Wir fordern die Landesregierung auf, noch in dieser Woche ein klares Signal für die Uni Lübeck abzugeben.
Was den Antrag der SPD angeht, so habe ich persönlich große Sympathie dafür, die Psychotherapeutenkammer als gleichberechtigte Gesprächspartnerin ins Auge zu fassen. Einer Überprüfung dieser Frage steht aus Sicht meiner Fraktion nichts im Wege. Wir Grünen wollen nicht über den Kopf der Beteiligten hinweg entscheiden: Wir wollen alle Beteiligten an einen Tisch holen und Wege für eine bessere Kooperation im ambulanten Bereich finden.
Die Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein wollen eine gute medizinische Versorgung. Dazu brauchen wir ebenso eine gute ambulante wie eine gute stationäre medizinische Struktur und eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen. Ich beantrage die weitere Beratung im Sozialausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, nach diesem Tagesordnungspunkt noch Tagesordnungspunkt 23 aufzurufen, bevor wir in die Mittagspause gehen.
Die Tagesordnungspunkte 27 und 42 werden wie verabredet in verbundener Debatte heute Nachmittag nach Punkt 46 aufgerufen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was erwartet der Patient vom Gesundheitssystem? Er erwartet eine qualitativ gute medizinische Versorgung, die ihm keine Möglichkeiten des aktuellen Standes der Medizin vorenthält, zu einem dafür angemessenen Preis.
Darin ist Deutschland nicht besonders gut, wie Untersuchungen immer wieder zeigen. Das Gesundheitssystem erzeugt hierzulande hohe Kosten bei eher durchschnittlichen Leistungen. Das hat Grün
de. Die Gesundheitsversorgung in Deutschland hat schon seit Jahrzehnten ganz andere Prioritäten. Nach jahrzehntelangen Dauersubventionen der hiesigen Chemie- und Pharmaindustrie galt es vor allem, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammende, bürgerlich verbrämte Vorstellung des freiberuflich tätigen Arztes über die Zeiten zu retten.
Dann kam erst der Patient. Unschwer zu erkennen, wo dabei die Gelder aus dem Gesundheitssystem hängen geblieben sind, bevor sie den Patienten erreichen konnten: Sie dienten eben höheren Ausgaben.
Eine Kooperation im Bereich der ambulanten Behandlung soll und muss natürlich zuallererst den Patienten nützen und gerade in Schleswig-Holstein eine flächendeckende, hochwertige medizinische Versorgung gewährleisten.
Das Problem beginnt dann dort, wo die ausersehenen Kooperationspartner in Wirklichkeit Konkurrenten auf einem umkämpften Markt sind. Zwischen Konkurrenten gibt es Kooperationen in der Regel - nach unserer Meinung - nur in Sonntagsreden und als Anspruch an den jeweils anderen vor dem Hintergrund von Verteilungskämpfen.
Nehmen wir als Beispiel die Medizinischen Versorgungszentren - eingeführt 2004 durch das GKV-Modernisierungsgesetz, durchaus mit Erfolg. 2009, fünf Jahre später, waren nach Angaben der Bundesregierung bereits 1.200 Medizinische Versorgungszentren in Betrieb. Ein Erfolg, aber wohl nur für diejenigen, die das Gesundheitssystem finanzieren müssen. Organisationen wie der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein aber sind sie ein Dorn im Auge. Diese bekennt dann auch in schamloser Offenheit in ihrem offiziellen Mitteilungsblatt „Nordlicht“ in der Ausgabe 12 aus dem Jahr 2009 gleich als ersten Punkt, was sie von der neuen schwarz-gelben Landesregierung erwartet:
„Die Kassenärztliche Vereinigung muss künftig als unmittelbar Beteiligte … in die Krankenhausplanung einbezogen werden.“
Schließlich lehnt die Kassenärztliche Vereinigung einen umfassenden Einstieg der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung ab.
Es ist zu befürchten, dass Verbesserung der Kooperation unter den besonderen Bedingungen dieses innermedizinischen Verteilungskampfes dabei stehenbleiben könnte. Man kann sich einfach auf hohem Niveau nicht einigen. Also einigt man sich deshalb auf das übliche Verfahren. Die Kosten des Verfahrens tragen dann die Versicherten über höhere Beiträge.
