Protokoll der Sitzung vom 21.05.2010

(Zuruf der Abgeordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und durch die Betreibergesellschaft durch die Einbringung von Pipelines von der Mittelplate zum Land hin noch sicherer gemacht worden ist, als wir es uns zu Anfang vorgestellt haben. Es ist also der Schiffstransport aufgegeben worden. Von der Betreibergesellschaft dort wird zurzeit die Förderung von Land aus betrieben, sodass zu erwarten ist, dass zukünftige Vorkommen, die dort noch vermutet werden, auch von Land aus, von Friedrichskoog

(Karsten Jasper)

aus, an der Seite des Naturerbe-Gebiets gefördert werden.

Anders als im Golf von Mexiko, wo das Öl aus 1.500 m Wassertiefe gefördert wurde, steht die Mittelplate fest auf einer aufgeschütteten Insel und ist durch eine flüssigkeitsdichte Betonwanne komplett abgeschottet. Ein Entsorgungssystem stellt sicher, dass Nordsee und Wattenmeer nicht belastet werden. Im Moment werden Vorhaben durchgeführt, um die Plattform noch sicherer zu gestalten, als es bisher vorgesehen war. Bohr- und Förderbetrieb sind durch komplexe Überwachungs- und Steuerungssysteme mehrfach abgesichert. Die Gefährdungslagen sind somit nicht vergleichbar, ein Einstellen der Ölförderung auf Mittelplate aus Sicherheitsgründen und aus der Ölpest am Golf von Mexiko abgeleitet ist nicht begründbar.

Es handelt sich letztlich um eine politische Entscheidung, ob die ablaufende Konzession 2011 verlängert werden sollte, die genau geprüft und dann entschieden werden sollte. Insofern sind aus meiner Sicht die ersten beiden Punkte im vorliegenden Antrag im Ausschuss intensiv zu erörtern, insbesondere die Frage, ob und in welcher Höhe durch eine Nichtverlängerung der Konzession finanzielle Belastungen auch für das Land entstehen und welche regionalpolitischen Auswirkungen ein Förderstopp für den ChemCoast Park Brunsbüttel mit seinen circa 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben würde. Es ist weiterhin abzuklären, inwieweit auch der Raffineriestandort Hemmingstedt davon betroffen wäre.

Fest steht für uns in jedem Fall, dass keine Explorationsbohrungen im Wattenmeer und auf seinen angrenzenden Meeresflächen erfolgen dürfen.

(Beifall der Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Wer sich daran erinnert, weiß, dass ich dieser Meinung auch schon in der letzten Legislaturperiode gewesen bin und Herr von Boetticher da anderer Meinung war. Zurzeit hat RWE Dea offenbar auch aufgrund des massiven Widerstandes der Bevölkerung von derartigen unverantwortlichen Plänen Abstand genommen. Damit dies für die Zukunft ausgeschlossen ist, spreche ich mich grundsätzlich schon heute für die Punkte 3 und 4 aus, die im Antrag der Grünen deutlich werden.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. von Boetticher?

Letzter Satz und dann. - Lassen Sie uns die notwendige Zeit im Ausschuss nehmen, um das Ziel zu erreichen. Die Ölförderung passt natürlich nicht auf Dauer in den Nationalpark Wattenmeer. Wir haben aber auch die Frage der Wirtschaftlichkeit mit zu untersuchen.

Herr Dr. von Boetticher!

Herr Kollege Buder, würden Sie mir zustimmen, dass Herr Rosabal von der UNESCO, den Sie freundlicherweise erwähnt haben, offensichtlich keine Befürchtung hat, was die Ölförderung betrifft, weil er nämlich selber vorgeschlagen hat, mögliche Räume für Probebohrungen aus der Welterbeanmeldung auszunehmen?

(Zuruf der Abgeordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das hätte er wohl nicht gemacht, wenn er anschließend riesige Befürchtungen um die Existenz des Weltnaturerbes gehabt hätte. Würden Sie dem zustimmen?

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. von Boetticher, Sie müssen bei der Beantwortung der Zwischenfrage stehen bleiben.

