, explizit in der Landesverfassung genannt zu werden? Mit welchem Argument wollen wir den 11.000 Polen, die bei uns in Schleswig-Holstein leben, sagen, dass auch sie nicht den ganz besonderen Schutz und eine besondere Förderung genießen sollen? Mit genau dem gleichen moralischen Recht können doch auch diejenigen, die heute wirklich in schwieriger Lage sind - ich nenne als Beispiel die Armutsgrenze -, fordern, dass auch sie in der Verfassung ganz besonders erwähnt und herausgestellt werden. Nur, würde dies auch nur eines der Probleme der Menschen ändern? Ich glaube nicht.
Lieber Kollege Kalinka, kann es sein, dass bei Ihnen gerade etwas durcheinandergekommen ist, indem Sie die 33.000 Menschen mit türkischem Pass mit den Sinti und Roma in einen Topf geworfen haben? Welchen Pass haben denn die Angehörigen der Sinti und Roma? Haben die einen eigenen Pass?
- Herr Kollege, ich werfe überhaupt nichts in einen Topf. Ich erwähne nur die Güterabwägung, um die es geht.
Ich möchte bei diesem Punkt ergänzend das Beispiel der Millionen Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg anführen, die in unserem Bundesland eine neue Heimat gefunden haben. Wir, ihre Nachbarn, haben alle Akzeptanz und Achtung für sie, ohne dass wir sie ausdrücklich in der Verfassung erwähnen.
Nach alledem bitte ich um Verständnis dafür, dass wir diese weitere Änderung der Verfassung nicht als geboten ansehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Verfassung stellt in Art. 5 Abs. 2 die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe unter besonderen Schutz. Ich möchte aber betonen, dass auch die Sinti und Roma eine traditionell in Schleswig-Holstein beheimatete Minderheit sind.
Schon seit Anfang 2006 und später wiederkehrend hat es in diesem Haus Initiativen von Fraktionen gegeben, auch den Schutz und die Förderung der Sinti und Roma als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Die notwendige verfassungsändernde Mehrheit konnte nicht erreicht werden. Heute nun liegt ein erneuter Antrag der Oppositionsfraktion mit diesem Ziel vor.
Ich bin der Auffassung, dass man mit der Aufnahme von Staatszielen in die Verfassung vorsichtig umgehen sollte. Das ist eine grundsätzliche Meinung von mir. Auch die FDP hat durch Wolfgang Kubicki zu diesem Antrag im Januar 2006 bereits Zweifel geäußert. Staatszielbestimmungen verpflichten den Staat, bestimmte Ziele zu verfolgen. Subjektive Rechte gewähren sie dem Bürger aber nicht. Ich denke, ein rein deklaratorische Erklärung hilft in der Sache nicht weiter.
Ich füge ausdrücklich hinzu, dass die Einbeziehung der einen gleichzeitig die Ausgrenzung anderer bedeuten kann. Der Kollege Kalinka hat das deutlich gemacht. Wichtig ist vielmehr - das ist die klare Linie meiner Fraktion und sicherlich auch die der der CDU -, dass wir Schutz und Förderung von Minderheiten mit Leben erfüllen. Das muss Sache sein, nichts anderes.
Meine Damen und Herren, der Landesverband der Deutschen Sinti und Roma ist ein anerkannter Partner in der Minderheitenpolitik dieser Landesregierung und wird gleichermaßen behandelt wie die Verbände der dänische Minderheit und der friesischen Volksgruppe. Das ist wichtig, und das muss man in diesem Haus noch einmal betonen. Es bleibt die immer wieder gestellte Frage, warum im Abs. 2 des Art. 5 die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe explizit genannt werden.
Herr Dankert, ich bin 2006 noch nicht Mitglied dieses Hohen Hauses gewesen. Deshalb bitte ich Sie, mir zu erklären, wie es dazu kommt, dass Ihre Fraktion seit 2006 jetzt die Rolle rückwärts macht. Sie haben damals den Antrag mit gestellt und mit getragen. Jetzt sprechen Sie sich auf einmal wieder dagegen aus. Können Sie mir das bitte erklären?
- Liebe Kollegin, das kann ich Ihnen gern erklären. Erklären Sie mir einmal umgekehrt, warum Ihre Fraktion dies in der Regierungsverantwortung auch nicht durchsetzen konnte.
- Nein, das brauchen wir nicht. Ich bin frei gewählter Abgeordneter und kann antworten, wie ich will.