Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

(Beifall)

Wir freuen uns, dass die Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis Pinneberg-Nord ihren Besuch hier noch weiter fortsetzen. Noch einmal herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich möchte bekanntgeben, dass die Kollegin Sandra Redmann uns inzwischen als krank gemeldet worden ist. Wir wünschen ihr von dieser Stelle alle gemeinsam gute Besserung.

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 20 auf:

Mitbestimmung von Studierenden und Schülerinnen und Schülern

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/28

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/54

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weise darauf hin, dass dies die Jungfernrede von Herrn Andresen, unserem jüngsten Kollegen, ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wieder so weit: Viele Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten sowie Auszubildende machen ihrem Ärger über die Bildungspolitik in Deutschland Luft.

Durch Demonstrationen, Streiks und Veranstaltungen haben sich auch hier in Schleswig-Holstein viele junge Menschen für ein besseres Bildungssystem engagiert. Gestern waren in Heide, Flensburg und Lübeck und heute waren hier vor dem Landeshaus mehrere Hundert, in Kiel sogar über 5.000 junge Menschen auf der Straße.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Warum tun sie dies? Prüfungs- und Lernstress, mangelnde Wahlfreiheit, marode Bildungseinrichtungen und Entdemokratisierung charakterisieren das Bildungssystem anno 2009. Als ob all dies noch nicht genug wäre, kommt die Arroganz vieler Politikerinnen und Politiker hinzu. Die Bereitschaft von Regierungsvertretern, sich mit Studierenden und Schülerinnen und Schülern an einen Tisch zu setzen, war in den letzten Jahren nicht vorhanden. Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung, Sie haben jetzt die Chance, es besser zu machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Fraktion begrüßt das demokratische Engagement vieler junger Leute und unterstützt ihre Forderungen. Für uns zeigen die Proteste und die Diskussionen mit Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten im Wahlkampf, dass bei Betroffenen ein großes Interesse an der Bildungspolitik besteht. Meine Fraktion ist davon überzeugt, dass die wertvolle Praxiserfahrung, die Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten haben, ein Gewinn für die schleswig-holsteinische Politik sein kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag hingegen bleibt in diesen Punkten perspektivlos. Die Demokratisierung von Schule und Hochschule wird in keinem Satz genannt. Schauen wir uns beispielsweise den Schulbereich an. Herr Minister Klug, sehr geehrte FDP-Fraktion, uns eint, dass wir für mehr Autonomie im Bildungsbereich und insbesondere im Schulbereich streiten. Einige der ersten Äußerungen in der Presse sind als positiv zu verstehen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Allerdings ist es umso unverständlicher, dass die Demokratisierung von Schulen im Koalitionsvertrag und in den ersten Wochen Ihrer Amtszeit keine Rolle gespielt hat. Für uns als grüne Landtagsfraktion gehen Demokratisierung und eine verstärkte Autonomie Hand in Hand.

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

Die Forderungen, die das Landesschülerparlament im Rahmen seiner Grundsatzdebatte verabschiedet hat, sind unterstützenswert. Hier kann man zum Beispiel die Einführung von Lehrerbewertungen, von wirklichen Etats für die Schülervertretungen oder auch das Rederecht in Bildungsausschüssen auf kommunaler Ebene oder auch hier beim Landtag nennen. Ansätze dazu - das ist mir wohl bewusst - gibt es bereits im Schulgesetz. Allerdings sind diese längst nicht ausreichend und müssen ausgeweitet werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun noch kurz zum Hochschulbereich. Sehr geehrter Herr Minister de Jager, sehr geehrte CDU Fraktion, leider finden sich im Koalitionsvertrag überhaupt keine Sätze zur Hochschuldemokratie. Externe Beratungsstrukturen sind schön und gut, aber die Universitäten müssen selbst wieder die Hoheit über eigenes Handeln und echte Kompetenzen bekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lehrende und Studierende und auch der Mittelbau müssen gleichberechtigt beteiligt werden. Herr Minister de Jager, als zuständiger Staatssekretär hat Ihr Ruf aufgrund der Entdemokratisierung und Ihrer teilweise sehr herablassenden Art gegenüber den Studierenden und vielen Lehrenden jahrelang gelitten. Ich fordere Sie auf, Ihre bisherige Rolle zu überdenken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gehen Sie in einem ersten Schritt auf die Studierenden zu, und treten Sie in einen offenen Dialog mit den Hochschulen dieses Landes ein! Sie könnten dabei an der Uni Flensburg anfangen, wo es nicht nur bei Studierenden Unmut über die Zukunft der Uni gibt.

Sehr geehrte Oppositionsfraktionen und Regierungsfraktionen, setzen Sie sich gemeinsam mit uns dafür ein, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten bei jeder Schul- und Hochschulreform beteiligt werden! Demokratie muss vor allem vor Ort gelebt werden. Sonst macht sie keinen Sinn. Deshalb müssen gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten an den einzelnen Standorten ausweiten.

Wer den Aufbruch im Bildungsbereich will, der muss sich für ein demokratischeres Bildungssystem einsetzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Unser Antrag bietet Ihnen die Chance zu beweisen, dass Sie es mit diesem Aufbruch ernst meinen. Die Politik der Lippenbekenntnisse und der Sonntagsreden muss ein Ende haben. Ich fordere Sie deshalb auf, unseren Antrag zu unterstützen.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch kurz etwas zu dem Antrag der Linkspartei sagen. Wir begrüßen inhaltlich sehr viele Punkte in diesem Antrag. Wir glauben aber, dass es jetzt erst einmal darum geht, Demokratisierung und Mitbestimmung zu erreichen. Wir sollten also nicht mit Schulreformen anfangen, bevor wir die Mitbestimmung sichergestellt haben. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag in der Sache enthalten. Wir würden uns aber freuen, wenn der Antrag durch Überweisung an den Bildungsausschuss noch einmal überarbeitet würde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Für die CDU-Landtagsfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir einen neuen jungen Kollegen unter uns haben, der sich für die Mitbestimmung von jungen Menschen in Schule und Hochschule engagiert und einsetzt.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da er selber noch so herrlich jung ist und studiert, tritt er hier auch als Sprecher in eigener Sache auf. Ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrer Jungfernrede in diesem Haus.