(Zurufe)

Ich kenne die Diskussion. Wir haben sie beide schon in der letzten Legislaturperiode geführt. Ich bin da aus ökologischen Gründen anderer Meinung als Sie. Ich weiß, dass er so argumentiert hat. Ich glaube aber, dass er damit eine Tür aufgeschlossen hat, um uns die Anmeldung zum Naturerbe überhaupt zu gestatten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

(Detlef Buder)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit einem Antrag der Grünen, der auf den ersten Blick sehr zeitgemäß erscheint. Natürlich schockiert die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko uns alle, zumal die globalen Folgen noch nicht absehbar sind. Frau Fritzen, Sie sagten es ja gerade selber, die Mittelplate ist nicht im Ansatz vergleichbar mit der Deepwater Horizon.

(Zuruf der Abgeordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Dann wundere ich mich aber, dass Sie sich in zwei Dritteln Ihrer Rede auf die gesunkene Bohrinsel beziehen.

(Zuruf der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])

- Danke, ich bin dran.

Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass das schleswig-holsteinische Wattenmeer eine weltweit einzigartige Naturlandschaft ist, und es gehört nicht umsonst zum UNESCO-Weltnaturerbe. Fakt ist auch, dass sich vor der Nordseeküste, am südlichen Rand des Nationalparks, die größte deutsche Erdöllagerstätte namens Mittelplate befindet. Die Mittelplate wird seit Oktober 1987 von der gleichnamigen Bohr- und Förderinsel Mittelplate A erschlossen. Es gibt eine rechtmäßig erteilte Genehmigung zur Ölförderung, und diese genießt seit jeher Bestandsschutz. Mit der Aufnahme der Förderinsel Mittelplate A in das Nationalparkgesetz wurde die rechtliche Grundlage für den Bestandsschutz geschaffen, und wenn ich mich recht entsinne, haben auch die Grünen damals dafür gestimmt.

Übrigens ist dieser Bestandsschutz - wie es schon angeklungen ist - Bestandteil der WeltnaturerbeAnmeldung gewesen, und die Errichtung einer neuen Fördereinrichtung im Nationalpark ist definitiv ausgeschlossen. Diese Frage stellt sich also gar nicht.

Die Grünen fordern nun mit den Punkten 1 und 2 die Landesregierung auf, sich gegen die weitere Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer nach Ablauf der bestehenden Fördererlaubnis 2011 einzusetzen, und sich dafür starkzumachen, dass die Ölförderung im Wattenmeer baldmöglichst komplett eingestellt wird. Dabei ist nun festzuhalten,

dass die Fördererlaubnis vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie erteilt wird. Rechtliche Grundlage sind die §§ 153, 8 und 16 Bundesberggesetz, wonach eine verantwortungsvolle Betriebsführung sowie nachgewiesene Ressourcen Voraussetzung für die Bewilligung sind. Beide Punkte treffen zu.

Meine Damen und Herren, das Grundprinzip bei der Ölförderung der Mittelplate ist die zuverlässige Abschottung vom Wattenmeer. Die vollkommene Abschottung der Insel durch eine flüssigkeitsdichte Stahl- und Betonwanne sowie ein lückenloses Entsorgungssystem für den Bohrbetrieb gewährleisten zuverlässigen Umweltschutz. Herr Buder sagte es ja bereits, Bohr- und Förderbetrieb sind durch komplexe Überwachungs- und Steuerungssysteme mehrfach abgesichert und laufen seit Förderbeginn störungsfrei. Seit 1987 läuft das alles störungsfrei.

Umweltberichte von neutralen Forschungsinstituten belegen, dass die Arbeiten keine nennenswerten Auswirkungen auf die Umwelt verursachen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen - auch wenn nur noch drei hier sind -, nun aufgepasst. Selbst Greenpeace sagt: Mittelplate ist eine der sichersten Bohrinseln weltweit. Das kann ich wirklich nur unterstreichen.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Darum geht es gar nicht!)