Frau Kollegin, wo sehen Sie den direkten Zusammenhang von § 116 b SGB V und der Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren?
- Das hatten wir als Beispiel dafür gebracht, dass wir meiner Meinung nach auch andere Beispiele dafür haben, wie eine Gesundheitsversorgung aussehen könnte.
- Da können Sie „Ach Gott!“, sagen, aber wir haben hier unsere politischen Vorstellungen. Sie haben mich ein bisschen abgelenkt.
Insoweit muss es aber darum gehen, den Akteuren Spielregeln im Sinne und in Richtung auf eine optimale ambulanten Versorgung der Menschen in Schleswig-Holstein zu setzen. Deshalb unterstützt die Fraktion DIE LINKE den Antrag, und zwar der Vollständigkeit halber - in der erweiterten Version der SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch immer neue Sparrunden wurde der Wettbewerb für Vertragsärzte und Krankenhäuser verschärft. Der Wettbewerbsgedanke ist mittlerweile so dominant, dass er mühsam Stück für Stück wieder zurückgebaut werden muss. Der Gesetzgeber hat einen Versuch gestartet, und zwar
über den Weg des Gesetzes, indem er den Krankenhäusern in engem Rahmen ambulante Leistungen ermöglicht. Das Ganze, typisch für das Gesundheitswesen, ist im § 116 b des SGB V akribisch geregelt und auf 13 Erkrankungen und zwei Leistungen beschränkt. Diese, und nur diese dürfen die Krankenhäuser ambulant erbringen. Sie müssen darüber hinaus die medizinische Notwendigkeit, den diagnostischen beziehungsweise therapeutischen Nutzen und nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit ihrer ambulanten Leistungen belegen.
Doch das ist der Konkurrenz noch bei Weitem nicht genug: So forderte der Ärztetag im Mai allen Ernstes, der § 116 b SGB V solle keine breite und undifferenzierte Öffnung der Krankenhäuser für eine zusätzliche Erbringung ambulanter Leistungen bewirken.
Davon kann überhaupt keine Rede sein, aber die Standesvertreter spannen - wie oft - Superlative ein, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen. Dabei geht die Europäische Union von bis zu 8.000 Erkrankungen aus, die zu den seltenen Erkrankungen gehören, von denen also jährlich weniger als 5 von 100.000 Europäern betroffen sind. Bei gerade einmal 13 Erkrankungen, die das Gesetz aufführt, kann also keineswegs die Rede von einer undifferenzierten Öffnung der Krankenhäuser sein.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass es bei der Verzahnung von ambulantem und stationärem Bereich auch ohne Streit abgeht, und zwar weitgehend im Konsens, wenn man alle Entscheidungsträger frühzeitig einbindet.
Schleswig-Holstein hat die neuen gesetzlichen Möglichkeiten, die dieser Paragraf schuf, schnell und konsequent umgesetzt. Ich möchte daran erinnern, dass zum Beispiel das Westküstenklinikum in Heide bundesweit eine der Kliniken war, die diese Leistungen erbracht haben. Das haben sie ganz ausdrücklich gemacht, um die wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten. Damals - 2007 - lautete ein Argument - und hier möchte ich gern aus einer Pressemitteilung zitieren -,
„dass die Medikamente während der Behandlung im Krankenhaus vom Krankenhaus eingekauft und gestellt werden können. Die Einspareffekte in diesem Bereich sind beträchtlich.“
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass das - Sie haben es vorhin erwähnt - Westküstenklinikum Heide uns geschrieben hat, dass wir uns hier mit dem Paragrafen besser nicht beschäftigen sollten? Kennen Sie den Brief des Westküstenklinikums Heide, dass wir hier besser nicht über diesen § 116 b SGB V debattieren sollten?
Der aktuelle Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein macht deutlich, wohin die Landesregierung will. Die Krankenhäuser übernehmen ambulante Leistungen zur Stabilisierung der Versorgung in den ländlichen Regionen.
Das scheint gut zu funktionieren, wie die Kooperationsvereinbarungen zeigen, die fast alle Kliniken im Land inzwischen eingegangen sind.