Meine Damen und Herren, die Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern und Studierenden bei der Ausgestaltung ihrer Schule oder Hochschule ist ein wesentlicher Aspekt, wenn wir mit jungen Menschen gemeinsam in unserem Land Bildung entwickeln wollen. Junge Menschen müssen ihre eigenen Sichtweisen und Belange in die Entscheidungsprozesse einbringen und sich an den Entscheidungen auch aktiv beteiligen können. Dazu brauchen sie gesetzliche Rahmenbedingungen, die ihnen das ermöglichen und sie auch eventuell vor Benachteiligungen schützen, die aus dieser Tätig

(Rasmus Andresen)

keit erwachsen. Ich kann Ihnen von den Grünen garantieren, dass das bereits gesetzlich verbrieft ist.

Wenn man sich das Schulgesetz und auch das Hochschulgesetz dieses Landes einmal genau unter dem Fokus der Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden anschaut, dann kann man feststellen, dass sowohl die Schülervertretungen als auch die Studierendenvertretungen in allen Bereichen ein hohes Maß an gesetzlich verbrieften Mitbestimmungsrechten haben, insbesondere in den Schulen.

Zu den Punkten 1 und 3 des Antrags möchte ich Folgendes anmerken: Die Schulkonferenzen der Schulen sind drittelparitätisch besetzt aus Lehrkräften, Elternvertretungen und Schülervertretung, alle als gleichberechtigte, vollwertige Mitglieder dieser Konferenz, die das oberste Beschlussgremium einer Schule ist. Was dort beschlossen wird, muss laut Schulgesetz umgesetzt werden, und hier haben Schülerinnen und Schüler ebenso ein Vetorecht, wie es auch die Elternvertreter und die Lehrer haben. In der Regel werden dort Mehrheitsbeschlüsse gefasst, bei denen die Schülervertretungen ein vollwertiges Stimmrecht haben. Das heißt, Schülerinnen und Schüler entscheiden an ihrer Schule verantwortlich über alle wesentlichen Aufgaben der Schule, beispielsweise über die Anwendung von Lehrplänen, über die Grundsätze für Hausaufgaben und Klassenarbeiten, über die Einführung von Ganztagsangeboten, über die Ausgestaltung von Schulausflügen und Betriebspraktika. Der Katalog hat eine ganze Menge von entscheidenden Dingen vorzuweisen. Die Schulen sind verpflichtet, die Schülerinnen und Schüler bei dieser Aufgabe aktiv zu unterstützen und sie über alle grundsätzlichen, die Schülerinnen und Schüler gemeinsam interessierenden Fragen zu unterrichten.

Ähnliches gilt auch für die Studierendenvertretungen, die ebenfalls stimmberechtigte Mitglieder in den Senat entsenden und umfangreiche gesetzliche Mitbestimmungsrechte haben, die sicherstellen, dass Organisationsmöglichkeiten unter anderem auch im Rahmen der Asten stehen. Darüber hinaus bilden die Schülervertretungen Kreis- und Landesschülervertretungen. Die Landesschülervertretung ist Mitglied des Landesschulbeirats, der laut Schulgesetz vor Erlass und vor Reformen, vor allem vor Schulgesetzreformen und Hochschulreformen, gehört werden muss. Somit ist gesetzlich sichergestellt, dass die Schülervertretungen in alle schulrelevanten Entwicklungen eingebunden sind.

Darüber hinaus gibt es in diesem Haus bei Gesetzgebungsverfahren ein Anhörungsverfahren, an dem

bisher, das will ich deutlich sagen, Herr Andresen, auch immer Schülervertretungen und Studierendenvertretungen beteiligt waren, womit sich in meinen Augen Punkt 2 Ihres Antrags erledigt hat.

Die von Ihnen in Punkt 4 geforderte Anrechnung von ehrenamtlichen Tätigkeiten von Schülerinnen und Schülern und Studierenden hat uns in der letzten Legislaturperiode schon einmal beschäftigt. Schülerinnen und Schüler können sich auf Wunsch ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten in ihren Abschlusszeugnissen dokumentieren lassen, sowohl die in der Schule als auch außerschulische. Ich glaube, das macht sich nicht schlecht in einem Bewerbungszeugnis.

(Beifall bei der CDU)

Auch das Hochschulgesetz nimmt das ehrenamtliche Engagement sehr ernst. Die Prüfungsordnung sieht Erleichterungen vor, wenn Studierende aufgrund ihres ehrenamtlichen Engagements in den Gremien der Hochschulen oder in den satzungsgemäßen Organen der Studierendenschaft oder des Studentennetzwerkes daran gehindert sein sollten, die Prüfung innerhalb der Regelstudienzeit abzulegen. Ein solches Engagement beispielsweise wird mit dem sogenannten Freiversuch belohnt.

Darüber hinausgehende Vorschläge können wir gerne im Ausschuss diskutieren. Ich beantrage für die CDU-Fraktion, die vorliegenden Anträge in den Bildungsausschuss zu überweisen.