Die Mittelplate ist nicht nur die größte deutsche Erdöllagerstätte und das förderstärkste Ölfeld Deutschlands, mit zwei Dritteln der nationalen Rohölreserven ist Mittelplate auch das einzige deutsche Ölfeld mit Zukunft. Die Förderung trägt nicht unerheblich zur Verringerung der Importabhängigkeit Deutschlands bei und leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Der volkswirtschaftliche Wert beträgt mehrere Milliarden €. Die Mittelplate sichert mehrere Hundert Arbeitsplätze sowohl bei der Rohölgewinnung als auch bei der Weiterverarbeitung in der Raffinerie Heide und natürlich auch im Chemiepark Brunsbüttel.

Sie sehen: Die Ölgewinnung hat eine große Bedeutung für Schleswig-Holstein, da das Öl nicht um die halbe Welt verschifft, sondern in der Region aufbereitet und weiterverarbeitet wird. Auch die Einnahmen aus dem Rohölförderzins möchte ich nicht unerwähnt lassen.

Wie ich eben ausgeführt habe, ist die Genehmigung zur Ölförderung rechtmäßig erteilt, und sie genießt

Bestandsschutz. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, daher sehe ich nicht nur keinen Sinn, sondern auch keine politische Möglichkeit, die Förderung zu stoppen. Die ersten beiden Punkte in Ihrem Antrag erübrigen sich damit. Einer Verlängerung der Förderbewilligung steht nichts im Wege.

Zum Ihrem dritten Punkt brauche ich eigentlich gar nicht viel zu sagen. Sie fordern, dass sich die Landesregierung dafür einsetzen möge, dass neue Anlagen zur Ölförderung in der Nordsee nicht genehmigt werden, auch nicht außerhalb der Grenzen des Nationalparks Wattenmeer. Unsere Landesregierung kann - bei aller Wertschätzung - wohl kaum Ölförderungen in der gesamten Nordsee verbieten.

Zu Ihrem letzten Punkt kann ich Sie auf die FFHRichtlinen und das Bundesnaturschutzgesetz hinweisen. In beiden heißt es, dass Pläne und Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen erfordern. Somit ist auch jetzt schon eine Verträglichkeitsprüfung gesetzlich vorgeschrieben, und damit erübrigt sich auch dieser Punkt Ihres Antrags.

Ich beantrage Abstimmung in der Sache. Die FDPFraktion wird den Antrag ablehnen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Kollegin Ranka Prante.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Ölbohrungen im Meer und wie das in einer Katastrophe endet“. - Unter dieser Überschrift kann man die Geschehnisse, die sich zurzeit im Golf von Mexiko vor der amerikanischen Küste abspielen, zusammenfassen. Das grüne Image, welches sich BP in den letzten Jahren zu Unrecht erworben hat, ist durch diese Katastrophe hinweggeschwemmt worden. Auch wenn es eine andere Förderungsart ist, als wir sie im Wattenmeer haben, hat kurz vor der Katastrophe - was ich eben schon eingeworfen habe - Obama die Sicherheit der Ölplattform gepredigt. Dieses Beispiel sollte uns Mahnung und Warnung genug sein, um die Landesregierung heute mehrheitlich aufzufordern, sich energisch gegen jetzige und zukünftige Ölbohrungen im Watt einzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es muss endlich das Bundesbergrecht um die Bestimmungen der FFH-Richtlinie ergänzt werden. Erst dann werden wir das Weltnaturerbe Wattenmeer wirklich sichern können.

Was mich auch sehr wundert - ein kleiner Einschub -, ist die Tatsache, dass die Grünen am 26. Februar 2009 die Drucksache 16/2455 abgelehnt haben. Zur Erinnerung: Es ging um „Keine Enklaven im Weltnaturerbe Wattenmeer“. Jeder kann seine Meinung aber ändern, und ich danke Ihnen für diese Reflextion.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen die Begründung lesen!)

- Habe ich. - Uns kann keiner die Sicherheit geben, dass so eine Katastrophe wie im Golf von Mexiko auch im Wattenmeer nicht geschehen kann. Uns reicht allein diese potenzielle Gefahr, um die schnellstmögliche Beendigung der Ölförderungen in unserem Wattenmeer zu verlangen.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)